3 Ni 16/14 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 16/14 (EP) (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
30. Juni 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
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betreffend das europäische Patent 2 205 778 (DE 60 2008 005 184)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Kätker, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg und des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagten sind eingetragene Inhaber des am 11. September 2008 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 21. September 2007 (CH 14942007) beim Europäischen Patentamt angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 205 778 (Streitpatent), dessen Erteilung mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland am 23. Februar 2011 bekannt gemacht worden ist und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 60 2008 005 184 geführt wird. Das in französischer Sprache erteilte Streitpatent trägt die Bezeichnung „Procédé d´obtention d´un dépôt d´alliage d´or jaune par galvanoplastie sans utilitsation de métaux ou métalloïdes toxiques“ („Verfahren zur Herstellung eines Überzugs aus gelber Goldlegierung durch Galvanisieren ohne Verwendung von toxischen Metallen oder Metalloiden“). Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise mit neun Hilfsanträgen verteidigt wird, umfasst 16 Patentansprüche, deren nebengeordnete Patentansprüche 1 und 16 in deutscher Übersetzung wie folgt lauten:
1. Verfahren zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode, die in ein Bad getaucht ist, die Goldmetall in Form von alkalischem Aurocaynid, organometallische Verbindungen, ein Benetzungsmittel, einen Komplexbildner und freies Cyanid enthält, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierungsmetalle Kupfer in Form von Doppelcyanid aus Kupfer und Kalium und Indium in komplexierter Form sind, die die Ablagerung einer Legierung aus Gold des gelben, spiegelnden Brillanttyps auf der Elektrode ermöglichen.
16. Elektrolytische Ablagerung in Form einer Goldlegierung, die durch ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche erhalten wird, deren Dicke im Bereich von 1 bis 800 Mikrometer liegt und die Kupfer enthält, dadurch gekennzeichnet, dass sie als dritte Hauptkomponente Indium enthält, das ermöglicht, eine brillante Tönung zu erhalten, die zwischen den Bereichen 1N bis 3N liegt.
Der mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 11 lautet:
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Bad ein Depolarisationsmittel mit einer Konzentration im Bereich von 0,1 mg l-1 bis 20 mg l-1 enthält.
Wegen des Wortlauts der weiteren unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenene Patentansprüche 2 bis 10 und 12 bis 15 wird auf die Patentschrift EP 2 205 778 verwiesen.
Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:
MH1 MH2 MH3 MH4 MH5 MH6 MH7 MH8 MH9 MH10 MH11 MH12 MH13 MH14 MH15 MH16 MH17 MH18 MH19 MH19a MH20 EP 2 205 778 B1 (Streitpatent) US 3,642,589 US 3,475,292 US 2006/0283714 A1 US 4,980,035 US 2,660,554 US 5,256,275 Internet-Ausdruck: Wikipedia - Stichwort: „Metallorganische Chemie“, 4 Seiten Internet-Ausdruck: Wikipedia - Stichwort: „Chelatkomplexe“, S. 1 bis 3, vom 28. April 2015 Knosp, H. et al., Gold Bulletin, 2003, 36 (3), S. 93 bis 102 DE 28 29 979 A1 DE 22 21 159 A US 4,687,557 US 5,085,744 DE 30 22 370 A1 JP 2001-198693 A – englische Übersetzung JP 2000-319794 A – englische Übersetzung US 2,596,454 US 2,813,790 deutsche Übersetzung des Streitpatents Humpston, G. und Jacobson, D. M., Gold Bulletin, 1994, 27 (4), S. 110 bis 116 MH21 MH22 MH23 MH24 MH25 MH26 MH27 MH28 MH29 MH30 MH31 MH32 MH33 MH34 MH35 MH36 MH37 Normandeau, G., Gold Bulletin, 1992, 25 (3), S. 94 bis 103 O’Connor, G. P., Gold Bulletin, 1978, 11 (2), S. 35 bis 39 Shiraishi, T. et al., Gold Bulletin, 2001, 34 (4), S. 129 bis 133 „Taschenbuch für Galvanotechnik“, Bd. 1 – Verfahrenstechnik, Hrsg.: LPW-Chemie GmbH Neuss, 13. Ausgabe, 1988, Druckhaus Lübbe Bergisch Gladbach, S. 328 bis 339 CH 629 260 A5 DE 11 11 897 B DE 213 697 B DE 19 65 768 A DE 20 39 157 A DE 22 44 434 A DE 23 55 581 A1 DE 24 13 736 A DE 24 45 538 A1 DE 28 19 537 A1 DE 30 12 999 A1 GB 928,082 US 3,864,222 Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Art. 138 Abs. 1 b) EPÜ). Dem Streitpatent lasse sich weder ein Hinweis zu dem Merkmal „organometallische Verbindungen“ des Patentanspruchs 1 entnehmen, noch werde dem Fachmann eine klare Lehre an die Hand gegeben, wie dieses Merkmal verwirklicht werden solle. Gleiches gelte für den im Patentanspruch 11 genannten Begriff „Depolarisationsmittel“. Auch hierzu werde dem Fachmann im Rahmen der Offenbarung des Streitpatentes weder ein Hinweis gegeben, was darunter zu verstehen sei bzw. welche Substanzen als Depolarisationsmittel geeignet sein könnten, noch, welche konkrete technische Wirkung damit erreicht werden solle.
Weiter ist die Klägerin der Ansicht, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents von der Druckschrift MH2 neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Auch dem Patentanspruch 16 fehle es an der Neuheit, da sein Gegenstand von den Druckschriften MH10 und MH16 vorweggenommen sei.
Ferner macht die Klägerin geltend, dass es den Patentansprüchen 1 und 16 an erfinderischer Tätigkeit fehle. Die Druckschriften MH11 bis MH15 zeigten, dass die Verwendung von alkalischen Doppelcyanid-Elektrolysebädern mit Netzmittel, „organometallischen“ Verbindungen und komplexierten Legierungsmetallen, darunter mindestens Gold und Kupfer sowie ein weiteres Metall, zur Abscheidung ternärer, gelb spiegelnder Goldlegierungen üblich sei, wobei zumeist ein Elektrolysebad mit Cadmium als Aufheller verwendet werde. Die aus den weiter von ihr vorgelegten Druckschriften MH16 bis MH18 sowie MH20 bis MH23 hervorgehende Verwendung von Indium als Aufheller bzw. Glanzmittel belege eine ausreichende Veranlassung für den Fachmann, Indium als sinnvollen Legierungsbestandteil in Goldlegierungen vorzusehen, wenn kupferhaltige, schwermetall-, insbesondere cadmiumfreie, glänzende, gelbe Goldlegierungen erhalten werden sollten.
Der Gegenstand des Streitpatents sei ferner durch die Kombination der Druckschrift MH11 mit der Druckschrift MH3 oder MH31 nahegelegt. Zudem belegten die Druckschriften MH25 bis MH37, die von der Klägerin ohne weitere Ausführungen zum Inhalt der Schriften vorgelegt worden sind, sowie die im Absatz [0005] der Streitpatentschrift zitierten Patent-Dokumente, dass Goldlegierungen mit Indium seit langem zum Stand der Technik gehörten.
