19 W (pat) 102/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 102/17 Verkündet am 17. Oktober 2018 BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2014 004 695.8 …
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. Matter und Dr.-Ing. Kapels ECLI:DE:BPatG:2018:171018B19Wpat102.17.0 beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Patentanmeldung 10 2014 004 695.8 mit der Bezeichnung „Vorrichtung und Verfahren zum induktiven Datenaustausch“ ist am 31. März 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 04 B – hat die Anmeldung mit Beschluss vom 26. September 2017 mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Anspruchs 1 gelte nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 9. November 2017. Er beantragt:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. September 2017 aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 13 vom 9. Februar 2018,
Beschreibung, Seiten 2, 5 bis 6 und 12 bis 13 vom 9. Februar 2018, Seite 2a vom 29. Juli 2015,
Seiten 1, 3 bis 4, 7 bis 11 und 14 bis 23 vom 31. März 2014, 9 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 9, vom 31. März 2014,
hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2018,
übrige Unterlagen wie Hauptantrag.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
Kommunikationssystem zum induktiven Datenaustausch zwischen einer ortsveränderlichen Kommunikationseinheit und einer stationären Kommunikationseinheit, wobei das Kommunikationssystem umfasst: - eine ortsveränderliche Kommunikationseinheit, die eine ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) umfasst, - eine ortsfeste Kommunikationseinheit, die eine ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) umfasst, und - eine Leiterschleife (1, 100), die eine Translationsstrecke umfasst, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) und die ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) jeweils zur induktiven Kopplung mit der Leiterschleife (1, 100) ausgestaltet sind, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) entlang der Translationsstrecke bewegbar ausgestaltet ist, und wobei die Leiterschleife (1, 100) eine ununterbrochene Schleife ist, die aus einem einzelnen in sich selbst kurz-geschlossenen Leitungsdraht besteht, wobei ein Schwingkreis, der dem Kommunikationssystem immanent ist, so eingestellt ist, dass eine erste Frequenz, die einem ersten Symbol zugeordnet ist, und eine zweite Frequenz, die einem zweiten Symbol zugeordnet ist, innerhalb der Bandbreite des systemimmanenten Schwingkreises liegen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
Kommunikationssystem zum induktiven Datenaustausch zwischen einer ortsveränderlichen Kommunikationseinheit und einer stationären Kommunikationseinheit, wobei das Kommunikationssystem umfasst: - eine ortsveränderliche Kommunikationseinheit, die eine ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) umfasst, - eine ortsfeste Kommunikationseinheit, die eine ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) umfasst, und - eine Leiterschleife (1, 100), die eine Translationsstrecke umfasst, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) und die ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) jeweils zur induktiven Kopplung mit der Leiterschleife (1, 100) ausgestaltet sind, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) entlang der Translationsstrecke bewegbar ausgestaltet ist, und wobei die Leiterschleife (1, 100) eine ununterbrochene Schleife ist, die aus einem einzelnen in sich selbst kurz-geschlossenen Leitungsdraht besteht, wobei ein Schwingkreis, der dem Kommunikationssystem immanent ist, so eingestellt ist, dass eine erste Frequenz, die einem ersten Symbol zugeordnet ist, und eine zweite Frequenz, die einem zweiten Symbol zugeordnet ist, innerhalb der Bandbreite des systemimmanenten Schwingkreises liegen, wobei die Leiterschleife (100) ein Induktivitätselement umfasst, das ausgestaltet ist, eine Induktivität der Leiterschleife (100) abzustimmen.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden folgende Druckschriften entgegengehalten:
D1 DE 101 12 892 A1 D2 DE 44 46 779 C2 D3 US 5 927 657 A D4 DE 199 06 918 A1 D5 DE 39 21 786 C2.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere dem Wortlaut der nebengeordneten Ansprüche, wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
2. Die Anmeldung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum induktiven Datenaustausch insbesondere zwischen einer ortsveränderlichen Kommunikationseinheit und einer stationären Kommunikationseinheit (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeilen 7 bis 9).
