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V ZR 259/23

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES V ZR 259/23 URTEIL in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja JNEU:

nein BGB §§ 133 B, 157 C; BauGB § 11 Abs. 2 a) Bei der Auslegung von Verträgen, die eine Gemeinde im Rahmen eines sog. Einheimischenmodells abschließt, sind die besondere Zweckbestimmung der verbilligten Abgabe von Bauland und die Funktion der diese Zwecke absichernden Regelungen (hier: Nutzungsbindung und Veräußerungsverbot) zu berücksichtigen.

b) Zum Ermessen der Gemeinde bei der Ausübung des wegen Verstoßes des Erwerbers gegen die Nutzungsbindung entstandenen Wiederkaufsrechts.

BGH, Urteil vom 23. Mai 2025 - V ZR 259/23 - OLG München LG München I ECLI:DE:BGH:2025:230525UVZR259.23.1 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richterin Haberkamp, den Richter Dr. Hamdorf und die Richterinnen Laube und Dr. Grau für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 5. Zivilsenat - vom 28. November 2023 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Gemeinde in Bayern, die im sog. Einheimischenmodell in ihrem Gemeindegebiet zu errichtende Wohnungen zu einem vergünstigten Kaufpreis vertreiben ließ. Der Beklagte kaufte im März 2006 eine der Wohnungen zu einem Preis von 128.315 € von einem Bauträger, der von der Gemeinde mit der Wohnungsvergabe befasst worden war. In dem notariellen Kaufvertrag heißt es, der Käufer habe vollinhaltlich Kenntnis von den Vergaberichtlinien des Einheimischenmodells, an deren Bedingungen er sich binde, und vereinbare insbesondere im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter das darin enthaltene Wiederkaufsrecht zugunsten der Gemeinde. In den dem Kaufvertrag beigefügten Vergaberichtlinien heißt es u.a.:

„5.1.1 Zur Sicherstellung des mit diesem Einheimischenmodell verfolgten Zwecks ist der begünstigte Erwerber auf die Dauer von 15 Jahren ab notarieller Beurkundung des Kaufvertrags verpflichtet,

[…]

5.1.1.2 das errichtete Wohngebäude mit Nebenanlagen selbst als Hauptwohnung (Art. 16 Abs. 2 Meldegesetz) zu nutzen - eine Mitbenutzung zu Wohnzwecken durch seinen Ehegatten/Lebenspartner, seine Abkömmlinge, Eltern oder Großeltern sowie Geschwister zusammen mit ihm kann durch vorherige Zustimmung der Gemeinde […] gestattet werden (Nutzungspflicht).

5.1.1.3 Dem begünstigten Erwerber ist ferner verboten, das errichtete Wohngebäude mit Nebenanlagen ganz oder teilweise unentgeltlich oder entgeltlich anderen Personen als den in 5.1.1.2 genannten begünstigten Personen zur Nutzung zu überlassen und zwar auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, es sei denn, die Gemeinde hat dieser Fremdnutzung vorher schriftlich zugestimmt (Nutzungs- und Veräußerungsverbot).“

Für den Fall des Verstoßes gegen das Nutzungs- und Veräußerungsverbot steht der Klägerin nach Ziff. 5.1.2 der Vergaberichtlinien das Recht zum Wiederkauf zu sowie wahlweise ein Anspruch auf ergänzende Kaufpreiszahlung zu einem festgelegten sog. Basispreis. Der Wiederkaufspreis umfasst nach den Ziff. 5.1.2.2 ff. neben dem gezahlten Kaufpreis auch Erschließungskosten, etwaige verbessernde Verwendungen wie den Sachwert für noch zu errichtende bauliche Anlagen und einen sog. Zusatzbetrag i.H.v. 1/180 der Differenz zwischen dem vergünstigten Kaufpreis und dem von dem Gutachterausschuss festzustellenden Verkehrswert des unbebauten Grundstücks je vollendetem Kalendermonat nach Kaufvertragsabschluss.

