Paragraphen in 11 W (pat) 4/16
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/16 Verkündet am 12. Juli 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2018:120718B11Wpat4.16.0 betreffend das Patent 10 2008 046 978 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dipl.-Ing. (Univ.) Wiegele und Dipl.-Ing. (Univ.) Gruber beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2015 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
- Patentansprüche 1–12, eingegangen am 29. Mai 2018 als Hilfsantrag 1a,
- Beschreibung Seiten 2/13, 4/13 und 5/13 gemäß Patentschrift, Seite 3/13, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Figuren gemäß Patentschrift.
Gründe I.
Auf die am 12. September 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
„Auszugsführung für den Garraum eines Herdes“ am 19. Juli 2012 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent durch Beschluss vom 17. November 2015 widerrufen hat.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2015 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1–12, eingegangen am 29. Mai 2018 als Hilfsantrag 1a,
- Beschreibung Seiten 2/13, 4/13 und 5/13 gemäß Patentschrift, Seite 3/13, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Figuren gemäß Patentschrift.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Einsprechende macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Sie hat ihr Vorbringen auf die im Einspruchsverfahren berücksichtigten Druckschriften D1 US 4,752,142 D2 DE 10 2004 019 104 A1 D3 DE 29 42 161 A1 D4 DE 199 31 842 A1 D5 DE 20 2007 000 576 U1 D6 DE 32 38 028 A1 D7 EP 0 958 760 B1 D8 US 2,675,277 D9 DE 33 23 195 A1 gestützt.
Der geltende Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
1.1 Auszugsführung für den Garraum eines Herdes mit 1.2 einer Führungsschiene (2) und 1.3 einer oberen Laufschiene (3), die in Biegetechnik hergestellt sind,
und 1.4 einer oberen Kugelbahn (4), die drei Kugelreihen (5, 6, 7) in einer Y-Anordnung umfasst, wobei 1.5 die obere Laufschiene (3) die obere Kugelbahn (4) von oben umgreift, 1.6 die obere Laufschiene (3) zwei vertikale Seitenwände (9, 11, 29, 31)
aufweist, 1.7 die obere Laufschiene (3) in ihrem unteren Bereich eine Öffnung (16) aufweist, 1.8 eine Kugelreihe (7) und zwei Kugelreihen (5, 6) auf verschiedenen Seiten der Führungsschiene (2) liegen, und 1.9 die Auszugsführung ferner eine weitere, untere Laufschiene (23)
und eine weitere, untere Kugelbahn (24) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass 1.10 eine vertikale Seitenwand (29) der unteren Laufschiene (23) höher ist als jede vertikale Seitenwand (9) der oberen Laufschiene (3).
Der nebengeordnete Patentanspruch 6 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
6.1 Auszugsführung für den Garraum eines Herdes mit 6.2 einer Führungsschiene (2) und 6.3 einer Laufschiene (3), die in Biegetechnik hergestellt sind, und 6.4 einer Kugelbahn (4), die drei Kugelreihen (5, 6, 7) in einer Y-Anordnung umfasst, wobei 6.5 die Laufschiene (3) die Kugelbahn (4) von oben umgreift, 6.6 die Laufschiene (3) zwei vertikale Seitenwände (9, 11, 29, 31) aufweist, 6.7 die Laufschiene (3) in ihrem unteren Bereich eine Öffnung (16) aufweist, und 6.8 eine erste Kugelreihe (7) und zwei weitere Kugelreihen (5, 6) auf verschiedenen Seiten der Führungsschiene (2) liegen, dadurch gekennzeichnet, dass 6.9 an der Laufschiene (3) eine flache Laufbahn (37) für die erste Kugelreihe (7) vorgesehen ist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 12 lautet:
Herd, gekennzeichnet durch eine oder mehrere Auszugsführungen nach einem der Ansprüche 1 bis 11.
Zum Wortlaut der abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 11 sowie den weiteren Einzelheiten wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
A.
Die zulässige Beschwerde ist nunmehr begründet.
