5 Ni 81/11
BUNDESPATENTGERICHT Ni 81/11 (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
15. Mai 2013 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
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betreffend das deutsche Patent 198 60 756 hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2013 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, der Richterin Püschel sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer für Recht erkannt:
I. Das Patent 198 60 756 wird für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 23. Dezember 1998 angemeldeten deutschen Patents 198 60 756 (Streitpatent), das ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes betrifft und das zehn Patentansprüche aufweist, wobei Patentanspruch 1 in der im Einspruchsverfahren beschränkten Fassung folgenden Inhalt hat:
1. Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes, zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal, mit folgenden Schritten:
a) Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),
b) schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten vom Server (4) zum Endgerät (1), wobei die Daten vom Server zu einem Switch (5), vom Switch (5) über das Paketvermittlungsnetz zu einem Einwählknoten (31) des Endgeräts (1) in das Paketvermittlungsnetz und vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) übertragen werden, und wobei der Switch (5) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz ist,
c) wiederholtes Prüfen beim Switch (5), der Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder zu diesem Zugang hat, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät vorliegt,
d) Zuschalten einer Übertragung via Breitband-Rückkanal während der bestehenden L7-Verbindung bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals, wobei die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen und dann vom Switch (5) auf den Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät gegeben werden, und ohne dass die auf den Breitband-Rückkanal gegebene Datei auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (31) in das Paketvermittlungsnetz durchlaufen,
e) Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, wobei f) eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) stets unter Zwischenschaltung des Switches (5) hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät unter Zwischenschaltung des Switches übertragen werden,
g) allein der Switch (5) prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal vorliegt, und wobei h) das Paketvermittlungsnetz das Internet ist.
Dieser mit der geänderten Patentschrift DE 198 60 756 C5 veröffentlichte Patentanspruch 1 unterscheidet sich vom im Einspruchsverfahren beschränkt aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 im Merkmal d). Statt dem Wortlaut „...die auf den Breitband-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät...“ (vgl. Beschluss in der Gerichtsakte zum Verfahren 20 W (pat) 335/03, Blatt 918; vgl. Anlage NB2, S. 4, Merkmal d) wurde der Wortlaut „...die auf den Breitband-Rückkanal gegebene Datei auf ihrem Weg zum Endgerät...“ veröffentlicht.
Bezüglich des Inhalts der rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 wird auf die geänderte Patentschrift (DE 198 60 756 C5) Bezug genommen.
Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents werde durch den Stand der Technik zum Anmeldezeitpunkt vorweggenommen, zumindest fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Stützung ihres Vorbringens beruft sie sich auf folgende Dokumente:
K1 DE 198 60 756 C5 - Streitpatentschrift K2 Merkmalsgliederung erteilter Patentanspruch 1 K3 EP 0 998 093 B1 K4 Entscheidung der Techn. Beschwerdekammer 3.5.05 des Europäischen Patentamts vom 3. November 2009, T 0865/06 - 3.5.05 K5 DE 299 24 199 U1 K6 Beschluss des Bundespatentgerichts vom 20. März 2007 (5 W (pat) 454/05) K7 Beschluss des BGH vom 29. Juli 2008 (X ZB 23/07) K8 US 5,852,721 K9 Yuill, S. J.; Pickholtz, R. L: „Performance Modeling for Packet Networks with Satellite Overflow Channels.“, In: IEEE Transactions on Communications, Vol. COM-29. Nr. 6, Juni 1981, Seiten 808 bis 815. K10 US 5,732,078 K11 Beschluss des Bundespatentgerichts vom 9. November 2011 (35 W (pat) 415/09) K12 DE 198 60 756 A1.
Die Klägerin beantragt,
das Streitpatent für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in den Fassungen des Hilfsantrags 1 vom 11. Juli 2012 (Anl. NB 1) und des Hilfsantrags 2 vom 11. Januar 2013 (Anl. NB 3).
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie legt den Beschluss des 20. Senats des Bundespatentgerichts vom 1. Dezember 2004 aus dem Einspruchsverfahren 20 W (pat) 335/03 vor (Anl. NB 2).
Die Klägerin ist der Auffassung, die Gegenstände der Fassungen der Hilfsanträge seien den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen bzw. stellten ein unzulässiges Aliud zur geltenden Fassung dar. Patentfähigkeit (erfinderische Tätigkeit) werde durch sie auch nicht erreicht, wenn man die Zulässigkeit unterstelle.
Der Senat hat den Parteien einen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG n. F. zugeleitet, auf dessen Inhalt ebenso Bezug genommen wird wie auf den aller eingereichten Schriftsätze und Unterlagen der Parteien.
Entscheidungsgründe Die zulässige Klage erweist sich als begründet, weil der Patentgegenstand in keiner der verteidigten Fassungen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und die Patentfähigkeit nach § 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG somit nicht gegeben ist.
