19 W (pat) 77/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 77/17 Verkündet am 13. Juni 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2007 021 393 …
ECLI:DE:BPatG:2018:130618B19Wpat77.17.0
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hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Haupt und Dr.-Ing. Kapels beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 1.54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2017 aufgehoben und das Patent 10 2007 021 393 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2018,
Beschreibung, Seiten 2/9, 3/9 und 4/9 übereicht in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2018, Seiten 5/9 und 6/9 einschließlich Absatz 0045 gemäß Patentschrift,
ein Blatt Zeichnung, eine Figur, wie erteilt.
2. Die weitergehende Beschwerde der Patentinhaberin und die Anschlussbeschwerde der Einsprechenden werden zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 4. Mai 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist mit Beschluss vom 14. November 2013 das Patent 10 2007 021 393 mit der Bezeichnung „Transportwaage, insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 27. Februar 2014 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 25. November 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am selben Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Sie hat geltend gemacht, der Gegenstand des erteilten Patents sei nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG), das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Zum Stand der Technik hat die Einsprechende auf die folgenden Druckschriften Bezug genommen:
D1 DE 38 26 399 C2, D2 WO 2007/050145 A2, D3 WO 2006/030171 A1, D4 US 2005/0109580 A1, D5 DE 101 49 606 A1, D6 US 4,676,343, D7 BIZERBA: Bedienungsanleitung Schneidevollautomat, Typ A 500 W, Balingen, 2006 (6.056.98.5.00.51) – Firmenschrift,
D7a BIZERBA: Konstruktionsmitteilung, Balingen, 2006 (41.912) – Firmenschrift,
D8 Steinbruchs-Berufsgenossenschaft: Stetigförderer, Langenhagen, Ausgabe 2004 (BGl 710) – Firmenschrift,
D9 Maschinenrichtlinie 2006/42/EG.
Weiter wurde eine offenkundige Vorbenutzung des in der Druckschrift D7 beschriebenen Schneidevollautomats geltend gemacht und der Vortrag auf die folgenden Dokumente gestützt:
OV1 OV2 OV3 OV4 BIZERBA: Vertrieb Rundschreiben, Verkaufsfreigabe BIZERBA Vollautomatische Schneidemaschine mit integrierter Waage A 500 W in Kopie, BIZERBA: Lieferschein Nr. 2000219246 / 02.04.2007, BIZERBA: Auszug aus der Preisliste Vollautomatische Schneidemaschine A 500 / A 500 W vom 01.03.2006, BIZERBA: Kopie des Verkaufsprospekts Vollautomatische Schneidemaschine A 500 / A 500 W.
In einem weiteren Schriftsatz reichte die Einsprechende folgende Druckschriften ein:
D10 DE 694 09 700 T2, D11 JP 2000 - 95 22 A, D11a JP 2000 - 95 22 A (Maschinenübersetzung), AIPN [online] JPO.
Mit dem am Ende der Anhörung vom 3. Februar 2017 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 1.54 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent gemäß Hilfsantrag 4 – überreicht in der Anhörung – beschränkt aufrechterhalten.
In der Beschlussbegründung ist ausgeführt, dass die Zulässigkeit der Anspruchssätze gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 3 dahingestellt bleiben könne, da sie wegen fehlender Patentfähigkeit keinen Bestand hätten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 18. April 2017.
Der Vertreter der Einsprechenden hat in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2018 erklärt,
dass die Anschlussbeschwerde eingelegt wird.
Der Vertreter der Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2017 aufzuheben und das Patent 10 2007 021 393 in der erteilten Fassung,
hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2018,
Beschreibung, Seiten 2/9, 3/9 und 4/9 übereicht in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2018, Seiten 5/9 und 6/9 einschließlich Absatz 0045 gemäß Patentschrift,
eine Zeichnung wie erteilt,
sowie die Anschlussbeschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Der Vertreter der Einsprechenden beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2017 aufzuheben und das Patent 10 2007 021 393 vollständig zu widerrufen sowie die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Der Patentanspruch 1 erteilter Fassung (Hauptantrag) lautet:
Transportwaage, insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband, (a) mit einer Wägezelle (9) und einer Fördereinrichtung (5) für zu wiegendes Gut, insbesondere Stückgut, zum Zuführen und Abführen des Guts zur und von der Wägezelle (9), (b) mit einer Steuereinrichtung (11) zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage (1), dadurch gekennzeichnet, (c) dass die Steuereinrichtung (11) in einen Reinigungsmodus überführbar ist, (d) dass die Steuereinrichtung (11) im Reinigungsmodus die Funktionen der Transportwaage (1) nach einem vorgegebenen Reinigungsmodus-Funktionsmuster steuert, und (e) dass das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet ist, dass eine Gefährdung von Bedienpersonen und/oder eine Beschädigung der Transportwaage (1) bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transport wage verringert oder vermieden wird.