Entsprechendes gelte für die Gegenstände der – teilweise unzulässigen – Hilfsanträge.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 2 205 778 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 9, sämtliche gemäß Schriftsatz vom 30. April 2015, erhält.
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30. April 2015 verwiesen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist auf folgende Dokumente:
HE 1 HE 2 HE 3 HE 4 Merkmalsgliederung der Ansprüche 1 und 16 “Physikalische Chemie" (Hrsg.: G. M. Barrow), 6. Aufl., 1984, Bohmann-Verlag Wien, S. 60 bis 63 Internet-Ausdruck : Abbildung der Titelseite von "The Organometallic Chemistry of Transition Metals” (Hrsg.: R. H. Crabtree), 5. Aufl., vom 28. Mai 2015, (https://www.uniboard.ch/ images/marketplace/834_1428337892.jpg) Internet-Ausdruck: The Organometallic HyperTextBook: Organometallics Defined - Stichwort: “Organonmetallic” Molecule, 2 Seiten, vom 28. Mai 2015 (http://www.ilpi.com/organomet /organometallics.html)
HE 5 HE 6 HE 7 HE 8 HE 9 HE 10 HE 11 HE 12 Internet-Ausdruck: Fremdwörterlexikon: Stichwort: Porphyrin, 1 Seite, vom 28. Mai 2015 (http://www.wissen.de/fremdwort /porphyrin) Internet-Ausdruck: Pressemitteilung der Ludwig Maximilians Universität München vom 23. September 2008: „Das Salz in der chemischen Suppe“, 2 Seiten, vom 28 Mai 2015 (http://www.uni-muenchen.de/informationen_fuer/presse/presseinformationen/2008/f-…) Internet-Ausdruck: Research – Organometallic Chemistry – N,N‘-Chelating complexes, Universität Duisburg-Essen, 4 Seiten, vom 28. Mai 2015 (https://www.uni-due.de/ak_schulz/fos_mc_en_1610.php) DE 600 03 128 T2 Fachgutachten von Prof. Dr. Olaf Magnussen vom 20. April 2015 EP 0 304 315 A1 ergänzendes Gutachten von Prof. Dr. Olaf Magnussen vom 22. Juni 2015 „Metal Elektrodepostion“ (Hrsg.: M. Nuñez), 2005, Nova Science Publishers, Inc. New York, S. 18 bis 19, mit deutscher Übersetzung.
Nach Auffassung der Beklagten ist die Ausführbarkeit gegeben. Bei der fachüblichen und gebotenen weiten Auslegung des Begriffs „organometallische Verbindungen“ würden dem Fachmann – auch anhand der in der Beschreibung des Streitpatents genannten Beispiele – ausreichende Informationen an die Hand gegeben, um den Begriff seiner Funktion entsprechend einzuordnen und die Erfindung ausführen zu können. Auch der Begriff „Depolarisationsmittel“ sei dem Fachwissen zuzuordnen, so dass der Fachmann wisse, welche Substanzen hierfür in Frage kämen.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 16 seien neu. Insbesondere offenbare die Druckschrift MH2 keine Zusammensetzung eines elektrolytischen Bades mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Auch werde eine elektrolytische Ablagerung gemäß Patentanspruch 16 nicht durch eines der von der Klägerin genannten Dokumente, insbesondere nicht durch MH10 oder MH16, vorweggenommen.
Zudem beruhe der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 16 auf erfinderischer Tätigkeit. Keines der von der Klägerin genannten Dokumente lege, allein oder in Kombination mit weiteren Druckschriften, ein Verfahren oder eine elektrolytische Ablagerung gemäß den Patentansprüchen 1 oder 16 nahe.
Entscheidungsgründe I.
Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 b) EPÜ) und der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.
Insbesondere ist sie trotz der in der Klageschrift verwendeten Formulierung „… wird die Klage gegen die Inhaber des Europäischen Patentes … sowie Herrn A… … erhoben“ bei gebotener Auslegung der Klageschrift (vgl. BGH GRUR 2009, 42 – Multiplexystem) gegen die im Patentregister und in der – zusammen mit der Klageschrift eingereichten – Patentschrift als Mitinhaberin des Streitpatents angegebene „A…“ erhoben worden.
In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg.
1. Das Streitpatent betrifft eine elektrolytische Ablagerung bzw. Abscheidung in Form einer Goldlegierung in dicker Schicht sowie ein Verfahren zu deren Herstellung (vgl. Streitpatentschrift MH1 Sp. 1 Abs. [0001] sowie Patentansprüche 1 und 16).
Das Streitpatent führt einleitend unter Verweis auf eine Mehrzahl verschiedener Patentdokumente aus, dass im dekorativen Bereich von Verblendungen Verfahren zur Herstellung elektrolytischer Abscheidungen von Gold mit gelber Farbe bekannt seien, dessen Feingehalt größer oder gleich 9 Karat sei, das bei einer Dicke von 10 µm verformbar und das sehr anlaufbeständig sei. Diese elektrolytischen Abscheidungen erhalte man mit einem alkalischen galvanischen Bad, das neben Gold und Kupfer 0,1 bis 3 g/l Cadmium enthalte. Die mit diesen bekannten Verfahren erhaltenen Abscheidungen wiesen Cadmium-Gehalte zwischen 1 und 10 % auf. Cadmium vereinfache die Abscheidung in dicken Schichten, d. h. zwischen 1 und 800 µm, und führe zu einer Legierung mit gelber Farbe, indem die in der Legierung enthaltende Kupfermenge vermindert werde. Jedoch sei Cadmium äußerst toxisch und in manchen Ländern verboten. Bei weiteren bekannten gelben Abscheidungen handle es sich um Legierungen, die Gold und Silber enthielten. Darüber hinaus seien cadmiumfreie Goldlegierungen mit 18 Karat bekannt, die Kupfer und Zink enthielten. Diese Abscheidungen seien jedoch wegen ihres zu hohen Kupfer-Feingehalts im Farbton zu rosafarben. Zudem wiesen sie eine schlechte Korrosionsbeständigkeit auf, so dass sie schnell anliefen (vgl. Streitpatentschrift MH1 Sp. 1 Abs. [0002] bis [0005]).
2. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die objektive Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Gelbgold-Legierungen mit guten mechanischen Eigenschaften ohne Verwendung von Cadmium oder Zink als Legierungsmetalle bereitzustellen (vgl. MH1 Sp. 1 Abs. [0006] und Sp. 3 Abs. [0017] i. V. m. Patentansprüchen 1 und 16 sowie BGH GRUR 2012, 803, 805 Tz. [31] - Calcipotriol-Monohydrat).
1. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 durch ein
1.1 Verfahren zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode,
1.2 die in ein Bad eingetaucht ist, welches 1.2.1 Goldmetall in Form von alkalischem Aurocyanid, 1.2 2 organometallische Verbindungen, 1.2.3 ein Benetzungsmittel, 1.2.4 einen Komplexbildner, und 1.2.5 freies Cyanid enthält,
1.3 und die Legierungsmetalle a) Kupfer in Form von Kupfer- und Kalium-Doppelcyanid und b) Indium in komplexierter Form sind,
1.4 und diese die Ablagerung einer Legierung aus Gold des gelben, spiegelnden Brillanttyps auf der Elektrode ermöglichen.
