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17 W (pat) 105/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 105/08

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 28 238.6 - 53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung BPatG 152 08.05 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juli 2008 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 13 vom 18. September 2012, eingegangen am 24. September 2012,

Beschreibung Seiten 1 bis 4 vom 18. September 2012, eingegangen am 24. September 2012,

Beschreibung Seiten 5 bis 12 vom 24. Juni 2003,

und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2 vom 24. Juni 2003.

Gründe I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 24. Juni 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt nunmehr die Bezeichnung:

„Verfahren und Anordnung zum Laden von Chipkarten mit Initialisierungsund/oder Personalisierungsdaten“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs des Hauptantrags mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei, weil er sich unter Zuhilfenahme des fachmännischen Könnens in naheliegender Weise aus der Zusammenschau zweier entgegengehaltener Druckschriften ergebe; die beiden damals geltenden Hilfsanträge wurden, unter Heranziehung einer dritten Druckschrift, ebenso beurteilt.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Zur Begründung führt sie aus, der Zurückweisung lägen aus ihrer Sicht eine zu weite Interpretation der Offenbarung der Druckschrift 5 (s. u.) als auch falsche Annahmen über das Wissen des Fachmanns zugrunde.

Auf einen Hinweis des Senats hin hat die Anmelderin ihr Patentbegehren noch geringfügig klargestellt und die Beschreibung angepasst.

Die Anmelderin beantragt nunmehr sinngemäß,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 13 vom 18. September 2012, eingegangen am 24. September 2012; Beschreibung Seiten 1 bis 4 vom 18. September 2012, eingegangen am 24. September 2012, und Beschreibung Seiten 5 bis 12 vom 24. Juni 2003 (Anmeldetag); sowie 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2 vom 24. Juni 2003 (Anmeldetag).

Das geltende Patentbegehren, hier bezüglich des Hauptanspruchs mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:

„1. Verfahren zum Laden von Chipkarten (1) mit Initialisierungs- und/oder Personalisierungsdaten,

(a) wobei die Daten mittels mehrerer Lese-/Schreibeinrichtungen (3), die einerseits mit einem gemeinsamen Personalisierungsrechner (2) und andererseits mit je einer Chipkarte (1) in Datenverbindung stehen, an die Chipkarten (1) übertragen werden,

(b) wobei in den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) Datenblöcke gespeichert werden, welche wenigstens einen Teil der Daten beinhalten, die für die Chipkarten (1) vorgesehen sind,

dadurch gekennzeichnet,

(c) dass eine Programmroutine zur Durchführung eines Übertragungsprotokolls, das eine im Vergleich zu Standardprotokollen beschleunigte Datenübertragung zwischen den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) und den Chipkarten (1) ermöglicht,

(c1) gemäß einem Standard-Protokoll auf die Chipkarten übertragen

(c2) und temporär in den Chipkarten (1) gespeichert wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Dialog zwischen dem Personalisierungsrechner (2) und den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) durchgeführt wird, um die für die Datenübertragung benötigten Einstellungen an den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) vorzunehmen.

3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die für die Speicherung in den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) vorgesehenen Datenblöcke vom Personalisierungsrechner (2) an die Lese-/ Schreibeinrichtungen (3) übermittelt werden.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die in den gespeicherten Datenblöcken enthaltenen Daten von den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) an die Chipkarten (1) übertragen werden.

5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Datenübertragung von den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) an die Chipkarten (1) vom Personalisierungsrechner (2) gesteuert wird.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die in den gespeicherten Datenblöcken enthaltenen Daten von den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) jeweils nacheinander an mehrere Chipkarten (1) übertragen werden.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Übertragung der Daten je eines Datenblocks von den Chipkarten (1) Returncodes an die Lese-/Schreibeinrichtungen (3) ausgegeben werden.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Lese-/Schreibeinrichtungen (3) die empfangenen Returncodes mit vorgegebenen Sollcodes vergleichen und im Falle eines fehlerhaften Returncodes eine Fehlermitteilung an den Personalisierungsrechner (2) übermitteln.