Die einander nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag vom 13. Juni 2018 haben folgenden Wortlaut:
1. Transportwaage, insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband, (a) mit einer Wägezelle (9) und einer Fördereinrichtung (5) für zu wiegendes Gut, insbesondere Stückgut, zum Zuführen und Abführen des Guts zur und von der Wägezelle (9), (b) mit einer Steuereinrichtung (11) zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage (1), dadurch gekennzeichnet, (c) dass die Steuereinrichtung (11) in einen Reinigungsmodus überführbar ist, (d) dass die Steuereinrichtung (11) im Reinigungsmodus die Funktionen der Transportwaage (1) nach einem vorgegebenen Reinigungsmodus-Funktionsmuster steuert, (e) dass das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet ist, dass eine Gefährdung von Bedienpersonen und/oder eine Beschädigung der Transportwaage (1) bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage verringert oder vermieden wird, und (f) dass Mittel (21) zur Erfassung des Drehmoments von Antriebsmitteln der Fördereinrichtung (5) vorgesehen sind, deren Drehmomentsignal der Steuereinrichtung (11) zugeführt ist und dass das vorgegebene Reinigungsmodus-Funktionsmuster so gewählt ist, dass die Steuereinrichtung (11) die Antriebsmittel der Fördereinrichtung (5) im Reinigungsmodus so ansteuert, dass eine vorgegebene Sicherheitsschranke für das Drehmoment nicht überschritten wird.
2. Transportwaage, insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband, (a) mit einer Wägezelle (9) und einer Fördereinrichtung (5) für zu wiegendes Gut, insbesondere Stückgut, zum Zuführen und Abführen des Guts zur und von der Wägezelle (9), (b) mit einer Steuereinrichtung (11) zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage (1), dadurch gekennzeichnet, (c) dass die Steuereinrichtung (11) in einen Reinigungsmodus überführbar ist, (d) dass die Steuereinrichtung (11) im Reinigungsmodus die Funktionen der Transportwaage (1) nach einem vorgegebenen Reinigungsmodus-Funktionsmuster steuert, (e) dass das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet ist, dass eine Gefährdung von Bedienpersonen und/oder eine Beschädigung der Transportwaage (1) bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage verringert oder vermieden wird, und (f) dass eine Eingreifschutzeinrichtung (23) für die Fördereinrichtung (5) vorgesehen ist, welche ein „Eingreif“-Signal erzeugt und der Steuereinrichtung (11) zuführt, wenn die Eingreifschutzeinrichtung (23) das Eingreifen einer Bedienperson in einen von der Eingreifschutzeinrichtung (23) überwachten Gefährdungsbereich der Fördereinrichtung (5) und/oder das Öffnen einer Schutzabdeckung (3a) für die Fördereinrichtung (5) detektiert, wobei die Steuereinrichtung (11) im Wägebetriebsmodus der Transportwaage (1) die Fördereinrichtung (5) stillsetzt oder in ihrer Funktion beeinflusst, wenn sie ein „Eingreif“-Signal detektiert, und dass die Steuereinrichtung (11) bei aktivem Reinigungsmodus die Fördereinrichtung (5) nicht stillsetzt, wenn ein „Eingreif“-Signal detektiert wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Einspruchsverfahren vor der Patentabteilung sowie zum Wortlaut der jeweils abhängigen Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat nur insoweit Erfolg, als dass sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents nach dem Hilfsantrag führt. Im Übrigen war die Beschwerde, so wie auch die Anschlussbeschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
2. Das Patent betrifft eine Transportwaage, insbesondere einen Wägeförderer mit einem Transportband (Patentschrift, Absatz 0001).
Transportwaagen, beispielsweise Wägeförderer mit einem Transportband, fänden unter anderem in der Lebensmittelindustrie Verwendung. Gerade in diesen Fällen spiele die Reinigung der Transportwaagen eine große Rolle, um die geforderte Hygiene bzw. Reinheit der erzeugten Produkte gewährleisten zu können. Der Begriff „Transportwaage“ würde für sämtliche Waagen verwendet, die zumindest eine Wägezelle zur Erfassung des Gewichts eines zu wiegenden Guts aufweisen, sowie ein beliebiges Mittel zum Zu- oder Abführen des zu wiegenden Guts zur bzw. von der Wägezelle bzw. in den Punkt oder Bereich einer Wägeplattform, in dem der Wägevorgang durchgeführt werde. Bei dynamischen Transportwaagen werde häufig ein Förderband verwendet, welches mit dem Lastaufnehmer der Wägezelle gekoppelt sei, so dass das Gewicht eines zu wiegenden Guts auf dem Förderband auch während dessen Bewegung ermittelt werden könne. Eine statische Transportwaage könne beispielsweise so realisiert sein, dass mittels einer geeigneten Zuführvorrichtung jeweils ein zu wiegendes Gut auf die Wägeplattform geschoben werde und nach erfolgtem Wägevorgang wieder von der Wägeplattform entfernt werde. Das Transportmittel könne auf vielfältige Weise realisiert sein, beispielsweise als Roboterarm, Schieber oder dergleichen. Sie könnten wahlweise auf der Wägeplattform oder am Maschinengestell befestigt sein (Absatz 0002).
