7 W (pat) 18/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 18/14 Verkündet am 25. September 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache
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betreffend das Patent 600 38 598 (= EP 1 110 678) wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und den Richter Heimen beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf eine Anmeldung vom 30. Juni 2000 wurde am 16. April 2008 im Europäischen Patentblatt die Erteilung des europäischen Patents 1 110 678 in englischer Verfahrenssprache unter der Bezeichnung „portable motor power device" u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht. Das Patent wird im Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter dem Aktenzeichen 600 38 598.1 geführt, worauf die Patentinhaberin, ebenso wie auf die Notwendigkeit der Einreichung einer Übersetzung sowie der Zahlung einer Gebühr in Höhe von 150,- € für deren Veröffentlichung innerhalb von drei Monaten, durch ein ebenfalls vom 16. April 2008 datiertes Schreiben hingewiesen wurde. Nachdem innerhalb der genannten Frist keine Übersetzung vorgelegt und keine Gebühr entrichtet worden war, wurde in der Akte des DPMA die Feststellung getroffen, dass die Wirkungen des europäischen Patents seit dem 17. Juli 2008 als von Anfang an nicht eingetreten zu gelten hätten. Laut elektronischer Akte des DPMA wurde die eingetretene Rechtsfolge den Vertretern der Patentinhaberin durch Schreiben des DPMA vom 14. Januar 2009 - allerdings nicht im Wege der förmlichen Zustellung - mitgeteilt. Im Patentblatt wurde die eingetretene Rechtsfolge am 19. März 2009 veröffentlicht.
Mit Telefax vom 17. Dezember 2012 beantragte die Patentinhaberin die Wiedereinsetzung in die Frist des Art. II § 3 IntPatÜG a. F. zur Einreichung einer deutschen Übersetzung und Einzahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung, bei gleichzeitiger Nachholung dieser versäumten Handlungen. Das Versäumnis sei ihr erst durch eine Mitteilung seitens der Gebührenverwaltungsfirma C… (nachfolgend: C…) vom 19. Oktober 2012 bekannt geworden.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trägt die Patentinhaberin vor, sie habe die Frist zur Einreichung der deutschen Übersetzung auf dem entsprechenden Erteilungsbeschluss des Europäischen Patentamts vom 20. März 2008 notiert. Die Notierung sei aufrecht erhalten geblieben, als die jetzige Vertreterkanzlei am 7. Juli 2008 die Vertretung des inländischen Teils des Schutzrechts übernommen habe. Bereits am folgenden Tag, dem 8. Juli 2008, sei die Übersetzung eingetroffen, worauf die zuständige Kanzleimitarbeiterin, Frau G…, die entsprechende Eingabe an das DPMA zusammen mit der Einzugsermächtigung über die Druckkostengebühr vorbereitet und dem verantwortlichen Patentanwalt zur Unterschrift vorgelegt habe. Sodann habe sie die Kopie für die Akte angefertigt, die Ausgangspost im dafür bestimmten Sammelkörbchen abgelegt und die computernotierte Frist gestrichen. Später habe sie festgestellt, dass das Sammelkörbchen durch ein Mitglied der allgemeinen Patentabteilung geleert worden sei. Sie sei davon ausgegangen, dass das Schriftstück ordnungsgemäß auf den Weg gebracht worden sei, und habe daraufhin die Frist auch im papierenen Fristenbuch gestrichen sowie eine Wiedervorlage für die Statusprüfung notiert. Tatsächlich sei der Vorgang nicht in den Postausgang für das DPMA gelangt, obwohl die seit Jahrzehnten eingerichteten Arbeitsabläufe sich immer als zuverlässig erwiesen hätten.
Am 28. August 2008 sei der ordnungsgemäße Abschluss des Validierungsvorgangs in der Vertreterkanzlei nochmals überprüft worden, u. a. durch Einholung eines Registerauszugs. Aus diesem sei eindeutig hervorgegangen, dass das Schutzrecht in Kraft gewesen sei. Da die Zahlung der Jahresgebühren durch C… erfolgen sollte, seien in der Vertreterkanzlei keine weiteren Vornotierungen vorgenommen worden.
