18 W (pat) 4/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/16 Verkündet am 7. März 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 36 568.0 …
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater ECLI:DE:BPatG:2018:070318B18Wpat4.16.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2016 aufgehoben und in der Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe I.
Die am 8. August 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 103 36 568.0 trägt die Bezeichnung
„Betriebssystem für einen tragbaren Datenträger“
und wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 19. Januar 2016 zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem aus den Druckschriften P1: US 6 381 694 B1, und P2: Smart Times - Multiple Chip Smart Cards. Gemplus Research Labs,
2002, URL: <http://www.gemplus.com/smart/enews/st3/sumo.html>, verfügbar bei <https://web.archive.org> am 22.06.2002 bekannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Im Recherchebericht gemäß § 43 PatG vom 10. Februar 2004 wurden zudem die folgenden Druckschriften genannt:
R1 US 5 784 549 A, R2 US 6 490 722 B1 und R3 Abgesicherter Modus - Wenn Win nicht mehr will…
In: PCtip, März 1999, S. 19.
Gegen den vorstehend genannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2016 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung, Seiten 1 bis 10, eingegangen am 8. August 2003,
- Figur vom 8. August 2003.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1 „Verfahren zum Betreiben eines tragbaren Datenträgers in Form einer Chipkarte, eines eingebetteten integrierten Schaltkreises oder eines als separates Bauteil eingesetzten integrierten Schaltkreises,
M2 wobei der tragbare Datenträger unter Normalbedingungen mit einem primären Betriebssystem (2) betrieben wird,
dadurch gekennzeichnet, dass M3 im Normalbetrieb beim Auftreten eines vorgebbaren Ereignisses von dem primären Betriebssystem (2) auf einen unabhängig vom primären Betriebssystem (2) funktionsfähigen Notfalldienst (6) übergegangen wird,
M3a welcher über einen gegenüber dem primären Betriebssystem (2) eingeschränkten Funktionsumfang verfügt, und M4 der weitere Betrieb des tragbaren Datenträgers mittels des Notfalldienstes (6) erfolgt,
M5 wobei ein den Übergang auslösendes vorgebbares Ereignis darin besteht, dass von dem primären Betriebssystem (2) oder von einer Hardware (1) des tragbaren Datenträgers eine Speichergrenzverletzung detektiert wird, von einer virtuellen Javamaschine ein falscher Byte-Code bemerkt wird, ein Angriff detektiert wird oder durch eine Betriebssystem-Integritätsprüfung ein Problem bemerkt wird.“
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig, die Gegenstände der geltenden Ansprüche dem Patentschutz zugänglich und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung in der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG.
1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines tragbaren Datenträgers (vgl. geltende Patentansprüche).
Die Anmeldung geht davon aus, dass tragbare Datenträger sehr vielfältig eingesetzt werden können, beispielsweise zur Abwicklung von Transaktionen des Zahlungsverkehrs, als Ausweisdokumente bei Zugangskontrollen, als Berechtigungsnachweis zur Nutzung eines Mobilfunksystems. Hierzu seien die tragbaren Datenträger als Chipkarten ausgebildet, bei denen ein integrierter Schaltkreis in einen Kartenkörper mit genormten Abmessungen eingebettet sei. Weiterhin seien auch tragbare Datenträger bekannt, bei denen nicht von der Kartenform Gebrauch gemacht werde, sondern der integrierte Schaltkreis in einen andersartig ausgebildeten Gegenstand eingebettet oder in irgendeiner Form mit einem andersartig ausgebildeten Gegenstand verbunden sei. Im Extremfall könne der integrierte Schaltkreis sogar als separates Bauteil eingesetzt werden. Unabhängig von seiner Einbauumgebung werde der integrierte Schaltkreis, außer bei sehr einfach strukturierten Anwendungen, mit einem Betriebssystem ausgestattet, mit dem der Betrieb des integrierten Schaltkreises gesteuert werde. Mit der Erweiterung der Einsatzgebiete der tragbaren Datenträger und der Zunahme der Leistungsfähigkeit der integrierten Schaltkreise gehe eine zunehmende Komplexität der verwendeten Betriebssysteme einher, wobei ein Ende dieser Entwicklung zur Zeit noch nicht absehbar sei. Der zunehmende Umfang und die zunehmende Komplexität der Betriebssysteme von tragbaren Datenträgern erhöhten trotz sorgfältiger Programmierung und ausgedehnter Testläufe das Risiko, dass die Betriebssysteme unerkannte Fehler enthielten und dadurch möglicherweise instabil werden könnten. Um unkontrollierte Situationen und insbesondere daraus resultierende Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden, seien die Betriebssysteme für tragbare Datenträger in der Regel so ausgebildet, dass der tragbare Datenträger bei einer erkannten Fehlfunktion innerhalb der Software oder bei einem Absturz des Betriebssystems deaktiviert werde und somit vom Benutzer nicht mehr einsetzbar sei. Ein unvorhersehbarer Ausfall des tragbaren Datenträgers könne für den Benutzer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sein, beispielsweise wenn sich der Benutzer auf den Datenträger als Zahlungsmittel verlasse und er sich in einer Situation befinde, in der er nicht über eine alternative Zahlungsmöglichkeit verfüge. Instabile Betriebssysteme könnten somit zu einem Rückgang der Akzeptanz von tragbaren Datenträgern führen. Diese Problematik werde dadurch verschärft, dass auf demselben tragbaren Datenträger immer mehr Anwendungen implementiert würden, so dass die Abhängigkeit des Benutzers von der Funktionstüchtigkeit des tragbaren Datenträgers ständig zunehme (vgl. geltende Beschreibung S. 1, zw. Abs. bis Seite 2, erster Abs.).
