23 W (pat) 49/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 49/16 Verkündet am 17. Oktober 2017
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2012 015 074 hat der 23. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich, Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann beschlossen:
1. Der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juni 2016 wird aufgehoben;
2. das Patent Nr. 10 2012 015 074 mit der Bezeichnung „Neuartige Strahleinrichtung für ein Laserwaffensystem“ dem Anmeldetag 31. Juli 2012 wird in beschränktem Umfang aufrechterhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2017; - Beschreibung Absätze [0001] bis [0058], Bezugszeichenliste und 3 Blatt Zeichnungen (9/11 bis 11/11) mit Figuren 1 bis 5 jeweils gemäß Patentschrift;
3. im Übrigen wird die Beschwerde der Einsprechenden zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse H01S des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 31. Juli 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2012 015 074.1 durch Beschluss vom 29. August 2013 erteilt. Das 10 Ansprüche (2 selbständige und 8 abhängige Ansprüche) umfassende Patent wurde am 24. Dezember 2013 mit der DE 10 2012 015 074 B3 (Streitpatent) veröffentlicht und trägt die Bezeichnung „Neuartige Strahleinrichtung für ein Laserwaffensystem“.
Gegen das Patent hat die R…GmbH mit Schriftsatz vom 24. März 2014, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag elektronisch eingegangen, Einspruch erhoben und in ihrem Schriftsatz den vollständigen Widerruf des Patents beantragt. Die Einsprechende hat sich dabei ausschließlich auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) auf Grund fehlender Neuheit (§ 3 PatG) sowie mangelnder erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) berufen. Sie hat sich bei ihrer Begründung im Hinblick auf die fehlende Patentfähigkeit in ihrem Einspruchsschriftsatz und in einem weiteren Schriftsatz vom 26. Mai 2015 auf insgesamt 38 Dokumente gestützt, wovon drei bereits im Patentprüfungsverfahren ermittelt worden waren.
Auf den Einspruch hin hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 9. Juli 2014 den Ansichten der Einsprechenden in allen Punkten widersprochen und insbesondere ausgeführt, dass die beanspruchten Gegenstände sowohl neu seien als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten, so dass der Einspruch zurückzuweisen und damit das Patent unbeschränkt aufrecht zu erhalten sei. Hilfsweise hat sie mit diesem Schriftsatz einen weiteren Anspruchssatz als Hilfsantrag eingereicht, zu dem die Einsprechende in ihrem weiteren Schriftsatz vom 26. Mai 2015 ebenfalls Stellung genommen hat. In ihrem Schriftsatz vom 9. Juli 2014 und in einem weiteren Schriftsatz vom 21. Oktober 2015, in dem sie nochmals zur Patentfähigkeit der beanspruchten Gegenstände Stellung genommen hat, hat die Patentinhaberin zudem für einen Teil der von der Einsprechenden genannten Dokumente angezweifelt, dass sie der Öffentlichkeit zum Anmeldezeitpunkt zugänglich gewesen seien.
Als Vorbereitung der Anhörung vor der Patentabteilung 54 hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 27. April 2016 drei weitere Sätze Patentansprüche als Hilfsanträge 2 bis 4 kommentarlos eingereicht. Die Patentabteilung 54 hat ihrerseits in ihrem Ladungszusatz noch auf die Druckschriften D39 WO 2006/103 655 A2 D40 DE 33 18 686 C2 und hingewiesen.
In der darauffolgenden Anhörung vor der Patentabteilung 54 am 8. Juni 2016 hat die Patentinhaberin weitere Sätze von Patentansprüchen überreicht und damit neben dem als Hauptantrag verteidigten erteilten Anspruchssatz sieben Hilfsanträge formuliert. Als Ergebnis dieser Anhörung wurde das Streitpatent durch Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG im Umfang des Hilfsantrags 5 beschränkt aufrechterhalten.
Die Patentabteilung 54 hat in ihrer Beschlussbegründung vom 27. Juli 2016 ausgeführt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Offenbarung der von ihr eingeführten Druckschrift D39 nicht neu und damit nicht patentfähig sei. Auch die Gegenstände der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 seien nicht patentfähig, da sie entweder nicht neu seien oder aber auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten. Anders sei dies für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5. Dieser sei durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder neuheitsschädlich vorweggenommen, noch sei er durch diesen nahegelegt. Er sei deshalb patentfähig.
Die Beschlussbegründung wurde sowohl der Einsprechenden als auch der Patentinhaberin jeweils am 1. August 2016 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss der Patentabteilung 54 haben die Einsprechende am 23. August 2016 und die Patentinhaberin am 30. August 2016 jeweils elektronisch beim Deutschen Patent- und Markenamt Beschwerde eingelegt. Die Einsprechende hat ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 25. September 2017 begründet, wobei sie neben der fehlenden Patentfähigkeit des Gegenstandes des beschränkt aufrecht erhaltenen Anspruchs 1 auch die Unzulässigkeit dieses Anspruchs bemängelt hat, was auch bereits in der Anhörung vor der Patentabteilung 54 thematisiert worden war. Die Patentinhaberin hat ihre Beschwerde nicht begründet, sondern lediglich kommentarlos zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung drei weitere Anspruchssätze eingereicht.