Der Beklagte wurde im Dezember 2008 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Nach seiner Heirat im Jahr 2015 zog er - ohne zuvor die Zustimmung der Klägerin einzuholen - im Oktober 2016 aus der Wohnung aus und überließ diese seinem Schwager. Mit seiner Ehefrau und dem 2020 geborenen gemeinsamen Kind lebt er seither andernorts. Nachdem die Klägerin im Jahr 2018 von dem Auszug des Beklagten erfahren hatte, beauftragte sie den Gutachterausschuss mit der Ermittlung des Wiederkaufspreises, den dieser mit 196.819 € bezifferte. Der Verkehrswert der Wohnung betrug im August 2018 dem Gutachten zufolge 390.000 €. Nachdem ihr Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss gefasst hatte, erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten, dass sie das Wiederkaufsrecht ausübe.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Auflassung des Wohnungseigentums Zug um Zug gegen Zahlung von 196.819 €, die Erstattung von 2.718 € Gutachtenkosten, Feststellung des Gläubigerverzugs hinsichtlich der Zahlung des Wiederkaufpreises und Lastenfreistellung hinsichtlich einer eingetragenen Grundschuld. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil die Ausübung des Wiederkaufsrechts ermessensfehlerhaft und unwirksam sei. Die in den Vertrag aufgenommenen Vergaberichtlinien seien dahingehend zu verstehen, dass der Erwerber seinen Verwandten die Wohnung zur alleinigen Nutzung überlassen dürfe, ohne hierzu zuvor die Gemeinde um Zustimmung bitten zu müssen. Zum Verwandtenkreis sei nach der für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Zweifelsregel (§ 305c Abs. 2 BGB) zudem auch der Schwager des Erwerbers zu zählen, da die Vergaberichtlinien insoweit unklar gefasst seien. Letztlich könne dies aber dahinstehen, weil ein unterstellter Verstoß des Beklagten gegen die Vergaberichtlinien jedenfalls nicht von solchem Gewicht wäre, dass er die Ausübung des Wiederkaufsrechts rechtfertigte. Diese wäre unverhältnismäßig, weil die Klägerin stattdessen auch nur den Nachzahlungsbetrag geltend machen könne. Hierfür spreche, dass der Beklagte nicht unredlich gehandelt, sondern die Wohnung einem nahen Angehörigen überlassen habe und die Bindungszeit zu diesem Zeitpunkt schon zu zwei Drittel abgelaufen gewesen sei. Der Beklagte habe durch die Überlassung der Wohnung an den Schwager auch keine Einnahmen erzielt, weil dieser lediglich die Nebenkosten getragen habe.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin auf Verschaffung des Wohnungseigentums nicht verneint werden.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass in dem zwischen dem Beklagten und dem Bauträger geschlossenen Kaufvertrag wirksam ein Wiederkaufsrecht zugunsten der Gemeinde im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) vereinbart wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verstößt die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde in einem städtebaulichen Vertrag im sogenannten Einheimischenmodell grundsätzlich nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung (vgl. Senat, Urteil vom 15. Februar 2019 - V ZR 77/18, NJW 2019, 2602 Rn. 10; Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14, NJW 2015, 3169 Rn. 10 mwN). Das gilt unabhängig davon, ob die Gemeinde selbst als Verkäuferin auftritt oder ob sie - wie hier - den Vertrieb einem Bauträger überlässt und dieser die Kaufverträge schließt, welche die zur Sicherung des Subventionszwecks erforderlichen (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 24 mwN) Bindungen der Erwerber (hier: Nutzungsbindung) und Sanktionsmöglichkeiten der Gemeinde (hier: Wiederkaufsrecht bzw. ergänzender Kaufpreisanspruch) enthalten.

Gegen die Angemessenheit der Nutzungsbindung von 15 Jahren bestehen im Hinblick auf die Höhe der nach den getroffenen Feststellungen gewährten Verbilligung von 25 bis 30 % auf den Bodenwertanteil keine Bedenken (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105; Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14, NJW 2015, 3169 Rn. 13). Anders als die Revisionserwiderung meint, ist die prozentuale Höhe der Verbilligung nicht auf den Gesamtwert oder -kaufpreis für das Wohnungseigentum zu beziehen, da die (hier mittelbare) Leistung der Gemeinde allein in der Bereitstellung von Bauland besteht. Für die Angemessenheit der Nutzungsbindung kommt es nur auf die hierbei gewährte Subvention an, d.h. auf die Differenz zwischen dem Bodenwertanteil des Kaufpreises und dem marktgerechten Bodenwert, nicht auf den Wert der von dem Erwerber (hier durch einen Bauträger) errichteten Immobilie.

Soweit die Revisionserwiderung Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Nutzungsbindung mit § 11 Abs. 2 BauGB bzw. Art. 6 Abs. 1 GG im Hinblick darauf erhebt, dass auch die Aufnahme von Familienangehörigen in die Wohnung von der Zustimmung der Gemeinde abhängig gemacht wird, teilt der Senat diese Bedenken nicht. Im Hinblick auf den Zweck der vergünstigten Abgabe von Bauland im Einheimischenmodell (hierzu näher unten) besteht ein berechtigtes Interesse der Gemeinde, Kenntnis davon zu erhalten, wenn der Erwerber und Subventionsempfänger - insbesondere bis dahin nicht ortsansässige - Dritte in seine Wohnung aufnimmt. Dass bei der Aufnahme engster Familienangehöriger, insbesondere von Ehegatten/Lebenspartnern und deren (eigenen oder gemeinsamen)

Kindern die Zustimmung regelmäßig zu erteilen sein wird, steht der Wirksamkeit und Angemessenheit der Regelung nicht entgegen.