9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Datenblöcke Tabellen repräsentieren, die von den Chipkarten (1) ausführbare Kommandos beinhalten.

10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass weitere Daten, die nicht in den Datenblöcken enthalten sind, vom Personalisierungsrechner (2) über die Lese-/Schreibeinrichtungen (3) an die Chipkarten (1) übertragen werden.

11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Programmroutine zum Dekomprimieren von Daten, die in komprimierter Form übertragen wurden, temporär in den Chipkarten (1) gespeichert wird.

12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass vor der Übertragung der Daten an die Chipkarten (1) die Speicherbereiche der Chipkarten (1), in welche die übertragenen Daten eingeschrieben werden sollen, auf einen vorgegebenen Wert gesetzt werden und nur solche Daten übertragen werden, die von dem vorgegebenen Wert abweichen.

13. Anordnung zum Laden von Chipkarten (1) mit Initialisierungs- und/oder Personalisierungsdaten,

mit einem Personalisierungsrechner (2) und mehreren mit dem Personalisierungsrechner (2) verbundenen Lese-/ Schreibeinrichtungen (3) zur Herstellung einer Datenverbindung zu den Chipkarten (1),

wobei die Lese-/Schreibeinrichtungen (3) jeweils eine Funktion zur Speicherung von Datenblöcken, die vom dem Personalisierungsrechner (2) übermittelt werden, und zur Übertragung der Datenblöcke oder der darin enthaltenen Daten an die Chipkarten (1) aufweisen,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Anordnung dafür eingerichtet ist,

eine Programmroutine zur Durchführung eines Übertragungsprotokolls, das eine im Vergleich zu Standardprotokollen beschleunigte Datenübertragung zwischen den Lese-/Schreibeinrichtungen (3) und den Chipkarten (1) ermöglicht,

gemäß einem Standard-Protokoll auf die Chipkarten (1) zu übertragen und temporär in den Chipkarten (1) zu speichern.“

Dem Patentbegehren soll die Aufgabe zugrunde liegen, den Zeit- und damit auch den Kostenaufwand für das Laden von Chipkarten mit Initialisierungs- und / oder Personalisierungsdaten zu verringern (siehe geltende Beschreibung Seite 2 Absatz 4).

II.

Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat Erfolg, da das geltende Patentbegehren durch den bekannt gewordenen Stand der Technik nicht vorweggenommen oder nahegelegt ist und auch die übrigen Kriterien für eine Patenterteilung erfüllt sind (PatG §§ 1 bis 5, § 34).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft das Laden einer größeren Anzahl von Chipkarten mit Initialisierungs- und / oder Personalisierungsdaten.

Bei der Initialisierung werden beispielsweise Dateistrukturen auf der Chipkarte angelegt und Ergänzungen eines Betriebssystems, das in einem Permanentspeicher der Chipkarte gespeichert ist, in den nichtflüchtigen Speicher eingeschrieben. Weiterhin wird die nachfolgende Personalisierung vorbereitet, mit welcher im nichtflüchtigen Speicher zum Beispiel Anwendungen installiert und personenbezogene Daten eingeschrieben werden. Die Initialisierungs- bzw. Personalisierungsdaten werden von einem Personalisierungsrechner mit Hilfe mehrerer parallel geschalteter Lese-/Schreibeinrichtungen in die Chipkarten eingeschrieben. Die Lese-/Schreibeinrichtungen können sich dabei bezüglich der Datenströme vom Personalisierungsrechner zu den Chipkarten transparent verhalten und lediglich Anpassungen an ein Standardübertragungsprotokoll für die Chipkarten vornehmen. Auf diese Weise ist das Einschreiben der Daten in die Chipkarten zwar problemlos möglich. Allerdings ist bei großen Datenmengen ein hoher Zeitaufwand erforderlich, so dass das Einschreiben der Daten in die Chipkarten angesichts der Betriebskosten der Personalisierungsanlage entsprechend hohe Kosten verursacht (siehe Offenlegungsschrift Absatz [0002]).