I. Zur geltenden Fassung des Streitpatents
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes (vgl. K1, Abs. [0001]). Wie in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents weiter ausgeführt wird, würden bei Kommunikationsmedien zunehmend breitbandige Übertragungen an Bedeutung gewinnen, z. B. mittels Satelliten oder ADSL-Technik. Für Teilnehmer-Anschluss-Leitungen würden Realisierungen mittels Fernsehkabel-Technik, Stromkabel-Technik und Mobilfunkstrecken diskutiert
(vgl. K1, Abs. [0002] bis [0004]). Es bestehe ein Bedürfnis nach Telekommunikationsanordnungen, die die bestehenden breitbandigen Techniken flexibel und an die Bedürfnisse eines Nutzers angepasst zur Verfügung stellen (vgl. K1, Abs. [0013]).
Als die dem Gegenstand des Streitpatents zugrunde liegende Aufgabe wird daher genannt, ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes zur Verfügung zu stellen, das ein hohes Maß an Flexibilität ermöglicht (vgl. K1, Abs. [0014]).
Zur Lösung schlägt das Streitpatent ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten nach dem verteidigten Patentanspruch 1 vor, welches sich in folgende Merkmale gliedern lässt (in Anlehnung an die Merkmalsanalyse der Klägerin, vgl. Anlage K2):
M1.1 Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebenen-Verbindung gemäß dem OSl-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes,
M1.2 zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal,
mit folgenden Schritten:
M1.3.a Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),
M1.3.b.1 schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten vom Server (4) zum Endgerät (1), wobei M1.3.b.2 die Daten vom Server zu einem Switch (5) übertragen werden,
M1.3.b.3 die Daten vom Switch (5) über das Paketvermittlungsnetz zu einem Einwählknoten (31) des Endgeräts (1) in das Paketvermittlungsnetz übertragen werden und M1.3.b.4 die Daten vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) übertragen werden, und M1.3.b.5 wobei der Switch (5) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz ist,
M1.3.c.1 wiederholtes Prüfen beim Switch (5), ob ein Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät vorliegt,
M1.3.c.2 das genannte Steuersignal muss durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst sein,
M1.3.c.3 der Switch ist Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder hat zu diesem Zugang,
M1.3.d.1 Zuschalten einer Übertragung via Breitband-Rückkanal bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals,
M1.3.d.2 das genannte Zuschalten erfolgt während der bestehenden L7-Verbindung, wobei M1.3.d.3 die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen werden,
M1.3.d.4 und die Rückkanal-Daten dann vom Switch (5) auf den Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät gegeben werden,
M1.3.d.5 und ohne dass die auf den Breitband-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (31) in das Paketvermittlungsnetz durchlaufen,
M1.3.e Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, wobei M1.3.f eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) stets unter Zwischenschaltung des Switches (5) hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät unter Zwischenschaltung des Switches übertragen werden,
M1.3.g allein der Switch (5) prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via BreitbandRückkanal vorliegt, und wobei M1.3.h das Paketvermittlungsnetz das Internet ist.
2. Als Fachmann, auf dessen Kenntnisse vorliegend abzustellen ist, sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik, der über mehrjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Übertragung von Daten in Telekommunikationsnetzen, insbesondere im Internet, verfügt. Das OSI-Referenzmodell gehört zum Basiswissen dieses Fachmannes.
3. Ausgehend von dem Fach- und Erfahrungswissen dieses Fachmanns geht der Senat von folgenden, den einzelnen Begriffen zugrunde zu legenden Bedeutungsinhalten aus:
Unter einer „Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSl-Referenzmodell (L7-Verbindung)“ versteht dieser Fachmann die Übertragung von Rückkanal-Daten der Ebenen 7, die eine bestimmte Anwendung („Application“) betreffen, z. B. eine Anwendung gemäß dem http-Protokoll, eine Datenübertragung gemäß dem ftp-Protokoll oder auch eine Streaming-Anwendung. Über welchen Weg die Daten übertragen, werden, wird gemäß dem OSlReferenzmodell in den Ebenen 3 und 4, also unabhängig von der L7-Verbindung, festgelegt. Ein Umschalten zwischen verschiedenen Übertragungstechniken tangiert daher die L7-Verbindung nicht (vgl. K1, Abs. [0017]).
Der Begriff „Netzwerkmanagement“ wird in der Patentschrift nicht näher erläutert. Der Fachmann versteht darunter jedwedes Kontroll- oder Steuersystem, das Elemente eines Netzwerks überwacht und/oder steuert.