2. Hinsichtlich der Formwirksamkeit der Ausübung des Wiederkaufsrechts erhebt das Berufungsgericht zu Recht keine Bedenken. Das Gesetz ordnet in § 456 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich an, dass die Ausübung des Wiederkaufsrechts formlos möglich ist. Der eine notarielle Beurkundung vorsehende § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB ist insoweit nicht entsprechend anzuwenden (vgl. Senat, Urteil vom 14. Januar 2000 - V ZR 386/98, NJW 2000, 1332 f. mwN), und zwar auch dann nicht, wenn - wie hier - das Wiederkaufsrecht einem Dritten eingeräumt ist (aA Staudinger/Schermaier, BGB [2024], § 456 Rn. 18 a.E.).

3. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Ausübung des Wiederkaufsrechts durch die Klägerin sei ermessensfehlerhaft und deshalb unwirksam.

a) Dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob das Berufungsgericht davon ausgeht, ein Wiederkaufsfall sei schon nicht eingetreten, weil der Beklagte nicht gegen die vertraglich vereinbarte Nutzungspflicht - bzw. richtigerweise Nutzungsobliegenheit (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn. 11) - verstoßen habe, indem er aus der Wohnung ausgezogen ist und diese ohne Zustimmung der Klägerin seinem Schwager überlassen hat, oder ob es meint, dieses Verhalten stelle zwar einen Verstoß gegen die Vergaberichtlinien dar, dieser sei aber als so geringfügig anzusehen, dass sich die Ausübung des Wiederkaufsrechts als unverhältnismäßig darstelle. Denn einerseits lässt das Berufungsgericht dahinstehen, ob ein Verstoß gegen die Vergaberichtlinien vorliegt, und begründet seine Entscheidung damit, dass sich die Ausübung des Wiederkaufsrechts (jedenfalls) als ermessensfehlerhaft darstelle. Andererseits heißt es in den Urteilsgründen ausdrücklich, der Senat sehe einen solchen Verstoß nicht, und dies wird sodann durch eine Auslegung der in Ziff. 5.1.1.2 und 5.1.1.3 enthaltenen Regelung ausführlich begründet.

b) Letztlich kann dahinstehen, wie das Urteil insoweit zu verstehen ist, weil sich beide Begründungen als rechtsfehlerhaft darstellen.

aa) Die Annahme, der Beklagte habe nicht gegen die Vergaberichtlinien verstoßen, indem er aus der Wohnung ausgezogen sei und diese ohne vorherige Zustimmung der Klägerin seinem Schwager überlassen habe, beruht auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der in Ziff. 5.1.1.2 und 5.1.1.3 der Vergaberichtlinien getroffenen Regelungen.

(1) Es kann dahinstehen, ob die Auslegung dieser Regelungen revisionsrechtlich in vollem Umfang überprüfbar ist, weil es sich - wovon das Berufungsgericht offenbar ausgeht - um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (vgl. Senat, Urteil vom 22. Oktober 2021 - V ZR 69/20, NJW 2022, 614 Rn. 49, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 231, 310), oder ob für städtebauliche Verträge die spezialgesetzliche Rechtsfolgeregelung des § 11 Abs. 2 BauGB die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB auch dann verdrängt, wenn der Vertrag - wie hier nach dem 31. Dezember 1994 geschlossen wurde, was der Senat bisher offengelassen hat (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 98 ff.; Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 8 mwN). Denn die Auslegung einer (individual)vertraglichen Regelung durch den Tatrichter ist im Revisionsverfahren jedenfalls eingeschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob der Tatrichter die gesetzlichen Auslegungsregeln, die anerkannten Auslegungsgrundsätze, die Denkgesetze und die Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrundeliegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler festgestellt hat (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 28. Februar 2025

- V ZR 246/23, juris Rn. 10), und die Auslegung der Vertragsklauseln durch das Berufungsgericht ist in dieser Hinsicht zu beanstanden.