Für sich längs erstreckende Kommunikationssysteme seien aus dem Stand der Technik Lösungen bekannt, die mit Leckwellenleitern, Schleifkontakten, Hohlleitern oder induktiv arbeiten. Bei einem bekannten induktiven Ansatz würden Daten induktiv auf einen Streckenleiter als Signal mit einer niedrigen Signalspannung aufgebracht. Der Streckenleiter sei elektrisch an einen Operationsverstärker angeschlossen, der ein verstärktes Signal an eine Demodulationseinheit und an die Datensammelstelle weitergebe. Aufgrund von Signalverzerrungen könne der Datenaustausch insbesondere bei diesen induktiv arbeitenden Systemen bislang nur über eine geringe Distanz von wenigen Metern bei einer Datenübertragungsrate von wenigen Kilobit pro Sekunde erfolgen (Seite 2, vierter Absatz).
Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, hier Abhilfe zu schaffen (vgl. Seite 2, drittletzter Absatz).
2.1 Als Fachmann sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) oder Bachelor der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Kommunikationssystemen zum induktiven Datenaustausch an.
2.2 Die gestellte Aufgabe soll durch den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gelöst werden, der sich wie folgt gliedern lässt:
M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8 M9 M10 Kommunikationssystem zum induktiven Datenaustausch zwischen einer ortsveränderlichen Kommunikationseinheit und einer stationären Kommunikationseinheit, wobei das Kommunikationssystem umfasst: - eine ortsveränderliche Kommunikationseinheit, die eine ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) umfasst, - eine ortsfeste Kommunikationseinheit, die eine ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) umfasst, und - eine Leiterschleife (1, 100), die eine Translationsstrecke umfasst, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) und die ortsfeste Induktionseinheit (410, 510) jeweils zur induktiven Kopplung mit der Leiterschleife (1, 100) ausgestaltet sind, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (410, 510) entlang der Translationsstrecke bewegbar ausgestaltet ist, und M11 M12 wobei die Leiterschleife (1, 100) eine ununterbrochene Schleife ist, die aus einem einzelnen in sich selbst kurz-geschlossenen Leitungsdraht besteht, wobei ein Schwingkreis, der dem Kommunikationssystem immanent ist, so eingestellt ist, dass eine erste Frequenz, die einem ersten Symbol zugeordnet ist, und eine zweite Frequenz, die einem zweiten Symbol zugeordnet ist, innerhalb der Bandbreite des systemimmanenten Schwingkreises liegen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das folgende, nach dem Merkmal M12 angefügte Merkmal:
M13 wobei die Leiterschleife (100) ein Induktivitätselement umfasst, das ausgestaltet ist, eine Induktivität der Leiterschleife (100) abzustimmen.
2.3 Seiner Entscheidung legt der Senat folgendes Verständnis des Fachmanns zugrunde:
Bei einem induktiven Datenaustausch (Merkmal M2) in einem Kommunikationssystem (Merkmal M1) können mit Hilfe der elektromagnetischen Induktion Datensignale von einer Einheit zu einer anderen Einheit kontaktlos übertragen werden.
Gemäß den Merkmalen M3 und M4 ist eine der beiden Kommunikationseinheiten ortsveränderlich, und die andere stationär bzw. ortsfest. Die Kommunikation erfolgt somit zwischen einer beweglichen und einer unbeweglichen Kommunikationseinheit.
Beide Kommunikationseinheiten umfassen jeweils eine Induktionseinheit (Merkmale M5 und M6), die beispielsweise je eine Spule und einen Spulenkern umfasst (vgl. Beschreibung, Seite 5, dritter Absatz).
Gemäß den Merkmalen M7 und M9 sind die beiden Induktionseinheiten jeweils zur induktiven Kopplung mit einer Leiterschleife ausgestaltet.
Bei der Leiterschleife handelt es sich um eine ununterbrochene Schleife, die aus einem einzelnen, in sich selbst kurz-geschlossenen Leitungsdraht besteht (Merkmal M11). Diesen Angaben entnimmt der Fachmann, dass es sich um einen einzelnen Leitungsdraht handelt, dessen Abschnitte im Sinne eines elektrischen Kurzschlusses miteinander verbunden sind. Aus wie vielen einzelnen Abschnitten der Leitungsdraht besteht, ist dabei nicht definiert. Dem Unteranspruch 7 entnimmt der Fachmann, dass der Leitungsdraht zumindest zwei Abschnitte aufweist. Auch die Kontaktstellen, an denen die Abschnitte verbunden sind, versteht der Fachmann als Teil eines kurzgeschlossenen Leitungsdrahtes. Wird der Leitungsdraht beispielsweise abschnittsweise um einen Spulenkern gewickelt, um ein Induktivitätselement auszugestalten (vgl. Beschreibung, Seite 15, Zeilen 15 bis 18, Seite 22, Zeilen 1 bis 5 und Figur 3), so versteht der Fachmann diesen ununterbrochenen Leitungsdraht mit Wicklungen ebenfalls als eine Ausgestaltung der Leiterschleife gemäß Merkmal M11. Darüber hinaus führen auch parallel zur Leiterschleife kontaktierte Bauelemente nicht zu einer Unterbrechung des Leitungsdrahtes. Durch in Reihe geschaltete Kondensatoren würde ein Leitungsdraht allerdings unterbrochen, so dass eine entsprechende Leiterschleife nicht das Merkmal M11 erfüllen würde.
