Paragraphen in AK 32/23
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
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2 | 121 | StPO |
2 | 122 | StPO |
1 | 129 | StGB |
1 | 120 | StPO |
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BUNDESGERICHTSHOF AK 30-33/23 BESCHLUSS vom 14. Juni 2023 in dem Strafverfahren gegen
1. 2. 3. 4.
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2023:140623BAK30.23.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger am 14. Juni 2023 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Thüringer Oberlandesgericht übertragen.
Gründe:
I.
Die Angeschuldigten sind am 6. April 2022 aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 4. sowie 5. April 2022 (3 BGs 190/22, 3 BGs 198/22, 3 BGs 199/22, 3 BGs 209/22) festgenommen worden und befinden sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand der Haftbefehle ist jeweils der Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und der Begehung weiterer Delikte, insbesondere gefährlicher Körperverletzungen. Der Senat hat mit Beschlüssen vom 3. November 2022 (AK 36-39/22) und 22. Februar 2023 (AK 2-5/23) die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.
Der Generalbundesanwalt hat unter dem 28. April 2023 Anklage gegen die Angeschuldigten wegen der den Haftbefehlen zugrundeliegenden Vorwürfe
- mit Ausnahme eines solchen betreffend den Angeschuldigten A. - sowie weiterer Anschuldigungen zum Thüringer Oberlandesgericht erhoben und dabei die Taten teils rechtlich anders als in den Haftbefehlen gewürdigt.
II.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über zwölf Monate hinaus liegen bei allen vier Angeschuldigten vor (§ 121 Abs. 1, § 122 Abs. 4 Satz 2 StPO).
1. Gegenstand der Haftprüfung sind allein die vollzogenen Haftbefehle (vgl. näher BGH, Beschlüsse vom 9. März 2022 - AK 6/22, juris Rn. 5 mwN; vom 6. Dezember 2017 - AK 63/17, NStZ-RR 2018, 53, 54). Auf die den Angeschuldigten darüber hinaus angelasteten Vorwürfe, die gegenwärtig nicht Grundlage der Untersuchungshaft sind, kommt es nicht an. Im Übrigen unterliegt dem Verfolgungswillen des Generalbundesanwalts nicht mehr die im Haftbefehl gegen den Angeschuldigten A. aufgeführte Tat vom 14. Januar 2022, auf die sich die Anklage nicht bezieht und der Senat bereits in den vorangegangenen Beschlüssen für die Frage der Haftfortdauer nicht abgestellt hat.
2. In Bezug auf die danach hier maßgeblichen Vorwürfe besteht der dringende Tatverdacht weiterhin aus den in den Beschlüssen des Senats vom 3. November 2022 und 22. Februar 2023 genannten Gründen. Ergänzend wird auf das in der Anklageschrift dargelegte wesentliche Ergebnis der Ermittlungen verwiesen. In rechtlicher Hinsicht haben sich die Angeschuldigten danach hochwahrscheinlich zumindest wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und - in unterschiedlicher Weise - wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht. Für die Frage der Haftfortdauer bedarf gegenwärtig keiner Entscheidung, ob weitere Delikte hinzutreten und die Vereinigung, wie vom Generalbundesanwalt in der Anklageschrift nunmehr - aufgrund weitgehend unveränderter Beweislage - angenommen, spätestens ab April 2021 auch auf die Tötung von Menschen ausgerichtet war und daher seitdem als terroristische Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu beurteilen ist. Denn die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft liegen unabhängig davon vor, ob die Vereinigung als kriminell oder als terroristisch einzuordnen ist.
3. Die Ausführungen zu den Haftgründen der Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie - subsidiär - demjenigen der Schwerkriminalität in den vorangegangenen Senatsbeschlüssen gelten fort. Der Zweck der Untersuchungshaft kann bei keinem der Angeschuldigten durch weniger einschneidende Maßnahmen als ihren Vollzug erreicht werden.
4. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen weiterhin die Haftfortdauer. Insoweit wird zunächst auf die Beschlüsse des Senats vom 3. November 2022 und 22. Februar 2023 Bezug genommen. Auch danach ist das Verfahren mit der gebotenen Zügigkeit betrieben worden.
Dass der Generalbundesanwalt entgegen seiner ursprünglichen Erwägungen nicht bereits Ende Februar 2023 Anklage erhoben hat, ist nicht in einer verzögerten Sachbehandlung, sondern in ergänzenden Ermittlungen zu Schusswaffen des Angeschuldigten R. begründet. Diese Ermittlungen sind für die in den Haftbefehlen aufgeführten Tatvorwürfe insoweit von Belang, als sie für die Ausrichtung der Organisation Bedeutung haben können.
Das Oberlandesgericht hat das Verfahren nach Eingang der Anklage beschleunigt gefördert und die Zustellung der Anklage sowie bereits vorsorglich für den Fall der Eröffnung die Abstimmung von Terminen für eine Hauptverhandlung veranlasst. Diese soll nach Planung des mit der Sache befassten Strafsenats gegebenenfalls ab etwa Mitte/Ende August 2023 beginnen.
5. Der andauernde Vollzug der Untersuchungshaft steht nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht der Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits weiterhin nicht zu der Bedeutung der Sache und den zu erwartenden Strafen außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies gilt insbesondere mit Blick auf die hinzutretenden Tatvorwürfe der gefährlichen Körperverletzung auch, wenn weiterhin ausschließlich von einer kriminellen Vereinigung ausgegangen wird.
Schäfer Paul Anstötz
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