In der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2017 haben sowohl die Einsprechende als auch die Patentinhaberin ihre Standpunkte dargestellt und die Patentinhaberin hat einen weiteren Satz Patentansprüche eingereicht, den sie zum einzigen Antrag gemacht hat. Sie hat beantragt:
1. Den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juni 2016 aufzuheben;
2. das Patent Nr. 10 2012 015 074 mit der Bezeichnung „Neuartige Strahleinrichtung für ein Laserwaffensystem“ dem Anmeldetag 31. Juli 2012 in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2017; - Beschreibung Absätze [0001] bis [0058], Bezugszeichenliste und 3 Blatt Zeichnungen (9/11 bis 11/11) mit Figuren 1 bis 5 jeweils gemäß Patentschrift;
3. die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung beantragt:
1. Den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juni 2016 aufzuheben und das Patent Nr. 10 2012 015 074 in vollem Umfang zu widerrufen;
2. die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Der geltende, in der mündlichen Verhandlung eingereichte Anspruch 1 lautet (mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter, an die Gliederung im Einspruchsverfahren angelehnter Gliederung):
„M1 Strahlrichteinheit (4) für ein Laserwaffensystem (2), aufweisend M2 zumindest eine Lasererzeugungseinheit (6); M3 zumindest ein Ausgangsstufenelement (8); und M4 ein Strahloptikelement (10); M5 wobei die Strahlrichteinheit einen stationären/teilbeweglichen Anteil
(12a) und einen vollbeweglichen Anteil (12b) aufweist; M6 wobei der stationäre/teilbewegliche Anteil (12a) zur Aufstellung der Strahlrichteinheit (4) bzw. zum Transport der Strahlrichteinheit (4) zwischen Einsätzen ausgebildet ist, M7 wobei der vollbewegliche Anteil zur Zielerfassung bzw. Zielnachführung des Laserwaffensystems (2) eingerichtet ist, M8 das Strahloptikelement (10) und das zumindest eine Ausgangsstufenelement (8) am vollbeweglichen Anteil angeordnet sind, M9 die zumindest eine Lasererzeugungseinheit (6) im stationären/teilbeweglichen Anteil angeordnet ist, und M10 die zumindest eine Lasererzeugungseinheit (6) aufweist M10.1 zumindest eine Seedlasereinheit (14); M10.2 zumindest eine Pumplasereinheit (16a); M11 wobei die Seedlasereinheit (14) unter Verwendung einer ersten optischen Faser an das zumindest eine Ausgangsstufenelement (8) angebunden ist; M12 wobei die Pumplasereinheit (16a) unter Verwendung einer zweiten optischen Faser an das zumindest eine Ausgangsstufenelement (8) angebunden ist.
Der selbständige Anspruch 8 dieses Antrags lautet (mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter Gliederung):
„N1 Strahlrichteinheit (4) für ein Laserwaffensystem (2), aufweisend N2 eine Mehrzahl von Lasererzeugungseinheiten (6); N3 eine Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen (8); N4 eine Strahlkoppeleinheit (20); und N5 ein Strahloptikelement (10), N6 wobei die Strahlrichteinheit einen stationären/teilbeweglichen Anteil
(12a) und einen vollbeweglichen Anteil (12b) aufweist; N7 der stationäre/teilbewegliche Anteil (12a) zur Aufstellung der Strahlrichteinheit (4) bzw. zum Transport der Strahlrichteinheit (4) zwischen Einsätzen ausgebildet ist, N8 der vollbewegliche Anteil zur Zielerfassung bzw. Zielnachführung des Laserwaffensystems (2) eingerichtet ist, N9 das Strahloptikelement (10), die Strahlkoppeleinheit (20) und die Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen (8) am vollbeweglichen Anteil angeordnet sind, N10 die Mehrzahl von Lasererzeugungseinheiten (6) im stationären/teilbeweglichen Anteil angeordnet ist, N11 die einzelnen der Mehrzahl von Lasererzeugungseinheiten (6) unter Verwendung von optischen Fasern (18) an einzelne der Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen (8) angebunden sind; N12 jedes der Ausgangsstufenelemente (8) an die Strahlkoppeleinheit (20) angebunden ist; und N13 die Strahlkoppeleinheit (20) einzelne Strahlanteile der einzelnen Ausgangsstufenelemente (8) kombiniert.
Zu den auf Anspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 6 und dem nebengeordneten Anspruch 7 sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Streitpatentschrift und den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die fristgerecht eingegangenen Beschwerden sind zulässig, und insoweit erfolgreich, als das Patent im Umfang des nunmehr einzigen Antrags der Patentinhaberin beschränkt aufrechterhalten wird. Im Übrigen erweisen sich die Beschwerden als unbegründet. So erweist sich der gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Gegenstand des zulässigen (§§ 22 Abs. 1 und 38 PatG) Anspruchs 1 gemäß dem einzigen Antrag der Patentinhaberin als sowohl neu (§ 3 PatG) als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG) beruhend, so dass er patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 PatG) und somit das Patent im Umfang dieses Antrags beschränkt aufrechtzuerhalten ist (§ 21 Abs. 2 PatG).
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte PatG, 10. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“). Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit auf Grund fehlender Neuheit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 3 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So hat die Einsprechende genau angegeben, wo welche Merkmale des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs 1 im von ihr eingeführten Stand der Technik offenbart seien, oder wie sie sich zwangsweise aus der jeweiligen Offenbarung ergäben. Die Einsprechende gibt in ihrer Einspruchsschrift nicht an, wie sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau mehrerer Schriften ergebe (§ 4 PatG), doch ist dies in Anbetracht ihrer Ansicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 mehrfach neuheitsschädlich vorweggenommen sei, auch nicht notwendig. Zudem gibt sie ausführlich an, wo im Stand der Technik die Merkmale der Unteransprüche offenbart seien, so dass diesen die erfinderische Tätigkeit fehle. Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 - „Epoxidation“; Schulte, PatG, 10. Auflage, § 59 Rdn. 84 bis 88).
2. Das Streitpatent betrifft Laserwaffensysteme und insbesondere eine Strahlrichteinheit für ein Laserwaffensystem mit hoher Bewegungsdynamik bei gleichzeitig hoher Ausgangsleistung. Dabei betrifft die vorliegende Erfindung einen Aufbau einer Strahlrichteinheit eines Laserwaffensystems auf der Grundlage von mit elektrischer Energie betriebenen, diodengepumpten Lasern (vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift).
