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VI ZR 543/20

BUNDESGERICHTSHOF VI ZR 543/20 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 8. Februar 2022 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja BGB § 826 H Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen.

BGH, Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 543/20 - OLG Köln LG Aachen ECLI:DE:BGH:2022:080222UVIZR543.20.0 Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO unter Berücksichtigung bis zum 3. Januar 2022 eingegangener Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter Seiters, die Richterin von Pentz, die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer sowie die Richterin Dr. Linder für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. März 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11. Juni 2019 dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung eines Kraftfahrzeugs auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 26. August 2016 von privat einen gebrauchten VW EOS mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189. Dieser Motor war mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet, die zwei Betriebsmodi hatte. Der NOx-optimierte Modus 1 war ausschließlich auf dem Prüfstand aktiv und es kam zu einer höheren Abgasrückführungsrate. Im normalen Fahrbetrieb war der Modus 0 aktiv. Im Herbst 2015 beanstandete das Kraftfahrtbundesamt diese Motorsteuerungssoftware als unzulässige Abschalteinrichtung und forderte die Beklagte zu deren Entfernung auf.

Das Landgericht hat die Beklagte teilweise verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und deren weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger hat seine Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Köln, Urteil vom 17. März 2020 - I-9 U 95/19, juris) hat - soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant - ausgeführt, dass der Kläger von der Beklagten Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB verlangen könne. Die Beklagte habe den Kläger durch das Inverkehrbringen des erworbenen Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerungssoftware konkludent getäuscht. Der Schaden des Klägers entfalle nicht dadurch, dass er bei seinem Fahrzeug das von der Beklagten entwickelte Software-Update nach Abschluss des Kaufvertrags habe aufspielen lassen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers entfalle auch nicht deshalb, weil er nach dem Vortrag der Beklagten aufgrund der im September 2015 veröffentlichten Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten sowie der anschließenden öffentlichen Berichterstattung im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses davon Kenntnis gehabt haben solle, dass das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt habe. Die darlegungsbelastete Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass sie alles Erforderliche zur Information der Käufer getan habe. Dies ergebe sich weder aufgrund der Mitteilung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten auf einer Pressekonferenz am 22. September 2015, dass es bei den in ihren Fahrzeugen verbauten Dieselmotoren des Typs EA189 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, noch aufgrund der von der Beklagten ebenfalls am 22. September 2015 herausgegebenen Ad-hocMitteilung, mit der sie die Öffentlichkeit darüber informiert habe, dass sie die "Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck" vorantreibe. Die Ad-hoc-Mitteilung enthalte lediglich die Information, dass Fahrzeuge mit Motor vom Typ EA189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit 11 Millionen Fahrzeugen "auffällig" seien. Die Beklagte habe sich pauschal darauf beschränkt, unter Bezugnahme auf eine interne, innerhalb ihres Konzerns verwendete Motorenbezeichnung zu offenbaren, dass bei diesem Motortyp eine "auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb" festgestellt worden sei. Dass die Beklagte - nach ihrem insoweit bestrittenen Vortrag - im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 ihre Vertragshändler und Servicepartner sowie die anderen Konzernhersteller über das Vorhandensein der Umschaltlogik in den Fahrzeugen mit dem Motortyp EA189 informiert haben wolle, lasse weder eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung des Klägers entfallen, noch lasse sie den Rückschluss auf eine Kenntnis des Klägers vom Einbau der Software bei Abschluss des Kaufvertrags im August 2016 zu. Entsprechendes gelte für die - unstreitige - Freischaltung einer Website durch die Beklagte auf ihrer Internetpräsenz Anfang Oktober 2015, auf der jedermann durch Eingabe einer Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) habe überprüfen können, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Umschaltlogik ausgestattet sei, worüber sie am 2. Oktober 2015 mit einer Pressemitteilung informiert habe und auch öffentlich in zahlreichen Medien berichtet worden sei. Auch durch diese Maßnahme in Verbindung mit der inhaltlich unzureichenden Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22. September 2015 seien potentielle Kunden von betroffenen Dieselfahrzeugen nicht vollumfänglich über die aus dem Einbau der Software resultierenden Folgen für diese Fahrzeuge informiert gewesen.

II.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe dem Kläger durch das Inverkehrbringen des mit der unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware ausgestatteten Motors in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zugefügt. Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen besteht kein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB.

1. Die Beklagte hat die Verwendung der unzulässigen Software bereits vor Abschluss des Kaufvertrages öffentlich gemacht, insbesondere eine Pressemitteilung vom 2. Oktober 2015 herausgegeben, in der sie auf "Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software" sowie auf die Möglichkeit, sich über die Betroffenheit eines Fahrzeugs auf einer Webseite zu informieren, hingewiesen hatte. Danach scheitert ein Anspruch des Klägers aus § 826 BGB daran, dass nach diesen Informationsmaßnahmen der Beklagten ab Oktober 2015 das Verhalten der Beklagten dem Kläger gegenüber nicht als objektiv sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB anzusehen ist (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 23. November 2021 - VI ZR 818/20, juris Rn. 7 f. mwN).

2. Der Vortrag der Revisionserwiderung:

"Denn unstreitig wurde das streitgegenständliche Fahrzeugmodell im September 2016 erneut zurückgerufen, weil das Software-Update wiederum mit einer unzulässigen, nicht mit dem KBA abgestimmten Abschalteinrichtung behaftet war (SS des Klägers vom 26.02.2020, S. 5 f. mit Anlagen BE 2, BE 3)." lässt sich weder anhand des Akteninhalts noch anhand des Berufungsurteils nachvollziehen.

III.

Die angegriffene Entscheidung ist aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Seiters von Pentz Klein Allgayer Linder Vorinstanzen: LG Aachen, Entscheidung vom 11.06.2019 - 12 O 502/18 OLG Köln, Entscheidung vom 17.03.2020 - 9 U 95/19 -

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Paragraphen in VI ZR 543/20

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Häufigkeit Paragraph
5 826 BGB
2 31 BGB
1 128 ZPO
1 562 ZPO
1 563 ZPO

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