Die Reinigung von komplexen oder empfindlichen Produktionsmaschinen, wie beispielsweise hochwertigen Transportwaagen, erfordere in der Regel entsprechend geschultes Personal. Reinigungsvorgänge seien oftmals zeitaufwändig, da die Transportwaage beispielsweise an hierfür vorgesehenen Positionen geöffnet und eine Reinigung von bestimmten Bereichen durchgeführt werden müsste (Absatz 0003).
Würden Transportwaagen, insbesondere Wägeförderer mit wenigstens einer Wägezelle und einem Förderband, in der Lebensmittelindustrie bei der Produktion von Lebensmitteln innerhalb einer Produktionslinie eingesetzt, seien diese häufig so ausgestaltet, dass der Wägeförderer zur Erhöhung der Messgenauigkeit und der Benutzersicherheit weitestgehend abgedeckt sei. Anschließend könne beispielsweise mit einem Dampfstrahlreiniger das Transportband gereinigt werden. Der Reinigungsvorgang erfolge nach einem stromlos Schalten des Wägeförderers bei stillstehendem Förderband (Absatz 0004).
Werde die Reinigung der Transportwaage, wie teilweise angewendet, während des Betriebs vorgenommen, so bestehe die Gefahr, dass sich eine Bedienperson durch bewegte Elemente der Transportmittel verletze oder die Transportwaage beschädigt werde, beispielsweise wenn eine Dampfstrahldüse mit einem bewegten Element der Transportmittel kollidiere (Absatz 0005).
Es sei zwar bekannt, für Produktionsmaschinen eine automatische Reinigung vorzusehen und hierfür entsprechende Reinigungsvorrichtungen einzusetzen, jedoch sei dies nicht immer möglich oder gewünscht. Beispielsweise sei aus der EP 1 403 187 A1 eine Verpackungsmaschine mit einer dieser zugeordneten Reinigungsvorrichtung bekannt, welche über mehrere Stationen der räumlich ausgedehnten Verpackungsmaschine verschiebbar ausgebildet sein könne. Die Reinigungsvorrichtung müsse entsprechend der Geometrie der zu reinigenden Abschnitte der Verpackungsmaschine programmiert werden, so dass die Reinigungsvorrichtung selbsttätig eine programmgesteuerte Reinigung der betreffenden Abschnitte der Verpackungsmaschine vornehmen könne (Absatz 0006).
Eine entsprechende selbsttätige Reinigungsvorrichtung sei auch für eine Kombinationswaage bekannt. Diese könne auch von der Steuereinrichtung der Kombinationswaage bzw. der gesamten Vorrichtung, welche aus der Kombinationswaage und der Reinigungsvorrichtung bestehe, angesteuert werden. Die Ansteuerung der Reinigungsvorrichtung erfolge in einer Weise, dass eine optimale Reinigung der Waage erreicht werde. Hierzu könnten auch die Aufbewahrungs- und Aufnahmebehälter geöffnet und geschlossen werden (Absatz 0007).
Aufgabe des Streitpatents sei es, eine Transportwaage, insbesondere einen Wägeförderer mit einem Transportband, zu schaffen, welche eine einfache und sichere Reinigung, auch durch ungeschultes Personal, ermögliche (Absatz 0009).
2.1 Als Fachmann legt der Senat seiner Entscheidung vor diesem Hintergrund einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Kenntnissen in der Regelungs- und Steuertechnik und mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Transportwaagen mit Steuereinrichtungen, zu Grunde.
2.2 Der erteilte Anspruch 1 (Hauptantrag), dessen Anweisungen die Aufgabe lösen sollen, lautet unter Hinzufügung einer Gliederung und unter Korrektur offensichtlicher Fehler:
M1 Transportwaage, insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband,
M2 (a) mit einer Wägezelle (9) M3 und einer Fördereinrichtung (5) für zu wiegendes Gut, insbesondere Stückgut, zum Zuführen und Abführen des Guts zur und von der Wägezelle (9), M4 (b) mit einer Steuereinrichtung (11) zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage (1), dadurch gekennzeichnet, M5 (c) dass die Steuereinrichtung (11) in einen Reinigungsmodus überführbar ist, M6 (d) dass die Steuereinrichtung (11) im Reinigungsmodus die Funktionen der Transportwaage (1) nach einem vorgegebenen Reinigungsmodus-Funktionsmuster steuert, und M7 (e) dass das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet ist, dass eine Gefährdung von Bedienpersonen und/oder eine Beschädigung der Transportwaage (1) bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage verringert oder vermieden wird.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag umfasst zusätzlich zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag noch das Merkmal M8:
M8 (f) dass Mittel (21) zur Erfassung des Drehmoments von Antriebsmitteln der Fördereinrichtung (5) vorgesehen sind, deren Drehmomentsignal der Steuereinrichtung (11) zugeführt ist und dass das vorgegebene Reinigungsmodus-Funktionsmuster so gewählt ist, dass die Steuereinrichtung (11) die Antriebsmittel der Fördereinrichtung (5) im Reinigungsmodus so ansteuert, dass eine vorgegebene Sicherheitsschranke für das Drehmoment nicht überschritten wird.