Gemäß der Beschreibung des Streitpatents seien Laserwaffensysteme bekannt, welche Laserquellen sowie zugehörige Optiken aufwiesen, die es ermöglichten, Laserwaffensysteme gegen verschiedene Klassen von Zielen einzusetzen. Mögliche Einsatzszenarien stellten beispielsweise der Selbstschutz von Plattformen oder aber der offensive Einsatz dar. Gemein sei beiden Einsatzszenarien die Verwendung von Hochenergielasern. Derartige Laserwaffensysteme können gegen statische Ziele wie beispielsweise Minen, Sperren oder behelfsmäßige Sprengund Brandvorrichtungen (Improvised Explosive Devices - IED), aber auch gegen dynamische Ziele, speziell im Rahmen der Abwehr von Bedrohungen durch fliegende Objekte wie Raketen sowie Geschossen von Artillerie und Granatwerfern
(Rocket, Artillerie, Mortar - RAM), gegen Lenkflugkörper mit und ohne Suchkopf oder auch gegen Drohnen bzw. unbemannte Luftfahrzeuge (Unmanned Areal Vehicle - UAV) Verwendung finden.
Zur Bekämpfung derartiger Ziele werden herkömmlich optische Strahlungsleistungen verwendet, die deutlich in den Bereich oberhalb von 100 kW optischer Ausgangsleistung reichen. Eine mögliche Bedrohung könne ohne Vorwarnung und aus zuvor nicht bekannter Richtung auftreten und erfordere dann für deren wirksame Bekämpfung eine geeignete Ausrichtung eines Laserwaffensystems innerhalb von wenigen Sekunden bis zu Bruchteilen von Sekunden. Operationelle Laserwaffensysteme erfordern daher eine Ausgestaltung, die eine Bekämpfung von Zielen und somit eine Ausrichtung eines Wirkstrahls, nämlich die vom System ausgesandte Laserstrahlung, innerhalb eines ganzen Halbraumes (Hemisphäre) um das Laserwaffensystem herum ermögliche. Wichtig sei hierbei, dass die Ausrichtung und eine sich möglicherweise daran anschließende Verfolgung eines Zieles sowohl eine hohe räumliche Bewegungsdynamik als auch Präzision erfordere.
Der Fall, dass eine Bekämpfung von Zielen auch in Überflugszenarien (die Bedrohung überfliegt das Laserwaffensystem) möglich sein soll, stelle besondere Anforderungen an ein Laserwaffensystem, da insbesondere im Bereich des Zenits Probleme in Form von extrem hohen Richtgeschwindigkeiten und Beschleunigungen auftreten können, welche insbesondere dann relevant seien, wenn ein Überkippen, also eine vollständige Halbraumbewegung des Strahlrichtsystems, nicht möglich sei.
Eine mögliche Realisierung eines Laserwaffensystems sei die Verwendung eines Faserlasers als Laserstrahlquelle. Hierbei erfolge die Übertragung der optischen Strahlungsleistung zwischen Laserstrahlquelle und Strahlsender jeweils über nachgeschleppte Faserlichtleiter. Faserlichtleiter seien jedoch möglicherweise bei den dabei auftretenden optischen Strahlleistungen und Strahlqualitäten in der möglichen Länge und auch in den realisierbaren Biegeradien beschränkt, da bei größeren Längen nichtlineare Effekte, wie beispielsweise stimulierte Ramanstreuung oder auch thermische Effekte auftreten können, welche die übertragbare Leistung begrenzen können. Eine Vergrößerung des Faserdurchmessers wiederum könne zu einer Verschlechterung der Strahlqualität führen.
Die Eignung einer Laserquelle für ein Laserwaffensystem bestimme sich meist im Wesentlichen durch die Modenqualität bzw. Strahldivergenz, die spektralen Eigenschaften sowie die optische Leistung der Laserquelle. Zur Realisierung eines Laserwaffensystems von beispielsweise 10 kW optischer Leistung werde die frei verfügbare Faserlänge regelmäßig unter 2,5 m gehalten. Eine solche geringe freie Länge ermögliche es jedoch nicht, ein Laserwaffensystem zu implementieren, das nach dem Konzept des nachgeschleppten Faserlichtleiters funktioniere und dabei gleichzeitig eine Beweglichkeit über große Teile des Raumwinkels, insbesondere einen Halbraum, realisiere.
Ein Laserwaffensystem weise meist, unabhängig von der Art der Ausführung des eigentlichen laseraktiven Mediums, beispielsweise als Stab-, Slab-, Faser- oder Scheibenlaser, einen diodengepumpten Festkörperlaser auf. Realisierbar sei ein Laserwaffensystem jedoch gleichfalls unter Verwendung von Flüssigkeits-, Gasoder Metalldampflaser, das heiße, die Umwandlung der primären Energie, z. B. in Form elektrischer Energie, in Strahlungsenergie zur optischen Anregung des laseraktiven Mediums verwende eine signifikante Anzahl von Halbleiterlasern bzw. Diodenlasern.
Ein Laserwaffensystem benötige über die Strahlerzeugung hinaus eine Vielzahl von funktionalen Elementen wie Stromversorgung, Pufferung, Kühlung, mechanische Struktur, optische Elemente, Sensorik und Aktorik. Eine Energieversorgung und Aufbereitung wirke hierbei auf die Pumpquellen, welche unter Verwendung des Lasermediums einen Wirkstrahl erzeugen, der nachfolgend in die Strahlsteuerungseinheit eingegeben werde. Die Strahlsteuerungseinheit bestehe exemplarisch aus einer Strahl(ein)kopplung mit nachfolgender Strahlkonditionierung sowie Elementen, um eine Ausrichtung des Strahls, beispielsweise auf ein Ziel, zu ermöglichen. Der Wirkstrahl breite sich danach über mögliche optische Elemente im Strahlweg und regelmäßig durch die Erdatmosphäre in Richtung Ziel aus, welches von einem Zielbeleuchter markiert sein könne. Auf dem Ziel werde eine Wirkung durch den Strahl hervorgerufen. Sensorik und Steuerelektronik können z. B. Turbulenzen der Atmosphäre sowie Zielbewegungen erfassen und unter Verwendung einer geeigneten Steuerung den Wirkstrahl nachführen bzw. nachrichten.