1. Das Streitpatent betrifft eine Auszugsführung für den Garraum eines Herdes, insbesondere eines Backofens (vgl. Abs. [0001]).
In der Beschreibung ist angegeben, die Auszugsführung umfasse eine Führungsschiene, eine Laufschiene und eine Kugelbahn. Die Führungsschiene könne an dem Herd, insbesondere an dessen Innenwand, angebracht werden. Die Laufschiene könne an einem beweglichen Teil des Herdes fixiert werden, insbesondere an einem Backblech oder an einer Schublade. Die Kugelbahn könne Kugeln oder ähnliche Wälzkörper und einen Käfig für die Kugeln bzw. Wälzkörper umfassen (Abs. [0002]).
Aus dem Stand der Technik seien Auszugsführungen mit Kugelbahnen bekannt, die vier Kugelreihen umfassen würden, die im Quadrat oder Rechteck angeordnet seien. Diese Anordnung sei aber aufwendig und sehr kostspielig (Abs. [0003]).
Aufgabe des Streitpatentes sei es, eine verbesserte Auszugsführung vorzuschlagen (Abs. [0007]).
Der mit der Lösung dieser Aufgabe befasste Fachmann ist ein Diplomingenieur des Maschinenbaus mit Fachhochschulabschluss oder entsprechendem akademischen Grad, der über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Auszugsführungen verfügt.
Die Lösung bestünde in Auszugsführungen mit den Merkmalen der Patentansprüche 1 oder 6 bzw. in einem Herd mit einer oder mehreren entsprechenden Auszugsführungen.
2. Einige Merkmale der vorgeschlagenen Lösung bedürfen der Erläuterung.
Die Patentansprüche 1 und 6 stellen auf Auszugsführungen für den Garraum eines Herdes ab. Die anspruchsgemäßen Auszugsführungen sind also körperlich so beschaffen, dass sie den besonderen Anforderungen in einem Herd, insbesondere im Hinblick auf die zu erwartenden Temperaturen, dauerhaft standhalten. Zur Lösung der Aufgabe ist es sicherlich für den Fachmann naheliegend, sich auch im Bereich von Auszugsführungen für Schubladen zu informieren und ggf. auch eine derartige Auszugsführung konzeptionell auf einen Herd zu übernehmen, wobei der Fachmann dabei dann aber eine Anpassung der Werkstoffe für die Schienen und Kugellager speziell zur Verwendung in einem Herd vornimmt und eine hierfür ebenso notwendige Oberflächengüte sicherstellt. Die Merkmale 1.1 und 6.1 der Auszugsführungen nach den Patentansprüchen 1 und 6 stellen somit beachtliche Zweckangaben dar.
Im Patentanspruch 1 werden obere und untere Laufschienen bzw. Kugelbahnen beansprucht. Die Offenbarung des Streitpatents lässt eine Spezifizierung der Laufschienen und Kugelbahnen bezüglich ihrer relativen Position zu (vgl. Patentanspruch 5, Abs. [0018], i. V. m. Fig. 5), wobei sich angesichts verschiedenster möglicher Einbaulagen der Auszugsführung nur aufgrund dieser Definition der Laufschienen und Kugelbahnen die Auszugsführung nach Patentanspruch 1 wohl kaum vom Stand der Technik abgrenzen ließe.