Die Aufgabe wird ferner gemäß Patentanspruch 16 gelöst durch eine
16.1 elektrolytische Ablagerung in Form einer Goldlegierung, 16.2 die erhalten wird durch ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, 16.3 deren Dicke im Bereich von 1 bis 800 µm liegt, 16.4 die Kupfer enthält, 16.5 die als dritte Hauptkomponente Indium enthält, und 16.6 es das Indium ermöglicht, eine brillante Tönung zu erhalten,
die zwischen den Bereichen 1N und 3N liegt.
Gemäß Patentanspruch 16 wird die Aufgabe demnach mit einer elektrolytischen Ablagerung in Form einer Goldlegierung gelöst, die eine Dicke im Bereich von 1 bis 800 µm und eine brillante Tönung im Bereich von 1N bis 3N aufweist. Dieser elektrolytische Niederschlag enthält zudem gleichzeitig Kupfer und Indium als Legierungsmetalle und besitzt darüber hinaus jene Struktur und Eigenschaften, die die galvanoplastische Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode besitzt, die unter Anwendung des im Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrens hergestellt worden ist. Dabei sind es die physikalischen Parameter und die chemische Zusammensetzung des in diesem Zusammenhang verwendeten Bades, die die Struktur der Abscheidung und deren Eigenschaften bestimmen. Dieses trifft insbesondere auf den pH-Wert des Bades zu, der gemäß Patentanspruch 1 im alkalischen Bereich liegt, denn freies, titrierbares Cyanid ist nur in alkalischen Bädern enthalten (vgl. MH24 S. 331 Abs. 1). Es trifft ferner auf die Form zu, in der die Metalle in einem solchen Bad vorliegen, denn sie trägt zur Steuerung des Abscheidungsprozesses bei. Im Verfahren gemäß Patentanspruch 1 erfolgt dieses durch die Verwendung des Legierungsmetalls Kupfer in Form von Kupfer- und Kalium-Doppelcyanid und des Legierungsmetalles Indium dagegen in komplexierter Form.
Insoweit die Klägerin im Übrigen vorgetragen hat, der Patentanspruch 16 sei bereits aufgrund seiner Ausgestaltung als „product-by-process“-Anspruch unzulässig, geht dieser Einwand ins Leere, da auch in diesem Fall keiner der in Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜbKG, Art. 138 Abs. 1 EPÜ abschließend aufgezählten Nichtigkeitsgründen (vgl. zu § 21 PatG GRUR 1997, 612 Ls., 615 III.2.d) – Polyäthylenfilamente) verwirklicht wäre.
4. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Chemiker mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der elektrochemischen Abscheidung von Metallen oder um einen erfahrenen Galvanotechniker.
II.
Das Streitpatent erweist sich als bestandsfähig. Die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und fehlenden Patentfähigkeit liegen nicht vor.
1. Der Gegenstand des Streitpatentes ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn nacharbeiten kann.
Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, dass die Lehre des Streitpatentes wegen fehlender Angaben in der Streitpatentschrift zu den Begriffen „metallorganische Verbindungen“ und „Depolarisationsmittel“ zum Prioritätszeitpunkt nicht ausführbar gewesen sei.
1.1. Die Klägerin argumentiert in diesem Zusammenhang, zwar übernehme sie die Auslegung der Beklagten, wonach sich die im Bad gegebenenfalls bildenden Kalium/Kupfer-Doppelcyanide unter den Begriff "organometallische Verbindungen" subsumieren ließen. Die Angabe dieses Begriffes im Plural fordere jedoch die Anwesenheit mehrerer, mindestens aber zweier unterschiedlicher metallorganischer (= organometallischer) Verbindungen. Eine entsprechende Offenbarung ergebe sich weder aus den Beispielen noch der Streitpatentschrift.
Entgegen dem Vortrag der Klägerin - insbesondere unter Verweis auf die Dokumente MH8 und MH9 - liest der Fachmann diesen Begriff gemeinhin nicht ausschließlich streng bezogen auf Verbindungen mit direkter Metall-Kohlenstoff-Bindung, sondern ordnet darunter auch häufig Verbindungen wie Metall-Chelat-Komplexe und Metall-Komplexe ein. Ersichtlich ist dies anhand der im Verfahren vorgelegten Druckschriften HE 6 und HE 7, denen gemäß die Komplex-Verbindung Hämoglobin ebenso als organometallische Verbindung bezeichnet wird (vgl. HE 6 S. 1 „Zusammenfassung“) wie die N,N'-Chelat-Komplexe des Metalls Zink (vgl. HE 7 S. 1 „Introduction“). Bestätigt wird dies im Übrigen auch durch die im Lehrbuch „Organische Chemie“ der Autoren E. Breitmaier und G. Jung angegebene Defini- tion für Organometall-Verbindungen. Demgemäß sind darunter nicht nur solche Verbindungen zu verstehen, in denen organische Gruppen mit einem Metall verknüpft sind, sondern im weiteren Sinne auch Metall-π-Komplexe und Metallchelate (vgl. gutachtlich: „Organische Chemie - Grundlagen, Stoffklassen, Reaktionen, Konzepte, Molekülstruktur“ (Hrsg.: E. Breitmaier und G. Jung), 5. Aufl., 2005, S. 590).
Metall-Chelat-Komplexe, somit eine weitere metallorganische Verbindung neben den Cyaniden von Gold und Kupfer, enthält auch das in Patentanspruch 1 angegebene Elektrolysebad. Dabei handelt es sich zumindest um Indium in Form eines Komplexes - gemäß nachgeordnetem Patentanspruch 2 - des aminocarboxylischen Typs, somit um Indium in Form eines Komplexes mit einer organischen Verbindung. Beschrieben ist diese Verbindung so auch im Beschreibungsteil der Streitpatentschrift (vgl. MH1 Sp. 1/2 Abs. [0009]). Darüber hinaus wird die Substanzgruppe der Aminocarboxylate als bevorzugter Komplexbildner sowohl im nachgeordneten Patentanspruch 9 als auch im Zusammenhang mit der chemischphysikalischen Charakterisierung einer vorteilhaften Ausgestaltung des in Rede stehenden, Indium in komplexierter Form enthaltenden Elektrolysebades angegeben (vgl. MH1 S. 2 Abs. [0010] - 3. und 7. Spiegelstrich). Der Einwand der fehlenden Angaben, somit der fehlenden Identifizierbarkeit, in Verbindung mit dem Begriff „organometallische Verbindungen“ in Patentanspruch 1 und in der Beschreibung der Streitpatentschrift sowie einer damit begründeten mangelnden Ausführbarkeit trifft demnach nicht zu. Vielmehr werden dem fachmännischen Leser in der Streitpatentschrift sowohl mit den Patentansprüchen 1, 2 und 9 als auch in der Beschreibung konkret jene Verbindungen genannt, die dem Wortverständnis der Fachwelt entsprechend dem Begriff "organometallische Verbindungen" zuzuordnen sind.