Aus dem Stand der Technik war es bereits bekannt, die Lese-/Schreibeinrichtungen mit einem Speicher für zu übertragende Kartendaten auszurüsten, so dass mehrere Karten nacheinander beschrieben werden konnten, ohne dass der Personalisierungsrechner dieselben Daten erneut an die Lese-/Schreibeinrichtungen senden musste (siehe die im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften D1 und D4).

Das geltende, eingeschränkte Patentbegehren ist auf eine weitere Maßnahme zur Beschleunigung der Datenübertragung zwischen Lese-/Schreibeinrichtung und Chipkarte gerichtet:

Die Datenübertragung soll während der Initialisierung nach einem Übertragungsprotokoll erfolgen, das schneller als das implementierte Standard-Protokoll arbeitet. Eine dafür vorgesehene Programmroutine wird mittels des Standard-Protokolls zur Chipkarte übertragen und dort temporär gespeichert.

Es leuchtet ein, dass dadurch der Zeit- und Kostenaufwand für das Laden von Chipkarten mit Daten noch weiter verringert werden kann.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, den Zeitaufwand für das Laden von Chipkarten mit Initialisierungs- bzw. Personalisierungsdaten zu verringern, sieht der Senat einen Diplomingenieur der Elektrotechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich von Chipkarten und Datenübertragungsverfahren an.

2. Der Erteilungsantrag verlässt nicht den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung.

Der neue Patentanspruch 1 basiert auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 11, ergänzt auf Basis der ursprünglichen Beschreibung Seite 11 Zeile 1 - 4. Der nebengeordnete Patentanspruch 13 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 14, in Entsprechung zum Patentanspruch 1 eingeschränkt durch die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 11 und gemäß Seite 11 Zeile 1 - 4.

Die Unteransprüche 2 bis 12 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 10 und 12, 13, wobei der geltende Anspruch 12 geringfügig klargestellt wurde.

Die Beschreibung wurde - unter Berücksichtigung des entgegengehaltenen Standes der Technik - in zulässiger Weise an das geltende Patentbegehren angepasst.

3. Die Patentansprüche geben nunmehr klar und deutlich an, was durch sie unter Schutz gestellt werden soll. Die beanspruchte Lehre ist auch ausführbar. Soweit die Prüfungsstelle die Auffassung vertreten hat, der Fachmann sei nicht in der Lage, die Erfindung auszuführen, kann dem nicht gefolgt werden.

Die Prüfungsstelle hatte argumentiert, der Anmeldung sei nicht zu entnehmen, wie die Datenübertragung zwischen den Lese-/Schreibeinrichtungen und den Chipkarten beschleunigt werden könnte; es sei nicht beschrieben, welches Übertragungsprotokoll für die beschleunigte Übertragung verwendet werden solle.

Datenübertragungsprotokolle „an sich“ und deren Details sind dem hier zuständigen Fachmann geläufig, wie sich etwa dem von der Anmelderin referenzierten Fachbuch (Rankl/Effing, Handbuch der Chipkarten, Carl Hanser Verlag, 4. Auflage (2002), insbesondere Kapitel 6.4) ohne Weiteres entnehmen lässt.

Eine dezidierte Beschreibung eines bestimmten Übertragungsprotokolls in der Anmeldung ist hingegen nicht erforderlich. Eine Erfindung ist ausführbar offenbart, wenn die in der Patentanmeldung enthaltenen Angaben dem fachmännischen Leser so viel an technischer Information vermitteln, dass er mit seinem Fachwis- sen und seinem Fachkönnen in der Lage ist, die Erfindung erfolgreich auszuführen (BGH BlPMZ 2011, 21 - Klammernahtgerät). Das ist hier der Fall. Über die bloße Idee eines schnelleren Datenübertragungsprotokolls hinaus wird etwa auf Seite 10 Zeile 19 ff. beispielhaft offenbart, den „Overhead“ eines Übertragungsprotokolls zu verkleinern, eine einfache Checksumme zu bilden, und große Datenblöcke, die an die physikalische Speicherstruktur angepasst sind, zu übertragen. Dem Fachmann wird somit die entscheidende Richtung angegeben, in der er mit Erfolg weiterarbeiten kann (vgl. BGH GRUR 1968, 311 - Garmachverfahren).