Der Anmeldung liegt gemäß der geltenden Beschreibung die Aufgabe zugrunde, das Ausfallrisiko bei tragbaren Datenträgern möglichst gering zu halten (vgl. S. 2, erster Abs.).
Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Informationstechnik anzusehen, der über Erfahrung auf dem Gebiet der Betriebssysteme für Chipkarten und vergleichbare Datenträger verfügt.
Die vorstehend genannte Aufgabe soll durch die Merkmale des auf ein Verfahren zum Betreiben eines tragbaren Datenträgers gerichteten Anspruchs 1 gelöst werden. Gemäß Anspruch 1 ist ein Verfahren zum Betreiben eines tragbaren Datenträgers vorgesehen, wobei es sich bei dem Datenträger um eine Chipkarte,
einen eingebetteten integrierten Schaltkreis oder einen als separates Bauteil eingesetzten integrierten Schaltkreis handelt (Merkmal M1). Der tragbare Datenträger wird unter Normalbedingungen mit einem primären Betriebssystem betrieben (Merkmal M2). Beim Auftreten eines vorgebbaren Ereignisses wird vom primären Betriebssystem auf einen unabhängig vom primären Betriebssystem funktionsfähigen Notfalldienst übergegangen, mit dem der weitere Betrieb des tragbaren Datenträgers erfolgt (Merkmale M3, M4). Der Notfalldienst verfügt gegenüber dem primären Betriebssystem über einen eingeschränkten Funktionsumfang (Merkmal M3a). Bei dem vorgebbaren Ereignis, das einen Übergang auslöst, handelt es sich um eine von dem primären Betriebssystem (2) oder von einer Hardware (1) des tragbaren Datenträgers detektierte Speichergrenzverletzung, um einen von einer virtuellen Javamaschine bemerkten falschen Byte-Code, das Detektieren eines Angriffs oder ein durch eine Betriebssystem-Integritätsprüfung bemerktes Problem (Merkmal M5).
2. Die geltenden Ansprüche und Beschreibungsunterlagen mitsamt Figuren sind zulässig (§ 38 PatG).
Anspruch 1 basiert auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 11 und der allgemeinen Beschreibung des beanspruchten Verfahrens auf Seite 1, zw. Abs., Seite 3, Zeilen 7 bis 12 und Seite 4, Zeilen 13 bis 18 der ursprünglichen Beschreibung. Die nähere Charakterisierung des Notfalldiensts basiert auf Seite 3, Zeilen 20-21, die Definition der den Übergang auslösenden Ereignisse basiert auf dem seitenüberbrückenden Absatz der Seiten 6 und 7 der ursprünglichen Beschreibung.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 7 entsprechen inhaltlich den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 12 bis 17 und wurden in ihren Rückbezügen angepasst. Die Gegenstände der Unteransprüche basieren ebenso auf der Verfahrensbeschreibung des allgemeinen Teils der ursprünglichen Beschreibung, so dass auch die Rückbezüge auf den geänderten Anspruch 1 zulässig sind.
Die geltende Beschreibung entspricht unverändert der ursprünglichen Beschreibung und ist daher ebenfalls zulässig.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist unter Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Standes der Technik neu (§ 3 PatG).