Die Jahresgebührenzahlungen seien im vorliegenden Fall immer rechtzeitig erfolgt. Das DPMA habe die Zahlungen jeweils unbeanstandet entgegen genommen, so dass nach wie vor keine Zweifel am Rechtsbestand des Patents hätten aufkommen können. Die Ursache für die Überschreitung der Jahresausschlussfrist sei somit nicht der Sphäre der Patentinhaberin, sondern allein dem DPMA zuzurechnen. Dem Register des Europäischen Patentamts könne entnommen werden, dass die Daten zur fehlenden Übersetzung erst am 30. April 2009 übergeben worden seien, so dass jedenfalls von einer verspäteten Aktualisierung auch des Registers des DPMA auszugehen sei.
Bei Frau G… handele es sich um eine langjährige, sehr gut eingearbeitete und ständig überprüfte Mitarbeiterin, die zunehmend selbständig die Vorgänge der allgemeinen Patentabteilung mit abgewickelt habe. Es habe niemals Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit gegeben. Zur Glaubhaftmachung des Vortrags wurde u. a. eine eidesstattliche Versicherung von Frau G… vorgelegt.
Die Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Ursache für deren Überschreitung allein dem DPMA zuzurechnen sei. Dies ergebe sich daraus, dass das Patent im Register auch nach dem 16. Juli 2008 noch fälschlich als „in Kraft“ bezeichnet worden sei.
Durch Beschluss der Patentabteilung 15.EP des DPMA vom 14. Februar 2013 wurde der Wiedereinsetzungsantrag - nach vorangegangenem Zwischenbescheid - zurückgewiesen, wobei zur Begründung ausschließlich auf die Versäumung der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG abgestellt wird. Die Frage, ob fehlerhafte Datenbestände im Patentregister des DPMA mitursächlich für die Fristüberschreitung waren, sei rechtlich irrelevant, weil Eintragungen im Register lediglich deklaratorischer Natur seien. Das Register biete keine Gewähr für inhaltliche Richtigkeit, da ihm weder eine positive noch eine negative Publizitätswirkung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie stellt die Anträge,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung einer Übersetzung sowie Zahlung einer Gebühr nach Art. II § 3 IntPatÜG a. F. zu gewähren.
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin zunächst ihr früheres Vorbringen wiederholt und ergänzend u. a. ausgeführt, dass die Firma C… seit Oktober 2012 über eine ungewöhnlich hohe Zahl von Rückzahlungen berichtet habe, die sich zum Teil auf weit in der Vergangenheit liegende Jahresgebühren bezogen hätten. Die hier relevanten Vorgänge fielen in einen Zeitraum, in dem beim DPMA die elektronische Verwaltungsakte eingeführt worden sei. Das habe viele Probleme mit sich gebracht und im vorliegenden Fall u. a. zu der fehlerhaften Registerstandmitteilung vom 28. August 2008 und zu den Problemen bei der Entgegennahme von Zahlungen geführt. Erst auf Grund der am 17. September 2012 verbuchten Rückzahlung der 13. Jahresgebühr seitens des DPMA habe man bei C… den Status des Schutzrechts überprüft und durch einen Blick in das Patentregister sowie durch Rückfrage erfahren, dass das Patent nicht in Kraft sei.
Durch gerichtlichen Hinweis wurde die Patentinhaberin u. a. darauf hingewiesen, dass sich in der elektronischen Akte des DPMA ein an ihre Vertreter gerichtetes Schreiben des DPMA vom 14. Januar 2009 mit Mitteilung der eingetretenen Rechtsfolge befinde, und dass nach der Gebührenübersicht in der elektronischen Akte des DPMA bereits am 2. Dezember 2010 die Rückerstattung der von der Patentinhaberin eingezahlten zehnten und elften Jahresgebühr angeordnet worden sei. Auf Grund dieses Hinweises wurden der Patentinhaberin zufolge in der Vertreterkanzlei und bei C… Nachforschungen angestellt. Diese hätten ergeben, dass das Schreiben des DPMA vom 14. Januar 2009 weder in der anwaltlichen Akte noch sonst in der Vertreterkanzlei auffindbar sei. Nach Überprüfung der relevanten Unterlagen und unter Berücksichtigung des in der Kanzlei konsequent durchgeführten Vieraugenprinzips, wonach ein eingegangenes Schriftstück auch bei versehentlich fehlerhafter Aussortierung nicht untergehen könne, sei davon auszugehen, dass dieses Schriftstück nicht an die Kanzlei gelangt sei. Ferner sei die Rückzahlung der zehnten und elften Jahresgebühr durch das DPMA zwar bereits am 15. Dezember 2010 bei C… verbucht worden, eine Weiterleitung der rückerstatteten Gebühren bzw. Mitteilung seitens C… an die Patentinhaberin bzw. an deren anwaltliche Vertreter sei aber aus nicht mehr aufklärbaren Gründen unterblieben. Die Patentinhaberin habe erst durch die Mitteilung der C… vom 19. Oktober 2012 Kenntnis von der Fristversäumung erhalten. Dieses Fehlverhalten von C…-Mitarbeitern müsse sich die Patentinhaberin nicht zurechnen lassen. Bei C… handele es sich um ein weltweit agierendes Unternehmen, das für seine sorgfältige Organisation bekannt sei und auf dessen Zuverlässigkeit deren Kunden vertrauen dürften.