Gemäß den Merkmalen 1.4 und 6.4 der Auszugsführungen nach den Patentansprüchen 1 und 6 bilden drei Kugelreihen einer Kugelbahn eine Y-Anordnung. Zum Verständnis einer Y-Anordnung ist im Streitpatent im Abs. [0035] angegeben,
dass die Kugeln der Kugelreihen 5, 6, 7 im Querschnitt Y-förmig angeordnet seien. Die Kugeln würden bei der in Figur 1 gezeigten Anordnung, also wenn die Kugelreihe 5 links oben, die Kugelreihe 6 rechts oben und die Kugelreihe 7 in der Mitte unten legen, eine Y-Anordnung ausbilden. Demnach ist gemäß Streitpatent bereits eine reine V-Anordnung oder Dreiecks-Anordnung der Kugeln auf eine Y-Anordnung zu lesen. Dabei sind mit dem Begriff der Y-Anordnung auch keine Vorgaben hinsichtlich der Orientierung des Kugeldreiecks verbunden. So muss das Ypsilon nicht vertikal aufrecht ausgerichtet sein, vielmehr ist gemäß Streitpatent eine auf dem Kopf stehende, bzw. horizontal umgeklappte derartige Anordnung, wie sie auch aus Ausführungsbeispielen des Streitpatents mit einer zweiten unteren Laufschiene und einer zweiten unteren Kugelbahn hervorgeht (vgl. Fig. 5), ebenfalls als Y-Anordnung zu verstehen (vgl. Abs. [0017]). Demnach bildet eine Kugelanordnung, bei der die Kugelmittelpunkte auf den Schenkeln eines um den Schenkelschnittpunkt beliebig gedrehten Ypsilons zum Liegen kommen, auch eine Y-Anordnung im Sinne des Streitpatents.
In den Merkmalen 1.8 und 6.8 der Auszugsführungen nach den Patentansprüchen 1 und 6 werden verschiedenen Seiten der Führungsschiene definiert. Für den Senat bilden die Bereiche der Führungsschiene ober- bzw. unterhalb einer die Führungsschiene kreuzenden Horizontalen bereits eine Ober- und Unterseite der Führungsschiene. Im Streitpatent (vgl. Abs. [0035], Oberseite, Unterseite) finden sich auch keine Hinweise darauf, dass der Begriff demgegenüber enger bspw., wie von der Patentinhaberin vorgebracht, anhand eines Fertigungsverfahrens für die Führungsschiene, auszulegen wäre.
Mit Blick auf das Merkmal 6.9 der Auszugsführung nach Patentanspruch 6 und der diesbezüglichen Offenbarung im Streitpatent (vgl. Abs. [0047] i. V. m. Fig. 7, 8) ist unter der anspruchsgemäßen flachen Laufbahn eine ebene, horizontal orientierte Fläche der Laufschienenwand zu verstehen, die den Kugeln der ersten Kugelreihe ein horizontales Spiel ermöglicht, also nicht nur in die Tiefe der Auszugsvorrichtung, sondern auch quer dazu, wobei alle möglichen Berührungspunkte der Kugeln der ersten Kugelreihe mit der Laufschiene in dieser Horizontal-Ebene liegen.
B.
1. Das geltende Patentbegehren ist zulässig.
Die Merkmale 1.1 bis 1.9 der Auszugsführung nach Patentanspruch 1 gehen auf die ursprünglichen Patentansprüche 1, 2, 4, 5 und 10 sowie die Absätze [0001], [0031], [0034] und [0051] i. V. m. Fig. 1 und 5 der Offenlegungsschrift und entsprechend auf die erteilten Patentansprüche 1 und 3 i. V. m. Fig. 1 und 5 der Patentschrift zurück.
Das kennzeichnende Merkmal 1.10 findet seine Stütze im ursprünglichen Patentanspruch 7 i. V. m. den Abs. [0042] und [0050] und Figur 5 der Offenlegungsschrift bzw. im Patentanspruch 5 i. V. m. Abs. [0045] und [0053] sowie Figur 5 des Streitpatents.
Der Patentanspruch 6 basiert auf den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 2, 4, 9 und 10 sowie den Abs. [0001], [0031], [0034] und [0044] i. V. m. mit den Figuren 1 und 5 bis 8 der Offenlegungsschrift respektive dem Patentanspruch 1 sowie dem Abs. [0047] i. V. m. den Figuren 1 sowie 5 bis 8 des Streitpatents.
Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 sowie 7 bis 11 gehen auf die ursprünglichen Patentansprüche 3 sowie 5 bis 9 bzw. die erteilten Patentansprüche 2, 4, 6 und 7 sowie 2 bis 6 zurück.