(a) Das Berufungsgericht zieht einen Umkehrschluss aus der Formulierung des Nutzungs- und Veräußerungsverbots in Ziffer 5.1.1.3 der Vergaberichtlinien. Dürfe der Erwerber das errichtete Wohngebäude danach weder ganz noch teilweise und weder entgeltlich noch unentgeltlich anderen Personen als den in der vorherigen Klausel genannten Verwandten überlassen, müsse eine Überlassung an den begünstigten Personenkreis demnach - auch ohne Zustimmung der Gemeinde - zulässig sein und zwar auch dann, wenn diese vollständig und entgeltlich erfolge. Wenn der begünstigte Personenkreis „seinen Ehegatten/Lebenspartner, seine Abkömmlinge, Eltern oder Großeltern sowie Geschwister“ umfasse, müssten damit zudem nicht zwingend die Abkömmlinge, Eltern oder Großeltern sowie Geschwister des Erwerbers gemeint sein, es könnten auch die Geschwister seines Ehegatten zum begünstigten Personenkreis zählen. Denn das Possessivpronomen „sein“ sei nur vor die angeführten Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge des Erwerbers gesetzt worden.

(b) Diese Auslegung des Berufungsgerichts ist mit Wortlaut und Systematik der Bestimmungen nicht zu vereinbaren.

(aa) Der Umkehrschluss widerspricht der Systematik der Regelungen. Die Überlassung an Verwandte wird nicht in Ziff. 5.1.1.3, sondern in der vorherigen Ziff. 5.1.1.2 der Vergaberichtlinien geregelt. Wäre es nach Ziff. 5.1.1.3, wie von dem Berufungsgericht angenommen, zulässig, die Wohnung den in Ziff. 5.1.1.2 genannten Verwandten ganz und ohne Zustimmung der Gemeinde zu überlassen, so wäre die vorangehende Überlassungsregelung insgesamt bedeutungslos. Insbesondere liefen die dort vorgesehenen Beschränkungen auf die gemeinschaftliche Mitbenutzung mit dem Erwerber und das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung der Gemeinde gänzlich leer. Ein derartiges Verständnis der Vergaberichtlinien der Klägerin scheidet in Ermangelung besonderer Anhaltspunkte für einen entsprechenden Parteiwillen aus. Dies gilt umso mehr, als sich die weite Formulierung der in Ziff. 5.1.1.3 enthaltenen nachfolgenden Klausel ohne weiteres dahingehend erklärt, dass eine andere als die in 5.1.1.2 erwähnte Überlassung an Dritte ausnahmslos und in jeder Gestaltung ausgeschlossen sein soll. Auch ihrem Wortlaut nach („ferner verboten“, „Nutzungs- und Veräußerungsverbot“) soll die Bestimmung zudem keine über die in der vorherigen Klausel hinausgehende Erlaubnis der Nutzungsweitergabe regeln, sondern ausschließlich ein weiteres Verbot aufstellen.

(bb) Die Annahme, der Bruder der Ehefrau (Schwager) sei einem eigenen Bruder des Erwerbers gleichzustellen, ist mit dem Wortlaut der Regelungen nicht zu vereinbaren. Es besteht kein Zweifel daran, dass mit den in Ziff. 5.1.1.2 genannten Geschwistern nur solche des Erwerbers gemeint sind. Die (nur einmalige) Wiederholung des Possessivpronomens „sein“ hat ersichtlich allein sprachliche Gründe. Nach dem von dem Berufungsgericht für möglich gehaltenen Verständnis wäre nicht erkennbar, weshalb der Kreis begünstigter Eltern, Großeltern und Geschwister überhaupt eingeschränkt sein und sich nur auf solche des Erwerbers oder seines Ehegatten beziehen sollte, sodass die Klausel jeden Bezug zu Verwandtschaft oder Schwägerschaft des Erwerbers verlöre. Dass die Auflistung so nicht gemeint sein kann, weil der Kreis der Begünstigten anderenfalls auch jedwede Eltern und Geschwister eines sonstigen Dritten erfasste und damit uferlos wäre, ist ohne weiteres ersichtlich.

(c) Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus der Regelung des § 305c Abs. 2 BGB, nach der Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.

Dabei kann dahinstehen, ob die §§ 305 ff. BGB auf den vom Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag überhaupt anzuwenden sind (s.o. Rn. 15). Denn die Unklarheitenregelung des § 305c BGB ist nicht schon dann anzuwenden, wenn Streit über die Auslegung besteht. Die Norm kommt vielmehr erst dann zur Anwendung, wenn nach Ausschöpfung der für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Betracht kommenden Methoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. Senat, Urteil vom 29. Mai 2009 - V ZR 201/08, NJW-RR 2010, 63 Rn. 13; Urteil vom 22. Oktober 2021 - V ZR 69/20, NJW 2022, 614 Rn. 49; Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 17; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - I ZR 130/19, NJW 2021, 771 Rn. 44 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Der von dem Berufungsgericht für denkbar gehaltene Inhalt kommt den Klauseln nicht zu.