In der mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin insbesondere darauf hingewiesen, dass das Patentregister im August 2008 noch keinen Vermerk über den Rechtsverlust enthalten habe und dass auch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar sei, dass dieser Vermerk vor Ablauf der Jahresfrist im Juli 2009 aufgenommen worden sei. Aktuelle Registerauszüge enthielten zwar den Vermerk, dass der Rechtsverlust („Wirkung des europäischen Patents gelten für DE als von Anfang an nicht eingetreten“) am 19. März 2009 im Patentblatt veröffentlicht worden sei, damit stehe aber nicht fest, dass dieser Hinweis zu eben diesem Zeitpunkt auch schon in das Patentregister aufgenommen worden sei, zumal in der Rubrik „Tag der (letzten) Aktualisierung in DPMAregister“ als ältester Aktualisierungszeitpunkt der 30. September 2012 genannt sei. Da es zur Unterrichtung über den Rechtsbestand eines Patents maßgeblich auf das Patentregister ankomme, sei innerhalb der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG keine Verlautbarung an die Patentinhaberin erfolgt. Der Grund für die Nichteinhaltung der Jahresausschlussfrist habe daher in dem nicht korrekten Patentregister und damit ausschließlich in der Sphäre des DPMA gelegen. Durch die im Dezember 2010 und im Übrigen schon außerhalb der Jahresfrist erfolgte bloße Rückzahlung an eine millionenfach tätige Gebührenzahlungsfirma, und nicht an die Partei selbst oder deren anwaltlichen Vertreter, sei die Information über den Rechtsverlust noch nicht in der Sphäre der Partei angekommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Antrag auf Wiedereinsetzung vom Patentamt zu Recht zurückgewiesen worden ist.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG statthaft, weil die Patentinhaberin eine Frist versäumt und dadurch kraft gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil erlitten hat. Nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG in der bis zum 30. April 2008 gültigen Fassung musste bei europäischen Patenten, die mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurden, innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt beim DPMA eine deutsche Übersetzung der Patentschrift eingereicht werden. Wurde die Übersetzung nicht fristgerecht eingereicht und/oder die für die Veröffentlichung der Übersetzung gemäß Nr. 313 820 des Gebührenverzeichnisses (Anhang zu § 2 Abs. 1 PatKostG) zu zahlende Gebühr nicht fristgerecht entrichtet, so galten die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten (Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a. F.). Nach der Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG sind die genannten Vorschriften weiterhin für Patente anwendbar, für die der Hinweis auf die Erteilung - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist.
Somit hatte die Patentinhaberin bis zum 16. Juli 2008 eine Übersetzung einzureichen und die Gebühr zu entrichten. Da sie die Übersetzung erst mit der Beantragung der Wiedereinsetzung am 17. Dezember 2012 vorgelegt und auch die Gebühr erst an diesem Tag gezahlt hat, ist die genannte Rechtsfolge eingetreten.
