Paragraphen in 8 W (pat) 13/17
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 13/17 Verkündet am 3. September 2019
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2012 100 976 …
ECLI:DE:BPatG:2019:030919B8Wpat13.17.0
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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dipl.-Ing. Rippel, Dr.-Ing. Dorfschmidt und die Richterin Uhlmann beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. November 2016 aufgehoben und das Patent 10 2012 100 976 widerrufen.
Gründe I.
Auf die am 7. Februar 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 10 2012 100 976 mit der Bezeichnung „Einschraubwerkzeug und Werkzeugaufnahme für ein derartiges Einschraubwerkzeug“ erteilt und die Erteilung am 24. April 2014 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Einsprechende am 22. Januar 2015 Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang beantragt.
Sie stützt ihren Einspruch auf den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG und ist der Auffassung, dass die Gegenstände des Patents nicht patentfähig seien, da sie gegenüber dem Stand der Technik nicht neu seien bzw. nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten. Nach einem Hinweis der Patentabteilung in der Ladungsverfügung zur Anhörung, dass das Patent aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit voraussichtlich zu widerrufen sein werde, hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2016 ausführlich Stellung genommen und hat das Patent hilfsweise mit drei Hilfsanträgen verteidigt.
Mit dem in der Anhörung vom 15. November 2016 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gegen den ihr am 6. Februar 2017 zugestellten Beschluss hat die Einsprechende am 6. März 2017 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 5. Juni 2019 u.a. auch die Druckschrift US 2006/051167 A1 (D25) neu eingereicht.
Sie trägt vor, dass die Streitpatentgegenstände in Form des beanspruchten Einschraubwerkzeugs, der Werkzeugaufnahme und/oder der Werkzeuganordnung gegenüber mehreren im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften nicht neu seien oder zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Sie verweist auf die im Beschwerdeverfahren neu eingereichte Druckschrift D25 und ist der Auffassung, dass insbesondere die beanspruchte Werkzeugaufnahme gegenüber der Druckschrift D25 nicht neu sei. Gleiches gelte für die im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, da die Patentabteilung mit der Aufrechterhaltung des Patents ohne vorherigen Hinweis von ihrer im Ladungszusatz vertretenen Einschätzung abgewichen sei. Durch die ausführliche Erörterung der Hilfsanträge in der Anhörung habe sie zudem den Eindruck erweckt, dass das Patent im erteilten Umfang nicht bestandsfähig sei. Eine entsprechende Nachfrage der Einsprechenden sei nicht beantwortet worden. Damit sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen worden, zu der Schutzfähigkeit des Patents in der erteilten Form Stellung zu nehmen. Die Aufrechterhaltung des Patents sei für die Einsprechende völlig überraschend gekommen.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. November 2016 aufzuheben und das Patent 10 2012 100 976 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen; hilfsweise, das Patent 10 2012 100 976 gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht am 5. August 2019 als Anlage zum Schriftsatz vom 5. August 2019,
hilfsweise gemäß einem der Hilfsanträge 4 und 5 überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 3. September 2019 beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Patentinhaberin trägt vor, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruhe gegenüber einer Kombination der Druckschriften D2 mit der D25 schon deshalb auf erfinderischer Tätigkeit, weil die Druckschrift D25 ein Anschraub- und kein Einschraubwerkzeug zum Inhalt habe, das der Fachmann aufgrund der andersartigen Reibungsverhältnisse nicht in Betracht gezogen hätte. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Einsprechenden habe nicht stattgefunden, da in der Anhörung auch über den Hauptantrag verhandelt worden sei und die Einsprechende die Gelegenheit genutzt habe, zu allen Entgegenhaltungen ausführlich vorzutragen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag in der von der Patentabteilung erteilten Fassung sowie der wortgleiche Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet mit einer vom Senat ergänzten Merkmalsgliederung:
1. Einschraubwerkzeug (1), 2. das einen Werkzeugkopf (3) 3. und einen Werkzeugschaft (4) mit einem Außengewinde (5) 4. und einem zwischen dem Werkzeugkopf (3) und dem Außengewinde (5) angeordneten Abstützbereich enthält, dadurch gekennzeichnet, dass 5. der Abstützbereich durch zwei konische Anlageflächen (6, 8)
mit unterschiedlichen Kegelwinkeln gebildet wird, 6. wobei die den konischen Anlageflächen (6, 8) zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung zeigen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet mit einer vom Senat ergänzten Merkmalsgliederung:
a. Werkzeuganordnung mit einem Einschraubwerkzeug (1) und einer Werkzeugaufnahme (2),
b. wobei das Einschraubwerkzeug (1), c. einen Werkzeugkopf (3) d. und einen Werkzeugschaft (4) mit einem Außengewinde (5) e. und einem zwischen dem Werkzeugkopf (3) und dem Außengewinde (5) angeordneten Abstützbereich enthält, f. der durch zwei konische Anlageflächen (6, 8) mit unterschiedlichen Kegelwinkeln gebildet wird,
g. und die den konischen Anlageflächen(6, 8) zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung zeigen h. und wobei die Werkzeugaufnahme (2) eine Aufnahmeöffnung (16) mit einem Innengewinde (17)
i. und einen zwischen einer vorderen Stirnseite der Werkzeugaufnahme (2) und dem Innengewinde (17) angeordneten Abstützbereich enthält,
j. der durch zwei an den konischen Anlageflächen (6, 8) des Einschraubwerkzeugs (1) anliegende konische Auflageflächen (7, 9) mit unterschiedlichen Kegelwinkeln gebildet wird,
k. wobei die den konischen Auflageflächen (7, 9) zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung zeigen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich die Merkmale 7 und 8.
7. und der Abstützbereich durch eine an den Werkzeugkopf (3) angrenzende erste konische Anlagefläche (6) mit einem Kegelwinkel von 140° bis 179° und eine zweite konische Anlagefläche (8) mit einem Kegelwinkel von 1° bis 90° gebildet wird
8. sowie am Werkzeugschaft (4) ein weiterer Abstützbereich (11) vorgesehen ist.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 zusätzlich die Merkmale l und m.
l. und wobei die beiden konischen Anlageflächen (6, 8) unmittelbar aneinander angrenzen m. und die beiden konischen Auflageflächen (7, 9) unmittelbar aneinander angrenzen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 enthält gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 zusätzlich die Merkmale n bis t.
n. wobei der Abstützbereich des Einschraubwerkzeugs (1) durch eine an den Werkzeugkopf (3) angrenzende erste konische Anlagefläche (6) mit einem Kegelwinkel von 170° und eine zweite konische Anlagefläche (8) mit einem Kegelwinkel von 1° bis 90° gebildet wird o. und der Abstützbereich der Werkzeugaufnahme (2) durch eine an der vorderen Stirnseite der Werkzeugaufnahme (2) angrenzende erste konische Auflagefläche (7) mit einem Kegelwinkel von 170° und eine zweite konische Auflagefläche (9) mit einem Kegelwinkel von 1° bis 90° gebildet wird,
p. wobei sich der Durchmesser der ersten konischen Anlagefläche (6) in Einschraubrichtung des Einschraubwerkzeugs verringert q. und sich der Durchmesser der ersten konischen Auflagefläche (7) in Einschraubrichtung des Einschraubwerkzeugs (1) verringert,
r. wobei am freien Ende des Werkzeugschafts (4) ein weiterer Abstützbereich (11) vorgesehen ist,
s. und an einem inneren Ende der Aufnahmeöffnung (16) ein innerer Anlagebereich für den weiteren Abstützbereich (11) vorgesehen ist und t. wobei das Außengewinde (5) als Trapezgewinde und das Innengewinde (17) als Trapezgewinde ausgebildet ist.