(d) Das Berufungsgericht lässt bei seiner Auslegung zudem außer Acht, dass bei der Auslegung von Verträgen, die eine Gemeinde im Rahmen eines Einheimischenmodells abschließt, die besondere Zweckbestimmung der verbilligten Abgabe von Bauland und die Funktion der die Zwecke absichernden Regelungen zu berücksichtigen sind.

(aa) Beim sog. „Einheimischenmodell“ soll in Gemeinden, die eine starke Nachfrage nach Bauland durch auswärtige Interessenten verzeichnen, Einheimischen (näher zum heutigen unionsrechtlich geprägten Verständnis des Begriffs „Einheimische“ Grziwotz, ZfIR 2017, 221) der Erwerb von Bauflächen zu bezahlbaren, in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preisen ermöglicht werden. Eine Veräußerung unter dem Verkehrswert ist den Gemeinden wegen des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel nur gestattet, wenn dies der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient und die zweckentsprechende Mittelverwendung sichergestellt wird. Gemeinden, die zur Förderung des Wohnbaus von Einheimischen Grundstücke verbilligt verkaufen, sind daher nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, für eine vertragliche Absicherung des - den verbilligten Grundstücksverkauf rechtfertigenden - Ziels der Einheimischenförderung Sorge zu tragen. Sie müssen insbesondere sicherstellen, dass die bevorzugten Käufer die auf den Grundstücken zu errichtenden Eigenheime für einen bestimmten Zeitraum selbst nutzen und nicht auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielen, indem sie das verbilligte Bauland alsbald zum Verkehrswert weiterveräußern oder den Grundbesitz an Dritte vermieten. Vertragliche Regelungen, die entsprechende Bindungen begründen, schaffen mithin erst die (öffentlich-)rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands (zum Ganzen Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 24 mwN). Die Gemeinde muss namentlich sicherstellen, dass die bevorzugten ortsansässigen Käufer die auf den Grundstücken zu errichtenden Wohnungen zumindest für einen bestimmten Zeitraum tatsächlich selbst nutzen, dass also die ihnen aus staatlichen Mitteln gewährte Vergünstigung ihren Zweck erfüllt, den Bau eigengenutzten Wohnraums bei Vermeidung von Bodenspekulationen zu fördern (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 104; Urteil vom 21. Juli 2006 - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 14).

(bb) Die vertraglichen Regelungen, die erst die (öffentlich-)rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands schaffen, müssen von den Zivilgerichten daher auch vor diesem Hintergrund interpretiert werden (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn. 12; Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, ZfIR 2023, 139 Rn. 24; Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 96, 103 f.). Dabei ist die besondere Interessenlage der Gemeinden beim Abschluss von Verträgen im Einheimischenmodell zu berücksichtigen (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 102).

(cc) Die hier verwendeten Klauseln können danach nur so verstanden werden, dass es dem Erwerber bis zum Ende der Bindungszeit obliegen soll, die Wohnung selbst zumindest mit zu nutzen. Eine vollständige Überlassung der Wohnung zur Fremdnutzung an den Ehegatten oder Lebenspartner des Erwerbers, seine Abkömmlinge, Eltern, Großeltern oder Geschwister sowie sonstige Dritte - etwa wie hier den Schwager - soll nur mit schriftlicher Zustimmung der Gemeinde zulässig sein. Nur diese Auslegung wird dem Umstand gerecht, dass die Gemeinde bei der Veräußerung der Grundstücke - selbst oder durch einen Dritten - zu prüfen hat, ob der jeweilige Kaufinteressent in seiner Person die Voraussetzungen des Einheimischenmodells erfüllt und - sofern dies auf mehrere Interessenten zutrifft - gegebenenfalls Kriterien für die Auswahl aufzustellen. Wäre der Erwerber sodann berechtigt, ohne Zustimmung der Gemeinde aus der erworbenen Wohnung auszuziehen und diese an vertraglich gegenüber der Gemeinde nicht gebundene entferntere Familienmitglieder oder - als Konsequenz der Auslegung des Berufungsgerichts - sogar sonstige Dritte zur eigenständigen Nutzung zu überlassen, liefe die von der Gemeinde vorgenommene Auswahl leer und wäre die Einhaltung des Subventionszwecks nicht mehr gewährleistet. An die Stelle der Eigennutzung durch den ausgewählten Erwerber träte ein freies Überlassungsrecht innerhalb eines weiten Personenkreises.

