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VIa ZR 293/24

BUNDESGERICHTSHOF VIa ZR 293/24 BESCHLUSS vom 9. Dezember 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:091225BVIAZR293.24.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2025 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterin Möhring, die Richter Messing, Dr. F. Schmidt und die Richterin Pastohr beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 23. April 2024 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 19.000 € festgesetzt.

Gründe: I.

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadensersatz nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage mit Urteil vom 11. August 2023 abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz hat er - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 35.208,65 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Differenzschadensersatzes begehrt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im März 2024 hat der Kläger erklärt, das Fahrzeug bereits am 18. Juli 2023 - vor Erlass des landgerichtlichen Urteils - zum Kaufpreis von 18.328 € veräußert zu haben. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision, mit der er seine zuletzt gestellten Berufungsanträge im Wesentlichen weiterverfolgen möchte. Insbesondere kündigt er an, trotz Weiterveräußerung des Fahrzeugs an der Stellung des Berufungshauptantrags zu I gerichtet auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs festzuhalten.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. Für das Erreichen der Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht allein die Beschwer aus der Berufungsentscheidung, sondern vorrangig der Wert des Beschwerdegegenstands in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Dieser Wert bemisst sich nach dem - nach den §§ 3 ff. ZPO zu ermittelnden - Interesse des Rechtsmittelführers an der erstrebten Abänderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2023 - VIa ZR 660/22, juris Rn. 4; Beschluss vom 24. September 2024 - VIa ZR 209/24, juris Rn. 4; jeweils mwN). Entscheidend ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrundeliegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 15). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht ohne Bindung an eine Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts selbst zu befinden (BGH, Beschluss vom 14. November 2022 - VIa ZR 286/22, juris Rn. 6).

2. Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer des Klägers hinsichtlich des Berufungshauptantrags zu I mit insgesamt nur 16.880,65 €, weil von der geltend gemachten Hauptforderung der von dem Kläger angegebene Erlös aus dem Weiterverkauf des Fahrzeugs in Abzug zu bringen ist.

a) Zwar ist bei der Abweisung einer Klage auf Leistung Zug um Zug gegen eine Gegenleistung für die Berechnung der Beschwer des Klägers im Grundsatz allein die von ihm begehrte Leistung maßgebend (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 18 mwN). Jedoch sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch Fälle anerkannt, in denen eine vom Kläger anspruchsmindernd berücksichtigte Gegenforderung bei der Berechnung der Beschwer in Abzug zu bringen ist. Gegenforderungen sind bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands dann mindernd zu berücksichtigen, wenn der Kläger Rückzahlung Zug um Zug gegen Erstattung einer (bezifferten) Gegenforderung begehrt. Denn darin liegt - sofern kein Aufrechnungsverbot besteht - eine zum Erlöschen der geringeren Gegenforderung führende (konkludente) Aufrechnung (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, NJW 2017, 2101 Rn. 20; Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, aaO Rn. 20). Der Wert der Beschwer bemisst sich daher in solchen Fällen allein nach der Höhe des sich zugunsten des Klägers ergebenden (bezifferten) Saldos (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, aaO Rn. 21).

Das gilt auch in den Fällen, in denen - wie hier - der Kläger das Fahrzeug veräußert und der Verkaufserlös als Vorteil abzuziehen ist. Zwar lässt der Weiterverkauf den Schaden des Käufers nicht entfallen. Der durch den Weiterverkauf erzielte Erlös tritt aber an die Stelle des Fahrzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594 Rn. 22 f., 26 mwN). Dieser ist vom Ersatzanspruch nach § 249 BGB abzuziehen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schuldners bedürfte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2021 - VII ZR 216/20, juris Rn. 1, 4; Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 19, 21 mwN). Es handelt sich um einen Fall der Anrechnung, nicht der Aufrechnung, die auch im Rahmen der Wertberechnung vorzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 20 ff.; Urteile vom 20. Juli 2021 - VI ZR 533/20, aaO, Rn. 26, 29; - VI ZR 575/20, ZIP 2021, 1922 Rn. 27, 30; Beschluss vom 23. Februar 2021 - VI ZR 1191/20, VersR 2021, 668 Rn. 6; Beschluss vom 10. November 2021 - VII ZR 296/21, juris Rn. 8; jeweils mwN).

b) Nach diesen Grundsätzen ist zur Berechnung der Beschwer des Klägers der Verkaufserlös in Höhe von 18.328 € von der mit der Klage geltend gemachten Hauptforderung in Höhe von 35.208,65 € abzuziehen. Es kommt demnach nicht darauf an, dass der Kläger geltend macht, nach Zulassung der Revision seinen Klageantrag mit dem Vorbehalt der Leistung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung weiterverfolgen zu wollen. Denn unabhängig von der Formulierung seines Antrags wäre von Amts wegen eine Vorteilsanrechnung in Gestalt des Abzugs des Verkaufserlöses vorzunehmen, ohne dass es zu einer Verurteilung Zug um Zug käme. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger in der Beschwerde erstmals vorträgt, im Falle eines obsiegenden Urteils das Fahrzeug zurückkaufen zu können, um es der Beklagten nach dem ursprünglichen Hauptantrag Zug um Zug anzubieten.

3. Der Antrag auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist werterhöhend zu berücksichtigen, wenn eine entsprechende Hauptforderung nicht mehr im Streit steht und es sich bei den zu erstattenden Rechtsanwaltskosten daher nicht mehr um eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2020 - VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 6). Dies ist hier im Umfang von 619,40 € der Fall.

4. Der Hilfsantrag auf Erstattung des Differenzschadens erhöht den Wert der Beschwer nicht. Bei der Berechnung ist der Wert erfolglos gebliebener Hauptund Hilfsanträge nach § 5 ZPO zu addieren, es sei denn, die Anträge sind wirtschaftlich identisch (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2017 - X ZR 101/16, NJW RR 2017, 1453 Rn. 8; Beschluss vom 15. Mai 2001 - XI ZR 324/00, juris Rn. 5). Eine wirtschaftliche Identität ist hinsichtlich des mit dem Hauptantrag gemäß §§ 826, 31 BGB geltend gemachten "großen" Schadensersatzes und des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Differenzschadens in Höhe von 5 bis 15 % des Kaufpreises gegeben. Denn dem Differenzschaden liegt lediglich eine andere Methode der Schadensberechnung zugrunde; im Kern knüpft er jedoch ebenso wie der "große" Schadensersatz an die Vertrauensinvestition des Käufers bei Abschluss des Kaufvertrags an (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 45; - VIa ZR 1031/22, juris Rn. 25). Es ist ausgeschlossen, dem Kläger sowohl den "großen" Schadensersatz als auch den Differenzschaden zuzusprechen.

C. Fischer Möhring Messing F. Schmidt Pastohr Vorinstanzen: LG Köln, Entscheidung vom 11.08.2023 - 32 O 241/21 OLG Köln, Entscheidung vom 23.04.2024 - 4 U 136/23 -

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