Eine derartige Vielzahl an funktionalen Elementen und den zu deren Betrieb erforderlichen Hilfseinrichtungen summiere sich zu einem signifikanten Gewicht, bei einem Laserwaffensystem der Leistungsklasse von 100 kW möge dies mehrere Tonnen betragen. Eine Reduktion der Leistungsgewichte von unter 50 kg je kW sei hierbei auch zukünftig unwahrscheinlich. Insbesondere bei Hochenergielaserwaffensystemen scheide somit die naheliegende Möglichkeit der Vermeidung eines nachgeschleppten Faserlichtleiters, nämlich die Realisierung eines Aufbaus mit einer starren Kopplung von Laserstrahlquelle und Strahlsender im Ganzen, aufgrund der daraus resultierenden signifikanten zu bewegenden Masse und der hierdurch letztendlich realisierbaren Richtdynamik und Genauigkeit aus.
Eine mögliche alternative Realisierung eines Laserwaffensystems basiere auf dem Konzept einer Trennung des Laserwaffensystems in einen statischen Teil (Strahlerzeugung nebst Nebenaggregaten sowie Plattform) und einem beweglichen, dem Ziel nachgeführten Teil (insbesondere dem Strahlsender). Im statischen Anteil seien dabei bevorzugt alle masse- bzw. volumenbehafteten Elemente anzuordnen, um den beweglichen, dem Ziel nachzuführenden Anteil so leicht und agil wie möglich zu halten.
So sei eine Aufteilung der funktionalen Komponenten in einen abgesetzten Teil, einen bodenfesten Teil sowie zwei im Wesentlichen voneinander getrennte Antriebsteile bekannt. Der abgesetzte Teil könne hierbei aus einem Generator zur Erzeugung der benötigten Energie sowie dessen funktionale Elemente wie Küh- lung und Kühlwasserzufuhr bestehen. Die erzeugte Energie werde über eine Versorgung zum bodenfesten Anteil geleitet, in welchem die Lasererzeugungseinheit angeordnet sei. Der erzeugte Wirkstrahl werde im Weiteren in einem zweigeteilten beweglichen Anteil auf zum Beispiel ein Ziel ausgerichtet. Der bewegliche Anteil könne hierbei in einen Grobantrieb, welcher zunächst um eine Achse, zum Beispiel die Azimut-Achse, drehbar sei, und in einen zweiten Anteil mit einer zweiten Achse, zum Beispiel die Elevationsachse, aufgeteilt werden.
In einem solchen System möge es sich jedoch ergeben, dass der von der/den Laserstrahlquelle(n) erzeugte Wirkstrahl über zwei in großen Winkelbereichen bewegliche Achsen zu einem Strahloptikelement, zum Beispiel ausgebildet als Teleskop, geführt werden müsse. Eine mögliche Art der Entkopplung von Drehbewegungen zwischen verschiedenen, gegeneinander bewegten Teilen eines Strahlrichtsystems und für eine Übertragung der optischen Strahlungsleistung von einem Teil zum nächsten wären prinzipiell monolithische Drehübertrager/Kupplungen für Lichtleiter. In den für ein Laserwaffensystem interessierenden Strahlleistungs- und Strahlqualitätskategorien seien diese jedoch noch nicht realisierbar. Dies gelte insbesondere dann, wenn im Sinne eines Konzeptes zur Leistungssteigerung durch Strahlkopplung mehrere unabhängige Strahlen zu einer an den Strahlsender angeflanschten Strahlkoppeleinheit übertragen werden sollen.
Eine mögliche Realisierung einer geeigneten Übertragung sei eine Freistrahlübertragung zwischen Laserstrahlquelle und Strahloptikelement, welche regelmäßig derart realisiert werde, dass Bewegungsachsen bzw. Drehachsen eines Strahlrichtsystems zumindest abschnittsweise mit der Längserstreckungsrichtung einer Freistrahl-Teilübertragung zusammenfallen. Hierzu existierten bekannte astronomische Teleskope, wobei dort die Strahlführung jedoch in umgekehrter Richtung realisiert sei, das heiße von außen durch das Teleskop zu einem Sensor oder Messinstrument erfolge. Ein solches Prinzip sei bekannt als Coudé-Fokus oder (für eine Achse) als Nasmyth-Fokus. Da jedoch in astronomischen Teleskopen die Randbedingungen übertragbarer Lichtleistungen (im Bereich von Nanowatt) im Vergleich zu mehreren 100 kW bei Laserwaffensystemen sowie die erforderliche Richtgenauigkeit und notwendige kinematische Dynamik derart signifikant unterschiedlich seien, was gleichzeitig erhebliche Auswirkungen auf die Auslegung der optischen Elemente, die mechanische Konstruktion sowie den notwendigen Richtantrieb nebst Sensorik und Regelung nach sich ziehe, stellten astronomische Teleskope keine geeignete Plattform für die Entwicklung eines Laserwaffensystems dar (vgl. Abs. [0002] bis [0020] der Streitpatentschrift).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Laserwaffensystem mit neuartiger Anbindung von Lasererzeugungselement und Strahloptikelement zu schaffen dergestalt, dass eine hohe räumliche Dynamik und Präzision der Ausrichtung eines Wirkstrahls realisierbar ist, ohne gleichzeitig eine Verschlechterung der Eigenschaften des Wirkstrahls in der Übertragung zum Strahloptikelement in Kauf nehmen zu müssen (vgl. Abs. [0024] der Streitpatentschrift).
Diese Aufgabe wird durch die Strahlrichteinheiten nach den Ansprüchen 1 und 8 sowie durch das Laserwaffensystem nach Anspruch 7 gelöst.
