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VIa ZB 27/22

BUNDESGERICHTSHOF VIa ZB 27/22 BESCHLUSS vom 31. Juli 2023 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2023:310723BVIAZB27.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2023 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterin Dr. Krüger, die Richter Dr. Götz, Dr. Rensen und die Richterin Wille beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. November 2022 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 25.000 € festgesetzt.

Gründe: I.

Der Kläger wendet sich gegen die Verwerfung seiner Berufung. 2 Der Kläger erwarb am 31. März 2020 einen von der Beklagten hergestellten Gebrauchtwagen mit Dieselmotor. Das Landgericht hat seine auf die Behauptung, in den Motor des Fahrzeugs seien verschiedene unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut, gestützte und auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen, weil sich die Berufungsbegründung nicht mit sämtlichen das erstinstanzliche Urteil tragenden Gründen auseinandersetze. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip).

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht ordnungsgemäß begründet und deshalb zu verwerfen, hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Darlegung, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger als unzutreffend bekämpft und welche rechtlichen oder tatsächlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen, ein anderes Verfahren betreffenden Textbausteinen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 68/19, NJW-RR 2020, 1187 Rn. 10 f.; Beschluss vom 16. Januar 2023 - VIa ZB 19/22, juris Rn. 8; jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die Berufungsbegründung des Klägers werde diesen Anforderungen nicht gerecht.

aa) Das Landgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen darauf gestützt, der Kläger habe gegen die Beklagte keinen deliktischen Schadensersatzanspruch, weil er ein deliktisches Handeln der Beklagten, insbesondere eine Täuschung durch den Einbau eines Motors unter Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung, nicht hinreichend habe darlegen können. Darüber hinaus sei die Klage insgesamt unbegründet, da der Kläger den aktuellen Kilometerstand des Fahrzeugs nicht mitgeteilt habe und damit eine Bemessung des Nutzungsersatzes nicht möglich sei.

bb) Mit der zweiten Begründung der Klageabweisung setzt sich die Berufungsbegründung des Klägers nicht hinreichend auseinander. Dass der Kläger in der Berufungsbegründung den vom Landgericht vermissten Sachvortrag zur aktuellen Laufleistung des Fahrzeugs nachgeholt hat, genügt entgegen der Rechtsmeinung der Rechtsbeschwerde für einen zulässigen Angriff nicht.

Zwar kann, worauf die Rechtsbeschwerde im Ausgangspunkt zutreffend verweist, nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ausschließlich mit neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln begründet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2007 - VIII ZB 123/06, NJW-RR 2007, 934 Rn. 8). Auf diese Rechtsprechung stützt sich die Rechtsbeschwerde, indem sie darauf verweist, der Kläger habe den aktuellen Kilometerstand - "derzeit", also im Zeitpunkt der Berufungsbegründung und damit über den Zeitpunkt der Einreichung der Klage hinaus fortgeschrieben - in der Berufungsbegründungsschrift mitgeteilt.

In einem Fall, in dem die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung mit einem neuen Angriffsmittel gerechtfertigt wird, ist aber nicht nur das Angriffsmittel selbst mitzuteilen, sondern sind in der Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO auch die Tatsachen vorzutragen, aufgrund derer das neue Vorbringen nach Ansicht des Berufungsklägers nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - V ZB 225/12, NJW-RR 2015, 465 Rn. 6; Beschluss vom 12. Oktober 2021 - VI ZB 76/19, NJW-RR 2021, 1646 Rn. 6). Dass im Berufungsrechtszug nicht (mehr) bestrittene oder unstreitig gestellte Tatsachen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO behandelt werden und damit der Präklusion entzogen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 Rn. 10 ff. mwN), ändert daran nichts. Bei der Zulässigkeitsprüfung ist davon auszugehen, dass es sich bei neuem tatsächlichen Vorbringen des Rechtsmittelführers, mit dem das erstinstanzliche Urteil zu Fall gebracht werden soll, um ein neues Angriffsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO handelt. Wird die Berufung ausschließlich hierauf gestützt, sind deshalb die in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO genannten Angaben erforderlich. Fehlen sie, ist die Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Dass das neue Vorbringen kein neues Angriffsmittel (mehr) wäre, wenn es von der Gegenseite nicht bestritten wird, ist in diesem Verfahrensstadium nicht relevant. Das Gericht ist auch nicht gehalten, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Der Berufungskläger hat keinen Anspruch darauf, dass allein wegen der Möglichkeit, dass das neue Vorbringen im Verlauf des Berufungsrechtszugs unstreitig wird, von der in § 522 Abs. 1 ZPO vorgesehenen Möglichkeit einer Verwerfung der Berufung durch Beschluss abgesehen wird (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2014, aaO, Rn. 8 ff.; Beschluss vom 12. Oktober 2021, aaO, Rn. 7).

Vortrag zu den Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO hat der Kläger in der Berufungsbegründung an der von der Rechtsbeschwerde angeführten Stelle nicht gehalten. Er hat insbesondere nicht dargetan, dass und aus welchem Grund die erforderliche Mitteilung der aktuellen Laufleistung in erster Instanz (oder die Mitteilung, das Fahrzeug sei stillgelegt und nicht weiter genutzt worden) unterblieben ist oder entbehrlich war.

2. Es kommt mithin nicht mehr darauf an, dass der Kläger eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes oder auf rechtliches Gehör im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr geltend machen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2021 - VI ZB 30/19, NJW-RR 2021, 1507 Rn. 12; Beschluss vom 12. Januar 2022 - VII ZB 37/21, juris Rn. 7; Beschluss vom 10. Mai 2022 - VI ZB 4/20, NJW-RR 2022, 998 Rn. 13). Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die Berufungsbegründung sei unzureichend, weil der Kläger sich darin nicht mit einem die Klageabweisung selbständig tragenden Gesichtspunkt des landgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt habe, in einem Hinweisbeschluss kundgetan, zu dem es dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Kläger hat in seiner Stellungnahme lediglich seine Behauptungen zur Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen im Motor des Fahrzeugs und zur Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten wiederholt und allgemeine Ausführungen zu den Anforderungen an die Substantiierung des Klägervortrags und eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten gemacht. Mit den Einwänden des Berufungsgerichts gegen die Zulässigkeit der Berufung hat er sich dagegen nicht befasst. Damit hat er die ihm eingeräumte prozessuale Möglichkeit zur Verhinderung der nunmehr mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzungen nicht genutzt.

Menges Rensen Krüger Wille Götz Vorinstanzen: LG Hannover, Entscheidung vom 13.09.2021 - 19 O 71/21 OLG Celle, Entscheidung vom 07.11.2022 - 7 U 951/21 -

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