1.2. Soweit die Klägerin mangelnde Ausführbarkeit aufgrund der fehlenden Definition des im nachgeordneten Patentanspruch 11 genannten Begriffes „Depolarisationsmittel“ in der Streitpatentschrift geltend macht, kann auch dies nicht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit begründen. Bei Depolarisati- onsmitteln handelt es sich – und dies ist dem Grundlagenwissen des Fachmannes zuzuordnen – um Substanzen, die Elektrolysebädern gegebenenfalls zugesetzt werden, um Polarisationen (= Hemmungen) von Elektrodenreaktionen abzubauen, die während der elektrochemischen Vorgänge auftreten können. In diesem Zusammenhang sind dem Fachmann auch jene Substanzen bekannt, die üblicherweise in diesen Fällen Verwendung finden. Bestätigt wird dies mit den Ausführungen zu dieser Substanzgruppe in der EP-Offenlegungsschrift HE 10, veröffentlicht im Jahr 1989, die elektrolytische Bäder zur Abscheidung von Gold-Kupfer-ZinkLegierungen betrifft (vgl. Patentansprüche 1 und 3 sowie Beschreibung S. 2 Z. 3 und 4). In dieser wird nicht nur der dem Fachmann im Zusammenhang mit Depolarisationsmitteln an sich bekannte Sachverhalt dargelegt, sondern es werden auch jene Substanzen genannt, die beispielsweise als Depolarisationsmittel in Betracht gezogen werden können (vgl. HE 10, S. 3, Z 32 bis 43 sowie auch HE 9 S. 3 II.2.2). Vor diesem Hintergrund aber konnte der Fachmann im Rahmen orientierender Versuche jene Substanzen ermitteln, die im vorliegenden Fall zur Depolarisation geeignet sind. Weder die Anlage noch die Durchführung solcher Versuche erfordern Überlegungen erfinderischer Art, vielmehr liegen sie im Rahmen des Zumutbaren und Angemessenen (vgl. Schulte PatG. 9. Aufl. § 34 Rn. 338, 355).
Die Klägerin hat die mangelnde Ausführbarkeit in Bezug auf den Begriff „Depolarisationsmittel“ auch damit begründet, dass für dieses im Patentanspruch 11 Konzentrationsangaben genannt seien, die so in den Beispielen 1 und 2 nicht wiederzufinden seien. Da es sich bei der Zugabe von Depolarisationsmitteln gemäß Streitpatentschrift lediglich um eine optionale Maßgabe handelt, ist es nicht erforderlich, dass die die Erfindung darstellenden Beispiele 1 und 2 diesen Zusatz tatsächlich auch aufweisen müssen, denn die Ausführbarkeit wird bereits mit diesen Beispielen dargelegt, die jedenfalls die Komponenten aufweisen, die gemäß Patentanspruch 1 zwingend enthalten sein müssen. Der Verweis der Klägerin auf die im Beispiel 2 genannte Thioäpfelsäure (= Acide thiomalique bzw. thiomalic acid), die dort mit 50 mg/l in einer höheren Konzentration genannt ist, als die Depolarisationsmittel gemäß Patentanspruch 11, weshalb der Fachmann gemäß Vortrag der Klägerin nicht wisse, welche Funktion dieser Substanz streitpatentgemäß zuzuordnen sei, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Bei Thioäpfelsäure handelt es sich zwar um eine Substanz, die auch als Depolarisationsmittel Verwendung findet (vgl. HE 10 S. 3 Z. 40/41), der streitpatentgemäß jedoch die Funktion des Glanzmittels zufällt (vgl. MH1 Sp. 2 Abs. [0012]). Der fachmännische Leser wird dieser Substanz im vorliegenden Fall daher zuvörderst diesen Verwendungszweck zuordnen.
1.3. Unabhängig von der Frage der Identifizierbarkeit von Substanzen, die unter die allgemeine Angabe „Organometallische Verbindungen“ und „Depolarisationsmittel“ zu subsumieren sind, ist die Ausführbarkeit vorliegend im Übrigen nicht nur deshalb gegeben, weil – wie vorstehend dargelegt – die Lehre in ihrer Gesamtheit aufgrund der Angaben in den Patentunterlagen und mit dem Fachwissen am Prioritätstag ohne eigenes erfinderisches Zutun des Fachmannes so verwirklicht werden konnte, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird. Die Ausführbarkeit ist auch deshalb gegeben, weil mit den Beispielen 1 und 2 ein nacharbeitbarer Weg offenbart worden ist, mit dem das der Erfindung zu Grunde liegende Problem tatsächlich gelöst wird. Die Klägerin, die für die fehlende Ausführbarkeit die Beweislast trägt, hat nicht nachgewiesen, dass es dem Fachmann auch in Kenntnis der Angaben in der Streitpatentschrift nicht möglich sei, das beanspruchte Verfahren unter Einsatz seines Fachwissens ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszufüllen (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 34 Rn. 355, 357, 358 und 394, Busse, PatG, 7. Aufl., § 34 Rn. 273, 278, 292 und 293, BGH GRUR 2001, 813, 818 li. Sp. – „Taxol", BGH GRUR 2010, 901 Ls. 2, 903 Tz. [31] – Polymerisierbare Zementmischung m. w. N.).
2. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 16 gemäß Hauptantrag sind neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.1. Das Verfahren zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung gemäß erteiltem Patentanspruch 1 ist neu.
Keines der im Verfahren genannten Dokumente gibt ein elektrolytisches Bad an, das neben Gold die Metalle Kupfer und Indium als Legierungsmetalle enthält. Dieses trifft auch auf das von der Klägerin als der Neuheit entgegenstehend genannte Dokument MH2 zu.
Die US-Patentschrift MH2 betrifft ein alkalisches elektrolytisches Bad zur Abscheidung von Goldlegierungen. Diese Bäder enthalten zwingend die Metalle Gold und Silber in Form löslicher Salze. Darüber hinaus können diese Bäder fakultativ weitere Metalle aus der Gruppe Nickel, Kobalt, Indium, Cadmium und Kupfer in löslicher Form aufweisen (vgl. Patentansprüche 1 und 5 sowie Beschreibung Sp. 1 Z. 2 bis 5 und Sp. 2 Z. 51 bis 66). Diese Liste der weiteren optional im elektrolytischen Bad gemäß dem Dokument MH2 vorhandenen Metalle lässt jedoch keine Rückschlüsse auf spezielle Kombinationen dort genannter Metalle zu. Dieses gilt umso mehr, als an keiner Stelle der Druckschrift - weder in allgemeiner Form noch explizit - Kombinationen dieser fakultativ genannten Metalle als in Betracht zu ziehende Bestandteile der elektrolytischen Bäder beschrieben sind (vgl. insbesondere auch Sp. 3/4 Beispiele 1 bis 4). Unabhängig davon geben weder die Patentansprüche 1 und 5 noch die Beschreibung Sp. 2 Z. 51 bis 66 unmittelbar an, in einem alkalischen Elektrolysebad Gold in Form von alkalischem Aurocyanid und Kupfer in Form des Doppel-Cyanids aus Kupfer und Kalium, Indium dagegen nicht ebenfalls als Cyanid, sondern in komplexierter Form zu verwenden (vgl. dazu insbesondere auch die Beispiele 2 und 3). Somit sind bei dem in der Druckschrift MH2 angegebenen elektrolytischen Bad jedenfalls die Merkmale 1.3 a) und 1.3 b) gemäß Merkmalsanalyse I.3 nicht verwirklicht.