Die Leiterschleife umfasst eine Translationsstrecke (Merkmal M8), entlang derer die ortsveränderliche Induktionseinheit bewegbar ist (Merkmal M10). Unter einer Translation oder auch Linearverschiebung versteht der Fachmann eine Bewegung, bei der alle Punkte eines Körpers dieselbe Verschiebung erfahren. Die ortsveränderliche Induktionseinheit ist somit linear entlang der Translationsstrecke bewegbar.
Der Schwingkreis, der dem Kommunikationssystem immanent ist, ist gemäß Merkmal M12 so eingestellt, dass eine erste und eine zweite Frequenz innerhalb der Bandbreite des Schwingkreises liegen. Die Bandbreite versteht der Fachmann als die Differenz zwischen oberer und unterer Grenzfrequenz des Schwingkreises, bei denen die Amplitude noch 70,7 % ihres Maximalwertes beträgt (3-dB-Bandbreite um das Betragsmaximum als praktische Kenngröße). Bei der ersten und der zweiten Frequenz handelt es sich um die Frequenzen zweier Übertragungssignale, die beispielsweise 190 kHz und 210 kHz betragen und einem ersten bzw. einem zweiten zu übertragenden Symbol entsprechen (vgl. Beschreibung, Seite 7, Zeilen 17 bis 26, Seite 20, Zeilen 18 bis 21). Der induktive Datenaustausch verwendet somit als Modulationstechnik eine Frequenzumtastung (frequency shift keying, FSK).
Gemäß Merkmal M13 umfasst die Leiterschleife zusätzlich ein Induktivitätselement, um die Induktivität der Leiterschleife abzustimmen. Mittels des Induktivitätselements ist eine Bandbreite der Datenübertragungsstrecke so einstellbar, dass alle verwendeten Signalfrequenzen innerhalb der Bandbreite liegen. Dadurch wird eine Einschwingdauer, die sich aus einem Umstellen von einer Signalfrequenz zu einer anderen Signalfrequenz ergibt, minimiert (vgl. Beschreibung, Seite 22, Zeilen 1 bis 5).
3. Die Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen sind nicht patentfähig. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag ursprünglich offenbart sind.
3.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist dem Fachmann in Kenntnis der Druckschriften D5 und D1 nahegelegt und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG).
Die Druckschrift DE 39 21 786 C2 (D5), deren Figur 4 nachfolgend wiedergegeben ist,
Figur 4 der Druckschrift D5 offenbart, ausgedrückt in Worten des Patentanspruchs 1, ein M1 Kommunikationssystem (Spalte 3, Zeilen 63 bis 66: „Meß/Steuervorrichtung … für Signalübertragung ausgebildet“)
M2 zum induktiven Datenaustausch (Spalte 2, Zeilen 49 bis 51: „Das Meß/Steuergerät mißt während seiner geführten Bewegung und gibt die Meßergebnisse als Signale ab.“; Spalte 3, Zeile 63 bis Spalte 4, Zeile 2: „Signalübertragung“, „Ringkerntrafo“) zwischen M3 einer ortsveränderlichen Kommunikationseinheit (Spalte 3, Zeilen 47 bis 49: „Ein Meß/Steuergerät 11 … hin- und herverschiebbar“ und Spalte 4, Zeile 1: „bewegbarer Übertrager 18 … Ringkerntrafo“) und M4 einer stationären Kommunikationseinheit (Spalte 3, Zeile 67 bis Spalte 4, Zeile 1: „speist eine Sende/Empfangselektronik 16 einen stationären Transformator 17, der als Ringkerntrafo ausgebildet ist“), wobei das Kommunikationssystem umfasst:
M5 - eine ortsveränderliche Kommunikationseinheit (11, 18), die eine ortsveränderliche Induktionseinheit (18) umfasst,
M6 - eine ortsfeste Kommunikationseinheit (16, 17), die eine ortsfeste Induktionseinheit (17) umfasst, und M7 - eine Leiterschleife (Spalte 3, Zeile 62: „Verbindungsleiter 4, 5“ und Spalte 3, Zeile 41: „Endstück 7“),
M8 M9 M10 M11 die eine Translationsstrecke (Pfeil 13 in Figur 4) umfasst, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (18) und die ortsfeste Induktionseinheit (17) jeweils zur induktiven Kopplung mit der Leiterschleife (4, 5, 7) ausgestaltet sind, wobei die ortsveränderliche Induktionseinheit (18) entlang der Translationsstrecke (Pfeil 13 in Figur 4) bewegbar ausgestaltet ist, und wobei die Leiterschleife (4, 5, 7) eine ununterbrochene Schleife ist, die aus einem einzelnen in sich selbst kurz-geschlossenen Leitungsdraht besteht (vgl. Figur 4).