Die beanspruchte Strahlrichteinheit besteht aus mindestens zwei Teilen, nämlich einem stationären oder teilbeweglichen Anteil und einem vollbeweglichen Anteil. Das Vorhandensein weiterer Anteile, so beispielsweise eines abgesetzten Anteils ist dabei nicht ausgeschlossen. Unter „vollbeweglich“ ist zu verstehen, dass der Anteil eine Beweglichkeit aufweist, die es ermöglicht den Strahl auf ein Ziel auszurichten und dieses nachfolgend auch zu verfolgen. Unter „teilbeweglich“ ist zu verstehen, dass der Teil zum Transport des Laserwaffensystems von einem Einsatzort zum anderen geeignet ist, also beispielsweise in Form eines Schützenpanzers. Eine Ausrichtung der Laserwaffe auf ein Ziel ist mit diesem Anteil allein nicht möglich. Dies trifft erst recht zu, wenn an Stelle des teilbeweglichen Anteils ein stationärer vorliegt, so z.B. eine fest installierte Laserwaffe in einer Geschützstellung.
Die Strahlrichteinheit weist mehrere Bestandteile auf, nämlich eine „Lasererzeugungseinheit“, gemeint ist eine Laserlichterzeugungseinheit, ein Ausgangsstufenelement und ein Strahloptikelement. Es wird nicht ausgeschlossen, dass die Strahlrichteinheit noch weitere Bestandteile aufweist. Das Ausgangsstufenelement ist kein Ausgangsstufenelement im herkömmlichen Sinn, also die letzte Verstärkerstufe des Lasersystems. Sie kann es sein, doch schließen Anspruch 2 und ein entsprechender Absatz in der Beschreibung des Streitpatents weitere Möglichkeiten ein (vgl. Abs. [0034]: „Auch kann das Ausgangsstufenelement als eine optische gepumpte Laserquelle ausgebildet sein, bei welchem das Medium als Stab-, Slap- oder Scheibenlaser oder einer Anzahl oder Kombination solcher Geometrien ausgebildet ist. Die Anbindung des Ausgangsstufenelementes an eine Strahlrichteinheit kann optische Faser oder als ein Freistrahl ausgebildet sein. Eine erfindungsgemäße Ausgangsstufe muss dabei nicht notwendigerweise eine Erhöhung der optischen Ausgangsleistung einer Laserquelle bereitstellen, somit eine Leistungsverstärkung von deutlich größer als 1 aufweisen. Vielmehr kann ein erfindungsgemäßes Ausgangsstufenelement weitgehend passiv, somit nichtverstärkend, ausgebildet sein und insbesondere eine während der Übertragung von den vorgelagerten Stufen auftretende Verschlechterung der Strahleigenschaften hinsichtlich Modenqualität bzw. Strahldivergenz bzw. spektralen oder zeitabhängigen Eigenschaften des Strahls kompensieren bzw. den Ausgangsstrahl vergüten.“), die zeigen, dass das Ausgangsstufenelement nicht notwendigerweise zu einer Verstärkung der Laserstrahlung beiträgt. Entscheidend ist nur, dass es die Laserstrahlung in irgendeiner Weise beeinflusst.
Das Strahloptikelement und das zumindest eine Ausgangsstufenelement sind am vollbeweglichen Teil angeordnet, während die Lasererzeugungseinheit im stationären bzw. teilbeweglichen Teil angeordnet ist.
Es bleibt offen, was alles zu einer Lasererzeugungseinheit gehört, jedoch wird in Anspruch 1 angegeben, dass die Lasererzeugungseinheit zumindest eine Seedlasereinheit und eine Pumplasereinheit aufweist. Die Besonderheit der Strahlricht- einheit nach Anspruch 1 besteht nun darin, dass sowohl die Seedlasereinheit als auch die Pumplasereinheit über jeweils eine optische Faser an das Ausgangsstufenelement angebunden sind, so dass mindestens zwei Fasern vom stationären/teilbeweglichen Teil zum vollbeweglichen Teil verlaufen. Auch beinhaltet dies, dass das Ausgangsstufenelement für die Laserstrahlung verstärkend wirken muss, denn anderenfalls wären die Begriffe „Seedlasereinheit“ und „Pumplasereinheit“ nicht gerechtfertigt.
Der nebengeordnete Anspruch 8 macht hingegen keine Angaben für die Mindestanforderungen an eine Lasererzeugungseinheit, jedoch beansprucht er nicht nur eine davon, sondern eine Mehrzahl, also mindestens zwei. Auch weist die in ihm beanspruchte Strahlrichteinheit eine Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen auf, deren Strahlung durch eine Strahlkoppeleinheit kombiniert wird, welche sich ebenfalls im vollbeweglichen Teil befindet.
Die Besonderheit der Strahlrichteinheit nach Anspruch 8 besteht nun darin, dass die Mehrzahl von Lasererzeugungseinheiten an einzelne der Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen mittels optischer Fasern angebunden ist. Dies bedeutet, dass wiederum mindestens zwei optische Fasern zwischen dem stationären/teilbeweglichen Teil und dem vollbeweglichen Teil verlaufen.
3. Die Ansprüche des in der mündlichen Verhandlung überreichten einheitlichen (§ 34 Abs. 5 PatG) Anspruchssatzes sind zulässig (§ 38 PatG, § 22 Abs. 1 PatG), ihre Lehre ist ausführbar (§ 34 Abs. 4 PatG), ihre gewerblich anwendbaren (§ 5 PatG) Gegenstände sind neu (§ 3 PatG) und beruhen gegenüber dem Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG), so dass sie patentfähig sind (§ 1 Abs. 1 PatG).
3.1. Die Gegenstände der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche sind ursprünglich offenbart (§ 38 und § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) und der Schutz- bereich der Ansprüche geht nicht über den des erteilten Patents hinaus (§ 22 Abs. 1 PatG). Die Ansprüche sind somit zulässig.