Beim „Zuschalten“ erfolgt die Übertragung im zugeschalteten Kanal parallel zur weiter bestehenden Übertragung im schon vor dem Zuschalten benutzten Kanal. Das „Zuschalten“ erfolgt während einer bestehenden Verbindung und bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals des Netzwerkmanagement.
„Zurückwechseln“ im Sinne des Streitpatents bedeutet für den Fachmann das Abschalten der Übertragung auf dem parallel zugeschalteten Kanal und den Weiterbetrieb der Übertragung allein auf dem vor dem Zuschalten bestehenden (alten) Kanal. Das „Zurückwechseln“ erfolgt während einer bestehenden Verbindung und bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals des Netzwerkmanagements.
4. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil es sich für den zuständigen Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik nach den Druckschriften K8 und K9 ergeben hat.
Die Druckschrift K8 (US 5,852,721) beschreibt ein Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten (vgl. Spalte 5, Zeilen 14 bis 18 und 42 bis 47 i. V. m. Fig. 1). Diese Rückkanal-Daten werden infolge einer Datenanforderung („request“) übertragen, die von einer Anwendung ausgesandt wird (vgl. BZ 112 in Fig. 1 bzw. die konkrete Ausgestaltung von Anwendungen als die Programme „Mosaic“ bzw. „Gopher“, wie sie in Fig. 2 gezeigt ist), welche in einem Benutzerterminal (vgl. „hybrid terminal 110“ in Fig. 1) betrieben wird. Infolge dieses Requests antwortet eine Anwendung in einem (Anwendungs-)Server (vgl. „application Server 140“ in Fig. 1) mit der Übersendung der gewünschten Rückkanal-Daten (vgl. Spalte 5, Zeile 48 bis Spalte 6, Zeile 23 und Spalte 9, Zeilen 44 bis 48). Es findet somit ein Datenaustausch zwischen Anwendungen statt (eben beispielsweise den Anwendungen „Mosaic“ bzw. „Gopher“ im „hybrid terminal 110“ und einer Anwendung im „application server 140“). Die Übertragung der Rückkanal-Daten erfolgt somit im Rahmen einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSl-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät (hybrid terminal 110) und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes (vgl. Fig. 1, application server 140 am Internet 128; Merkmal M1.1).
Das Verfahren nach der Druckschrift K8 ist gemäß dem zweiten Ausführungsbeispiel auch dafür vorgesehen, zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals die Rückkanal-Daten wahlweise (vgl. Spalte 13, Zeilen 25 bis 34) schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen (vgl. Spalte 14, Zeile 66 bis Spalte 15, Zeile 9 sowie den Pfad „D“ in Fig. 15 mit der zugehörigen Erläuterung in Spalte 15, Zeilen 43 bis 50) oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal zu übertragen (vgl. Spalte 6, Zeilen 21 bis 52 sowie den Pfad „B“ in Fig. 15 mit der zugehörigen Erläuterung in Spalte 15, Zeilen 24 bis 31; Merkmal M1.2).
Bei dem in Druckschrift K8 beschriebenen Verfahren wird eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (hybrid terminal 110) und dem Server (application server 140) über das Paketvermittlungsnetz (Internet 128) aufgebaut (vgl. Spalte 5, Zeilen 42 bis 47 und Spalte 5, Zeile 53 bis Spalte 6, Zeile 24, sowie den Pfad „A“ in Fig. 15 mit der zugehörigen Erläuterung in Spalte 15, Zeilen 13 bis 23; Merkmal M1.3a).
Das von der Druckschrift K8 gelehrte Verfahren kann so ausgebildet sein, dass die Rückkanal-Daten, die im Rahmen einer Streaming-Verbindung, also Rückkanal-Daten einer bestimmten Anwendung („streaming application“) im Kontext einer L7-Verbindung, vom Server zum Endgerät übertragen werden, als solche erkannt werden und der Übertragungsweg entsprechend gewählt wird (vgl. Spalte 17, Zeilen 15 bis 18). Konkret wird ausgeführt, dass die Erkennung darauf basieren kann, dass im Rahmen einer Streaming-Verbindung bereits eine Datenmenge von 12 Megabytes übertragen wurde und der Switch (hier der hybrid gateway 150) daraufhin von der Übertragung über den breitbandigen Satellitenkanal auf eine schmalbandige terrestrische Übertragung umschaltet. Damit ist bei dem Verfahren nach der Druckschrift K8 ein schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten vom Server (application server 140) zum Endgerät (hybrid terminal 110) vorgesehen (Merkmal M1.3.b.1), wobei die Daten vom Server zu einem Switch (hybrid gateway 150) übertragen werden (Merkmal M1.3.b.2), dieser die Daten über das Paketvermittlungsnetz (internet 128) zu einem Einwählknoten (SLIP provider 130) schickt, über den das Endgerät in das Paketvermittlungsnetz eingewählt ist (vgl.