Der Wortlaut des Patentanspruchs 2 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von dem des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag dadurch, dass das Merkmal M8 durch das Merkmal M9 ersetzt ist:
M9 (f) dass eine Eingreifschutzeinrichtung (23) für die Fördereinrichtung (5) vorgesehen ist, welche ein „Eingreif“-Signal erzeugt und der Steuereinrichtung (11) zuführt, wenn die Eingreifschutzeinrichtung (23) das Eingreifen einer Bedienperson in einen von der Eingreifschutzeinrichtung (23) überwachten Gefährdungsbereich der Fördereinrichtung (5) und/oder das Öffnen einer Schutzabdeckung (3a) für die Fördereinrichtung (5) detektiert, wobei die Steuereinrichtung (11) im Wägebetriebsmodus der Transportwaage (1) die Fördereinrichtung (5) stillsetzt oder in ihrer Funktion beeinflusst, wenn sie ein „Eingreif“-Signal detektiert, und dass die Steuereinrichtung (11) bei aktivem Reinigungsmodus die Fördereinrichtung (5) nicht stillsetzt, wenn ein „Eingreif“Signal detektiert wird.
2.3 Seiner Entscheidung legt der Senat folgendes Verständnis des Fachmanns zugrunde:
Unter einer Transportwaage (Merkmal M1) versteht der Fachmann eine Waage mit einer Transporteinrichtung. Die Transportwaage weist zumindest eine Wägezelle zur Erfassung des Gewichts eines zu wiegenden Guts auf (Merkmal M2), sowie eine Fördereinrichtung zum Zu- oder Abführen des zu wiegenden Guts zur bzw. von der Wägezelle bzw. in den Punkt oder Bereich einer Wägeplattform, in dem der Wägevorgang durchgeführt wird (Merkmal M3). Die Fördereinrichtung kann beispielsweise als Förderband, Roboterarm oder Schieber realisiert werden (vgl. Patentschrift, Absatz 0002).
Gemäß Merkmal M4 weist die Transportwaage eine Steuereinrichtung auf, die als eine Einrichtung zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage definiert ist. Zur Steuerung weist die Transportwaage beispielsweise einen oder mehrere Betriebsmodi auf (vgl. Absatz 0011). So kann im normalen Wägebetriebsmodus die Zuführung, die Hindurchbewegung und die ausgangsseitige Abgabe des zu wiegenden Guts gesteuert werden (vgl. Absatz 0029).
Die Steuereinrichtung ist gemäß Merkmal M5 in einen Reinigungsmodus überführbar. Der Reinigungsmodus ist somit ein weiterer Betriebsmodus, in den die Steuereinrichtung beispielsweise von einem vorhergehenden Wägebetriebsmodus überführbar ist.
Nach deren Überführung in den Reinigungsmodus steuert die Steuereinrichtung die Funktionen der Transportwaage nach einem vorgegebenen ReinigungsmodusFunktionsmuster (Merkmal M6). Das Reinigungsmodus-Funktionsmuster ist dabei so ausgestaltet, dass bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage eine Gefährdung von Bedienpersonen oder eine Beschädigung der Transportwaage vermieden oder reduziert wird (Merkmal M7). Der Fachmann versteht den Reinigungsmodus als Zustand der Steuereinrichtung, in dem diese Schritte des Funktionsmusters abarbeitet, die dafür sorgen, dass eine Gefährdung oder Beschädigung vermieden wird. Das Funktionsmuster kann dabei auch nur aus einem Schritt bestehen, durch den vorgegebene elektrische Baugruppen stromlos geschaltet werden (vgl. Unteranspruch 8, Variante (i)).
Dass das Funktionsmuster auch Schritte betreffend die Schmutzentfernung beinhalten muss, ist dem Anspruch nicht zu entnehmen. Dementsprechend kann der Reinigungsmodus auch als Zustand verstanden werden, in dem vorbereitende Schritte, die eine Gefährdung bei einer nachfolgenden Schmutzentfernung verringern, gesteuert werden. Auch das selbsttätige Umschalten in einen Reinigungsmodus (Absatz 0012) oder die manuelle Blockade des Förderbands zu Zwecken der Reinigung (Absatz 0015) bedeuten nicht, dass die Steuereinrichtung während der Schmutzentfernung steuern muss.