4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist durch den bekannt gewordenen Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt.

4.1 Das Verfahren zum Laden von Chipkarten mit Initialisierungs- und/oder Personalisierungsdaten nach Patentanspruch 1 ist neu. Denn einzig Druckschrift D5 (s. u.) befasst sich im Sinne des Merkmals (c2) mit einer temporären Speicherung von Programmroutinen in den Chipkarten; sie beschreibt aber z. B. keine Zwischenspeicherung von Datenblöcken in Lese-/Schreibeinrichtungen gemäß Merkmal (b), oder ein schnelleres Datenübertragungsprotokoll entsprechend Merkmal (c). Somit lehrt keine der bekannt gewordenen Druckschriften sämtliche Merkmale des Anspruchs 1.

Folgende Druckschriften wurden im Laufe des Verfahrens berücksichtigt:

D1 WO 01 / 54 086 A1 D2 NL 1 004 365 C D3 JP 2001 - 331 280 A (Patent Abstracts of Japan) D4 WO 01 / 41 087 A1 D5 US 4 777 355 D6 JP 2003 - 108 384 A (Patent Abstracts of Japan) D7 WO 02 / 75 932 A2 D1 betrifft die Programmierung von Datenträgern (smart cards). Gemäß Seite 2 Zeile 19 ff. werden solche Karten in einem „personalization bureau“ 26 programmiert und personalisiert, wobei die Daten dafür aus einer Datenbank 24 über einen Server 22 abgerufen werden. Die „fertige“ Karte wird dann z. B. mit der Post 30 an den Kunden 16 verschickt. Das erforderliche Personalisierungssystem (Figur 3) wird als komplex und teuer bezeichnet. Die Druckschrift schlägt vor, statt dessen bereits ausgegebene Karten in üblichen Terminals, also sozusagen dezentral „in the field“, zu programmieren oder umzuprogrammieren (siehe Seite 5 Zeile 3 bis 24). Das dafür eingesetzte Terminal kann einen Speicher enthalten (Seite 8 Zeile 28), außerdem ist dort ein „high security microprocessor smart card chip“ 44 vorgesehen (Figur 5), der selber verschiedene Speicher 511, 512, 514 … 520, 521 enthält. Somit kann man hier die Merkmale des Oberbegriffs des geltenden Patentanspruchs 1 (wie auch des Nebenanspruchs 13) in etwa wiederfinden. Konkrete Anregungen hinsichtlich einer Beschleunigung der Datenübertragung, insbesondere durch ein schnelleres Übertragungsprotokoll, oder zur temporären Speicherung von Programmroutinen liefert D1 jedoch nicht.

D2 beschreibt konkreter eine Ladestation zum Initialisieren und Personalisieren von Chipkarten (16, 26), mit einem Personalisierungsrechner (10, 20) und Lese-/ Schreibstationen (12, 22). Der Rechner sendet in einer ersten Phase Programme parallel an alle Lese-/Schreibstationen, und in einer zweiten Phase individuelle Kartendaten separat an jede einzelne Station (siehe Seite 2 oben und Zeile 19 ff.). Dass allerdings in den Lese-/Schreibstationen (12, 22) Daten zwischengespeichert würden, lässt sich nicht entnehmen. Auch ist das verwendete Datenübertragungsprotokoll nicht weiter spezifiziert. Insofern geht D2 nicht über den Gattungsbegriff des Patentanspruchs 1 in Verbindung mit Merkmal (a) hinaus.

D3 behandelt das Konvertieren von Datenformaten aus einem internen in ein standardisiertes Datenformat. Sie scheint lediglich in Bezug auf bestimmte Unteransprüche benannt worden zu sein.