(2) Nach der gebotenen Auslegung der Vergaberichtlinien, die der Senat - da insoweit keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu erwarten sind selbst vornehmen kann, ist die Regelung somit dahingehend zu verstehen, dass sie dem Beklagten die Aufgabe der Eigennutzung vor Ablauf von 15 Jahren im Sinne einer Obliegenheit untersagt und die Überlassung der Wohnung an seinen Schwager jedenfalls von einer vorherigen schriftlichen Zustimmung durch die Klägerin abhängig macht. Gegen diese Vorgabe hat der Beklagte verstoßen.

bb) Unzutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass dieser Verstoß als geringfügig anzusehen ist und sich die Entscheidung der Klägerin, das ihr eingeräumte Wiederkaufsrecht auszuüben, deswegen als ermessensfehlerhaft darstellt mit der Folge, dass die Ausübung des Rechts unwirksam ist.

(1) Richtig ist allerdings, dass die Gemeinde in der Ausübung des Wiederkaufsrechts nicht frei ist. Sie hat mit dem von dem Bauträger abgeschlossenen Vertrag ein Einheimischenmodell verwirklicht und damit eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen. Dabei unterliegt sie ungeachtet des privatrechtlichen Charakters des Vertrags öffentlich-rechtlichen Bindungen. Die Gemeinde ist verpflichtet, vor der Ausübung eines ihr aus der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zustehenden Rechts im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob und inwieweit eine Geltendmachung des Rechts im Interesse der Sicherung des mit ihm verfolgten Zwecks geboten ist oder eine vermeidbare Härte darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 9, 29; Urteil vom 21. Juli 2006 - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 10; Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 106 sowie - zu einem Heimfallanspruch - Senat, Urteil vom 19. Januar 2024 - V ZR 191/22, NJW-RR 2024, 506 Rn. 34). Sie muss nicht nur die Grundrechte, insbesondere den Gleichheitssatz, beachten, sondern auch das Übermaßverbot einhalten (vgl. Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 19; Urteil vom 21. Juli 2006 - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 10; Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 106; Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 9).

(2) Nach diesen Maßstäben ist die Ausübung des Wiederkaufsrechts auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Durch die Aufgabe der Wohnung verstieß der Beklagte gegen die ihn treffende „Nutzungs- pflicht“ (Ziff. 5.1.1.2), durch die Überlassung an seinen Schwager ohne Zustimmung der Gemeinde gegen das ihm auferlegte „Nutzungs- und Veräußerungsverbot“ (Ziff. 5.1.1.3). Die Bedingungen für den vergünstigten Erwerb von Wohnraum durch den Beklagten lagen damit nicht mehr vor. Dass es dem Beklagten nicht zumutbar gewesen wäre, sich zur Einholung der erforderlichen vorherigen Zustimmung an die Klägerin zu wenden, ist ebenso wenig festgestellt wie das Vorliegen persönlicher Umstände, nach denen die Ausübung des Wiederkaufsrechts für den Beklagten, der mit seiner Familie anderweitig Wohnraum gefunden hatte, eine besondere Härte darstellen würde. Die Klägerin durfte in dieser Lage ohne Ermessensfehler das ihr vertraglich vorbehaltene Wiederkaufsrecht ausüben, um die nicht zweckentsprechende Verwendung des überlassenen Wohnraums zu beenden. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass in Ermangelung besonderer Umstände die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG) das Interesse des Empfängers einer - hier in der Verbilligung des grundstücksbezogenen Kaufpreisanteils liegenden - Subvention überwiegen, die Zuwendung ohne zweckentsprechende Nutzung (in vollem Umfang) behalten zu dürfen (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 31). Dies benachteiligt den Käufer nicht unbillig, da seine durch das Wiederkaufsrecht bewirkte Bindung den Preis für den verbilligten Erwerb des Grundstücks bildet (vgl. Senat, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14, NJW 2015, 3169 Rn. 16).

(3) Unerheblich ist, ob der Schwager des Beklagten seinerseits die Voraussetzung für einen verbilligten Grunderwerb im Einheimischenmodell erfüllt hätte. Denn die Einholung der vorherigen Zustimmung soll die Gemeinde auch in die Lage versetzen zu prüfen, ob die vertraglichen Bindungen an den Erwerber weitergegeben und hinreichend abgesichert werden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 16, 21). Bei einer Überlassung der Nutzung muss die Gemeinde zumindest prüfen können, ob der neue Nutzer selbst zum Erwerb eines Grundstücks im Einheimischenmodell berechtigt wäre (vgl. Hertel, Einheimischenmodelle an der Schnittstelle zwischen Öffentlichem Recht und Zivilrecht - Zur Gestaltung von Einheimischenmodellen im Zwischenerwerbsmodell, in Notarielle Vertragsgestaltung für Kommunen, 2003, S. 166, 195). Diese Möglichkeit wird ihr genommen, wenn der Erwerber ohne Einholung der Zustimmung auszieht und die Wohnung einem Dritten überlässt. Könnte der Erwerber sodann gegen die Ausübung des Wiederkaufsrechts einwenden, der neue Nutzer erfülle seinerseits die Erwerbsvoraussetzungen, dann liefe das Erfordernis der vorherigen Zustimmung im Ergebnis leer. Vorliegend kommt hinzu, dass nach den getroffenen Feststellungen der Schwager des Beklagten bereits im Sommer 2020 ebenfalls aus der Wohnung ausgezogen ist, die seitdem leer steht. Diesen Leerstand musste die Klägerin nicht hinnehmen, nachdem sie das Grundstück ursprünglich gerade veräußert hat, um der Knappheit des für Einheimischen verfügbaren Wohnraums entgegenzuwirken und dessen bessere Ausnutzung zu erreichen.