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Wortlauts der weiteren unabhängigen oder abhängigen Patentansprüche der jeweiligen Anträge wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie führt gemäß § 79 Abs. 1 PatG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Streitpatents.
1. Die Streitpatentgegenstände betreffen nach den Ausführungen auf Seite 1 der Patentschrift ein Einschraubwerkzeug, eine Werkzeugaufnahme für ein derartiges Einschraubwerkzeug und eine Werkzeuganordnung mit Einschraubwerkzeug und Werkzeugaufnahme.
Derartige Einschraubwerkzeuge haben einen Werkzeugkopf und einen Werkzeugschaft mit einem Außengewinde, wobei zwischen dem Werkzeugkopf und dem Außengewinde ein (erster) Abstützbereich angeordnet ist. Dieser (erste) Abstützbereich ist üblicherweise entweder als Radialbund mit einer Planfläche und einer zylindrischen inneren oder einer konischen Anlagefläche ausgeführt. Nach den Ausführungen in Absatz [0002] kann durch die Planfläche des Radialbunds zwar eine genaue axiale Positionierung erreicht werden, wobei allerdings die Zentrierwirkung über die zylindrische Anlagefläche beschränkt ist, während mit der konischen Anlagefläche eine bessere Zentrierwirkung erreichbar ist, wobei sich jedoch die Außenwände der Werkzeugaufnahmen infolge der Keilwirkung der konischen Anlagefläche nach außen verformen können, was sich negativ auf die axiale Ausrichtung auswirken kann. Bekannt sind nach Absatz [0003] der Streitpatentschrift auch Einschraubwerkzeuge, die einen Abstützbereich mit zwei konischen Flächen aufweisen (DE 10 2009 048 010 B3 – als D1 im Verfahren). Jedoch zeigen dort die den konischen Flächen zugrunde liegenden Kegel in entgegengesetzte Richtungen, um eine Beschädigung des Werkzeuginterfaces durch die Radialkräfte aus den konischen Flächen zu verhindern.
Nach den Ausführungen in Absatz [0004] der geltenden Beschreibung besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein Einschraubwerkzeug, eine Werkzeugaufnahme für ein derartiges Einschraubwerkzeug und eine Werkzeuganordnung mit Werkzeugaufnahme und Einschraubwerkzeug zu schaffen, die eine positionsgenaue und reproduzierbare Aufnahme und Halterung eines Einschraubwerkzeugs ermöglichen.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt gemäß den Ausführungen in Absatz [0005] der geltenden Beschreibung durch die Merkmale der jeweils unabhängigen Patentansprüche entsprechend den jeweiligen Antragssätzen.
Als der zur Beurteilung der Patentfähigkeit zuständige Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhochschulausbildung anzusehen, der mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von spanabhebenden Werkzeugen und deren Werkzeugaufnahmen aufweist.
Einige Merkmale bedürfen einer Auslegung. Der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 und 3 betrifft ein Einschraubwerkzeug, während der jeweilige Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 auf eine Werkzeuganordnung mit einem Einschraubwerkzeug und einer Werkzeugaufnahme gerichtet ist. Diese Ansprüche enthalten jeweils die Begriffe konische Anlagefläche und konische Auflagefläche. Streitig zwischen den Parteien ist, ob eine konische Anlagefläche notwendigerweise einer korrespondierenden (konischen) Auflagefläche bedürfe oder ob – wie die Einsprechende meint – jegliche konische Fläche sich als An- bzw. Auflagefläche eigne, so dass beispielsweise auch Gewindeflanken oder Fasen darunter fallen. Nach den Ausführungen in Absatz [0006] der Streitpatentschrift ermöglichen An- bzw. Auflageflächen die Zentrier- und Abstützwirkung, so dass beispielsweise Gewindeflanken keine An- bzw. Auflagefläche im Sinne des Streitpatents bilden, weil Gewinde sich bekanntlich nicht zur Zentrierung eignen.