Dabei wird unter Bezug auf Abs. [0040] der Offenlegungsschrift respektive Abs. [0043] des Streitpatents sowie den ursprünglichen Patentansprüchen eine Zusammenschau der zweiten Ausführungsform der Auszugsführung mit der ersten Aus- führungsform im Hinblick auf den grundsätzlichen Aufbau der ersten Laufschiene und Kugelbahn als zulässig erachtet.
Der Nebenanspruch 12 ist im ursprünglichen Patentanspruch 11 i. V. m. Abs. [0051] der Offenlegungsschrift bzw. dem erteilten Patentanspruch 8 offenbart.
In der geltenden Beschreibung wird auf nicht mehr zur Erfindung gehörende Ausführungsformen hingewiesen, wobei die erteilte Fassung der Beschreibung auf übliche Art und Weise an die im Prüfungsverfahren geänderten Patentansprüche angepasst wurde.
2. Die gewerblich anwendbaren Auszugsführungen für einen Garraum gemäß den Patentansprüchen 1 und 6 sind patentfähig.
a) Die Auszugsführung nach Patentanspruch 1 ist neu.
Aus der Druckschrift D2 (vgl. Patentanspruch 1, Abs. [0023], [0031], [0032], Fig. 1, 2) ist eine Auszugsführung (Auszugssystem) für den Garraum eines Gargerätes in Form eines Herdes (vgl. Abs. [0023], [0030], Backblech, Pyrolysebetrieb) bekannt [M1.1]. Die Auszugsführung umfasst auch eine Führungsschiene (Zwischenschiene 25) und eine obere Laufschiene (Auszugsschiene 27). Die in Figur 2 dieser Druckschrift gezeigte Formgebung der Schienen 25 und 27 lässt erkennen, dass beide Schienen 25, 27 in Biegetechnik hergestellt wurden [M1.2], [M1.3]. Es ist eine obere Kugelbahn mit drei Kugelreihen 29 (vgl. Fig. 2, drei obere Kugeln 29 im Bereich der Laufschiene 27) offenbart, wobei, wie in der nachstehenden, der Druckschrift D2 (Fig. 2) entnommenen, Figur erkennbar ist, die Kugelreihen 29 in einer ausgehend von der Vertikalen um 135° gegen den Uhrzeigersinn gedrehten Y-Anordnung (in Figur zur Verdeutlichung durch Senat eingezeichnet) angeordnet sind [M1.4].
Die Druckschrift D2 lehrt, dass die obere Laufschiene 27 die Kugelbahn von oben umgreift [M1.5], dabei zwei vertikale Seitenwände [M1.6] und in ihrem unteren Bereich eine Öffnung aufweist [M1.7] (vgl. jeweils obenstehende Figur). Es ist darüber hinaus aus dieser Druckschrift bekannt, dass eine Kugelreihe (untere einzelne Kugel 29 der oberen Kugelbahn) auf einer unteren Seite und zwei Kugelreihen (obere, horizontal nebeneinander liegende Kugeln 29 der oberen Kugelbahn) auf einer oberen Seite der Führungsschiene 25, bezogen auf eine durch den umgebogenen Mittelteil der Führungsschiene 25 verlaufende Horizontale (vgl. obenstehende Fig., Strichpunktlinie durch Senat eingezeichnet), liegen [M1.8]. Die Auszugsführung ist mit einer weiteren, unteren Laufschiene (Schiene 23) und einer weiteren, unteren Kugelbahn (vgl. Kugeln 29 im Bereich der untern Laufschiene 23) ausgestaltet [M1.9]. Die linke vertikale Seitenwand der unteren Laufschiene 23 ist offensichtlich höher als die linke vertikale Seitenwand der oberen Laufschiene und gleich hoch wie die rechte vertikale Seitenwand der oberen Laufschiene. Die Druckschrift D2 offenbart demnach nicht das Merkmal 1.10 der Auszugsführung nach Patentanspruch 1.
b) Die Auszugsführung nach Patentanspruch 6 ist neu.