(4) Soweit das Berufungsgericht meint, es sei kein sachlicher Grund dafür zu erkennen, dass nach der vertraglichen Regelung zwar ein Bruder des Erwerbers ohne vorherige Prüfung als „Ersatznutzer“ akzeptiert werde, jedoch im Einzelfall der Bruder der Ehefrau des Erwerbers allein wegen des gemeindlichen „Auswahlwunsches“ abgelehnt werde, liegt dem ein fehlerhaftes Verständnis der Überprüfung der gemeindlichen Ermessensentscheidung hinsichtlich der Ausübung des Wiederkaufsrechts zugrunde. Es obliegt der Entscheidung der Gemeinde, wie weit der Kreis der Erwerbs- und Nutzungsberechtigten bei der verbilligten Abgabe von Bauland im Einheimischenmodell gezogen werden soll. Die Entscheidung über die Vergabe, d.h. über das „Ob“ des Verkaufs, kann ggf. im Verwaltungsrechtsweg überprüft werden (vgl. Hamdorf, NZM 2023, 857, 861). Regelungen zu Nutzungsbindungen und Sanktionen in den Kaufverträgen sind zivilrechtlich am Maßstab des § 11 Abs. 2 BauGB zu messen. Es ist aber nicht Sache der Zivilgerichte, ihre eigene Auffassung zu sachgerechten Ausnahmen von der Nutzungsbindung über die insoweit bestehende Gestaltungsbefugnis der Gemeinde zu stellen und eine für nicht sachgerecht gehaltene vertragliche Ausnahmeregelung auf der Ebene der Kontrolle des gemeindlichen Ermessen bei der Wahrnehmung vertraglicher Rechte zu korrigieren.

cc) Die Geltendmachung des Wiederkaufsrechts ist - anders als von dem Berufungsgericht angenommen - auch im Übrigen mit dem Übermaßverbot vereinbar.

(1) Die ermessensgerechte Ausübung des Wiederkaufsrechts setzt zunächst entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine Absicht des Erwerbers zu unredlichem Handeln oder zum Erzielen von Spekulationsgewinnen voraus. Die dem Erwerber auferlegten Bindungen dienen - wie ausgeführt (s.o. Rn. 22) - dazu, den Förderungszweck vertraglich abzusichern. Dieser liegt indes vorrangig darin, der einkommensschwächeren örtlichen Bevölkerung Wohnraum zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Gefährdung dieses Ziels hängt bei einer Aufgabe der Nutzung durch den Erwerber nicht davon ab, welche Beweggründe er bei seinem Handeln verfolgt und ob er seinen Vertragsverstoß gegenüber der Gemeinde verheimlicht. Das Vorliegen derartiger Umstände kann zwar die Schutzwürdigkeit des Erwerbers mindern; ihr Fehlen lässt die Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen Vertragsfolge aber nicht entfallen. Eine Gemeinde darf ihr im Rahmen eines Einheimischenmodells vereinbartes Wiederkaufsrecht daher auch dann ausüben, wenn der Erwerber die geförderte Nutzung des erworbenen Grundstücks aufgibt, ohne dieses veräußern zu wollen, und auch dann, wenn er seinen Verstoß gegenüber der Gemeinde nachträglich offenlegt.