Der Vertreter des Anmelders argumentierte, dass die Leiterschleife der Streitanmeldung ein Draht mit einem vorteilhaften simplen Aufbau sei, wohingegen die in der Druckschrift D5 offenbarte Leiterschleife keine anspruchsgemäße ununterbrochene Leiterschleife sei, da die Versorgungsleiter 4 und 5 auf der rechten Seite durch ein schleifenschließendes Endstück 7 verbunden seien und die Figur 4 im Gegensatz zu den Figuren 1 bis 3 stark vereinfacht dargestellt sei.
Diesbezüglich ist festzustellen, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen gleichwertige Offenbarungsmittel sind (BGH, Urteil vom 15. Juli 2014, Rn. 27 – X ZR 119/11) und jedenfalls die Figur 4 der Druckschrift D5 unmittelbar und eindeutig eine Leiterschleife 4, 5, 7 ohne Unterbrechungen offenbart. Darüber hinaus ist der Druckschrift D5 kein Hinweis zu entnehmen, dass es sich bei dem schleifenschließenden Endstück 7 nicht um einen Teil des kurzgeschlossenen Leitungsdrahtes handelt. Die Druckschrift D5 weist den Fachmann ferner explizit darauf hin, dass es sich bei der Leiterschleife um eine von der Energieübertragung separate Leiterschleife zur Signalübertragung handelt (vgl. D5, Spalte 2, Zeilen 43 bis 49).
Der Druckschrift D5 ist jedoch nicht zu entnehmen, dass – gemäß dem Merkmal M12 – ein Schwingkreis, der dem Kommunikationssystem immanent ist, so eingestellt ist, dass eine erste Frequenz, die einem ersten Symbol zugeordnet ist, und eine zweite Frequenz, die einem zweiten Symbol zugeordnet ist, innerhalb der Bandbreite des systemimmanenten Schwingkreises liegen.
Ausgehend von der Druckschrift D5 steht der Fachmann allerdings bei der Implementierung des Kommunikationssystems vor der Aufgabe, die Signalübertragung zwischen der stationären Einrichtung und dem verschiebbaren Mess-/Steuergerät auszugestalten. Der Druckschrift D5 kann er bereits den Hinweis entnehmen, dass bei relativ hohen Frequenzen gearbeitet wird (vgl. Spalte 2, Zeilen 23 bis 37). Überdies ist dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt, dass es sich bei einer geschlossenen Leiterschleife mit zwei parallel geführten Leitungen und zwei Induktivitäten, in die ein Wechselsignal ein- bzw. ausgekoppelt wird, um einen Schwingkreis mit Induktivitäts- und Kapazitätsbelag handelt. Er wird das die Signalübertragung beeinflussende Schwingungsverhalten der beschalteten Leiterschleife bei der Implementierung berücksichtigen.
Der Fachmann ist daher veranlasst, weitere Überlegungen hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Signalübertragung und insbesondere hinsichtlich des Modulationsverfahrens anzustellen. Dabei ist ihm bewusst, dass bei der induktiven Signalübertragung über größere Distanzen in industrieller Umgebung, z. B. in der Fahrzeugfertigung (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeilen 13 bis 32), sehr viele Störeinflüsse auftreten und daher eine Amplitudenmodulation als zu störanfällig ausscheidet. Daher sucht der Fachmann nach geeigneten Frequenzmodulationsverfahren.