2. Die in § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG genannte zweimonatige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und zur Nachholung der versäumten Handlung ist eingehalten. Hierbei ist zu Gunsten der Patentinhaberin anzunehmen, dass sie erst durch die Mitteilung seitens C… vom 19. Oktober 2012 davon erfahren hat, dass die Validierung des Patents für den deutschen Geltungsbereich wegen Nichteinreichung der Übersetzung gescheitert war. Die Patentinhaberin hat insbesondere glaubhaft dargelegt, dass die nicht förmlich zugestellte Mitteilung des DPMA vom 14. Januar 2009, in der auf die eingetretene Rechtsfolge hingewiesen war, nicht in der Kanzlei ihrer anwaltlichen Vertreter eingegangen war.
3. Die Wiedereinsetzung scheitert auch nicht an einem der Patentinhaberin entsprechend § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter. Die Patentinhaberin hat in glaubhafter Weise dargelegt, dass die Ursache für die Versäumung der Frist zur Einreichung der Übersetzung weder in einer falschen Kanzleiorganisation noch in Mängeln bei der Auswahl und Überwachung ihrer Mitarbeiterin Frau G… liegt, die in der Kanzlei mit der Fristenüberwachung und mit der Vorlage und Versendung der Übersetzung betraut war.
4. Die Wiedereinsetzung scheitert aber - wie die Patentabteilung in dem angefochtenen Beschluss zutreffend erkannt hat - daran, dass der Antrag nicht innerhalb der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG gestellt wurde. Diese Frist endete ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist, d. h. hier mit Ablauf des 16. Juli 2009. Die Antragstellung erfolgte aber erst am 17. Dezember 2012, ebenso wurde die versäumte Handlung, nämlich die Einreichung der Übersetzung und Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung, erst an diesem Tage, d. h. drei Jahre und fünf Monate nach Ablauf der genannten Jahresfrist, nachgeholt.
Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG, wonach ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann, hat absoluten Charakter. Sie verfolgt mit der Begrenzung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung - wie die entsprechende Vorschrift in § 234 Abs. 3 ZPO - im Interesse der Rechtssicherheit den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Verfahren zu verhindern und deren rechtskräftigen Abschluss zu gewährleisten. Auch Billigkeitsgründe können daher nicht berücksichtigt werden (BPatG BlPMZ 1996, 357, 358; Schulte/Schell, PatG mit EPÜ, 9. Aufl., § 123 Rn. 30).
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und wann der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist erlangt hat, denn diese läuft als Ausschlussfrist grundsätzlich unabhängig von Kenntnis und Verschulden des Säumigen (vgl. Schulte, a. a. O.; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 123 Rn. 66).
Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise auch noch nach Ablauf der Jahresausschlussfrist in Betracht kommende Wiedereinsetzung nicht vor.
Von der Einhaltung der Jahresausschlussfrist kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 234 Abs. 3 ZPO nur in bestimmten Ausnahmefällen abgesehen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ursache der Überschreitung der Jahresfrist nicht in der Sphäre der Partei lag, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist (BGH Mitt. 2011, 24 Rn. 18 - Crimpwerkzeug IV m. w. N.). Dementsprechend hat der erkennende Senat anerkannt, dass auch im patentamtlichen Verfahren die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung trotz Ablaufs der Jahresfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG in besonders gelagerten Ausnahmefällten als zulässig anzusehen ist, und zwar insbesondere dann, wenn die Fristüberschreitung auf Umstände zurückzuführen ist, die der Sphäre des Patentamts zuzurechnen sind (vgl. für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr: Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 – 10 W (pat) 40/06, BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung; für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr: Senatsbeschluss vom 10. Februar 2012 – 10 W (pat) 38/08, Mitt. 2012, 293 f. - Wäschespinne).
Danach kann ein solcher Ausnahmefall anzunehmen sein, wenn das Patentamt den Patentinhaber vor Ablauf der Jahresfrist nicht über den Verlust des Patents in Kenntnis gesetzt hat, was - nachdem das Gesetz hierfür keine förmliche Mitteilung an den Patentinhaber vorschreibt - etwa durch Veröffentlichung im Patentregister oder durch Rücküberweisung der verspätet gezahlten oder falsch bezeichneten Gebühr geschehen kann (zur Anwendung dieser Grundsätze bei der Wiedereinsetzung in eine Jahresgebührenzahlungsfrist vgl. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 – 10 W (pat) 40/06, BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung).