Spalte 17, Zeilen 36 bis 43; Spalte 9, Zeilen 27 und 28; Merkmal M1.3.b.3). Letztendlich werden die Daten dann vom Einwählknoten an das Endgerät (hybrid terminal 110) übertragen (vgl. Spalte 17, Zeilen 43 bis 45; Merkmal M1.3.b.4). Gemäß der Figur 15 der K8 ist der Switch (hybrid gateway 150) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz (internet 128) (Merkmal M1.3.b.5).
Gemäß der Lehre der Druckschrift K8 ist weiter vorgesehen, dass die breitbandige Satellitenverbindung und die schmalbandige terrestrische Verbindung einander als Ausweichmöglichkeiten dienen können (vgl. Spalte 14, Zeilen 60 bis 64, „The satellite link may serve as a back-up if the terrestrial link fails, and vice versa.“). Die Druckschrift K8 beschreibt aber auch, dass diese Ausweichmöglichkeit nicht notwendigerweise als „entweder-oder“-Wahl eines Übertragungskanals ausgebildet ist, sondern vielmehr der Switch bei Überlastung (vgl. Spalte 14, Zeile 54, „if the hybrid gateway 150 detects that the satellite link is congested or overloaded') des breitbandigen Satelliten-Kanals, z. B. den schmalbandigen terrestrischen Kanal (dynamisch) zuschalten kann (vgl. Spalte 14, Zeilen 53 bis 65; „...it coud route a portion of the data...“). Der Fachmann versteht dies im Kontext der K8 als ein Zuschalten während einer L7-Verbindung, da diese Verbindung - wovon auch das Streitpatent ausgeht - von einem Umschalten auf der Netzebene (was einem Umschalten einer L3- bzw. L4-Verbindung entspricht) nicht tangiert ist (vgl. K1, Seite 3, Absatz [0017]). Zudem entspricht es fachmännischem Bestreben, eine bestehende Verbindung nach Möglichkeit nicht zu unterbrechen.
Den vorbeschriebenen Fall der terrestrischen Übertragung von Streaming-Daten im Blick, welche den Switch (hybrid gateway 150) passieren (vgl. wiederum Spalte 17, Zeilen 24 bis 35), ist für den Fachmann somit funktionsnotwendig, dass beim Switch, der - wie unmittelbar aus Fig. 1 hervorgeht - Zugang zum Paketvermittlungsnetz (internet 28) hat (Merkmal M.1.3.c.3), wiederholt geprüft werden muss, ob - als Folge einer Überlastung des terrestrischen Übertragungskanals ein Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät vorliegt (Merkmal M1.3.c.1). Denn es wäre - gerade vor dem mit der K8 gelehrten Hintergrund der gegenseitigen back-up- Fähigkeit von terrestrischer wie Satelliten-Verbindung - unfachmännisch, zwar ein Zuschalten des schmalbandigen Kanals im Falle einer Überlastung des breitbandigen Kanals vorzusehen (wie dies die K8 in Sp. 14, Z. 53 bis 59 lehrt), im umgekehrten Fall einer Überlastung des schmalbandigen Kanals ein Zuschalten des breitbandigen Kanals jedoch zu unterlassen und somit das Abbrechen der Verbindung in Kauf zu nehmen. Das oben genannte Steuersignal dürfte für den Fachmann zwanglos ersichtlich durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst werden, da nur dieses den Überblick über die Kanalzustände und -belastungen hat (Merkmal M1.3.c.2).
Wird demgemäß im Fall einer Überlastung des schmalbandigen Kanals ein breitbandiger Kanal zugeschaltet (im betrachteten Fall dann, wenn der terrestrische Kanal gestört oder überlastet ist; vgl. wiederum Spalte 14, Zeilen 53 bis 59 i. V. m. Zeilen 63 bis 65), wozu - wie oben dargelegt - zwangsläufig ein entsprechendes Steuersignal vorliegen muss (Merkmal M1.3.d.1), so werden in diesem back-upFall die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server 140 zum Switch 150 übertragen (vgl. Spalte 9, Zeilen 64 bis 67; Merkmal M1.3.d.3) und dann vom Switch 150 auf den Breitband-Rückkanal (Satellitenkanal) bis zum Endgerät 110 gegeben (vgl. Fig. 1, BZ 140, 128, 150, 160, 170, 175, 180 und 110; Merkmal M1.3.d.4). Es ist unmittelbar ersichtlich, dass die auf den Breitband-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (SLIP provider 130) in das Paketvermittlungsnetz nicht durchlaufen (Merkmal M1.3.d.5). In einer dem Fachmann selbstverständlichen Weise wird hierbei eine L7-Verbindung nicht unterbrochen, denn die Zuschaltung im Überlastfall soll ja gerade eine solche Unterbrechung der Verbindung verhindern (Merkmal M1.3.d.2).