Diesbezüglich offenbart die Druckschrift DE 101 12 892 A1 (D1) dem Fachmann, zur Datenübertragung in einem System für induktive Energieübertragung (Absatz 0001) zwei Frequenzen für eine binäre Datenübermittlung – eine für LOW und eine für HIGH – zu übertragen, d. h. eine als Frequenzumtastung ausgebildete Frequenzmodulation vorzusehen (vgl. Absatz 0009). Dabei ist es für ihn selbstverständlich, die beiden Frequenzen zur Gewährleistung einer zuverlässigen Übertragung so zu wählen, dass sie innerhalb der Bandbreite des Schwingkreises liegen, zumal auch die Druckschrift D1 darauf hinweist, dass es vorteilhaft sei, wenn beide Frequenzen einer digitalen Datenübertragung (LOW und HIGH) so dicht beieinander liegen, dass beide einen (empfängerseitigen) Schwingkreis passieren können (vgl. Absatz 0029).
Der Vertreter des Anmelders führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass die Druckschrift D1 dem Fachmann mindestens einen Saugkreis offenbaren würde, der sicherstelle, dass bestimmte Frequenzen übertragen würden (vgl. D1, Absatz 0014). Bei mehreren Frequenzen würden mehrere Saugkreise notwendig, die bei einem Einsatz in der Leiterschleife der Druckschrift D5 diese unterbrechen würden.
Dieser Sichtweise kann sich der Senat nicht anschließen. Zum einen handelt es sich bei dem im Absatz 0014 der Druckschrift D1 offenbarten Saugkreis um einen nur beispielhaft genannten Filtertyp, der optional (Unteranspruch 14) zur Verbesserung des Übertragungsverhaltens eingesetzt werden kann, auf den ein auf die Verwendung möglichst weniger Bauteile zielender Fachmann ausgehend von der in der Figur 4 der D5 offenbarten Leiterschleife zur Signalübertragung zunächst verzichten wird. Zum anderen führt selbst der Einsatz eines Saugkreises nicht zu einer Unterbrechung der Leiterschleife, da ein Saugkreis parallel zur Leiterschleife und nicht seriell dazwischen geschaltet wird (vgl. den Saugkreis 4 in der Figur 1 der D1).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist dem Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D5 i. V. m. Druckschrift D1 und seinem Fachwissen nahegelegt und mithin nicht patentfähig.
3.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG).
Das gegenüber dem Hauptantrag zusätzliche Merkmal M13, wonach die Leiterschleife ein Induktivitätselement umfasst, das ausgestaltet ist, eine Induktivität der Leiterschleife abzustimmen, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Denn dem Fachmann ist bewusst, dass eine Optimierung des Übertragungsverhaltens ein Abstimmen der Resonanzfrequenz der aus der Druckschrift D5 bekannten Leiterschleife voraussetzt. Dafür gibt es nur zwei mögliche Alternativen, nämlich durch Verändern der Induktivität oder der Kapazität der Leiterschleife.
Die Auswahl eines bestimmten von nur zwei jeweils auf der Hand liegenden Lösungswegen kann die erfinderische Tätigkeit nicht ohne weiteres begründen (BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 – X ZR 56/03, GRUR 2008, 56, 59 – injizierbarer Mikroschaum). Denn eine überschaubare Zahl von möglichen Lösungsansätzen, von denen jeder spezifische Vor- und Nachteile hat und die sich als gleichwertige, ebenso vorzugswürdige Alternativen darstellen, gibt in der Regel Veranlassung, jeden dieser Lösungsansätze in Betracht zu ziehen (BGH, Urteil vom 22. November 2011 – X ZR 58/10, GRUR 2012, 261 – E-Mail via SMS). Im vorliegenden Fall wird der Fachmann abhängig vom Anwendungsfall nach rein fachgemäßen Überlegungen entweder eine Wicklung eines Teils des Leitungsdrahtes um einen weiteren Ringkern (vgl. Bezugszeichen 17, 18 in D5, Figur 4) zur Bildung eines weiteren Induktivitätselements oder ein zusätzliches Kapazitätselement auswählen.
Der Einsatz eines Induktivitätselements entsprechend dem Merkmal M13 ist daher für den Fachmann aufgrund seines Fachwissens naheliegend, so dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
4. Die Beschwerde des Anmelders war daher zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Matter Dr. Kapels Ko