Da im Reinigungsmodus Schritte des Funktionsmusters, wie beispielsweise das Stromlosschalten einzelner Baugruppen, abgearbeitet werden, handelt es sich auch um technische Lösungen und nicht um reine Verfahrensanweisungen an den menschlichen Geist.
Das Funktionsmuster kann beispielsweise in einem Speicherbereich der Steuereinrichtung abgelegt oder darin „fest verdrahtet“ sein (vgl. Absatz 0035). Die Steuereinrichtung kann damit, entgegen den Ausführungen im Einspruchsschriftsatz, nicht nur als einfacher Bedienschalter verstanden werden.
Unter einer manuell durchgeführten Reinigung (Merkmal M7) versteht der Fachmann eine mit der Hand ausgeführte Reinigung, beispielsweise das Führen eines Dampfstrahlers mit den Händen, und grenzt diese von einer maschinellen Führung des Dampfstrahlers ab.
Unter einem „Mittel zur Erfassung des Drehmoments“ (Merkmal M8) wird in der Streitpatentschrift beispielsweise ein Drehmomentsensor verstanden (Absatz 0025). Dessen Sensorsignal wird der Steuereinrichtung zugeführt. Die Angabe, wonach „eine vorgegebene Sicherheitsschranke für das Drehmoment nicht überschritten wird“ versteht der Fachmann derart, dass ein maximal zulässiges Drehmoment nicht überschritten wird (vgl. Absatz 0015). Diesen Angaben entnimmt der Fachmann überdies, dass die Antriebsmittel auch angesteuert werden und unterscheidet diesen Zustand von einem abgeschalteten Antriebsmittel bzw. einer Drehmomentvorgabe von Null. Auch würde der Fachmann keinen Drehmomentsensors vorsehen, um ein Drehmoment von Null, also ein abgeschaltetes Antriebsmittel zu überwachen. Die vorgegebene Sicherheitsschranke versteht der Fachmann somit als einen oberhalb von Null liegenden Wert.
Unter einer Eingreifschutzeinrichtung (Merkmal M9) werden im Streitpatent beispielsweise eine oder mehrere Lichtschranken oder ein Gehäuseklappen-Endschalter verstanden (Absätze 0016 oder 0027). Dadurch, dass die Steuereinrichtung beim Detektieren eines „Eingreif“-Signals die Fördereinrichtung nicht stillsetzt, kann beispielsweise ein Kalibrieren von Weg- oder Winkelsensoren nach Wiedereinschalten entfallen. Der Fachmann versteht das Merkmal M9 überdies als eigenständige technische Maßnahme und nicht als Weiterbildung des Merkmals M7, die beispielsweise im erteilten Anspruch 8 gezeigt ist.
3. Die Gegenstände des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag (erteilte Fassung) und der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag gehen jeweils über den Inhalt der Patentanmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, soweit eine manuell durchgeführte Reinigung der Transportwaage nach Maßgabe von Merkmal M7 beansprucht wird (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Diese Änderung führt jedoch nicht zum Widerruf des Patents.
Die Rechtsfolge des Widerrufs aufgrund einer unzulässigen Erweiterung kann vermieden werden, indem das betreffende Merkmal mit der Maßgabe in den Ansprüchen belassen wird, dass daraus keine Rechte hergeleitet werden können und es namentlich bei der Prüfung auf Patentfähigkeit nicht berücksichtigt wird (BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – X ZR 36/14, Rn. 41; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09 – Winkelmesseinrichtung, Rn. 16 bis 18).
Der Vertreter der Patentinhaberin trug in der mündlichen Verhandlung zwar vor, dass der Fachmann die Reinigung in der gesamten ursprünglichen Beschreibung als eine von einer Bedienperson durchgeführte manuelle Reinigung interpretieren würde. Insbesondere sei auf der Seite 1 der ursprünglichen Beschreibung im letzten Absatz von geschultem Personal, auf der Seite 2 im ersten und zweiten Absatz jeweils von einem Dampfstrahlreiniger und im dritten Absatz von einer Reinigung durch ungeschultes Personal die Rede. Ferner offenbare die Seite 4 im ersten Absatz eine Gefährdung von Bedienpersonen, die Seite 6 im ersten Absatz ein manuelles Stoppen und Starten und die Seite 10 im ersten und vorletzten Absatz sowie die Seite 11 im letzten Absatz jeweils die Vermeidung einer Verletzung von Bedienpersonen.