Letztlich war es jedoch nicht erforderlich, diesen Streitpunkt abschließend zu klären, weil das Streitpatent – wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - selbst mit der Sichtweise der Patentinhaberin auf diese Begriffe keinen Bestand hat. Nach den Merkmalen l und m des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 und 5 grenzen die konischen An- bzw. Auflageflächen unmittelbar aneinander an. In der Beschreibung gibt es hierzu keine erläuternden Ausführungen. Aus der Figur 7 ist anhand der Sichtlinien deutlich erkennbar, dass zwischen der ersten konischen Fläche 7 und der zweiten konischen Fläche 9 ein Übergangsradius angeordnet ist, wie es bei maschinenbaulichen Bauteilen an sich üblich ist. Daher sind die Merkmale l und m, wonach die konischen An- bzw. Auflageflächen unmittelbar aneinander angrenzen, so aufzufassen, dass keine weiteren Flächen zwischen den konischen An- bzw. Auflageflächen liegen, aber die üblichen maschinenbaulichen Übergänge wie Radien oder Einstiche durchaus dort angeordnet sein können.
2. Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3. Nachdem letzterer, wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 3 zeigen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht rechtsbeständig.
2.1. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht gegenüber dem Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit, § 4 PatG.
Den nächstliegenden Stand der Technik und den Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet vorliegend die von der Einsprechenden genannte Druckschrift D2, weil sie – wie von der Patentinhaberin auch zugestanden – im Ausführungsbeispiel nach Figur 3 (wobei fehlende Bezugszeichen der Figur 1 zu entnehmen sind) eine Werkzeuganordnung für auswechselbare Werkzeuge mit einem Einschraubwerkzeug (121) und einer Werkzeugaufnahme (125) zeigt, wobei das Einschraubwerkzeug (121) unstreitig die Merkmale 1 bis 4 aufweist. Insbesondere hat das Einschraubwerkzeug (121) der bekannten Werkzeuganordnung nach der Druckschrift D2 einen Werkzeugkopf (123) und einen Werkzeugschaft mit einem Außengewinde (131) und einem zwischen dem Werkzeugkopf (123) und dem Außengewinde (131) angeordneten Abstützbereich, entsprechend den Merkmalen 1 bis 4. Abweichend von Merkmal 5 des Patentanspruchs 1 weist der Abstützbereich des bekannten Einschraubwerkzeugs nach der Druckschrift D2 nicht zwei, sondern nur eine konische Anlagefläche (a radially and axially supporting and positioning portion 127) im Sinne des Streitpatents auf, weil die konischen Teilflächen am Außengewinde – wie vorstehend bei der Auslegung des Streitpatents erläutert – nicht als Anlageflächen im Sinne des Streitpatents angesehen werden. In Folge sind daher auch die Merkmale 6 und 7 nicht verwirklicht, in denen die zweite Anlagefläche weiter ausgebildet wird. Jedoch hat das bekannte Einschraubwerkzeug der Druckschrift D2 – wie aus der Figur 3 ersichtlich und in Absatz [0026] beschrieben – am Werkzeugschaft, unterhalb des Außengewindes (131) einen weiteren (radialen) Abstützbereich (radially supporting portion 63), so dass auch das Merkmal 8 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 bei dem bekannten Einschraubwerkzeug bekannt ist. Der Fachmann ist bei Werkzeuganordnungen für auswechselbare Werkzeuge, wie sie beispielsweise in der Druckschrift D2 gezeigt sind, stets bemüht, die Wechselgenauigkeit zu erhöhen. Auch die Druckschrift D25 betrifft eine Werkzeuganordnung mit einem Werkzeug und einer Werkzeugaufnahme, der ebenfalls die Aufgabe zugrunde liegt, die Wechselgenauigkeit zu erhöhen (vgl. Abs. [0005]). Schon deshalb berücksichtigt der Fachmann, der ausgehend von der Druckschrift D2 die Wechselgenauigkeit bei Werkzeuganordnungen für auswechselbare Werkzeuge erhöhen will, auch Anregungen aus Druckschrift D25. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist auch kein Hinderungsgrund darin zu sehen, dass die Druckschrift D25 kein Einschraub-, sondern ein Anschraubwerkzeug beschreibt. Denn die Reibungsverhältnisse sind bei einem Anschraubwerkzeug, das eine separate Schraube zum Anschrauben des Werkzeugs aufweist, im Vergleich zu einem Einschraubwerkzeug, bei dem das Außengewinde einstückig mit dem Werkzeug ausgebildet ist, nicht so unterschiedlich, dass dies Auswirkungen auf die Funktion der Werkzeuge hätte. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kegelwinkel der Gleitflächen bei dem Einschraubwerkzeug so gewählt sind, dass die durch die Drehbewegung zwischen den Gleitflächen verursachte Reibung nicht wesentlich ins Gewicht fällt. In beiden Fällen sind dann neben den Reibungskräften an der Anlagefläche auch die Reibungskräfte an dem jeweiligen Gewinde zu überwinden, die jedoch ähnlich hoch sind. Als Lösungsprinzip offenbart die Druckschrift D25, dass das bekannte (Anschraub-) Werkzeug einen Abstützbereich enthält, der einerseits durch eine (erste) konische Anlagefläche (115) mit einem Kegelwinkel von 10° bis 30° (2 mal den Winkel A mit 5° bis 15° entsprechend den Ausführungen in Absatz [0023] ergibt den streitpatentgemäßen Kegelwinkel von 10° bis 30°) und andererseits durch eine an die erste konische Anlagefläche (115) unmittelbar angrenzende zweite Anlagefläche (120) gebildet wird, die nach den Ausführungen in Absatz [0027] mit der Mittelachse (36) einen Winkel D von 80° bis 100° einschließen soll, was einem streitpatentgemäßen Kegelwinkel von 160° bis 200° entspricht. Für den Winkelbereich von D = 91° bis 100° (entsprechend einem streitpatentgemäßen Kegelwinkel von 160° bis 179°) hat das bekannte (Anschraub-) Werkzeug nach der Druckschrift D25 somit einen Abstützbereich, der durch zwei konische Anlageflächen (115, 120) mit unterschiedlichen Kegelwinkeln gebildet wird, wobei die den konischen Anlageflächen (115, 120) zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung zeigen. Der Fachmann, der ausgehend von der Druckschrift D2 die Wechselgenauigkeit bei Werkzeuganordnungen für auswechselbare Werkzeuge erhöhen will, sieht auch bei dem Einschraubwerkzeug nach der Druckschrift D2 entsprechend der Anregung aus der Druckschrift D25 einen Abstützbereich vor, der durch zwei konische Anlageflächen mit unterschiedlichen Kegelwinkeln gebildet wird, wobei die den konischen Anlageflächen zugrunde liegenden Kegel unmittelbar aneinander angrenzen und in dieselbe Richtung zeigen (Merkmale 5 und 6). Der Fachmann zieht dabei sämtliche in der Druckschrift D25 genannten Bereiche für die jeweiligen Kegelwinkel und deshalb insbesondere den Kegelwinkel von 10° bis 30° für die erste Anlagefläche (120) und den Kegelwinkel von 160° bis 179° für die zweite Anlagefläche (120) in Betracht (Merkmal 7). Nicht überzeugen kann das Vorbringen der Patentinhaberin, dass der Fachmann aus der Druckschrift D25 nur den dort als bevorzugt bezeichneten, rechtwinkligen Kegelwinkel (180°) für die zweite Anlagefläche übernehmen wird. Gerade weil das Werkzeug der Druckschrift D25 kein Einschraub-, sondern lediglich ein Anschraubwerkzeug mit separater Befestigungsschraube ist, probiert der Fachmann alle in der Druckschrift D25 genannten Kegelwinkelbereiche – und somit auch den dort ausdrücklich auch genannten Bereich von 160° bis 179° - für die zweite Anlagefläche aus, um für ein Einschraubwerkzeug mit möglicherweise anderen Reibwerten als ein Anschraubwerkzeug die optimalen Kegelwinkel zu ermitteln. Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von dem bekannten Einschraubwerkzeug nach der Druckschrift D2 mit den Merkmalen 1 bis 4 und 8 ohne erfinderische Tätigkeit allein mit ihm in Kenntnis der Druckschrift D25 naheliegenden zwei konischen Anlageflächen zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 3. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
2.2. Mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 3 fallen aufgrund der Antragsbindung auch sämtliche unabhängigen und abhängigen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob einer dieser Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthält (BGH, GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
3. Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 und 4 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5. Nachdem letzterer, wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 5 zeigen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der jeweilige Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 4 nicht rechtsbeständig.
