35 W (pat) 17/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 17/15
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(Aktenzeichen)
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache BPatG 152 08.05
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betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Löschungsantragsgegnerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juli 2015 aufgehoben.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Löschungsverfahrens sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe I.
Die Löschungsantragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) war Inhaberin des am 23. Dezember 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 25. März 2013 in das Gebrauchsmusterregister eingetragenen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“. Das Gebrauchsmuster umfasst die nebengeordneten Ansprüche 1 und 11, sowie die auf den Anspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogen Ansprüche 2 bis 10 und die auf den Anspruch 11 direkt oder indirekt rückbezogen Ansprüche 12 bis 15.
Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) hat am 31. Juli 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt die vollumfängliche Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt. Zur Begründung hat sie u. a. ausgeführt, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters nicht schutzfähig sei. Der Löschungsantrag ist der Beschwerdeführerin am 26. August 2013 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 24. September 2013, eingegangen beim DPMA am selben Tage, hat die Beschwerdeführerin dem Löschungsantrag teilweise widersprochen, nämlich soweit er über eine im einzelnen von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 24. September 2013 bestimmte, beschränkte Fassung des Gegenstandes des Gebrauchsmusters hinausging.
Mit Schriftsatz vom 26. September 2013, eingegangen beim DPMA am 27. September 2013, hat die Beschwerdeführerin ihren Teilwiderspruch zurückgenommen und beantragt, der Antragstellerin nach § 17 Abs. 4 GebrMG, § 93 ZPO die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, da der Widerspruch noch innerhalb der Widerspruchsfrist zurückgenommen worden sei.
Dass der Beschwerdegegnerin die Erklärung der Beschwerdeführerin vom 24. September 2013 über die Erhebung des Teilwiderspruches noch vor der Erklärung der Beschwerdeführerin vom 27. September über die Rücknahme des Teilwiderspruches zugestellt worden wäre, lässt sich der elektronisch geführten patentamtlichen Akte nicht entnehmen.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 beantragte die Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, da wegen des eingelegten Teilwiderspruchs nicht von einem sofortigen Anerkenntnis ausgegangen werden könne.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2015 hat die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die Kosten des Löschungsverfahrens der Beschwerdeführerin auferlegt. Die Beschwerdeführerin habe zwar den Löschungsantrag im Sinne von § 93 ZPO nicht veranlasst und in der Rücknahme des Widerspruchs könne auch ein Anerkenntnis im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden, jedoch sei das Tatbestandsmerkmal „sofort“ im Sinne dieser Vorschrift nicht erfüllt. Um den Sondertatbestand des § 93 ZPO zu erfüllen, müsse das Anerkenntnis im Rahmen der ersten Willensäußerung, demnach im ersten Schriftsatz selbst dann geäußert werden, wenn die Erklärungsfrist zum Zeitpunkt der Äußerung noch nicht abgelaufen ist. Im ersten Schriftsatz habe die Beschwerdeführerin dem Löschungsantrag jedoch widersprochen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin, mit der sie die vollständige Kostenauferlegung auf die Beschwerdegegnerin anstrebt. Da sie den eingelegten Teilwiderspruch noch innerhalb der Monatsfrist zurückgenommen habe, müsse sie so gestellt werden, als habe sie innerhalb dieser Frist nicht widersprochen. Es liege ein sofortiges Anerkenntnis vor, da § 17 Abs. 1 Satz 1 GebrMG einem Gebrauchsmusterinhaber eine Frist von einem Monat für seine Willensbildung gewähre. Gerade wenn der Gebrauchsmusterinhaber ohne vorherige Löschungsaufforderung mit einem Löschungsantrag konfrontiert werde, könne sich eine zunächst vorhandene Verteidigungsabsicht noch innerhalb dieser Monatsfrist ändern. Innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist sei der Widerspruch wieder zurückgenommen worden. Die Beschwerdeführerin müsse daher so gestellt werden, als habe sie dem Löschungsantrag nicht widersprochen. Im Übrigen habe sie dem Löschungsantrag nur teilweise widersprochen, so dass sie auf keinen Fall sämtliche Kosten tragen müsse.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juli 2013 aufzuheben und der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hilfsweise eine Kostenquotelung zu beschließen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung und ihren bisherigen Vortrag, wonach entscheidend sei, dass die Beschwerdeführerin innerhalb der Widerspruchsfrist widersprochen habe, so dass kein sofortiges Anerkenntnis vorliege und auch eine Kostenquotelung wegen des lediglich teilweise eingelegten Widerspruchs nicht in Betracht komme, da die unwidersprochenen Teile lediglich einen kleinen Anteil der Ansprüche ausmachten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Teilwiderspruch kurz nach dessen Einlegung wieder zurückgenommen. Daher stellt sich die Frage, ob sie sich auf diese Weise in die Position der Unterliegenden begeben hat und deswegen die Kosten des Verfahrens tragen muss (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO).
Hier sprechen jedoch Billigkeitsgründe (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG) dafür, dass die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens gegeneinander aufgehoben werden.
Die Beschwerdegegnerin hat den Löschungsantrag gestellt, ohne dass sie zuvor der Beschwerdeführerin die Löschung angedroht hätte. Diesem Löschungsantrag hat die Beschwerdeführerin nur zu einem Teil widersprochen, gegenüber dem anderen Teil des Löschungsantrages hat die Beschwerdeführerin dagegen zu keiner Zeit den Widerspruch erklärt. Somit hat sie den Löschungsantrag teilweise sofort anerkannt. Das spricht dafür, teilweise den Rechtsgedanken des § 93 ZPO zur Anwendung zu bringen mit der Folge, dass die Beschwerdeführerin nur einen Teil der Kosten des patentamtlichen Verfahrens tragen muss (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 74. Aufl. § 93 Rdn. 112). Weiter spricht dafür, die Kostengrundentscheidung für das patentamtliche Löschungsverfahren auf Billigkeitserwägungen zu stützen, dass die Beschwerdeführerin ihren Teilwiderspruch nicht nur wenige Tage nach dessen Erhebung zurückgenommen hat, sondern noch innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beschwerdegegnerin dieser Teilwiderspruch nicht vor der Erklärung über dessen Rücknahme zugestellt worden ist. Etwas anderes lässt sich den patentamtlichen Akten nicht entnehmen und ist auch von der Beschwerdegegnerin nicht behauptet worden. Daher hatte die Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt Anlass, kostenträchtigen Maßnahme für die Vorbereitung des Hauptverfahrens zu treffen.
Aus diesen Gründen hält es der Senat für billig, die Kosten des patentamtlichen Verfahrens gegeneinander aufzuheben.
Für eine weitergehende Kostenauferlegung zu Lasten der Beschwerdegegnerin kann der Senat dagegen nicht die dafür erforderlichen Rechtsgrundlagen erkennen. Denn bereits mit Eingang des Teilwiderspruchs der Beschwerdeführerin beim DPMA könnte die Phase des möglichen Widerspruchs abgeschlossen worden sein und das Hauptverfahren begonnen haben.
Auch für das Beschwerdeverfahren hält der Senat eine Aufhebung der Kosten der Verfahrensbeteiligten gegen einander für angemessen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. §§ 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, 92 Abs. 1 ZPO); denn mit ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin angestrebt, dass die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens nicht mehr ihr, sondern der Beschwerdegegnerin in vollem Umfang auferlegt würden. Erreicht hat die Beschwerdeführerin aber nur, dass die Kosten des patentamtlichen Verfahrens gegen einander aufgehoben wurden.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Werner Bayer Eisenrauch Bb