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X ARZ 587/22

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ARZ 587/22 vom

14. März 2023 in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ECLI:DE:BGH:2023:140323BXARZ587.22.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2023 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Hoffmann und Dr. Deichfuß und die Richterinnen Dr. Marx und Dr. Rombach beschlossen:

Die Sache wird an das Landgericht Baden-Baden zurückgegeben.

Gründe:

Das Verfahren betrifft die Bestimmung des zuständigen Gerichts für eine abgetrennte isolierte Drittwiderklage.

I. Der hiesige Kläger, der im Bezirk des Landgerichts Baden-Baden wohnt, wird vor diesem aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen. Er hat gegen die hiesigen Beklagten, die ihren Sitz in Potsdam haben, isolierte Drittwiderklage erhoben, mit der er Freistellung von der Bürgenhaftung wegen Pflichtverletzungen bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen der Darlehensschuldnerin begehrt.

Das Landgericht Baden-Baden hat die isolierte Drittwiderklage abgetrennt und den Rechtsstreit auf Antrag des hiesigen Klägers insoweit an das Landgericht Potsdam verwiesen. Dieses hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und an das Landgericht Baden-Baden zurückverwiesen. Dieses hat die Übernahme des Verfahrens ebenfalls abgelehnt und eine Bestimmung des Gerichtsstands durch das Oberlandesgericht Karlsruhe veranlasst.

Der Kläger hat die isolierte Drittwiderklage in der Folgezeit durch Schriftsatz an das Landgericht Baden-Baden zurückgenommen.

Das Oberlandesgericht hat das Verfahren dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II. Die Vorlage ist zulässig.

Nach § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat ein Oberlandesgericht, wenn es im Rahmen eines Gerichtsstandbestimmungsverfahrens nach § 36 Abs. 2 ZPO in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.

1. Ein negativer Kompetenzkonflikt im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegt vor.

Das Landgericht Baden-Baden hat sich durch unanfechtbaren Beschluss (§ 281 Abs. 2 Satz 1 ZPO) für unzuständig erklärt. Das Landgericht Potsdam hat ebenfalls durch einen solchen Beschluss seine Zuständigkeit verneint.

2. Da die Landgerichte zu unterschiedlichen Oberlandesgerichtsbezirken gehören, ist der Bundesgerichtshof das nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht und das vorlegende Gericht nach § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen.

3. Eine Divergenz im Sinne von § 36 Abs. 3 ZPO liegt vor.

Das vorlegende Gericht sieht aufgrund der Klagerücknahme die Voraussetzungen einer Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO als nicht mehr gegeben an. Mit dieser Auffassung würde es von einem Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg (Beschluss vom 9. August 2000 - 1 AR 46/00, BeckRS 2000, 7460) abweichen. Dieses hat entschieden, eine Klagerücknahme stehe einer Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Beschluss nach § 269 Abs. 3 ZPO noch ausstehe.

III. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht mehr gegeben.

1. Wie das vorlegende Gericht zutreffend dargelegt hat, kommt eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht mehr in Betracht, wenn die Klage vollständig zurückgenommen wurde. Dies gilt auch dann, wenn noch eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO zu treffen ist.

a) Eine Gerichtsstandbestimmung ist grundsätzlich nur zulässig, solange noch gerichtliche Entscheidungen durch das in der Hauptsache zuständige Gericht zu treffen sind.

An dieser Voraussetzung fehlt es etwa, wenn lediglich noch ein bereits erlassener Vollstreckungsbescheid zuzustellen ist; die Zustellung hat unabhängig von der Zuständigkeit in der Hauptsache durch dasjenige Gericht zu erfolgen, das den Bescheid erlassen hat (BAG, Beschluss vom 2. August 1982 - 5 AR 146/82, NJW 1983, 472). Anders liegt es im Falle einer einseitigen Erledigungserklärung; über deren Zulässigkeit und Begründetheit hat das in der Hauptsache zuständige Gericht zu entscheiden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 31. Januar 1996 - 1Z AR 5/96, BayObLGZ 1996, 14)

b) Die nach einer vollständigen Rücknahme der Klage zu treffende Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 ZPO ist grundsätzlich durch dasjenige Gericht zu treffen, bei dem die Hauptsache im Zeitpunkt der Klagerücknahme anhängig ist. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gericht zur Entscheidung über die zurückgenommene Klage zuständig war.

aa) Die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO richtet sich in der Regel allein nach formellen Kriterien. Die Zuständigkeit für solche Entscheidungen ist nicht an die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Hauptsache geknüpft. So ist auch die Entscheidung über die Kosten einer beim Berufungsgericht eingelegten und vor Abgabe zurückgenommenen Nichtzulassungsbeschwerde nicht von dem für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständigen Bundesgerichtshof zu treffen, sondern von dem Gericht, bei dem das Rechtsmittel eingelegt wurde und bei Rücknahme noch anhängig war (BGH, Beschluss vom 15. März 2022 - X ZR 16/22, NJW-RR 2022, 648).

bb) Für den Fall, dass der Kläger eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO anstrebt, gilt nichts anderes.