Diesbezüglich ist jedoch zunächst festzustellen, dass sich die Angabe „bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage“ in den gesamten ursprünglichen Unterlagen nicht findet. Darüber hinaus geht aus dem letzten Absatz der Seite 1 der ursprünglichen Beschreibung nicht hervor, welche Aufgaben das geschulte Personal hat, ob es beispielsweise einen Schalter zum Start einer automatisierten Reinigung drückt, oder eine Reinigung mit den Händen durchführt. Auch auf der Seite 2 im ersten und zweiten Absatz kann es sich bei dem genannten Dampfstrahler beispielsweise um eine fest installierte Dampfstrahleinrichtung oder einen Handdampfstrahler handeln. Die in der Aufgabe auf der Seite 2 im dritten Absatz genannte Reinigung durch ungeschultes Personal versteht der Fachmann sowohl als eine manuell durch ungeschultes Personal durchgeführte Reinigung, als auch als Offenbarung einer automatisierten Reinigung, die auch durch ungeschultes Personal gestartet werden kann. Auch bei der auf der Seite 4 im ersten Absatz genannten Bedienperson kann es sich sowohl um eine die Reinigung manuell durchführende Bedienperson, als auch um eine nur die Reinigung prüfende Bedienperson handeln. Dem ersten Absatz auf der Seite 6 entnimmt der Fachmann sowohl eine automatisierte, als auch eine manuell durchgeführte Reinigung, die manuell gestoppt und gestartet wird. Auf der Seite 10 im ersten und vorletzten Absatz, sowie auf der Seite 11 im letzten Absatz ist jeweils nicht angegeben, welche konkreten Aufgaben die Bedienperson durchführt, so dass es sich auch in diesen Fällen jeweils sowohl um eine manuelle Reinigung durch die Bedienpersonen, als auch um eine Bedienung einer automatisierten Reinigung handeln kann.
Auch den von dem Vertreter der Einsprechenden vorgetragenen Argumenten, wonach das Streitpatent an den genannten Textstellen eher eine automatisierte Reinigung offenbare und insbesondere das im letzten Absatz auf der Seite 2 der ur- sprünglichen Anmeldung offenbarte selbsttätige Schalten der Steuereinrichtung in einen Reinigungsmodus nach einer Serie von Wägevorgängen einen Hinweis auf eine automatisierte Reinigung gäbe, um einen Stillstand während des Wartens auf Reinigungspersonal zu vermeiden, vermochte der Senat nicht zu folgen. Zum einen ist der gesamten Anmeldung keine explizite Offenbarung einer automatisiert durchgeführten Reinigung der Transportwaage zu entnehmen und zum anderen entnimmt der Fachmann auch der genannten Textstelle sowohl die Möglichkeit einer automatisierten als auch einer manuellen Reinigung, nachdem die Steuereinrichtung selbsttätig in den Reinigungsmodus geschaltet hat.
Die bereits in der erteilten Fassung aufgenommene Angabe „bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage“ schränkt den ursprünglich offenbarten Gegenstand der Erfindung ein und kann folglich ohne Schutzbereichserweiterung nicht gestrichen werden.
Das ursprünglich nicht erfindungszugehörig offenbarte Merkmal konkretisiert auch die dem Fachmann in den ursprünglichen Unterlagen allgemein gegebene Anweisung zum technischen Handeln und führt nicht dazu, dass der Patentanspruch eine andere Erfindung zum Gegenstand hat als die ursprüngliche Anmeldung („Aliud“).
Das in Rede stehende Merkmal muss daher jeweils in dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und den Patentansprüchen 1 und 2 gemäß Hilfsantrag verbleiben, ist aber bei der Prüfung der Patentfähigkeit insoweit außer Betracht zu lassen, als es nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden darf (vgl. BGH, a. a. O. – Winkelmesseinrichtung, Rn. 18).
Darüber hinaus enthalten der geltende Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und die Ansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag keine Merkmale, die in den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart sind.
Die jeweiligen Unteransprüche des Haupt- und des Hilfsantrags gehen in zulässiger Weise auf die am Anmeldetag eingereichten Unterlagen zurück.
4. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).
Die Einsprechende führte in ihrem Einspruchsschriftsatz aus, dass im Kennzeichen des erteilten Patentanspruchs 1 versucht werde, den zu schützenden Gegenstand durch eine Aufgabe zu definieren, jedoch die Angabe fehle, wie diese Aufgabe konkret zu lösen sei bzw. wie das gewünschte Ergebnis erreicht werden solle. Es fehlten in dem Anspruch die Angaben, durch welche konkreten Vorrichtungsmerkmale das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet sein solle, dass die angegebene Aufgabe, eine Gefährdung von Bedienpersonen und/oder eine Beschädigung der Transportwaage bei einer manuell durchgeführten Reinigung der Transportwaage zu verringern oder zu vermeiden, gelöst werde. Auch in der Beschreibung des Streitpatents fehle eine entsprechende Anleitung, aus der der Fachmann eine technische Lehre entnehmen könne, die notwendig wäre, um den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nachzubilden.
Darüber hinaus sei dem Fachmann nicht klar, gegenüber welchem Referenzwert eine Gefährdung verringert werden solle.