Der Senat kann sich nicht der Argumentation der Klägerin anschließen, die Neuheit im Hinblick auf das Dokument MH2 sei nicht gegeben, weil mit der Formulierung „enthält“ im Zusammenhang mit der Aufzählung der das Bad charakterisierenden Komponenten die Anwesenheit weiterer Metalle in der Legierung nicht ausgeschlossen sei. Zweifelsohne handelt es sich bei der Formulierung gemäß Patentanspruch 1 um eine offene Aufzählung der Bestandteile. Auch können gemäß der Streitpatentschrift die im Abs. [0017] genannten Metalle -– von denen auch Silber und Cadmium im Dokument MH2 genannt sind – in vernachlässigbarer Menge ebenfalls im Bad enthalten sein. Gemäß Patentanspruch 1 ist das streitpatentgemäße elektrolytische Bad jedoch dadurch gekennzeichnet, dass zwingend sowohl Kupfer als auch Indium als Legierungsmetalle enthalten sind. Eine derartige Kombination aber ist – wie vorstehend dargelegt – dem Dokument MH2 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.
Die weiteren im Verfahren genannten Dokumente können die Neuheit des mit Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahrens ebenfalls nicht infrage stellen. Sie sind von der Klägerin auch nicht unter diesem Gesichtspunkt diskutiert worden.
2.2. Die elektrolytische Ablagerung in Form einer Goldlegierung gemäß Patentanspruch 16 ist ebenfalls neu.
Mit keinem der vorliegenden Dokumente wird eine Goldlegierung offenbart, die in Form einer elektrolytischen Ablagerung vorliegt und die die in diesem Patentanspruch genannten Merkmale in ihrer Gesamtheit aufweist. Mangelnde Neuheit hat die Klägerin im Fall des Patentanspruches 16 explizit gegenüber den Dokumenten MH10 und MH16 geltend gemacht.
Der Artikel MH10 betrifft die Verwendung von Gold und Goldlegierungen in der Zahntechnik. Genannt werden in diesem Zusammenhang Legierungen, die neben Gold Kupfer und Indium enthalten können (vgl. S. 96 Tab. 4). Verwendet werden diese Legierungen zur Herstellung von Inlays, Onlays, Kronen und Brücken sowie zum Löten (vgl. S. 94 Tab. 1). Angaben zu den Herstellungsverfahren bzw. zur Dicke oder Tönung dieser Legierungen sind dem Dokument nicht zu entnehmen. Zwar werden in diesem auch elektrolytische Ablagerung beschrieben, dabei aber handelt es sich nur um solche, die aus reinem Gold bestehen (vgl. S. 97/98 re./li. Sp. „Elektroforming“). Daher offenbart dieses Dokument keine elektrolytische Abscheidung wie sie mit dem strittigen Patentanspruch 16 angegeben wird, d. h. eine elektrolytische Abscheidung in Form einer Goldlegierung, die neben Gold und Kupfer als dritte Hauptkomponente Indium aufweist, deren brillante Tönung im Be- reich von 1N bis 3N liegt und die jene Merkmale aufweist, die an einer Goldlegierung feststellbar sind, die mit einem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 hergestellt worden ist.
Die Neuheit der elektrolytischen Abscheidung gemäß Patentanspruch 16 wird auch nicht mit dem Dokument MH16 in Frage gestellt. In diesem Dokument werden zwar Goldlegierungen genannt, die aus Gold, Kupfer und Indium bestehen (vgl. Patentanspruch 1). Dabei handelt es sich aber um im üblichen Schmelzverfahren hergestellte Legierungen, die zur weiteren Verarbeitung vorgesehen sind (vgl. Beschreibung S. 7/8 übergreif. Abs.). Diese Weiterverarbeitung besteht in der Verwendung der Legierungen zum Heißlöten (vgl. Patentanspruch 1 und S. 3 Abs. 1). Damit offenbart dieses Dokument ebenfalls keine elektrolytische Ablagerung in Form einer Goldlegierung, d. h einer Goldlegierung, die mittels eines elektrolytischen Verfahrens auf einer Elektrode abgeschieden worden ist.
3. Die Bereitstellung der Gegenstände gemäß den Patentansprüchen 1 und 16 nach Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Weder mit einer der im vorliegenden Verfahren genannten Druckschriften alleine noch in deren Zusammenschau wird dem Fachmann eine Anregung dahingehend vermittelt, für ein cyanidisches Bad zur Abscheidung einer Goldlegierung mit einer brillanten Tönung im Bereich von 1N bis 3N, mit einer hohen Anlaufresistenz und einer großen Verschleißfestigkeit neben den Legierungsmetallen Gold und Kupfer als weiteres Legierungsmetall Indium anstelle der üblicherweise eingesetzten Metalle Zink oder Cadmium vorzusehen (vgl. Patentansprüche 1 und 16 sowie Sp. 1 Abs. [0006] und Sp. 2 Abs. [0013]). Dabei kann das Auffinden dieser Lösung nicht schon deshalb als nahegelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe erkennbar sind, von dem aus dem Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Vielmehr setzt diese Wertung voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass und Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lösung zu gelangen (vgl. BGH GRUR 2010, 407 - einteilige Öse).
3.1. Die Bereitstellung des Verfahrens zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode gemäß Patentanspruch 1 wird insbesondere nicht durch die von der Klägerin diskutierte Zusammenschau der Dokumente MH11 (bis MH15) mit den Dokumenten MH20 bis MH23 bzw. den Dokumenten MH11 und MH3 bzw. MH31 oder durch die Dokumente MH16 bis MH18, MH22, MH23 und MH25 bis MH37 i. V. m. dem Fachwissen nahe gelegt.
3.1.1. Die Lehre der deutschen Offenlegungsschrift MH11, die ein wässriges Elektrolysebad zur Abscheidung von Gold-Kupfer-Cadmium-Legierungen betrifft (vgl. Patentanspruch 1 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 1), ist darauf gerichtet, das Abscheidungsverhalten von Cadmium im Verhältnis zu den beiden anderen Legierungsmetallen Gold und Kupfer zu verbessern. Diesem Dokument liegt das Problem zu Grunde, dass die Einhaltung der Cadmium-Konzentration zur Abscheidung eines Gold/Kupfer/Cadmium-Niederschlages mit den angestrebten Qualitätsmerkmalen problematisch und sehr arbeitsaufwändig ist, zudem gegebenenfalls auftretende zu hohe Konzentrationen von Cadmium in solchen Bädern die Qualität der abgeschiedenen Legierungen mindern. Zur Lösung dieser Probleme wird im Dokument MH11 vorgeschlagen, Cadmium mit einem organischen Aminopolycarboxyl-Komplexbildner zu komplexieren, um so den Gehalt von freien CadmiumIonen im Bad konstant im Verhältnis zu den Gehalten an Gold und Kupfer zu halten (vgl. Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung S. 3/4 übergreifender Absatz und S. 7 Abs. 1). Somit liegt die Zielsetzung dieses Dokumentes nicht darin, Cadmium in der aus dem elektrolytischen Bad abzuscheidenden Gold-Legierung zu ersetzen, sondern darin, die Abscheidungsbedingungen im Bad so zu steuern, dass Legierungen mit einem homogenen Gehalt an Gold, Kupfer und Cadmium und einem den Anforderungen entsprechenden Aussehen erhalten werden, sowie elektrolytische Bäder bereitzustellen, die mit einem geringeren Arbeitsaufwand betrieben werden können (vgl. Beschreibung S. 7 Abs. 1 bis S. 8 Abs. 2 und S. 13 bis 15 Beispiel 4). Hinweise dahingehend, Cadmium stelle aus Gründen der Toxizität ein Problem in diesen Legierungen dar, weshalb es zu deren Herstellung keine Verwendung finden sollte, vermittelt das Dokument MH11 dem Fachmann dagegen nicht. Somit erhält er mit dieser Druckschrift auch keine Anregung, zur Lö- sung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe ein elektrolytisches Bad mit der im Patentanspruch 1 genannten Zusammensetzung bereitzustellen, das neben Gold und Kupfer anstelle von Cadmium oder Zink Indium als weiteres Legierungsmetall enthält.