Für die Ausübung des billigen Ermessens kann zwar von Bedeutung sein, ob die Klage zu einem früheren Zeitpunkt zulässig und begründet war. Dennoch geht es nicht um eine verbindliche Entscheidung dieser Frage, sondern um eine an Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und Billigkeit orientierte Entscheidung über die Kosten, wie sie nach § 91a ZPO auch nach einer beiderseitigen Erledigungserklärung zu treffen ist.

Eine Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO ist durch dasjenige Gericht zu treffen, bei dem die Sache im Zeitpunkt der Erledigungserklärung anhängig ist (BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - I ZB 37/09, GRUR 2010, 1037 Rn. 9 - Unzuständigkeitsrüge; BVerwG, Beschluss vom 8. April 2016 - 1 WDS-VR 11.15, juris Rn. 16; BAG, Beschluss vom 16. August 2016 - 9 AS 4/16, NJW 2016, 3469 Rn. 12). Für eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann nichts anderes gelten.

cc) Dass für eine Kostenentscheidung nach Rücknahme eines Mahnantrags etwas anderes gilt, spricht nicht gegen, sondern für das oben aufgezeigte Ergebnis.

Wenn nach Rücknahme eines Mahnantrags eine Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in Betracht kommt, ist das Verfahren an das für das streitige Verfahren zuständige Gericht abzugeben. Grund hierfür ist, dass das Mahnverfahren für eine solche Entscheidung weder bestimmt noch geeignet ist (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - III ZB 43/04, NJW 2005, 512).

Nach einer Klagerücknahme liegt eine andere Ausgangslage vor. In dieser Konstellation war schon vor der Rücknahme ein streitiges Verfahren anhängig, in dem eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ergehen kann.

2. Im Streitfall kommt damit die Bestimmung eines zuständigen Gerichts nicht mehr in Betracht.

a) Der Kläger hat die isolierte Widerklage wirksam zurückgenommen.

aa) Nach § 269 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Klagerücknahme dem Gericht gegenüber zu erklären. Dies ist das Gericht, bei dem die Sache anhängig ist (Assmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 51; BeckOKZPO/Bacher, 47. Edition, Stand 1. Dezember 2022, § 269 Rn. 3).

Das Landgericht Baden-Baden war danach im Streitfall der richtige Adressat. Die Hauptsache war nach der Verweisung durch das Landgericht Potsdam dort anhängig. Dass das Landgericht Baden-Baden die Übernahme der Sache abgelehnt und das Oberlandesgericht Karlsruhe um Gerichtsstandbestimmung ersucht hat, führte nicht zu einer anderweitigen Anhängigkeit in der Hauptsache.

bb) Eine Zustimmung der hiesigen Beklagten war nicht erforderlich, weil noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.

b) Nach den oben aufgezeigten Grundsätzen ist für eine Gerichtsstandbestimmung damit kein Raum mehr.

c) Eine Gerichtsstandbestimmung ist auch nicht in analoger Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO veranlasst.

Im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege und der Rechtssicherheit ist regelmäßig eine deklaratorische Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO geboten, wenn die Verfahrensweise eines Gerichts die Annahme rechtfertigt, dass eine baldige Beilegung des Zuständigkeitsstreits nicht erwartet werden kann (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 1982 - I ARZ 586/82, NJW 1983, 1062; BAG, Beschluss vom 16. August 2016 - 9 AS 4/16, NJW 2016, 3469).

Im Streitfall bestehen keine diesbezüglichen Anhaltspunkte.

Die Klage ist erst nach Einleitung des Verfahrens zur Gerichtsstandbestimmung zurückgenommen worden. Dass das Landgericht Baden-Baden trotz der neu eingetretenen Prozesssituation eine Übernahme weiterhin ablehnen wird, ist nicht anzunehmen.

Bacher Marx Hoffmann Deichfuß Rombach Vorinstanz: OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 09.11.2022 - 15 AR 31/22 -

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