D4 wurde während des Prüfungsverfahrens von der Anmelderin benannt. Bereits aus der Zusammenfassung sind die wesentlichen Elemente des Ladens von Chipkarten mit Initialisierungs- und Personalisierungsdaten nach dem Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 entnehmbar (Merkmale (a) und (b)). Der anspruchsgemäße Personalisierungsrechner ist hier als Hostcomputer (2), eine einzelne Lese-/Schreibstation als „Initialisierungs- und/oder Personalisierungssystem (3)“ bezeichnet; letzteres weist einen Speicher (9) für die an die Chipkarten zu sendenden Daten auf, so dass diese nur einmal vom Hostcomputer zu dem System (3) übertragen zu werden brauchen. Gemäß Seite 6 oben kann auch „eine Vielzahl von Initialisierungs- und / oder Personalisierungssystemen“ vorgesehen sein. Insbesondere die Idee, durch das Zwischenspeichern der Daten in der Lese-/ Schreibstation den Hostcomputer vom Datenverkehr zu entlasten, ist hier explizit vorbeschrieben (siehe z. B. Seite 12 Mitte bis Seite 13 oben). Jedoch liefert D4 keine Anregung hinsichtlich eines schnelleren Übertragungsprotokolls oder einer temporären Speicherung von Programmroutinen in den Chipkarten.

D5 geht aus von dem Problem, dass herkömmliche Chipkarten nach Fertigstellung nicht mehr „umprogrammiert“ werden können, so dass Programmänderungen oder -ergänzungen nicht mehr möglich sind (Spalte 1 Zeile 26 - 29). Um diese dennoch zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, einen Speicherbereich für temporäre Programme vorzusehen, in welchen ein externes Programm, insbesondere ein Testprogramm für die Karte, geladen, dort ausgeführt und später wieder gelöscht werden kann (siehe Zusammenfassung). D5 befasst sich jedoch nicht mit dem Laden von Initialisierungs- bzw. Personalisierungsdaten in Chipkarten, und erst recht nicht mit dem Beschleunigen einer solchen Initialisierungsphase. Daher liefert D5 auch keinen Hinweis, dass das temporär geladene Programm zur Durchführung einer schnelleren Datenübertragung vorgesehen sein könnte. Sonach ist bereits fraglich, ob es für den Durchschnittsfachmann überhaupt irgendeinen Anlass gab, zur Lösung des anmeldungsgemäßen Problems auf die Lehre der D5 zurückzugreifen.

D6 befasst sich mit dem Laden eines „application program“ von einem Host 30 in eine Chipkarte 10 und dem Sonderfall einer Unterbrechung des Ladevorgangs. Um den gesamten Ladevorgang so schnell wie möglich vollenden zu können, sollen die Daten vor der Übertragung in Abschnitte aufgeteilt werden, so dass im Falle einer Unterbrechung nicht alle Daten neu geladen werden müssen, sondern nur die fehlenden Abschnitte („dividing the application program“ / „retransmission request for a part other than the part received normally when interrupted during reception“). Die so verstandene Lehre der D6 hat für die vorliegende Anmeldung keine Bedeutung.

Der D7 liegt das Problem zugrunde, dass die Chipfläche einer Chipkarte und insbesondere der verfügbare Speicherplatz begrenzt ist (siehe Seite 2 Absatz 3). Der Fachmann entnimmt hier die Lehre, dass durch eine Komprimierung der Daten der verfügbare Speicherplatz, aber auch die Geschwindigkeit der Datenübertragung vom und zum Speicher indirekt (nämlich durch Reduzierung der Datenmenge) erhöht, bis nahezu verdoppelt werden kann (siehe insbesondere Seite 5 Zeile 27). Insofern betrifft D7 allenfalls die Lehre des geltenden Unteranspruchs 11. Anregungen hinsichtlich eines schnelleren Datenübertragungsprotokolls oder hinsichtlich einer temporären Speicherung von Programmroutinen in einer Chipkarte finden sich hingegen nicht.