Auch das Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der RückkanalDaten während einer L7-Verbindung ist in der K8 offenbart, sofern ein entsprechendes Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, da der Switch - wie bereits ausgeführt - ausgestattet ist, um bezüglich einer Streaming-Anwendung, die über den Satelliten-Rückkanal geleitet wird, zu erkennen, dass bereits mehr als 12 Megabytes an Daten transportiert wurden und die weitere Übertragung dann auf den schmalbandigen terrestrischen Kanal umzuleiten (vgl. Spalte 17, Zeilen 26 bis 35; Merkmal M1.3.e). Das Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten während einer L7-Verbindung, sofern ein entsprechendes Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, ergibt sich für den Fachmann aber auch zwanglos aus der Notwendigkeit, eine Verbindung, die wegen Überlast des terrestrischen Kanals auf dem Satellitenkanal zugeschaltet worden war (siehe oben), nach Wegfall der Überlast wieder zu beenden und die Übertragung der Daten allein auf dem günstigeren terrestrischen Kanal fortzusetzen (vgl. auch Spalte 13, Zeilen 47 bis 53).
Im Falle einer Satellitenübertragung der Rückkanal-Daten sieht die Druckschrift K8 vor, dass eine Verbindung zwischen dem Endgerät 110 und dem Server 140 stets unter Zwischenschaltung des Switches 150 hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät 110 zum Server 140 und vom Server 140 zum Endgerät 110 unter Zwischenschaltung des Switches 150 übertragen werden (vgl. Fig. 15, die Pfade „A“ und „B“ mit der zugehörigen Beschreibung in Spalte 15, Zeilen 10 bis 31; Merkmal M1.3.fteilw). Das Paketvermittlungsnetz ist das Internet (vgl. Spalte 4, Zeilen 32 bis 36 i. V. mit Fig. 1; Merkmal 1.3.h).
Aus der K8 ist damit ein Verfahren als vorbekannt entnehmbar, welches, außer dass die Daten bei einer (geplanten) terrestrischen Übertragung zwingend den Switch passieren (M1.3.frest) und allein der Switch prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine RückkanalDatenübertragung via Breitband-Rückkanal vorliegt (Merkmal 1.3.g), alle Merkmale des verteidigten Patentanspruchs 1 aufweist.
In der Praxis stellt sich unter diesen Umständen dem Fachmann die Aufgabe, das mit der Druckschrift K8 gelehrte Verfahren hinsichtlich der zeitlichen Abläufe und der bei der Übertragung entstehenden Kosten zu optimieren.
Hierzu entnimmt er bereits der Druckschrift K8 die Anregung, mit der Übertragung der Rückkanal-Daten statt über den „teuren“ Satellitenkanal über den „günstigeren“ terrestrischen Kanal zu beginnen, um so die Kosten besser zu kontrollieren (vgl. Spalte 13, Zeilen 47 bis 53), oder wegen der höheren Antwortzeiten des Satellitenkanals einen terrestrischen Kanal zu bevorzugen (vgl. Spalte 13, Zeilen 41 bis 46). Zudem gibt ihm die Druckschrift K9, die dasselbe technische Gebiet der „hybriden Netzwerke“ betrifft wie das Streitpatent, hierzu eine Anregung. Denn der Fachmann entnimmt auch der K9 die Lehre, dass im Allgemeinen Satellitenkanäle zwar breitbandig, aber mit hohen Verzögerungszeiten behaftet sind, terrestrische Kanäle dagegen zwar schmalbandiger arbeiten, jedoch wesentlich kürzere Verzögerungszeiten aufweisen können (vgl. Seite 808, linke Spalte, zweitletzter Absatz). Für viele (gerade zeitkritische) Anwendungen sei daher (genügende Bandbreite vorausgesetzt) ein terrestrischer Kanal günstiger (vgl. Seite 808, linke Spalte, die zwei letzten Zeilen und rechte Spalte, die zwei ersten Zeilen). Der Fachmann entnimmt der K9 weiter unmittelbar und eindeutig, dass man entweder einen breitbandigen Satelliten-Kanal als primären Kanal und einen schmalbandigen terrestrischen Kanal als sekundären Überlaufkanal benutzen kann (vgl. Seite 808, Fußnote 1) oder eben das umgekehrte (duale) Szenario wählen kann, nämlich zunächst nur einen schmalbandigen terrestrischen Kanal als primären Kanal zu nutzen und im Verlauf der Übertragung einen breitbandigen Satelliten-Kanal als sekundären Überlaufkanal zuzuschalten (vgl. insb. Seite 808, linke Spalte, beginnend mit dem letzten Absatz, „... if a terrestrial channel has sufficient capacity and speed of propagation to transmit packets in less time than required for satellite transmission, it is preferable to transmit packets via the terrestrial channel. However, when traffic temporarily exceeds terrestrial channel capacity, queues develop such that the satellite propagation delay will be less than the time spent waiting for terrestrial transmission. A wide-band satellite overflow channel should enhance Overall network Performance.“).