Der Patentanspruch 6 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 hinsichtlich seiner Merkmale 6.1 bis 6.8 lediglich dadurch, dass er auf eine Auszugsführung mit nur einer Laufschiene und nur einer Kugelbahn gerichtet ist, wobei die nur eine Laufschiene und die nur eine Kugelbahn ansonsten gemäß den Merkmalen 1.3 bis 1.7 der oberen Laufschiene und der oberen Kugelbahn der Auszugsführung nach Patentanspruch 1 ausgestaltet sein sollen.
Die Druckschrift D2 (vgl. obige Ausführungen um Patentanspruch 1) offenbart demnach auch eine Auszugsführung mit den Merkmalen 6.1 bis 6.8 der Auszugsführung nach Patentanspruchs 6. Zu einer an der Laufschiene vorgesehenen flachen Laufbahn für die erste Kugelreihe, wie über das zusätzliche Merkmal 6.9 der Auszugsführung nach Patentanspruch 6 gefordert, ist in der Druckschrift D2 nichts offenbart.
Die Einsprechende ist der Meinung, das Merkmal 6.9 der Auszugsführung nach Patentanspruch 6 sei ebenfalls aus Figur 2 der Druckschrift D2 bekannt, da sich im Bereich der ersten Kugelreihe 29 an einen gekrümmten Bereich der Laufschiene 27 ein vertikaler Bereich anschließe, der auch eine anspruchsgemäße flache Laufbahn ausbilden würde. Dem kann nicht gefolgt werden, denn schon rein gegenständlich ist weder eine im wesentlichen gekrümmte Laufbahn noch ein vertikaler Laufbahnbereich als flache, also horizontale Laufbahn bzw. Lauffläche im Sinne des Streitpatents verstanden werden (vgl. auch Abschnitt A dieses Beschlusses zur Auslegung des Merkmals 6.9 der Auszugsführung nach Patentanspruch 6). Auch lässt sich durch die in der Druckschrift D2 offenbarte Laufbahn der Laufschiene 27 funktional ein horizontales Spiel für die Kugeln nicht gewährleisten.
Daher ist auch ein Herd gemäß Patentanspruch 12, der eine oder mehrere Auszugsformen mit zumindest den Merkmalen der Patentansprüche 1 oder 6 umfasst, neu gegenüber der Druckschrift D2.
Die übrigen berücksichtigten Druckschriften vermitteln keine weitergehenden Erkenntnisse im Hinblick auf die Neuheit der Gegenstände der Patentansprüche 1, 6 und 12, da in keiner dieser Druckschriften eine Auszugsführung offenbart wird, die körperlich zur Verwendung in dem Garraum eines Herdes ausgestaltet ist.
c) Die Auszugsführung nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird die Druckschrift D2 ausgewählt.
Im Patentanspruch 1 ist angegeben, dass eine vertikale Seitenwand der unteren Laufschiene höher ist als jede vertikale Seitenwand der oberen Laufschiene.
Zu einer solchen Ausgestaltung der oberen und unteren Laufschienen (vgl. Merkmal 1.10) ist bei der aus der Druckschrift D2 bekannten Auszugsführung nichts ausgeführt.
Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dem Fachmann sei ausgehend von der Druckschrift D2 in einer Zusammenschau mit der Druckschrift D1 eine Auszugsführung auch mit dem Merkmal 1.10 nach Patentanspruch 1 nahegelegt.
Die Druckschrift D1 (vgl. Sp. 1, Z. 67 bis Sp. 2, Z. 60, Fig. 1, 2) offenbart eine Auszugsführung (ball slide system) für eine Schublade (drawer) mit einer Laufschiene (outer runner 10), einer Führungsschiene (inner runner 11) und einer Kugelbahn mit drei in einer Y-Anordnung (Y-shape) angeordneten Kugelreihen (balls 13, 14,
15). Zur Erhöhung der Biegesteifigkeit der Auszugsführung wird gelehrt, beide vertikalen Seitenwände der Laufschiene zu erhöhen (vgl. Sp. 2, Z. 56 bis Z. 60, Fig. 4).