Druckschrift P1 betrifft das Laden und Starten der Systemsoftware eines Computersystems (vgl. bspw. Abstract und Sp. 3, Z. 48-50). Dieser Druckschrift ist kein tragbarer Datenträger und kein Betriebssystem für einen tragbaren Datenträger im Sinne des geltenden Anspruchs 1 entnehmbar, da die Definition des Computersystems in Spalte 3, Zeilen 4 bis 6 der Druckschrift P1 keinen tragbaren Datenträger gemäß der vorliegenden Anmeldung betrifft. Der Fachmann entnimmt Druckschrift P1 dabei ein primäres Betriebssystem („operating system“) zum Betreiben unter Normalbedingungen (vgl. Sp. 3, Z. 34-35 / Merkmal M2). Außerdem ist der Druckschrift ein unabhängig vom diesem Betriebssystem funktionsfähiger Notfalldienst („minimal bootable system“ bzw. „minimal operating system“) zu entnehmen, der gegenüber dem primären Betriebssystem über einen eingeschränkten Funktionsumfang verfügt (vgl. Sp. 4, Z. 5-16), und mit dem das System anstelle des primären Betriebssystems nach einem Übergang auf diesen Notfalldienst betreibbar ist (vgl. Sp. 4, Z. 2-4 i. V. m. Z. 14-16 sowie Sp. 5, Z. 29-40 / Merkmale M3a, M4). Druckschrift P1 sieht damit zwar einen unabhängig vom primären Betriebssystem funktionsfähigen Notfalldienst vor, der nach dem Auftreten eines vorgegebenen Ereignisses („certain types of problems“, vgl. Sp. 4, Z. 2-4) zur Ausführung gelangt, jedoch erfolgt ein Übergang auf den Notfalldienst nicht beim Auftreten eines solchen Ereignisses im Normalbetrieb des primären Betriebssystems, sondern nur, wenn beim Laden des primären Betriebssystems ein Fehler durch eine Startup-Routine erkannt wird, ohne dass das primären Betriebssystem überhaupt aktiv war (vgl. Sp. 3, Z. 48-50, Sp. 4, Z. 2-4) (teilweise Merkmal M3). Die Dateien, welche dabei als beschädigt oder manipuliert erkannt werden („certain files are found to be corrupted“), können als durch eine Betriebssystem-Integritätsprüfung erkanntes Problem angesehen werden (vgl. Sp. 3, Z. 48-50). Allerdings wird dieser Fehler im Unterscheid zu Merkmal M5 wiederum nicht von einem primären Betriebssystem oder von einer Hardware des tragbaren Datenträgers im Normalbetrieb detektiert, sondern von der Startup-Routine („startup routine“, vgl. Sp. 3, Z. 39-50). Druckschrift P1 beschreibt damit lediglich einen Teil der Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 1.
Druckschrift P2 bezieht sich auf das Implementieren mehrerer Speicherchips in einer Speicherkarte. In der Druckschrift wird darauf hingewiesen, dass „Smart Cards“ mit Mikroprozessor als sehr kompakte Computer angesehen werden können (vgl. Abs. „Breaking the byte barrier“, erster u. zw. Satz). Weder ein Betriebssystem solcher „Smart Cards“ noch ein dazu alternatives Notfallsystem werden in Druckschrift P2 aufgeführt.
Die im Recherchebericht gemäß § 43 PatG genannte Druckschrift R1 betrifft das Bereitstellen einer alternativen, in ihrer Funktion beschränkten grafischen Benutzerschnittstelle (GUI), die dann verwendet wird, wenn das Laden der vollständigen grafischen Benutzerschnittstelle zu einem Fehler führt (vgl. Abstract). Druckschrift R2 betrifft die Installation und Wiederherstellung von Softwaresystemen durch Rückgriff auf eine Backup-Partition bei Fehlern beim stufenweisen Laden der Software des Computersystems (vgl. Abstract). Die Druckschriften R1 und R2 stellen damit im Hinblick auf den geltenden Anspruch 1 keinen relevanten Stand der Technik zur Beurteilung des Anspruchsgegenstandes dar, da keine von der Ausführung eines ersten Betriebssystems ausgeht, das beim Auftreten eines Fehler-Ereignisses durch ein zweites, im Funktionsumfang reduziertes Betriebssystem als „Notfallsystem“ im Betrieb abgelöst wird. Keine der beiden Druckschriften befasst sich mit tragbaren Datenträgern, die ein Betriebssystem aufweisen.
Druckschrift R3 beschreibt Maßnahmen, die ein Nutzer durchführen muss, um das Booten eines Computersystems im abgesicherten Modus zu ermöglichen. Druckschrift R3 ist zwar das Vorliegen eines Betriebssystems und eines Notfallsystems mit eingeschränktem Funktionsumfang auf einem Computer zu entnehmen. Druckschrift R3 ist allerdings kein kausaler Zusammenhang zwischen einem erkannten Fehlerzustand und dem Übergang des Betriebs auf das Notfallsystem zu entnehmen.