Eine entsprechende Lehre wird dem Fachmann auch nicht in einer Zusammenschau mit den weiteren im Verfahren genannten Dokumenten, insbesondere auch nicht mit den von der Klägerin diesbezüglich genannten Druckschriften MH20 bis MH23, MH3 oder MH 31 vermittelt.
Das Dokument MH20 betrifft Goldlegierungen zur Verwendung als Lot, die neben Gold Kupfer, Nickel und Silber als Hauptkomponenten aufweisen. Um den Schmelzpunkt des Goldes und gegebenenfalls weitere physikalische Eigenschaften der Legierung, wie Härte und Verformbarkeit, zu beeinflussen, enthalten diese zusätzliche Elemente, insbesondere Zinn, Zink und Cadmium. Weil sich – den Ausführungen in diesem Artikel folgend – bei der Anwendung von Lot bei Temperaturen über 450° C Cadmiumoxid bildet, welches mit dem Rauch freigesetzt wird, besteht die Tendenz, aufgrund dessen Toxizität Cadmium durch Indium und Gallium zu ersetzen (vgl. S. 111 li. Sp. Abs. 1 und 2 i. V. m. re. Sp. le. Abs.). Demnach wird gemäß dem Dokument MH20 der Austausch von Cadmium gegen Indium oder Gallium in einer als Lötmaterial vorgesehenen Gold-Legierung nicht deshalb erwogen, weil die Legierung auf Grund der Toxizität von Cadmium als nicht verwendbar erachtet wird, sondern, weil sich im Zuge der Verarbeitung bei hohen Temperaturen giftige Gase bilden. Dabei aber handelt es sich um ein Problem, das so weder im Zusammenhang mit einem üblicherweise bei erheblich geringeren Temperaturen betriebenen elektrolytischen Verfahren auftritt, noch im Zusammenhang mit einem elektrolytischen Niederschlag an sich. Daher vermag auch dieses Dokument dem Fachmann keine Hinweise zu geben, zur Lösung der vorliegenden Aufgabe, zur Abscheidung und Bereitstellung einer Gold/Kupfer-Legierung in einem elektrolytischen Verfahren Indium anstelle von Cadmium oder Zink als drittes Legierungsmetall in Betracht zu ziehen.
Keine andere Sach- und Rechtslage ergibt sich aus einer Zusammenschau des Dokumentes MH11 mit den Publikationen MH21, MH22 und MH23. Diese Veröffentlichungen können das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 nicht nahelegen, denn sie betreffen keine elektrolytischen Bäder bzw. elektrolytische Ablagerungen in Form einer Goldlegierung. Sie beschäftigen sich vielmehr mit zur weiteren Verarbeitung in der Schmuckherstellung bzw. Zahnprothetik vorgesehenen WeißgoldLegierungen, die neben Gold zur Erzielung des weißen Farbtons mehrheitlich Elemente aus der Gruppe Silber, Palladium, Nickel und Eisen sowie in geringeren Mengen z. B. Elemente aus der Gruppe Kobalt, Zink, Indium und Chrom enthalten. Für Weißgold-Legierungen mit niedrigem Gold-Gehalt werden in diesem Zusammenhang zudem Systeme angegeben, die als Legierungsmetall auch Kupfer aufweisen. Indium dagegen wird in diesem Zusammenhang lediglich als Element beschrieben, dessen Zugabe physikalische Eigenschaften sowie die Farbtönung der Gold-Legierungen beeinflusst (MH21 S. 94 re. Sp. le. Satz, S. 95 li./re. Sp. übergreifender Absatz, S. 100/101 übergreifender Absatz, S. 100 re. Sp. Abs. 2, S. 101 li. Sp. Abs. 2 und re. Sp. Abs. 1 sowie S. 102 li./re. Sp. übergreifender Absatz; MH22 S. 35 li. Sp. Abs. 1, 2 und 6, S. 37 li. Sp. Abs. 4 bis re. Sp. Abs. 1 i. V. m. S. 38 Tab. III, S. 38 li. Sp. Abs. 2 Satz 3 i. V. m. S. 39 Fig. 2, S. 38 re. Sp. Abs. 2 und S. 39 li. Sp. „Conclusions“; MH23 S. 129 Zusammenfassung sowie li. Sp. Abs. 3, S. 130 re. Sp. Abs. 2 und S. 131 li. Sp. Abs. 2 i. V. m. S. 130 Fig. 2 und S. 131 Fig. 3 sowie S. 132 li./re. Sp. übergreifender Abs. und re. Sp. „Conclusions“ Punkt 2).
Eine entsprechende Anregung vermag dem Fachmann auch nicht die US-Patentschrift MH3 zu vermitteln. Zielsetzung dieser Druckschrift ist ein Verfahren zur Bereitstellung von elektrolytischen Abscheidungen von Gold bzw. hochkarätigen Goldlegierungen. Dem entsprechend wird als einzig zwingend anwesendes Element des dort angegebenen elektrolytischen Bades Gold genannt. Dieses Bad kann zwar darüber hinaus fakultativ weitere Metalle als Legierungsmetalle oder Glanzzusätze bzw. Aufheller enthalten, wobei in diesem Zusammenhang neben Cadmium u. a. jeweils auch Zink, Kupfer und Indium genannt werden. Die Angabe dieser Elemente neben einer Anzahl weiterer Metalle ist aber in keinem dieser Fäl- le mit dem Hinweis– verbunden, einzelne dort genannte Elemente seien beliebig gegeneinander austauschbar bzw. beliebig kombinierbar. Vielmehr ist anhand der Beispiele zu ersehen, dass im Mittelpunkt dieses Dokuments binäre Kombinationen von Gold insbesondere mit Kobalt, Blei, Nickel, Arsen oder Antimon stehen. Dagegen wird weder Indium – im Gegensatz zu Cadmium – in diesem Dokument im Zusammenhang mit jenen Legierungsmetallen bzw. Glanzzusätzen genannt, die gegenüber allen in der jeweiligen Gruppe angegeben Elementen als bevorzugt bezeichnet werden, noch enthält dieses Dokument Ausführungen zur Toxizität der als Legierungsmetalle bzw. Glanzzusätzen in Betracht gezogenen Metalle und der Notwendigkeit, dieses im Zusammenhang mit den Legierungsmetallen zu berücksichtigen (vgl. Patentansprüche 1, 7 bis 14 sowie Beschreibung Sp. 1 Z. 23 bis 25, Z. 34 bis 38, Z. 52 bis Sp. 2 Z. 19, Sp. 3/4 Beispiele I-VI sowie Sp. 4 Z. 20 bis 25).