Dieser Argumentation der Einsprechenden kann nicht beigetreten werden. Für die Ausführbarkeit und hinreichende Offenbarung ist es nicht erforderlich, dass der Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung erforderlichen Angaben enthält; es genügt, wenn der Fachmann die insoweit notwendigen Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann (BGH, Urteil vom 28. März 2017 – X ZR 17/15, Rn. 23; BGH, Urteil vom 3. November 2015 – X ZR 47/13, Rn. 20). Beispielsweise kann der Fachmann der Patentschrift entnehmen, wie im Reinigungsmodus durch Beschränkung des maximal zulässigen Drehmoments des Antriebs der Fördereinrichtung eine Gefährdung von Bedienpersonen und eine Beschädigung von Teilen der Waage gegenüber einem unbeschränkten Betrieb reduziert bzw. vermieden werden kann (Absatz 0015). Somit ist dem Fachmann auch ein Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung aufgezeigt, was dem Gebot hinreichend deutlicher und vollständiger Offenbarung genügt.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu (§ 1 i. V. m. § 3 PatG).
Die Druckschrift DE 101 49 606 A1 (D5), deren Figuren 2 und 8 nachfolgend wiedergegeben sind,
Figur 2 der Druckschrift D5 Figur 8 der Druckschrift D5 offenbart, ausgedrückt in Worten des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, eine M1 Transportwaage (Absatz 0047: „Bandwaage“), insbesondere Wägeförderer mit einem Transportband (Absatz 0047: „Transportband“),
M2 (a) mit einer Wägezelle (Absatz 0047: „Messzelle“) M3 und einer Fördereinrichtung („Transportband“) für zu wiegendes Gut (Absatz 0047: „Wäggut“), zum Zuführen und Abführen des Guts zur und von der Wägezelle („Messzelle“), M4 (b) mit einer Steuereinrichtung (Bei einer automatisierten Gewichtsmessung, Absatz 0013, und einer elektronisch steuerbaren Aufweitung, Absatz 0043, liest der Fachmann eine Steuereinrichtung selbstverständlich mit.) zur Steuerung der Funktionen der Transportwaage („Bandwaage“), wobei M5 (c) die Steuereinrichtung in einen Reinigungsmodus überführbar ist (Absätze 0043 und 0044: „Durch vorzugsweise elektronisch steuerbare Aufweitung der Einrichtung 42 kann der Labyrinthgang 100 daher wahlweise abgeschlossen und wieder geöffnet und die Abdeckkappe 1 arretiert und wieder gelöst werden. Nach dem Abschliessen des Labyrinthgangs 100 kann die Waage daher beispielsweise mit einem Wasserstrahl oder mit Druckluft gereinigt werden“), M6 (d) die Steuereinrichtung im Reinigungsmodus die Funktionen der Transportwaage („Bandwaage“) nach einem vorgegebenen Reinigungsmodus-Funktionsmuster (Absätze 0043 und 0044: „Abschliessen des Labyrinthgangs 100“, „Abdeckkappe 1 arretiert“) steuert, und M7 (e) das Reinigungsmodus-Funktionsmuster so ausgebildet ist, dass eine Beschädigung der Transportwaage („Bandwaage“) bei einer Reinigung der Transportwaage vermieden wird (Absatz 0044: „Nach dem Abschliessen des Labyrinthgangs 100 kann die Waage daher beispielsweise mit einem Wasserstrahl oder mit Druckluft gereinigt werden, ohne dass Schmutz, Wasser oder Messgutrückstände durch den Labyrinthgang 100 in das Gehäuse 30 eintreten können. Gleichzeitig wird die Abdeck- kappe 1 mit Spiel gegenüber dem Übertragungsglied 20 fixiert, so dass keine Laständerungen auf die Messzelle der Waage übertragen werden“).
Damit beschreibt die Druckschrift D5 eine Transportwaage, die sämtliche Merkmale M1 bis M7 des Anspruchs 1 aufweist. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher mangels Neuheit seines Gegenstands nicht patentfähig.
6. In der Fassung gemäß Hilfsantrag kann das Streitpatent erfolgreich verteidigt werden.
6.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag gilt gegenüber dem im Verfahren entgegengehaltenen Stand der Technik als neu und auch bei Einbeziehung des Wissens und Könnens des Fachmanns als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 1 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 3, 4 PatG).
Die Druckschrift D5 offenbart dem Fachmann zwar eine Fördereinrichtung (Absatz 0047: „Transportband“), jedoch weder ein Mittel zur Erfassung des Drehmoments eines Antriebsmittels der Fördereinrichtung, noch eine drehmomentbegrenzende Ansteuerung (Merkmal M8).
Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigen keine Mittel zur Drehmomenterfassung und drehmomentbegrenzenden Ansteuerung, insbesondere nicht die Druckschrift D8.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Druckschrift D8 Stetigförderer zur Beförderung von Schüttgütern in Steine- und Erden-Betrieben betrifft. Dieses Gebiet berührt das Gebiet der Transportwaagen allenfalls im Teilbereich der Fördereinrichtungen, so dass bereits fraglich ist, ob der Fachmann den Stand der Technik zu Stetigförderern überhaupt berücksichtigen würde.
Doch selbst wenn der Fachmann die Druckschrift D8 herangezogen hätte, so wäre ihm dadurch nicht die Lösung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag nahegelegt worden. Denn die Druckschrift offenbart zwar – wie im Beschluss der Patentabteilung ausgeführt – einen Drehzahlwächter (vgl. Kapitel 3.1.7.2), jedoch handelt es sich bei einem Drehzahlwächter um ein Mittel zur Erfassung einer Drehzahl und nicht um ein Mittel zur Erfassung eines Drehmoments. Darüber hinaus wird in der Druckschrift D8 explizit darauf hingewiesen, dass ein wichtiger Punkt des menschlichen Fehlverhaltens sei, dass Antriebe bei Instandhaltungsarbeiten nicht abgeschaltet würden (vgl. Kapitel 4.1) und dass eine Häufung von Unfällen fast ausschließlich daraus resultiere, dass, obwohl in der Unfallverhütungsvorschrift ausdrücklich untersagt, Reinigungs- und Reparaturarbeiten häufig an laufenden Stetigförderern durchgeführt würden (vgl. Kapitel 4.1.1). Weiter wird ausgeführt, dass eine wirksame Abhilfe zur Reduzierung dieser Unfälle nur durch konsequente Anwendung technischer Einrichtungen und organisatorischer Maßnahmen erzielt werden könne (vgl. Seite 29, rechte Spalte, zweiter Absatz). Somit lehrt die Druckschrift D8 dem Fachmann ausdrücklich, Stetigförderer für Reinigungsarbeiten abzuschalten und erhält gerade nicht die Anregung gemäß Merkmal M8.
Da auch die anderen im Verfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen keine Anregung in diese Richtung geben, gilt diese Maßnahme im Sinne des § 4 PatG als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
6.2 Auch der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hilfsantrag gilt gegenüber dem im Verfahren entgegengehaltenen Stand der Technik als neu und als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Die Druckschrift D7, deren Vorveröffentlichung zugunsten der Beschwerdegegnerin unterstellt wird, offenbart zwar eine Eingreifschutzeinrichtung (Seite 8: „Schutzgitter unterhalb des Förderbandes“), jedoch erzeugt diese kein „Eingreif“-Signal (Merkmal M9) und darf nur nach Ausschalten des Hauptschalters, also nach Stillsetzen der Fördereinrichtung, abgenommen werden (vgl. Seiten 44 bis 46). Dass eine Steuereinrichtung bei aktivem Reinigungsmodus die Fördereinrichtung nicht stillsetzt, wenn ein „Eingreif“-Signal detektiert wird (Merkmal M9), ist der Druckschrift D7 somit nicht zu entnehmen. Die Transportwaage gemäß Anspruch 2 nach Hilfsantrag ist somit neu gegenüber dem Gegenstand der Druckschrift D7.
Auch der Druckschrift D8 entnimmt der Fachmann nur Sicherheitsgrenztaster, die die Fördereinrichtung bei einem Eingreifen stillsetzen (vgl. Kapitel 3.4.2).
Ebenso offenbart die Druckschrift D9 Schutzeinrichtungen, die mit einer Verriegelungseinrichtung verbunden sein müssen, die einen Befehl zum Stillsetzen auslöst, wenn die Schutzeinrichtungen nicht mehr geschlossen sind (vgl. Kapitel 1.4.2.2.). Zwar ist der Druckschrift D9 zu entnehmen, dass für bestimmte Arbeiten ein Betrieb einer Maschine bei geöffneter Schutzeinrichtung erforderlich sein kann (vgl. Kapitel 1.2.5.), jedoch muss in diesen Fällen die Deaktivierung der Schutzvorrichtung durch andere Schutzmaßnahmen kompensiert werden und überdies müssten alle Sensoren an der Maschine deaktiviert werden, die Bewegungen oder sonstige gefährliche Funktionen der Maschine auslösen könnten, so dass der Fachmann auch durch die Druckschrift D9 veranlasst wäre, die Fördereinrichtung stillzusetzen.
Auch den weiteren Druckschriften kann der Fachmann keine Anregung entnehmen, die ihn zu einer Vorgehensweise entsprechend dem Merkmal M9 führen würde.
7. Das Patent war daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im gemäß Hilfsantrag beantragten beschränkten Umfang aufrechtzuerhalten und die weitergehende Beschwerde der Patentinhaberin sowie die Anschlussbeschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Dr. Haupt Dr. Kapels Ko