3.1.1. Der erteilte Anspruch 1 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 1 (Merkmale M1 bis M8) hervor, indem in ihn Merkmale aus den ursprünglichen Ansprüchen 4 und 5 aufgenommen wurden. So ist aus Anspruch 4 aufgenommen, dass die Lasererzeugungseinheit eine Seedlasereinheit und eine Pumplasereinheit aufweist. Dies ist eine der Möglichkeiten, die sich aus der und/oder-Kombination des ursprünglichen Anspruchs 4 ergibt, und die im ursprünglichen Anspruch 5 nochmals wiederholt wird. Die und/oder-Kombination erfordert nicht, dass die Lasererzeugungseinheit auch eine Faserverstärkereinheit aufweist, da die Verbindung „oder“ dies nicht erfordert.
Nach dem ursprünglichen Anspruch 4 ist die Lasererzeugungseinheit unter Verwendung zumindest einer optischen Faser an das Ausgangsstufenelement angebunden. Dies schließt nicht aus, dass es sich dabei auch um mehrere optische Fasern handeln kann, mittels derer die Lasererzeugungseinheit an das Ausgangsstufenelement angebunden sein kann. Der ursprüngliche Anspruch 5 gibt für den Fall, dass eine Seedlasereinheit und eine Pumplasereinheit vorhanden sind, an, dass diese unter Verwendung zumindest einer optischen Faser und damit auch unter Verwendung von zwei oder mehr optischen Fasern an das Ausgangsstufenelement angebunden sein können.
Die ursprüngliche Fig. 3 zeigt eine Möglichkeit der Realisierung mit mehr als einer optischen Faser, bei der der Seedlaser (14) und die Pumplaser (16a) über jeweils eine optische Faser (18) angebunden sind. Diese Realisierungsmöglichkeit mit zwei Fasern, also einer ersten und einer zweiten, ist in den in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruch 1 aufgenommen.
Dabei ist es nicht nötig, das weitere Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 5, dass das Ausgangsstufenelement eine Faserverstärkereinheit aufweist, mit in den Anspruch 1 zu übernehmen, denn die Beschreibung gibt an, dass es sich bei dem Ausgangsstufenelement um eine optisch gepumpte Laserquelle handeln kann, bei welchem das Medium nicht als Faserlaser ausgebildet ist (vgl. S. 10, Z. 11 bis 13: „Auch kann das Ausgangsstufenelement als eine optische gepumpte Laserquelle ausgebildet sein, bei welchem das Medium als Stab-, Slap- [Anm.: gemeint ist ein Slablaser] oder Scheibenlaser oder einer Anzahl oder Kombination solcher Geometrien ausgebildet ist.“). Dies zeigt, dass die Ausbildung als Faserlaser im ursprünglichen Anspruch 5 als unabhängiges Merkmal anzusehen ist.
Die Merkmale M10 bis M12 sind somit in den ursprünglichen Ansprüchen 4 und 5 enthalten und in ihrer Auswahl im Ausführungsbeispiel der ursprünglichen Fig. 3 dargestellt.
In der ursprünglichen Fig. 3 ist auch das Merkmal M9 offenbart, denn dort befinden sich der Seedlaser (14) und die Pumplaser (16a) im stationären/teilbeweglichen Anteil (12a) der Strahlrichteinheit, so dass sich auch die Lasererzeugungseinheit, die durch diese beiden Bestandteile charakterisiert wird, dort befindet (Merkmal M9). Dies ist auch in der ursprünglichen Beschreibung ausdrücklich beschrieben (vgl. S. 5, Z. 17 bis 19: „Die erzeugte Energie wird über eine Versorgung zum bodenfesten Anteil geleitet, in welchem die Lasererzeugungseinheit angeordnet ist.“). Damit ist der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ursprünglich offenbart (§ 38 PatG).
Da der erteilte Anspruch 1 mit dem ursprünglichen Anspruch 1 identisch ist, und in den ursprünglichen Anspruch 1 weitere Merkmale aufgenommen wurden, ist der geltende Anspruch 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch weitere Merkmale eingeschränkt, so dass sein Schutzbereich nicht erweitert ist (§ 22 Abs. 1 PatG). Damit ist Anspruch 1 zulässig.
3.1.2. Auch die Unteransprüche 2 bis 6 und der nebengeordnete Anspruch 7 sind zulässig. So gehen die Ansprüche 2 bis 7 aus den ursprünglichen Ansprüchen 2,
5, 6, 8, 9 und 10 hervor, die an den nunmehr geltenden Anspruch 1 angepasst wurden.
3.1.3. Der nebengeordnete Anspruch 8 beschreibt mit den Worten der ursprünglichen Patentansprüche den in der ursprünglichen Fig. 5 offenbarten Aufbau. Dies bedeutet, dass er vom ursprünglichen Anspruch 1 ausgeht, in dem die Möglichkeiten von nur einer Lasereinheit und nur einem Ausgangsstufenelement weggenommen wurden. Dies wird dadurch ausgedrückt, dass der Ausdruck „zumindest ein(e)“, der eine Anzahl von eins bis unendlich umfasst, durch den Ausdruck „eine Mehrzahl von“, der eine Anzahl von zwei bis unendlich umfasst, ersetzt ist (Merkmale N1 bis N3 und N5 bis N9). Die im Merkmal N4 beanspruchte Strahlkoppeleinheit ist unter dem Bezugszeichen 20 aus Fig. 5 ersichtlich. Dort ist auch ersichtlich, dass jede der Pumplaserquellen, welche als Lasererzeugungseinheiten bezeichnet werden können, unter Verwendung von optischen Fasern (18) an jeweils eines der Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen (8) und jedes der Ausgangsstufenelemente (8) an die Strahlkoppeleinheit (20) angebunden ist. Zudem ist dies in der ursprünglichen Beschreibung zu Fig. 5 auch so beschrieben (vgl. S. 15, Z. 20 bis S. 16, Z. 1: „Die einzelnen Lasererzeugungseinheiten sind wiederum unter Verwendung von optischen Fasern 18 an einzelne Ausgangsstufenelemente 8 angebunden. Diese Gesamtheit der Ausgangsstufenelemente 8 ist dabei auf dem vollbeweglichen Anteil 12b angeordnet. Jedes der Ausgangsstufenelemente 8 ist unter Verwendung einer optischen Faser 9 oder eines optischen Freistrahls 9 an eine (weitere) Strahlkoppeleinheit 20 angebunden. In der Strahlkoppeleinheit 20 werden nun die einzelnen StrahlanteiIe der einzelnen Ausgangsstufenelemente 8 kombiniert und über eine optische Faser 9 oder einen weiteren optischen Freistrahl 9 an das Strahloptikelement 10 zur Aussendung des Wirkstrahls 22 weitergeleitet.“) (Merkmale N11 bis N13). Dass die Lasererzeugungseinheiten im stationären/teilbeweglichen Anteil (12a) angeordnet sind (Merkmal N10), ist der Fig. 5 zu entnehmen.