Der Gegenstand des Anspruch 1 ist daher neu gegenüber den im Prüfungsverfahren zitierten Druckschriften P1 und P2 sowie den im Recherchebericht genannten Druckschriften R1 bis R3, da keiner dieser Druckschriften sämtliche Merkmale des jeweiligen Anspruchs entnehmbar sind.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist dem Fachmann auch unter Einbeziehung seines Fachwissens aus dem bislang im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegt (§ 4 PatG).
Selbst wenn man entgegen der Definition in Druckschrift P1 die im beanspruchten Verfahren genannte Chipkarte als Computersystem ansieht, befasst sich Druckschrift P1 gerade nicht mit dem Fall, dass sich das Computersystem beim Auftreten vorgebbaren Ereignisses im Normalbetrieb befindet, bei dem das System mit dem primären Betriebssystem betrieben wird. Vielmehr wird das primäre Betriebssystem gemäß Druckschrift P1 bei der beschriebenen Fehlererkennung noch nicht ausgeführt, da die Fehlererkennung bereits während des Ladens des primären Betriebssystems durch eine Startup-Anwendung („startup application“) erfolgt (vgl. Sp. 3, Z. 48-50). Selbst wenn man das Minimalsystem („minimal operating system“) als „Notfalldienst“ im Sinne des vorliegenden Anspruchs ansieht, führt ein Fehler-Ereignis nicht direkt zur Ausführung des Notfalldienstes selbst. Vielmehr wird entweder der Betrieb der Startup-Anwendung („startup application“) fortgesetzt, um den „Notfalldienst“ zu laden (vgl. Sp. 4, Z. 14-16), oder es führt zur Installation einer alternativen bootfähigen Software („minimal bootable system“), die erst nach einem Neustart ausgeführt wird (vgl. Sp. 4, Z. 5-7.).
Auch die alternative Startup-Anwendung („alternate startup application“) stellt keinen „Notfalldienst“ im Sinne der vorliegenden Anmeldung dar, da es sich bei der Startup- bzw. alternativen Startup-Anwendung jeweils nicht um ein Betriebssystem handelt und kein direkter Übergang aus dem Normalbetrieb der Startup-Anwendung auf den Betrieb der alternativen Startup-Anwendung stattfindet (vgl. Sp. 5, 1. Abs.).
Der Fachmann erhält somit aus Druckschrift P1 keinen Hinweis darauf, den (bereits laufenden) Betrieb eines ersten Betriebssystems beim Auftreten eines definierten Ereignisses gemäß Merkmal M5 mittels eines „Notfalldienstes“ fortzusetzen. Hierzu geben auch weder Druckschrift P2 noch die Druckschriften R1 bis R3 aus dem Rechercheverfahren einen Hinweis. Auch ergibt sich eine solche Maßnahme nicht in naheliegender Weise aus dem Wissen des Fachmanns.
Es ist somit anzuerkennen, dass das beanspruchte Verfahren dem Fachmann nicht durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt ist.
5. Die Sache war gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, da neue Tatsachen vorliegen. Dies ergibt sich daraus, dass Merkmal M5 des geltenden Anspruchs 1 der Beschreibung entnommen wurde. Der Verfahrensablauf ist hierbei durch ein Detektieren vordefinierter Fehler-Ereignisse näher charakterisiert worden, welches durch das primäre Betriebssystem oder durch eine Hardware während der Ausführung des primären Betriebssystems im Normalbetrieb erfolgt (vgl. Merkmal M5 i. V. m. Merkmal M3). Diese Änderung war ausweislich der Amtsakte nicht Gegenstand der im Prüfungsverfahren erfolgten Recherche und der dort diskutierten Anspruchsfassungen.
Das nunmehr vorliegende Patentbegehren genügt den Anforderungen des § 1 PatG und erfüllt damit die Voraussetzungen für eine Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit gemäß §§ 3 und 4 PatG. Wie vorstehend in Abschnitt II.4. dargelegt, ist das nunmehr beanspruchte Verfahren zum Betreiben eines tragbaren Datenträgers dem Fachmann aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegt.
Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 und 4 PatG ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Zu deren Ermittlung sind in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen, welche hierzu über geeignete Recherchemittel und Fachkenntnisse verfügen. Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, war die Sache – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Dr. Schwengelbeck Altvater Pr