3.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Den nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt bildet vorliegend ebenfalls die oben genannte Druckschrift D2, weil sie in Figur 3 eine Werkzeuganordnung mit einem Einschraubwerkzeug (121) und einer Werkzeugaufnahme (125) zeigt, wobei das Einschraubwerkzeug (121) einen Werkzeugkopf (123) und einen Werkzeugschaft mit einem Außengewinde (131) und einem zwischen dem Werkzeugkopf (123) und dem Außengewinde (131) angeordneten Abstützbereich enthält (Merkmale a bis e).
Die Werkzeugaufnahme (125) der bekannten Werkzeuganordnung hat eine Aufnahmeöffnung (67) mit einem Innengewinde (133) und einen zwischen einer vorderen Stirnseite (129) der Werkzeugaufnahme (125) und dem Innengewinde (133) angeordneten Abstützbereich (141) entsprechend den Merkmalen h und i.
Darüber hinaus hat die bekannte Werkzeuganordnung nach der Druckschrift D2 – wie aus der Figur 3 ersichtlich und in Absatz [0026] beschrieben – am freien Ende des Werkzeugschafts (4) des Einschraubwerkzeugs unterhalb des Außengewindes (131) einen weiteren Abstützbereich (radially supporting portion 63) und dazu korrespondierend an einem inneren Ende der Aufnahmeöffnung (67) einen inneren Anlagebereich für den weiteren Abstützbereich (63) entsprechend den Merkmalen r und s. Abweichend von Merkmal f und j des Patentanspruchs 1 weist das bekannte Einschraubwerkzeug nach der Druckschrift D2 nicht zwei, sondern nur eine konische Anlagefläche und dazu korrespondierend nicht zwei, sondern nur eine konische Auflagefläche an der Werkzeugaufnahme auf, so dass in Folge auch die Merkmale g, k sowie l bis o nicht verwirklicht sind. Wie vorstehend bereits zum Hilfsantrag 3 im Einzelnen begründet, ist es für den Fachmann, der ausgehend von der bekannten Werkzeuganordnung mit einem Einschraubwerkzeug und einer Werkzeugaufnahme nach der Druckschrift D2 die Wechselgenauigkeit für auswechselbare Werkzeuge erhöhen will, naheliegend, bei dem Einschraubwerkzeug nach der Druckschrift D2 aufgrund der Lehre der Druckschrift D25 einen Abstützbereich vorzusehen, der durch zwei unmittelbar aneinander angrenzende konische Anlageflächen (115, 120) mit unterschiedlichen Kegelwinkelbereichen, insbesondere 10° bis 30° für den ersten Kegelwinkel und 160° bis 179°, beispielsweise 170°, für den zweiten Kegelwinkel gebildet wird, wobei für diesen Fall die den konischen Anlageflächen (115, 120) zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung zeigen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Hilfsantrag 3 wird verwiesen. In zwangsläufiger Folge (weil sonst die Anlageflächen des Einschraubwerkzeugs keine Anlageflächen bilden) sieht der Fachmann auch bei der Werkzeugaufnahme der aus der Druckschrift D2 bekannten Werkzeuganordnung an der vorderen Stirnseite der Werkzeugaufnahme angrenzend zwei Auflageflächen vor und zwar Auflageflächen, die – entsprechend dem Vorbild der Druckschrift D25 – mit den beiden unmittelbar aneinander angrenzenden konischen Anlageflächen des Einschraubwerkzeugs korrespondieren und demzufolge auch konisch mit entsprechend korrespondierenden Winkeln unmittelbar aneinander angrenzend angeordnet