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 8 ursprünglich offenbart (§ 38 PatG). Anspruch 8 erweitert auch den Schutzbereich des Patents nicht (§ 22 Abs. 1 PatG), denn die Änderung auf eine Mehrzahl von Lasererzeugungseinheiten und eine Mehrzahl von Ausgangsstufenelementen stellt, wie bereits ausgeführt, eine Beschränkung des erteilten Anspruchs 1 dar, genau wie auch die Aufnahme der weiteren Merkmale in den Anspruch. Der geltende Anspruch 8 ist somit ebenfalls zulässig.
3.2. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden geäußerten Ansicht ist der geltende Anspruchssatz einheitlich (§ 34 Abs. 5 PatG).
Zwar ist mangelnde Einheitlichkeit kein Einspruchsgrund, denn die Einspruchsgründe werden abschließend in § 21 Abs. 1 PatG genannt, doch ist die Einheitlichkeit für den Fall eines neuen Anspruchssatzes für diesen, genau wie auch die übrigen für eine Patenterteilung notwendigen, und in § 21 Abs. 1 PatG nicht genannten Anforderungen, zu überprüfen.
Die beiden selbständigen Ansprüche 1 und 8 verkörpern eine gemeinsame erfinderische Idee (vgl. Schulte/Moufang, Patentgesetz, 10. Auflage, § 34 Rdn. 235239), denn beide beanspruchen eine Aufteilung der Strahlrichteinheit in einen vollbeweglichen und einen stationären/teilbeweglichen Anteil, wobei die schweren Lasererzeugungseinheiten im stationären/teilbeweglichen Anteil und die Ausgangsstufenelemente im vollbeweglichen Anteil angeordnet sind. In beiden Fällen wird nicht die gesamte Laserleistung in einer einzigen optischen Faser übertragen, sondern in zwei oder mehr Fasern, erst im vollbeweglichen Teil die Laserleistung zusammengeführt und der Laserstrahl dann dort endgültig geformt. Dies verringert den Einfluss der Fasern zwischen den beiden Anteilen auf den ausgesandten Laserstrahl gegenüber einer Anordnung, bei der die Laserstrahlung im stationären/teilbeweglichen Anteil erzeugt und in den vollbeweglichen Anteil über eine optische Faser weitergeleitet wird.
3.3. Die Lehren der Ansprüche sind auch ausführbar (§ 34 Abs. 4 PatG, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG). In der mündlichen Verhandlung wurde die Ausführbarkeit nicht bemängelt. Lediglich der Begriff „Lasererzeugungseinheit“ könnte die Ausführbarkeit in Frage stellen, denn er kann nicht im eigentlichen Wortsinn verstanden werden, da in der beanspruchten Strahlrichteinheit keine Laser erzeugt werden.
Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Physiker mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss sowie speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Hochleistungslaser und deren Anwendungen zu definieren, der mit der Entwicklung von Laserwaffensystemen betraut ist.
Dieser Fachmann erkennt, dass unter dem Begriff „Lasererzeugungseinheit“ eine Einheit zu verstehen ist, die Laserstrahlung erzeugt und deren Umfang durch diesen Begriff allein nicht festgelegt ist. Mit diesem Verständnis und den gezeigten Ausführungsbeispielen ist der Fachmann in die Lage versetzt, die Lehren der Ansprüche nachzuarbeiten.
3.4. Die gewerblich anwendbaren (§ 5 PatG) Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 und 8 werden durch den Stand der Technik weder vorweggenommen (§ 3 PatG), noch werden sie durch ihn nahegelegt (§ 4 PatG), so dass sie patentfähig sind (§ 1 Abs. 1 PatG).