Diese Anregung veranlasst den Fachmann, beide derartigen Zuschaltungsmöglichkeiten auch bei der Telekommunikationsanordnung nach der Druckschrift K8 in Betracht zu ziehen, insbesondere nachdem die K8 bereits lehrt, dass die breitbandige Satellitenverbindung und die schmalbandige terrestrische Verbindung einander als Ausweichmöglichkeiten dienen können (vgl. K8, Spalte 14, Zeilen 63 bis 64) und es aus Kostengründen günstiger sein kann, die Übertragung auf dem schmalbandigeren Kanal zu beginnen (vgl. Spalte 13, Zeilen 47 bis 53). Um die Zeiteffizienz zu steigern und die Kosten zu reduzieren, wird der Fachmann also den Verkehr zum und vom Server generell über den netztechnisch gut eingebundenen (vgl. K8, Spalte 9, Zeilen 64 bis 67) und gemäß der Lehre der K8 bereits mit „Intelligenz“ ausgestatteten (vgl. dort Spalte 17, Zeilen 5 bis 48) Breitband-Zugangsswitch lenken und diesen mit der Funktionalität des Queuing-Switches gemäß der K9 ausgestalten (vgl. dort Fig. 1) und somit, bei übersehbarem Erfolg und ohne sonst in den Aufbau nach der K8 eingreifen zu müssen, den Breitband-Zugangsswitch als „zentrale Verteilstelle“ des Hin- wie Rückkanals nutzen. Da bei einem - wie geschildert - fortgebildeten Verfahren gemäß der Druckschrift K8 jede Verbindung zwischen Endgerät und Server stets unter Zwischenschaltung des Breitband-Zugangsswitches hergestellt wird, ist auch der Rest des Merkmals 1.3.f erfüllt.
Der Auffassung der Beklagten, dass in der K9 nur Datenpakete und nicht eine L7Verbindung (Anwendung) betrachtet wird und er dieser Druckschrift deshalb keine Anregung entnehmen könne, um das Verfahren nach der K8 anzupassen, kann sich der Senat nicht anschließen, denn es ergibt sich für den Fachmann aus der K9 zwanglos, dass das Zuschalten des Überlaufkanals auch während einer bestehenden L7-Verbindung, d. h. während einer laufenden Anwendung, erfolgen kann, da insbesondere auf der S. 808 und in der Fig. 1 immer nur allgemein von „Paketen“ die Rede ist. Ob diese Pakete nun zu einer einzigen Anwendung oder zu verschiedenen Anwendungen gehören, ist für die Zwecke der in der K9 offenbarten Darlegungen in dem Fachmann offensichtlicher Weise völlig unerheblich. Im einfachsten Fall würde der Fachmann annehmen, dass die in Fig. 1 der K9 gezeigten Pakete alle zu einer Anwendung gehören. Letztlich kann dies aber dahinstehen,
denn ein Umschalten (Wechsel bzw. Zuschalten) einer Verbindung erfolgt in der L3- oder L4-Ebene des OSl-Referenzmodells, wie dies auch in der Streit-Patentschrift beschrieben ist (vgl. dort Seite 3, Abs. [0017]).
Wie oben dargelegt, muss bei dem Verfahren nach der K8 beim Switch ein wiederholtes Prüfen auf ein Steuersignal stattfinden, ob z. B. eine Überlastung eines Kanals stattfindet und ggfls. ein weiterer Kanal zugeschaltet werden muss. Es ist deshalb für den Fachmann das Einfachste und auch Naheliegendste, die Prüfung, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal vorliegt, allein beim Switch, der bereits mit „Intelligenz“ ausgestattet ist (vgl. Spalte 14, Zeilen 53 bis 59 und Spalte 17, Zeilen 5 bis 35), durchzuführen, da sich ansonsten das ganze Verfahren komplizierter würde (Merkmal 1.3.g).