Eine Zusammenschau des Dokumentes MH11 mit der deutschen Offenlegungsschrift MH31 führt ebenfalls nicht zu einem elektrolytischen Bad, wie es im Patentanspruch 1 angegeben ist. Denn Gegenstand dieser Druckschrift sind nicht Goldlegierungen sondern die Abscheidungen dicker, glänzender Goldüberzüge. Daher werden in diesem Dokument auch keine weiteren Metalle genannt, die als Legierungsmetalle dem dort beanspruchten zwingend Gold enthaltenden Bad hinzugefügt werden (vgl. Patentansprüche 1 und 3 sowie Beschreibung S. 2 Abs. 2, S. 2/3 übergreifender Absatz und Beispiel 1). Vielmehr können diese Bäder optional geringe Mengen von Unedelmetallen, wie Eisen, Kobalt, Nickel, Chrom, Cadmium, Kupfer, Zink, Zinn, Indium oder Antimon als Glanzzusätze aufweisen. Abgesehen davon, dass auch in diesem Fall keine Priorisierung einzelner Elemente vorgenommen wird, werden zudem insbesondere binäre Systeme beschrieben (vgl. Patentanspruch 4 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 3 bis 5 und Beispiele 2 bis 4). Angaben zur Toxizität oder zur Kombinierbarkeit dieser Elemente enthält dieses Dokument ebenfalls nicht.
3.1.2. Die Klägerin hat als Ausgangspunkt zum Auffinden einer Lösung für das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem neben dem Dokument MH11 auch auf die Dokumente MH12 bis MH15 verwiesen. Diese Dokumente betreffen sämt- lich elektrolytische Bäder zur Abscheidung von Gold-Legierungen, die als Legierungsmetalle neben Gold und Kupfer auch Cadmium oder Zink bzw. beide Metalle gleichzeitig enthalten. In keinem dieser Dokumente wird jedoch die Toxizität von Cadmium oder Zink thematisiert. Daher ist auch keines von diesen allein oder in einer Zusammenschau mit den vorstehend diskutierten Druckschriften MH20 bis MH23 bzw. MH3 oder MH31 dazu geeignet, dem Fachmann eine Anregung dahin gehend zu vermitteln, zur Lösung der vorliegenden Aufgabe in einem elektrolytischen Bad Cadmium oder Zink als Legierungsmetalle durch ein anderes Element zu ersetzen, insbesondere in einem Cyanide von Gold und Kupfer enthaltenden Bad Indium in komplexierter Form anstelle von Cadmium oder Zink als weiteres Legierungsmetall vorzusehen (vgl. MH12: Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung S. 1 Abs., S. 4 Abs. 2 und 3, S. 8 Abs. 2; MH13: Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung Sp. 1 Z. 23 bis 35 sowie Z. 42 bis 62; MH14: Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung Sp. 2 Z. 33 bis 41, Sp. 3 Z. 32 bis 57 und Sp. 4 Z. 16 bis 18; MH15: Patentanspruch 1 i. V. m. Beschreibung S. 3 Abs. 3).
3.1.3. Zu keiner anderen Sichtweise führt die Argumentation der Klägerin, die erfinderische Tätigkeit sei bereits deshalb nicht gegeben, weil dem Fachmann zum einen Indium als nicht toxisches Metall bekannt gewesen sei und er zum anderen aus dem Stand der Technik – wie insbesondere die Dokumente MH16 bis MH18, MH22, MH23 und MH25 bis MH37 sowie auch die im Streitpatent Absatz [0005] genannten Dokumente zeigten – wisse, dass die Verwendung von Indium als Glanzzusatz bzw. Aufheller und als Bestandteil elektrolytischer Bäder üblich sei und damit auch Legierungen mit gelber Farbe erhalten würden. Daher sei es nahe liegend gewesen, in einem Gold und Kupfer als Legierungsmetalle enthaltenden Standardelektrolytbad das zur Reduzierung des Kupfer-Anteils und der damit verbundenen Erzielung einer goldgelben Farbe üblicherweise verwendete Cadmium durch Indium zu ersetzen.
Es mag aus diesen Dokumenten zwar bekannt gewesen sein, dass Indium als Legierungsmetall zur Herstellung einer Gold-Legierung verwendet werden kann bzw. in elektrolytischen Gold-Bädern als Legierungsmetall, Glanzzusatz bzw. Aufheller enthalten sein kann. In keinem dieser Dokumente aber wird Cadmium unter dem Gesichtspunkt der Toxizität als problematisch beschrieben oder wird Indium als ein mit Cadmium oder Zink ohne weiteres austauschbares Legierungsmetall neben Kupfer als Komponente eines elektrolytischen Bades angegeben.
Dies trifft ebenso auf die von der Klägerin in diesem Zusammenhang nicht nur pauschal zitierten, sondern explizit genannten Dokumente zu.
So gibt das Dokument MH17 zwar elektrochemische Abscheidungen an, die jedenfalls Gold und Kupfer enthalten. Zur Lösung der vorliegenden Aufgabe, ein elektrolytisches Bad in Erwägung zu ziehen, das neben den Cyaniden von Gold und Kupfer Indium und dieses in Form eines Komplexes enthält, wird mit diesem aber nicht nahegelegt. Denn zum einen liegen die darüber hinaus fakultativ vorhandenen weiteren Metalle, unter diesen Indium und Cadmium, die als Glanzmittel bzw. Aufheller hinzugegeben werden können, als Salze vor, zum anderen lehrt dieses Dokument den Fachmann nicht, die beiden in Rede stehenden Elemente seien gegeneinander austauschbar bzw. Indium dem Cadmium vorzuziehen (vgl. MH17 – englische Übersetzung: Patentansprüche 1 bis 3 sowie Beschreibung Absatz [0007], [0008], [0013], [0016] und [0017]).
Elektrolytische Gold-Bäder die diverse weitere Legierungsmetalle, wie Kupfer oder Indium, enthalten können, werden mit der schweizerischen Patentschrift MH25 und der deutschen Auslegeschrift MH26 angegeben. Kupfer und Indium sind in diesen Dokumenten aber lediglich als fakultativ in Betracht zu ziehende zusätzliche Legierungsmetalle genannt. Deren gleichzeitige Anwesenheit wird auch nicht mit den jeweiligen Ausführungsbeispielen nahegelegt, denn diese betreffen entweder ausschließlich binäre Gold-Silber- bzw. Gold-Indium-Systeme oder Bäder, die neben Gold und Nickel auch Zink bzw. neben Gold und Kobalt auch Indium als Bestandteile aufweisen (vgl. MH25: Patentansprüche 1 und 7 i. V. m. Beschreibung S. 2 re. Sp. Z. 13 bis 24 sowie Beispiele 1 bis 3; MH26: Patentansprüche 1 bis 3 i. V. m. Beschreibung Sp. 1 Z. 20 bis 27 und Z. 38 bis 42 sowie Sp. 2/3 Beispiele 1 bis 3). Die Anregung, Kupfer in cyanidischer Form und Indium in komple- xierter Form zusammen in einem elektrolytischen Bad zu verwenden bzw. Indium einzusetzen, um auf diesem Wege Cadmium als aus toxischen Gründen nicht erwünschtes Legierungsmetall zu vermeiden, geben diese Druckschriften damit nicht.