3.4.1. Die Patentabteilung 54 hat in ihrem Ladungszusatz zur Anhörung auf die Druckschriften D39 und D40 hingewiesen. Die Druckschrift D39 offenbart in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 eine M1 Strahlrichteinheit für ein Laserwaffensystem (vgl. S. 1, Z. 5 bis 7: „The present invention relates to devices for directing a beam of coherent radiation at a target and, more particularly, to a fiber-laser-based device for neutralizing unexploded ordinance and for similar applications.”), aufweisend M2 zumindest eine Lasererzeugungseinheit (fiber laser 32, siehe Fig. 2); M3 zumindest ein Ausgangsstufenelement (distales Ende der optischen Faser 38 40); und M4 ein Strahloptikelement (telescope 16, vgl. S. 7, Z. 11 bis 18: „Returning now to the drawings, Figure 2 is a high-level schematic diagram of a system 30 of the present invention. System 30 shares many of its components with prior art system 10; these components are indicated by the same reference numerals in Figure 2 as in Figure 1. The main difference between system 10 and system 30 is that instead of laser 12 system 30 includes a fiber laser 32 that is not mounted on platform 14. Instead, the doped optical fiber 34 that forms the lasing medium of fiber laser 32 is optically coupled to the proximal end 36 of a passive, flexible optical fiber 38 whose distal end 40 is mounted on platform 14 and is optically coupled to telescope 16.”); M5 wobei die Strahlrichteinheit einen stationären/teilbeweglichen Anteil (mobile platform 46) und vollbeweglichen Anteil (gimbaled platform 14) aufweist (vgl. S. 10, Z. 10: „Figure 2 shows gimbaled platform 14 mounted on a mobile platform 46.“); M6 wobei der stationäre/teilbewegliche Anteil (46) zur Aufstellung der Strahlrichteinheit bzw. zum Transport der Strahlrichteinheit zwischen Einsätzen ausgebildet ist (vgl. S. 10, Z. 11 bis 13: „Actually, in many embodiments of the present invention, all of system 30 is mounted on a mobile platform. Suitable mobile platforms include jeeps, HMMWVs, armored personnel carriers, tanks and helicopters.”); M7 wobei der vollbewegliche Anteil (14) zur Zielerfassung bzw. Zielnachführung des Laserwaffensystems eingerichtet ist (vgl. S. 8, Z. 5 bis 9: „System 30 is used substantially in the same way as system 10. Video camera 18 is boresighted to distal end 40 of optical fiber 38 and to telescope 16. The operator of system 30 uses video camera 18 to locate the target to be neutralized, by turning and tilting platform 14 until the target is centered in the video screen of fire control console 20. Distal end 40 of optical fiber 38 and telescope 16 thus are aimed at the target.”); M8 wobei das Strahloptikelement (16) und das zumindest eine Ausgangsstufenelement (40) am vollbeweglichen Anteil (14) angeordnet sind (siehe Fig. 2 i. V. m. dem bereits zitierten Abschnitt S. 7, Z. 11 bis 18), und M9 die zumindest eine Lasererzeugungseinheit (32) im stationären/teilbeweglichen Anteil (46) angeordnet ist (vgl. den bereits zitierten Abs. S. 10, Z. 10 bis 13).
Druckschrift D39 macht keine Ausführungen, wie der Faserlaser (32) gepumpt wird, doch besteht eine übliche Pumpmethode eines Faserlasers darin, ihn mit Laserstrahlung aus Halbleiterlaserdioden zu pumpen. Auch ist es bei Hochleistungslasern üblich, Seedlaser zu verwenden, so dass die Merkmale M10 bis M10.2 des Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen können. Jedoch gibt es ausgehend von Druckschrift D39 keinen Grund, zwei optische Fasern zwischen dem stationären/teilbeweglichen und dem vollbeweglichen Anteil zum Übertragen der Laserstrahlung einzusetzen, denn es muss keine Pumplaserleistung in den vollbeweglichen Teil übertragen werden, da das distale Ende (40) der optischen Faser (38) rein passiv ist (vgl. S. 7, Z. 22 bis S. 8, Z. 4: „Normally, optical fiber 38 is fabricated separately from fiber laser 32 and is optically coupled to doped optical fiber 34 by butting proximal end 36 against one end of doped optical fiber 34. Alternatively, optical fiber 38 is integral with doped optical fiber 34: one way to make fiber laser 32 and optical fiber 38 is to dope only one end of an optical fiber with a dopant such as ytterbium, neodymium, erbium or thulium. The doped end of the optical fiber is used as the lasing medium of fiber laser 32, and the rest of the optical fiber becomes passive optical fiber 38.”). Die Merkmale M11 und M12 gemeinsam sind somit weder von der Druckschrift D39 vorweggenommen, noch können sie durch sie nahegelegt werden.
Druckschrift D40 zeigt keinerlei optische Faser zur Übertragung der Laserleistung von einem stationären/teilbeweglichen Anteil auf einen vollbeweglichen Anteil, so dass auch sie eine erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen kann.
Die übrigen Dokumente D1 bis D38 haben in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf die Verwendung mehrerer Fasern zur Übertragung des Lichts einer Seedlasereinheit und einer Pumplasereinheit getrennt voneinander, wie dies die Merkmale M11 und M12 beanspruchen, keine Rolle gespielt. Sie liegen somit weiter ab (vgl. auch Schulte/Moufang, Patentgesetz, 10. Auflage, § 59, Rdn. 94, 95; BGH BlPMZ 1988, 289 – „Meßdatenregistrierung“).
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu (§ 3 PatG) und beruht zudem auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG).
3.4.2. Auch der Gegenstand des Anspruchs 8 ist neu (§ 3 PatG) und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG).
Druckschrift D39 zeigt in seiner Fig. 2 nur eine Lasererzeugungseinheit in Form des Faserlasers (32) und in der Folge auch nur eine Faser, mit der diese an das Ausgangsstufenelement, das durch das distale Ende (40) der optischen Faser (38) verkörpert wird, angebunden ist. Druckschrift D39 ist somit kein Hinweis auf den Gegenstand des Anspruchs 8 zu entnehmen, so dass dieser durch sie nicht nahegelegt ist.
In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende nicht dargelegt, wie sich der Gegenstand des Anspruchs 8 in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der im Verfahren befindlichen Druckschriften ergeben könnte. Da auch der Senat keine Möglichkeit erkannt hat, wie sich ausgehend von der Druckschrift D39 oder einem anderen der im Verfahren genannten Dokumente unter Zusammenschau mit einem der weiteren im Verfahren befindlichen Dokumente der Gegenstand des Anspruchs 8 ergeben könnte, konnte somit kein patenthindernder Stand der Technik ermittelt werden (vgl. auch Schulte/Moufang, Patentgesetz, 10. Auflage, § 59 Rdn. 209).
3.4.3. An den Anspruch 1 können sich die Unteransprüche 2 bis 6 anschließen, da sie vorteilhafte Weiterbildungen des beanspruchten Gegenstands angeben, welche nicht platt selbstverständlich sind.
3.4.4. Die Patentfähigkeit des Gegenstands des formal nebengeordneten Anspruchs 7 ist durch den Rückbezug auf die patentfähigen vorausgehenden Ansprüche begründet.
3.5. In der Beschreibung ist der Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfindung anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.
4. Bei dieser Sachlage war das Streitpatent im Umfang des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes beschränkt aufrecht zu erhalten und die Beschwerde der Einsprechenden im Übrigen zurückzuweisen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten - vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann prö