(2) Dies belastet den Erwerber insbesondere dort nicht unangemessen, wo seinen Interessen durch die in dem Kaufvertrag für den Fall des Wiederkaufs getroffenen Regelung in besonderem Maße Rechnung getragen wird. So ist es hier. Dem Beklagten verbleibt bei Ausübung des Wiederkaufsrechts durch die Klägerin anteilig die bis zu seinem Verstoß gegen die Vergaberichtlinien eingetretene Bodenwertsteigerung. Denn die Klägerin schuldet nach der getroffenen Regelung als Wiederkaufspreis neben dem ursprünglich gezahlten Kaufpreis unter anderem einen Zusatzbeitrag in Höhe der anteiligen Differenz zum Verkehrswert des Grundstücks bei Eintritt der Wiederkaufberechtigung. Nach der Rechtsprechung des Senats wäre es hingegen im Grundsatz auch nicht unbillig, den Preis, zu welchem verkauft worden ist, als Wiederkaufspreis zu vereinbaren, wie es der Zweifelsregelung des § 456 Abs. 2 BGB entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 144/21, NVwZ 2023, 539 Rn. 15; Urteil vom 29. Oktober 2010 - V ZR 47/10, juris Rn. 13; Urteil vom 29. Oktober 2010 - V ZR 48/10, NJW 2011, 515 Rn. 11); das gilt auch dann, wenn die Gemeinde hierdurch im Wiederkaufsfall die gesamte Bodenwertsteigerung für sich vereinnahmt (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105 f.). Eine höhere Bemessung des Wiederkaufpreises mildert hingegen die Folgen der Ausübung des Wiederkaufsrechts für den Erwerber ab, was bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist.

(3) Schon aus diesem Grund führt es, anders als das Berufungsgericht meint, auch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Ausübung des Wiederkaufsrechts, dass zum Zeitpunkt des Auszugs des Beklagten mehr als zehn Jahre und damit über zwei Drittel der Bindungsfrist bereits abgelaufen waren. Abgesehen davon, dass die Bindungsfrist von 15 Jahren im Grundsatz ohnehin nicht zu beanstanden ist (oben Rn. 8), wird dem Zeitablauf bereits durch die entsprechende Erhöhung des Wiederkaufspreises hinreichend Rechnung getragen; dem Beklagten kommen auf diese Weise im Ergebnis mehr als zwei Drittel der eingetretenen Bodenwertsteigerung zugute.

dd) Die Klägerin ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht darauf beschränkt, anstelle der Ausübung des Wiederkaufsrechts vom Beklagten eine Nachzahlung auf den seinerzeit von ihm gezahlten Kaufpreis zu verlangen.

(1) Die Ausübung eines Wiederkaufsrechts ist gegenüber der Forderung einer Nachzahlung nicht als subsidiär oder gar als ultima ratio anzusehen. Vielmehr steht es - vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen - im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde, ob sie bei einer Obliegenheits- oder Pflichtverletzung des Erwerbers das Wiederkaufsrecht ausübt oder ob sie die Nachzahlung des Verbilligungsabschlags verlangt. Dies hat der Senat zum umgekehrten Einwand eines Vorrangs des Wiederkaufsrechts ausdrücklich entschieden (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 63/09, NVwZ 2010, 531 Rn. 11). Ebenso wenig kommt dem Nachzahlungsanspruch ein genereller Vorrang vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts zu. Denn der Sinn eines Nachzahlungsanspruchs liegt gerade darin, der Gemeinde bei einem Verstoß des Erwerbers gegen die vertraglichen Bindungen eine Handlungsalternative zu verschaffen, wenn sie das Wiederkaufsrecht nicht sinnvoll einsetzen kann, etwa weil sie die zur Zahlung des Wiederkaufspreises erforderlichen zusätzlichen Mittel nicht aufbringen kann oder einsetzen darf (vgl. Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 11, 17) oder weil die Immobilie selbst für die Gemeinde nicht sinnvoll nutzbar oder verwertbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2024 - V ZR 191/22, NZM 2024, 201 Rn. 25 zum Heimfallanspruch bei einer Moschee). Wo ihr dies hingegen möglich ist, steht es in ihrem Ermessen, stattdessen das ihr zustehende Wiederkaufsrecht auszuüben.

(2) Die Nachforderung ist im Vergleich zur Ausübung des Wiederkaufsrechts zudem schon deshalb kein milderes Mittel, weil sie nicht gleich geeignet ist, das Ziel der Einheimischenförderung (noch) zu erreichen. Der Anspruch auf Rückübertragung des Wohnungseigentums versetzt die Gemeinde nämlich in die Lage, dieses erneut im Rahmen des Einheimischenmodells zu verwenden. Die Nachforderung führte hingegen nur dazu, dass die Gemeinde für das Grundstück nachträglich einen marktgerechten Preis erzielt, und widerspricht damit ihrer ursprünglichen Entscheidung, dieses stattdessen für Förderzwecke zu nutzen.

III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO), namentlich zur Höhe der Zug um Zug gegen die Übertragung des Wohnungseigentums von der Gemeinde zu leistenden Zahlung. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).

Brückner Haberkamp Hamdorf Laube Grau Vorinstanzen:

LG München I, Entscheidung vom 12.10.2021 - 5 O 2927/20 OLG München, Entscheidung vom 28.11.2023 - 5 U 7867/21 - Verkündet am: 23. Mai 2025 Rinke, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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