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StB 18/24

BUNDESGERICHTSHOF StB 18/24 BESCHLUSS vom 18. April 2024 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ECLI:DE:BGH:2024:180424BSTB18.24.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers am 18. April 2024 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:

1. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2023 (3 BGs 268/23) wird aufgehoben. Der Beschuldigte ist in dieser Sache unverzüglich aus der Haft zu entlassen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschuldigten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Der Beschuldigte ist am 14. Dezember 2023 aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2023 (3 BGs 268/23) festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe in E. und anderenorts von April/Mai 2021 bis Dezember 2023 durch elf selbständige Handlungen eine Vereinigung unterstützt, deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, strafbar nach § 129 Abs. 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 53 StGB.

Ihm wird zur Last gelegt, den Fortbestand der rechtsextrem ausgerichteten Kampfsportgruppe „

“ durch mehrere Handlungen gefördert zu haben.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat nach mündlicher Haftprüfung durch Beschluss vom 6. Februar 2024 entschieden, dass der Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug bleibe. Der Beschuldigte wendet sich gegen den Haftbefehl mit seiner Beschwerde, welcher der Ermittlungsrichter nicht abgeholfen hat.

II.

Die gemäß § 304 Abs. 5 StPO zulässige Beschwerde ist begründet. Ein für die Anordnung von Untersuchungshaft zwingend erforderlicher Haftgrund (§ 112 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 StPO) besteht nicht. Auf Grundlage des gegenwärtigen Ermittlungsstandes liegt insbesondere weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr vor. Dies gilt unabhängig davon, ob sämtliche dem Beschuldigten zur Last gelegten Handlungen Unterstützungen einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB) darstellen. Daher bedarf die derzeit bestehende Verdachtslage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keiner näheren Betrachtung, namentlich zu der Frage, ob und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt sich die kriminelle Vereinigung in eine terroristische wandelte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 25. Januar 2024 - StB 3/24, juris Rn. 6 ff.).

1. Der Haftgrund der Fluchtgefahr setzt voraus, dass es bei Würdigung der konkreten Einzelfallumstände wahrscheinlicher ist, dass sich der Angeklagte dem weiteren Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 20. April 2022 - StB 16/22, NStZ-RR 2022, 209, 210). Das ist hier nicht der Fall.

Der Beschuldigte hat seit einer ihn betreffenden Durchsuchung im April Kenntnis, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren geführt wird, seinerzeit wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Gegenstand der im Durchsuchungsbeschluss vom 5. April 2022 genannten Vorwürfe waren unter anderem bereits solche, die nun im Haftbefehl (s. dort unter I. 2. a), b), d), g) und i)), aufgegriffen werden. Dies hat den Beschuldigten bislang ebenso wenig zu Fluchtbemühungen veranlasst wie die damalige Festnahme gesondert Verfolgter. Dass ihm nunmehr die Unterstützung einer terroristischen statt einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt wird, führt trotz des höheren Strafrahmens zu keinem deutlich gesteigerten Fluchtanreiz; denn bereits nach der Anklage vom 28. April 2023 gegen mehrere gesondert Verfolgte zum Thüringer Oberlandesgericht war für ihn ersichtlich, dass der Generalbundesanwalt die Gruppierung „

“ ab einem gewissen Zeitpunkt als terroristische Vereinigung bewertete. Die im Durchsuchungsbeschluss noch nicht genannten Unterstützungshandlungen ver- ändern die Tatvorwürfe nicht in einer für die Beurteilung der Fluchtgefahr erheblichen Weise. Im Übrigen hat der Beschuldigte - dem Generalbundesanwalt zuvor angezeigte - Auslandsaufenthalte nicht genutzt, um sich dem Ermittlungsverfahren zu entziehen.