Greift der Fachmann, im Bestreben die Biegesteifigkeit der in der Druckschrift D2 offenbarten Auszugsführung mit einer oberen und einer unteren Laufschiene zu erhöhen, diesen Hinweis aus der Druckschrift D1 auf, so wird er die vertikalen Seitenwände der oberen und auch die der unteren Laufschienen23, 25 auf eine einheitliche Größe verlängern, um auch nach dieser Anpassung zwei identische (vgl. D2, Abs. [0034]) und somit unverändert im Rahmen ein und desselben Fertigungsverfahrens herstellbare Laufschienen vorliegen zu haben. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass er ohne das Streitpatent zu kennen, im Rahmen üblichen fachmännischen Handelns die Laufschienen unterschiedlich gestaltet oder weitere Überlegungen in die Richtung ohne Veranlassung anstellt.
Auch die übrigen berücksichtigen Druckschriften vermitteln dem Fachmann diesbezüglich keine weitergehenden Hinweise oder Anregungen, so dass die beanspruchte Auszugsführung als nicht naheliegend gilt.
d) Die Auszugsführung nach Patentanspruch 6 beruht ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Im Patentanspruch 6 der verteidigten Fassung ist angegeben, dass an der Laufschiene eine flache Laufbahn für die erste Kugelreihe vorgesehen ist.
Die Einsprechende argumentiert, derartige flache Laufbahnen seien aus den Druckschriften D6 und D8 bekannt und deren Übernahme auf die in der Druckschrift D2 offenbarte Laufschiene der Auszugsführung für den Fachmann naheliegend.
Die Druckschrift D6 (vgl. Patentanspruch 1, S. 9 oben bis S. 10, zweiter Absatz, Fig. 1) offenbart eine Längsführung für Fahrzeugsitze, wobei mit Blick auf Figur 1 an einer Laufschiene (Schiene 20) ein flacher Spurflansch 34 vorgesehen ist. Als Abrollfläche bzw. Lauffläche für eine erste Kugelreihe (Kugel 38) ist am Spurflansch 34 eine Laufrille 42 (vgl. Patentansprüche 1, 6) ausgebildet.
Aus der Druckschrift D8 (vgl. Sp. 2, Z. 31 bis Z. 48, Fig. 5) ist eine Auszugsführung für eine Schublade bekannt, wobei an einer Schiene (web 26) eine V-förmige Rinne als Laufbahn (V-ball race way) für eine erste Kugelreihe (mittlere untere Kugelreihe 44 der oberen Kugelbahn) vorgesehen ist.
Laufrillen (vgl. Druckschrift D6) oder Laufrinnen (vgl. Druckschrift D8) bilden schräge oder gekrümmte Laufbahnen für Kugeln aus und entsprechen entgegen der Auffassung der Einsprechenden daher nicht einer anspruchsgemäßen flachen Laufbahn bzw. Lauffläche (vgl. Merkmal 6.9).
Auch die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liefern keine diesbezüglichen Hinweise, und Anhaltspunkte, eine anspruchsgemäße Ausgestaltung (vgl. Merkmal 6.9) der Auszugsführung im Rahmen fachmännischen Handelns vorzunehmen, sind nicht erkennbar oder vorgetragen worden.
Die Gesamtbetrachtung des Standes der Technik ergibt somit, dass die über die Patentansprüche 1 und 6 vorgeschlagenen Lösungen nicht nahe lagen.
e) Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 5 sowie 7 und 11 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Auszugsführungen nach den Patentansprüchen 1 bzw. 6. Sie sind mit diesen ebenfalls bestandsfähig. Die Patentansprüche 1 und 6 stützen den auf einen Herd mit einer oder mehreren anspruchsgemäßen Auszugsführungen gerichteten Nebenanspruch 12; er ist demnach ebenfalls bestandsfähig.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Kruppa Wiegele Gruber Fa
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