Im vorliegenden Fall kann nicht gesagt werden, dass innerhalb der Jahresausschlussfrist keinerlei Verlautbarung des DPMA über den Rechtsverlust erfolgt ist. So wollte das Patentamt mit Schreiben vom 14. Januar 2009 der Patentinhaberin sogar eine ausdrückliche Mitteilung über den Rechtsverlust zukommen lassen. Falls dieses Scheiben, das nicht förmlich zugestellt worden ist und dessen Zugang die anwaltlichen Vertreter der Patentinhaberin glaubhaft bestreiten, auf dem Postwege verloren gegangen sein sollte, ist schon zweifelhaft, ob dies noch der Sphäre des Patentamts zugerechnet werden kann. Dies kann aber dahin gestellt bleiben, denn es hat noch weitere Verlautbarungen gegeben. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass der nunmehr im Patentregister vermerkte Verfahrensstand („Wirkung des europäischen Patents gelten für DE als von Anfang an nicht eingetreten“) dort womöglich vor dem 17. Juli 2009 nicht verzeichnet war. Jedoch bestreitet die Patentinhaberin nicht, dass dieser Verfahrensstand am 19. März 2009, d. h. etwa vier Monate vor Ablauf der Jahresfrist, im Patentblatt (Heft 12/2009, Teil 3) veröffentlicht wurde. Angesichts der Bedeutung des Patentblatts als gesetzlich vorgeschriebenes amtliches Publikationsorgan (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 32 Abs. 5 PatG), das die aktuellen Rechts- und Verfahrensstände in elektronischer und recherchierbarer Form enthält (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 9. Aufl., § 32 Rn. 23, 38), kann der Auffassung der Patentinhaberin, es könne maßgeblich nur auf die Verlautbarung im Patentregister abgestellt werden, nicht gefolgt werden. Schon aufgrund der Veröffentlichung im Patentblatt kann daher nicht gesagt werden, dass die Nichteinhaltung der Jahresfrist allein der Sphäre des Patentamts zuzurechnen ist.
Hinzu kommt, dass das DPMA Anfang Dezember 2010 die zehnte und die elfte Jahresgebühr an die Firma C… rückerstattet hat und die Rückzahlung dort am 15. Dezember 2010 verbucht wurde. Auch dadurch ist nach außen ersichtlich geworden, dass das Patent im Inland keine Gültigkeit mehr hat, zumal ausweislich der elektronischen DPMA-Akte bei der Rücküberweisung ein entsprechender Verwendungszweck angegeben wurde (“Wirkung des EP-Patents wegen fehlender Übersetzung in DE nicht eingetreten“). Hierbei spielt keine Rolle, dass die Patentinhaberin von C… über die Rückzahlung nicht informiert wurde, denn C… wurde von der Patentinhaberin mit der Bezahlung der Patentgebühren beauftragt, weshalb diese Firma - unabhängig davon, ob sie nur als Hilfsperson oder als Vertreterin der Patentinhaberin, deren Fehlverhalten zu ihrem Verschulden gereicht, anzusehen ist - jedenfalls ihrer Sphäre zuzurechnen ist.
Zwar hat die Rückzahlung der zehnten und elften Jahresgebühr erst nach Ablauf der Jahresausschlussfrist stattgefunden. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass die Rückzahlung bei der Überlegung, ob ausnahmsweise von der Anwendung des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG abgesehen werden kann, keine Rolle spielt. Wenn der Wegfall des Patents im vorliegenden Fall nicht bereits durch die Veröffentlichung im Patentblatt bekannt geworden wäre, so könnte jedenfalls vom Zeitpunkt der Gebührenrücküberweisung an nicht mehr davon die Rede sein, dass ein weiteres Unterbleiben des Wiedereinsetzungsantrags allein auf Umstände, die in der Sphäre des Patentamts liegen, zurückzuführen sei. Der Antrag hätte daher, von diesem Zeitpunkt an gerechnet, jedenfalls vor Ablauf eines Jahres (d. h. hier spätestens bis zum 15. Dezember 2011) gestellt werden müssen.
5. Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 2 PatG ist nicht gegeben. Die grundsätzliche Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Durchbrechung der Jahresausschlussfrist bei der Wiedereinsetzung anzunehmen ist, ist höchstrichterlich bereits geklärt (vgl. BGH Mitt. 2011, 24 Rn. 18 - Crimpwerkzeug IV m. w. N.).
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Heimen prö