Der Auffassung der Beklagten, dass gemäß dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nur genau eine Level-7-Verbindung betrachtet wird und dass - unter Hinweis auf das Ausführungsbeispiel in Absatz [0038] der Beschreibung der Streitpatentschrift - ein Zuschalten nur für die Rückkanal-Daten dieser einen Verbindung auf Grund eines Netzwerkmanagementsignals erfolge, welches über das Internet und somit vom Benutzer komme, der so die Bandbreite der Datenübertragung zu jedem beliebigen Zeitpunkt individuell festlegen könne, kann sich der Senat nicht anschließen. Das zitierte Ausführungsbeispiel für das „Wechseln“ fällt gemäß der Beschreibung nicht unter die patentgeschützte Erfindung (vgl. Streitpatent, Abs. [0031]). Aber selbst wenn man diese Stelle in der Beschreibung in Betracht ziehen würde, so spielt dies für die Beurteilung der Patentfähigkeit keine Rolle, denn die Anspruchsfassung ist in diesem Punkt klar und eindeutig. Diese lässt in Folge der gewählten Formulierung, dass das Zuschalten und das Zurückwechseln bei Vorliegen eines vom Netzwerkmanagement ausgelösten Steuersignals erfolgt (Merkmal M1.3.c.2 und M1.3.e), für den Fachmann offen, woher das vom Netzwerkmanagement ausgelöste Steuersignal kommt. Auch die übrigen Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 definieren keine diesbezügliche Regel. Im vorliegenden Zusammenhang erscheint es aber aus fachmännischer Sicht nicht abwe- gig sondern naheliegend, dass das Steuersignal vom Netzwerkmanagement - wie oben dargelegt, z. B. auf Grund einer Überlastung eines Kanals - erzeugt wird und ein Zuschalten eines weiteren Kanals bewirkt. Zudem sagt der erteilte Patentanspruch 1 nichts dazu aus, dass dann, wenn mehrere L7-Verbindungen gleichzeitig aktiv sein sollten, nur für exakt und ausschließlich eine L7-Verbindung die Zuschaltung der Breitband-Rückkanaldatenübertragung erfolgt und für die anderen L7-Verbindungen ein solches Zuschalten aber nicht erfolgen darf.
Für eine Auslegung der Anspruchsfassung im Sinne der Ausführungsbeispiele bestand zur Überzeugung des Senats daher kein Anlass, da der Anspruchswortlaut das Verfahren in eindeutiger und klarer Weise wiedergibt und in diesem Zusammenhang es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässig ist, den Sinngehalt des Patentanspruchs 1 auf die in der Beschreibung enthaltenen Ausführungsformen einzuschränken (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309, Rn. 17 – Schussfädentransport).
Der Fachmann ist damit zur Überzeugung des Senats, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen, bei einem Verfahren gemäß dem verteidigten Patentanspruch 1 angelangt.
5. Mit dem Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung nach Hauptantrag kann das Patent somit keinen Bestand haben. Dass in den rückbezogenen Unteransprüchen eigenständig erfinderische Gegenstände enthalten seien, hat die Beklagte weder geltend gemacht, noch ist dies für den Senat ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen ihrer Hilfsanträge versucht, zur Patentfähigkeit der dort beanspruchten Gegenstände zu gelangen.
II. Zu den hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents
1. Mit Hilfsantrag 1 gemäß Schriftsatz vom 11. Juli 2012 gelangt die Beklagte nicht zu einem patentfähigen Gegenstand.
a) Der hilfsweise verteidigte Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sieht ein Verfahren vor, das nach Merkmalen gegliedert wie folgt charakterisiert ist (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen):
M1.1 Verfahren zur Übertragung von Rückkanal-Daten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSl-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes,
M1.1.a die zu übertragenden Rückkanal-Daten der Ebene-7Verbindung sind die Daten einer bestimmten Anwendung M1.2 zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal,
mit folgenden Schritten:
M1.3.a Aufbau einer L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),
M1.3.b.1HI schmalbandiges Übertragen von Rückkanal-Daten der bestimmten Anwendung vom Server (4) zum Endgerät (1), wobei M1.3.b.2 die Daten vom Server zu einem Switch (5) übertragen werden,
M1.3.b.3 die Daten vom Switch (5) über das Paketvermittlungsnetz zu einem Einwählknoten (31) des Endgeräts (1) in das Paketvermittlungsnetz übertragen werden und M1.3.b.4 die Daten vom Einwählknoten (31) an das Endgerät (1) übertragen werden, und M1.3.b.5 wobei der Switch (5) kein Einwählknoten in das Paketvermittlungsnetz ist,
M1.3.c.1 wiederholtes Prüfen beim Switch (5), ob ein Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät vorliegt,
M1.3.c.2 das genannte Steuersignal muss durch ein Netzwerkmanagement ausgelöst sein,
M1.3.c.3 der Switch ist Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder hat zu diesem Zugang,
M1.3.d.1HI Zuschalten einer Übertragung der Rückkanal-Daten der bestimmten Anwendung via Breitband-Rückkanal bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals,
M1.3.d.2 das genannte Zuschalten erfolgt während der bestehenden L7-Verbindung, wobei M1.3.d.3 die Rückkanal-Daten zunächst breitbandig vom Server (4) zum Switch (5) übertragen werden,
M1.3.d.4 und die Rückkanal-Daten dann vom Switch (5) auf den Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät gegeben werden,
M1.3.d.5 und ohne dass die auf den Breitband-Rückkanal gegebenen Daten auf ihrem Weg zum Endgerät den Einwählknoten (31) in das Paketvermittlungsnetz durchlaufen,
M1.3.e Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Netzwerkmanagements vorliegt, wobei M1.3.f eine L7-Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) stets unter Zwischenschaltung des Switches (5) hergestellt wird, insbesondere Daten vom Endgerät zum Server und vom Server zum Endgerät unter Zwischenschaltung des Switches übertragen werden,
M1.3.g allein der Switch (5) prüft, ob ein durch ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via BreitbandRückkanal vorliegt, und wobei M1.3.h das Paketvermittlungsnetz das Internet ist.