Die Dokumente MH16 und MH18 betreffen keine elektrolytischen Bäder. Vielmehr nennt das Dokument MH16 zur Verwendung als Lot vorgesehene, Gold, Kupfer und Indium aufweisende Legierungen, die mit herkömmlichen Mischverfahren hergestellt werden. Die Zugabe von Indium erfolgt in diesem Fall primär zur Erniedrigung des Schmelzpunktes; eine Reduzierung der Rotfärbung wird dabei lediglich als Nebeneffekt beobachtet (vgl. MH16 - englische Übersetzung: Patentansprüche 1 und 2 sowie Beschreibung S. 3 Abs. 1, S. 6 Abs. [0007], S. 7 Abs. [0009] S. 8 Tab. 1 und Tab. 2, S. 9 Abs. [0016] sowie S. 10 Abs. [0019] bis [0021]). Gemäß der US-Patentschrift MH18, die Gold, Kupfer, Silber, Zink und Indium aufweisende Legierungen nennt, wird Indium zur Verbesserung der StressKorrosion zugegeben, während zur Einstellung der gewünschten Farbe gleichzeitig Silber und Zink oder Cadmium zugesetzt werden können (vgl. Patentanspruch 1 i. V m. Beschreibung Sp. 1 Z.54 bis Sp. 2 Z. 10, Sp. 2 Z. 38 bis 49, Sp. 3 Z. 5 bis 21 sowie Tab. 1). Somit wird mit diesen Dokumenten weder die Lehre vermittelt, Zink oder Cadmium bei der Herstellung von Bädern zur elektrolytischen Abscheidung von Gold und Kupfer enthaltenden Legierungen mit goldgelber Farbe zu vermeiden bzw. eines dieser Elemente durch Indium zu ersetzen.
Die Dokumente MH22 und MH23 betreffen - wie vorstehend bereits dargelegt – Weißgold-Legierungen. Diese Publikationen beschäftigen sich in keinem Abschnitt mit der Toxizität von Legierungsmetallen oder damit, dass es sich bei Cadmium und Indium um ohne weiteres – insbesondere in einem elektrolytischen Bad – gegeneinander austauschbare Legierungsmetalle zur Erzielung vergleichbarer Endprodukte handelt. Daher können dem Fachmann auch diese Dokumente zusammen mit seinem Fachwissen nicht das mit dem strittigen Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren als Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe nahelegen.
Der Fachmann war vorliegend in Kenntnis dieser Dokumente auch deshalb nicht dazu veranlasst, Indium als geeignet in Betracht zu ziehen, wenn er mit der Suche nach einer Alternative für das als toxisch erkannte Metall Cadmium in einer GoldKupfer-Legierung als weiteres Legierungsmetall befasst war, weil ihm dieses Element zwar – in diesem Zusammenhang sei auf den Fachbuch-Auszug MH24 verwiesen – als geeignet bekannt war, um bestimmte tribologische Eigenschaften wie Härte und Verschleißfestigkeit einzustellen, sowie zur Herstellung niedrigkarätiger Legierungen und zum Erhalt bestimmter Goldfarben (vgl. S. 332 Abs. 2), ihm aber nicht bekannt war, dass Cadmium in elektrolytischen, insbesondere auch Kupfer enthaltenden Gold-Bädern, ohne weiteres gegen Indium austauschbar sein könnte. Vielmehr gehörte es – wie anhand des Fachbuches MH24 ersichtlich ist – zu seinem Fachwissen, dass Cadmium, das aufgrund seiner toxischen Eigenschaften in Gold-Kupfer-Cadmium Legierungen vermieden werden sollte, durch Zink ersetzt werden kann. Indium dagegen war ihm zum maßgeblichen Zeitpunkt – hier sei auf den dem zitierten Absatz folgenden Absatz verwiesen – lediglich im Zusammenhang mit Anforderungen an die dekorative Qualität bekannt (vgl. S. 337 Abs. 4 und 5). Für den Fachmann lag es aber auch deshalb nicht nahe, Indium anstelle von Cadmium in einem üblichen Gold, Kupfer und Cadmium als Legierungsmetalle enthaltenden elektrolytischen Bad zu verwenden, weil ihm zudem bekannt war, dass bereits geringste Änderungen in der Zusammensetzung elek-trolytischer Bäder, insbesondere bereits der gegenseitige Austausch von Zink und Cadmium, in einem Gold und Kupfer enthaltenden Bad, zu vollkommen geänderten Bedingungen führen kann und diese Maßnahme daher mit nicht absehbaren Problemen verbunden sein kann (vgl. MH5 Sp. 1 Z. 15 bis 20). Entsprechende Probleme waren für ihn bei einem Austausch von Cadmium gegen Indium umso mehr zu erwarten, als Indium und Cadmium üblicherweise bevorzugt bzw. ausschließlich in elektrolytischen Bädern mit pH-Werten in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden, nämlich Indium in Bädern mit sauren pH-Werten und Cadmium in Bädern mit alkalischen pH-Werten (vgl. MH24 S 332 Abs.2).
Die Einbeziehung der weiteren im Verfahren genannten Druckschriften – auch unter Einbeziehung der nur pauschal genannten Dokumente MH25 bis MH30 und MH32 bis MH37 sowie des Absatzes [0005] der Streitpatentschrift – und damit der dort genannten, bereits im Prüfungsverfahren zu berücksichtigenden Dokumente – kann ebenfalls weder in einer Zusammenschau mit den Dokumenten MH11 bzw. MH12 bis MH15 noch in Verbindung mit dem Fachwissen den Gegenstand nach Patentanspruch 1 nahelegen. Denn diese Dokumente gehen nicht über den Inhalt der bereits diskutierten Druckschriften hinaus. Daher ergeben sich aus diesen keine zusätzlichen Anhaltspunkte, die den Fachmann zur Lösung der Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag anregen könnten.
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage musste der Fachmann erfinderisch tätig werden, um das mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Verfahren zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode bereitzustellen. Der Gegenstand des verteidigten Patentanspruches 1 wird auf Grund dessen vom Stand der Technik nicht nahe gelegt.
3.1.4. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher rechtsbeständig.
Mit ihm haben die darauf mittelbar und unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15, die vorteilhafte Ausführungsformen des Verfahrens zur galvanoplastischen Ablagerung einer Goldlegierung auf einer Elektrode nach Patentanspruch 1 betreffen, ebenfalls Bestand.
3.2. Der nebengeordnete Patentanspruch 16 ist auf eine elektrolytische Ablagerung in Form einer Goldlegierung gerichtet, die nach einem Verfahren gemäß der Patentansprüche 1 bis 15 erhalten wird und durch eine Dicke im Bereich von 1 bis 800 µm, durch die Anwesenheit von Kupfer und Indium als Hauptkomponenten sowie eine brillante Tönung im Bereich von N1 bis N3 gekennzeichnet ist. Seine Patentfähigkeit wird von den zum Patentanspruch 1 ausgeführten Gründen getragen, so dass auch dieser Patentanspruch Bestand hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
IV.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
Schramm Dr. Proksch-Ledig Kätker Dr. Münzberg Dr. Jäger Pr