4.2 Das Verfahren zum Laden von Chipkarten mit Initialisierungs- und/oder Personalisierungsdaten nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die Druckschrift D4 an. Ihr liegt ebenfalls das Problem zugrunde, den Zeitaufwand für das Laden von Chipkarten mit Initialisierungs- und / oder Personalisierungsdaten zu verringern (siehe z. B. Seite 4 Zeile 13 „Zur Erhöhung des Durchsatzes“, Seite 6 Zeile 1 - 11). Wie oben dargestellt, sind aus ihr die Merkmale des Oberbegriffs von Patentanspruch 1 bekannt, jedoch ohne dass sie irgendwelche Anregungen zur Wahl eines schnelleren Übertragungsprotokolls oder für eine temporäre Speicherung von Programmroutinen in den Chipkarten entsprechend den Merkmalen (c), (c1) und (c2) liefern würde.

Dem übrigen bekannt gewordenen Stand der Technik kann der Fachmann in Richtung auf die Aufgabenstellung lediglich entnehmen, dass die Übertragungsgeschwindigkeit durch eine Komprimierung der Daten erhöht werden könnte (siehe D7). Dies würde ihn allerdings von der beanspruchten Erfindung wegführen.

Ein Rückgriff auf sein allgemeines Fachwissen könnte ihm mehrere unterschiedliche Möglichkeiten anbieten, mit denen sich der Zeitaufwand für das Laden der Chipkarten verringern ließe, zum Beispiel Einzelmaßnahmen wie eine Erhöhung der Taktfrequenz, Zweiflankenübertragung, geschicktere Pufferung, oder vielleicht auch eine komplette Lösung auf Protokoll-Ebene in Form eines Datenübertragungsprotokolls, das eine im Vergleich zu Standardprotokollen beschleunigte Datenübertragung ermöglicht (wie mit Merkmal (c) beansprucht). Bereits dieser (erste) Schritt stellt sich dabei als die Auswahl einer von mehreren möglichen Lösungen dar.

Ein nächster erforderlicher Schritt bestünde nun darin, eine geeignete Implementierung für das schnellere Übertragungsprotokoll zu suchen. Unmittelbar naheliegend wäre eine „feste“ Implementierung als Programmroutine im permanenten Chipkartenspeicher. Dann könnte eine weitere Erkenntnis darin liegen, dass das zweite Protokoll nur während der Initialisierungsphase genutzt wird und die erforderliche Programmroutine danach den Speicherplatz der Chipkarte „vergeudet“. Somit müsste der Fachmann, als nächsten Schritt, über die spätere Entfernung der Programmroutinen nachdenken. Eine von mehreren möglichen Lösungen könnte darin bestehen, entsprechend der Lehre der D5 das schnellere Protokoll von vorne herein nur temporär vorzusehen, und es jeweils zu den Chipkarten zu übertragen.

Damit ist aber deutlich erkennbar, dass mehrere gedankliche Schritte erforderlich waren, um ausgehend von D4 zur beanspruchten Lehre zu gelangen. Zudem gab es zu diesem erst „ex post“ erkennbaren Weg jeweils Alternativen, die zu ganz anderen Ergebnissen hätten führen können (siehe dazu BGH GRUR 2006, 930 - Mikrotom, Leitsatz b). Schließlich ist auch kein Anlass für den Fachmann ersichtlich, gerade in der beanspruchten Richtung vorzugehen (vgl. BGH BlPMZ 2010, 217 - Einteilige Öse).

Weil sonach nicht die Wertung getroffen werden kann, dass sich das beanspruchte Verfahren für den Durchschnittsfachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab, gilt es als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (PatG § 4 Satz 1).

5. Für den nebengeordneten, auf eine „Anordnung zum Laden von Chipkarten … “ gerichteten Patentanspruch 13 gilt dasselbe, da seine Merkmale eine speziell für die Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 eingerichtete Vorrichtung beschreiben.

Die gewerbliche Anwendbarkeit des beanspruchten Verfahrens wie auch der dafür eingerichteten Vorrichtung ist offensichtlich.

6. Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 13 sind sonach gewährbar.

Die Unteransprüche 2 bis 12 betreffen nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens und sind in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar.

Dr. Fritsch Eder Baumgardt Dr. Thum-Rung Fa

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