b) Das geänderte Merkmal „die zu übertragenden Rückkanal-Daten der Ebene-7Verbindung sind die Daten einer bestimmten Anwendung“ sagt nach Ansicht des Senats nichts anderes aus, als dass mit einer L-7-Verbindung eine bestimmte Anwendung verknüpft ist, deren Daten zwischen zwei Servern ausgetauscht werden, was dem fachmännischen Verständnis einer L-7-Verbindung entspricht (vgl. auch Ausführungen zur Auslegung unter I., Punkt 3), wonach jeder L-7-Verbindung eine bestimmte Anwendung zugeordnet ist. Somit wird dadurch das Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 nicht weiter konkretisiert und eingeschränkt. Die Anspruchsfassung ist nach Ansicht des Senats zulässig.
Der Meinung der Beklagten, dass dadurch verdeutlicht werde, dass das Steuersignal nur für eine einzelne L7-Verbindung und somit eine einzelne Anwendung gelten soll, kann sich der Senat jedoch nicht anschließen, da die gewählte Formulierung, die zu übertragenden Rückkanal-Daten der Ebene-7-Verbindung seien die Daten einer bestimmten Anwendung, tatsächlich keine Einschränkung darstellt. Schon dem Anspruch 1 der erteilten Fassung liegt dieses Verständnis zugrunde. Bezüglich der Patentfähigkeit gelten deshalb für den Hilfsantrag die gleichen Erwägungen wie für den Hauptantrag, auf die insoweit Bezug genommen wird. Auch das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit dem Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung kann das Patent somit keinen Bestand haben.
2. Auch mit dem Hilfsantrag 2 gemäß Schriftsatz vom 11. Januar 2013 erreicht die Beklagte keinen gewährbaren Patentgegenstand.
a) Die hilfsweise verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der Fassung nach Hilfsantrag 1 durch die zusätzlichen Merkmale aus dem erteilten Patentanspruch 4:
M1.3.i wobei der Breitband-Rückkanal durch eine SatellitenÜbertragungsstrecke realisiert wird, wobei ein Übertragen der Daten vom Switch zum Endgerät via Satellit die folgenden Schritte beinhaltet:
M1.3j Breitbandiges Übertragen der Rückkanal-Daten vom Switch (5) zu einem Satelliten-Uplink (6) bei Vorliegen des entsprechenden Steuersignals,
M1.3.k Senden der Daten vom Satelliten-Uplink (6) zu einem Satellit (8),
M1.3.l Ausstrahlung der Daten vom Satelliten (8) und M1.3.m Empfang der Daten und Übertragen der Daten zum Endgerät (1).
b) Auch gemäß dem Verfahren nach der Druckschrift K8 ist der Breitband-Rückkanal durch eine Satelliten-Übertragungsstrecke realisiert (vgl. Fig. 1, Spalte 13, Zeilen 29 bis 30, Merkmal M1.3.i). Dabei werden die Daten vom Switch (hybrid gateway 150) zu einem Satelliten-Uplink (satellite transmitter 170) bei Vorliegen des entsprechenden Steuersignals breitbandig übertragen, vom Satelliten-Uplink werden die Daten zu einem Satelliten gesendet, von dort ausgestrahlt (Merkmal M1.3.I) und von einem Satelliten-Receiver 180 empfangen und zum Endgerät 110 übertragen (vgl. Fig. 15, BZ 150, 170, 175, 180, 110; Spalte 10, Zeile 61 bis Spalte 11, Zeile 4; Merkmale M1.3j, k, l, m). Bezüglich der übrigen Merkmale gilt das zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 Gesagte entsprechend.
c) Mit dem Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung kann das Patent somit keinen Bestand haben.
III.
Der Ausspruch zur Kostenfolge beruht auf § 84 Abs. 2, § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Gutermuth Püschel Gottstein Kleinschmidt Albertshofer Pü