sind, nämlich 10° bis 30° für den ersten Kegelwinkel und 170° für den zweiten Kegelwinkel. Für diesen Fall zeigen einerseits sowohl die den konischen Anlageflächen als auch die den konischen Auflageflächen zugrunde liegenden Kegel in dieselbe Richtung und andererseits verringern sich sowohl der Durchmesser der ersten konischen Anlagefläche als auch der Durchmesser der ersten konischen Auflagefläche in Einschraubrichtung des Einschraubwerkzeugs, so dass neben den Merkmalen f, j, n, o auch die Merkmale g, k, l, m, p und q aus der Kombination der Druckschriften D2 und D25 nahegelegt sind.
Bei der Wahl der Gewindeform orientiert sich der Fachmann an seinem Fachwissen. Im vorliegenden Fall entscheidet er sich für ein Trapezgewinde, bei dem es sich um eine übliche und weitverbreitete Gewindeform handelt, die (paarweise) immer dort eingesetzt wird, wo – wie im vorliegenden Fall bei Werk- zeuganordnungen mit Ein- oder Anschraubwerkzeugen – große Kräfte zu übertragen sind. Der Fachmann sieht daher in naheliegender Weise, insbesondere bei durchmessergroßen Werkzeuganordnungen beim Ein- oder Anschraubwerkzeug ein Trapezaußengewinde und bei der Werkzeugaufnahme ein korrespondierendes Trapezinnengewinde entsprechend Merkmal k vor. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
3.2. Mit dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2, 4 und 5 fallen aufgrund der Antragsbindung auch sämtliche unabhängigen und abhängigen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob einer dieser Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthält (BGH, GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nicht anzuordnen. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dieses Begehren nicht weiterzuverfolgen, gleichwohl ist von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 3 PatG zu prüfen, ob die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen anzuordnen ist.
Gründe, die die Einbehaltung der Beschwerdegebühr als unbillig erscheinen lassen, sind nicht gegeben. Der bloße Umstand, dass der Senat die Entscheidung der Patentabteilung aufgehoben und das Patent widerrufen hat, genügt hierfür nicht. Nur wenn der angegriffene Beschluss auf schwerwiegenden Fehlern der Patentabteilung beruht und das Beschwerdeverfahren bei ordnungsgemäßem Vorgehen hätte vermieden werden können, wird die Einbehaltung der Beschwerdegebühr unbillig erscheinen. Eine solche Sachlage liegt hier nicht vor. Denn die Beschwerdeführerin hat nicht konkret dargetan und es ist auch nicht ersichtlich, welche Angriffsmittel ihr durch die von ihr gerügte Verfahrensweise der Patentabteilung abgeschnitten worden sei könnten. Die Entgegenhaltung D25, auf deren Einführung die abweichende Entscheidung des Senats beruht, ist erst mit Schriftsatz vom 5. Juni 2019, also über zwei Jahre nach Einlegung der Beschwerde in das Verfahren eingeführt worden, konnte also nicht zur Grundlage der Entscheidung der Patentabteilung gemacht werden.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76131 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner Rippel Dr. Dorfschmidt Uhlmann Pr
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