Soweit in einem Telefonat des Beschuldigten aus April 2022 davon die Rede ist, etwaig bei einer Veranstaltung eingenommenes Geld solle für die vier damals Inhaftierten und der Rest für ihn selbst genutzt werden, „falls ihm was passiere“, ergibt sich nach dem Kontext nicht, dass die Mittel für eine Flucht und nicht etwa für mit der Untersuchungshaft in Zusammenhang stehende Kosten aufgewendet werden sollten. Gleiches gilt, soweit sich der Beschuldigte in Briefen aus der Untersuchungshaft im Zusammenhang mit seiner wirtschaftlichen Lage über die Wichtigkeit organisierter Hilfe geäußert hat und Spendenaufrufe veröffentlicht worden sind. Dass der Verwendungszweck für - nicht näher spezifizierte, sich möglicherweise über zweieinhalb Jahre erstreckende und pauschal summierte - Bargeldabhebungen von Konten des Beschuldigten in Höhe von insgesamt 22.000 € unbekannt ist, legt hier mangels näherer Anhaltspunkte zu dem Hintergrund ebenfalls nicht den Rückschluss auf entsprechende Reserven zur Finanzierung einer Flucht nahe.

Wie im Haftbefehl angeführt, sind als potentiell fluchthemmende Faktoren zudem die Tätigkeiten des Beschuldigten als Selbständiger, Stadtratsmitglied für die Stadt E.

und Vorsitzender des Landesverbandes einer Partei zu berücksichtigen. Dass insoweit ein Bezug zu den Tatvorwürfen besteht und die genannten Umstände den Beschuldigten nicht von den ihm vorgeworfenen Handlungen abgehalten haben, hat nicht ohne Weiteres zur Folge, dass sie auch ein Fluchtrisiko nicht mindern können. Inwieweit hierfür zusätzlich noch die von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden und die Aufhebung von Haftbefehlen gegen gesondert Verfolgte durch das Thüringer Oberlandesgericht von Bedeutung sind, kann letztlich dahinstehen.

2. Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr erfordert, dass bestimmte Handlungen des Beschuldigten es wahrscheinlich erscheinen lassen, er werde auf sachliche oder persönliche Beweismittel einwirken und dadurch die Ermittlung der Wahrheit erschweren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. September 2016 - StB 30/16, NJW 2017, 341 Rn. 13 mwN; vom 20. Februar 2019 - AK 53/18 u.a., juris Rn. 44). Bezugspunkt hierfür ist allein die Aufklärung der vom Haftbefehl umfassten Taten (s. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31. August 2001 - 2 Ws 219/01, StV 2001, 686; KG, Beschluss vom 30. April 2019 - [4] 161 HEs 22/19 [10-11/19], StraFo 2019, 416, 417; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 112 Rn. 26).

Obschon früheres Verhalten des Beschuldigten Anlass zu der Annahme bietet, dass er künftig auf Beweismittel einwirken werde, folgt daraus nicht,

dass er im Falle seiner Haftentlassung durch entsprechende Handlungen die gegen ihn bereits seit dem 4. April 2022 wegen Unterstützung der Vereinigung „ “ geführten, in der Sache weit fortgeschrittenen Ermittlungen hinsichtlich der im Haftbefehl aufgeführten Vorwürfe noch mehr als unerheblich beeinträchtigen könnte. Daher bedarf keiner Vertiefung, dass er etwa angesichts einer unmittelbar bevorstehenden Wohnungsdurchsuchung am 14. Dezember eine Tüte mit einem Mobiltelefon und einem Laptop von seinem Balkon auf den benachbarten Balkon stellte und anderweitig äußerte, E. „Mauer des Schweigens“ sein.

möge eine

3. Sonstige Haftgründe kommen unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht. Ein dringender, die Anwendung des § 112 Abs. 3 StPO eröffnender Verdacht auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung des Beschuldigten an einer terroristischen Vereinigung besteht nicht. Ebenso scheidet der Haftgrund der Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO) bei den vorliegenden Tatvorwürfen aus.

Schäfer Hohoff Anstötz

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