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I ZB 50/24

BUNDESGERICHTSHOF I ZB 50/24 BESCHLUSS vom 24. April 2025 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren ECLI:DE:BGH:2025:240425BIZB50.24.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler und die Richterinnen Dr. Schwonke, Pohl und Wille beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 19. Juni 2024 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Gründe: 1 A. Für die Markeninhaberin ist die am 10. Juni 2008 angemeldete abstrakte Farbmarke Nr. 30 2008 037 660 "Orange" am 25. Februar 2009 als verkehrsdurchgesetzte Marke für juristische Fachzeitschriften in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden, ohne dass ein demoskopisches Gutachten vorgelegt worden ist. Im Register wird die Marke wie folgt beschrieben: "Es handelt sich um eine Farbmarke ('NJW-Orange'). Der Farbton ist nach dem international anerkannten L *a*b*-System eindeutig wie folgt definiert: L: 57,30/a: 59,69/b: 47,25. Es handelt sich bei der Farbmarke nicht um einen im RAL-, Pantone- oder HKS-System verzeichneten Farbton, sondern um einen extra für die Anmelderin angemischten Farbton mit der internen Bezeichnung des Herstellers K+E 194 156. Die Marke wird seit vielen Jahren für die Neue Juristische Wochenschrift, Deutschlands mit Abstand größte und bekannteste juristische Fachzeitschrift und deren Werbung benutzt. Sie wird von keiner anderen juristischen Fachzeitschrift in Deutschland verwendet." Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke unter anderem mit der Begründung beantragt, die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der nicht unterscheidungskräftigen Marke lägen nicht vor. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag widersprochen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Das Bundespatentgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen (BPatG, GRUR 2020, 878 = WRP 2020, 894). Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (BGH, Beschluss vom 22. Juli 2021 - I ZB 16/20, GRUR 2021, 1526 = WRP 2021, 1566 - NJW-Orange). Das Bundespatentgericht hat nach Einholung eines demoskopischen Gutachtens die Beschwerde der Antragstellerin erneut zurückgewiesen (BPatG, Beschluss vom 19. Juni 2024 - 29 W [pat] 24/17, juris).

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Markeninhaberin beantragt, und rügt eine Verletzung ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör und eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des beschließenden Senats des Bundespatentgerichts.

B. Das Bundespatentgericht hat angenommen, der Löschungsantrag der Antragstellerin sei nicht begründet. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Im Streitfall sei noch die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden, nach der eine eingetragene Marke nur dann für nichtig erklärt und gelöscht wird, wenn die in der Vorschrift genannten Schutzhindernisse auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde vorliegen. Diese Voraussetzungen für die Nichtigerklärung und Löschung der angegriffenen Marke lägen nicht vor. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sei jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2024 für juristische Fachzeitschriften im Wege der Verkehrsdurchsetzung im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Es könne daher offenbleiben, ob eine Verkehrsdurchsetzung im Anmeldezeitpunkt vorgelegen habe. Die Markeninhaberin habe den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung für den Entscheidungszeitpunkt aufgrund der Gesamtschau der Umstände, die bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung herangezogen werden könnten, geführt. Hierzu zählten die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung sowie das im wiedereröffneten Beschwerdeverfahren vom Gericht eingeholte und am 19. Oktober 2023 vorgelegte Gutachten der I. GmbH.

C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete, nicht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

I. Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) und einen Besetzungsmangel (§ 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG). Diese Rügen hat die Rechtsbeschwerde im Einzelnen begründet. Darauf, ob die Rügen durchgreifen, kommt es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. Juli 2017 - I ZB 59/16, GRUR 2018, 111 [juris Rn. 7] = WRP 2018, 197 - PLOMBIR; Beschluss vom 26. September 2024 - I ZB 63/23, GRUR 2025, 686 [juris Rn. 15]).

II. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Bundespatentgericht hat den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt (dazu C II 1). Es war jedoch entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde bei Erlass der angegriffenen Entscheidung vorschriftsmäßig besetzt (dazu C II 2).

1. Die Rechtsbeschwerde macht zu Recht geltend, der Antragstellerin sei im Verfahren vor dem Bundespatentgericht in entscheidungserheblicher Weise das rechtliche Gehör im Sinne von § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG versagt worden.

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (BVerfG, NJW 2009, 1584 [juris Rn. 14]; FamRZ 2013, 1953 [juris Rn. 14] mwN). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt auch dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2023 - I ZR 106/22, MMR 2023, 504 [juris Rn. 13] mwN).

b) Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Bundespatentgericht den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt hat, dass es deren Vortrag zu einer Werbekampagne der Markeninhaberin, die sich zeitlich teilweise mit der Einholung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens überschnitten hat, nicht hinreichend berücksichtigt hat.

aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, die Antragstellerin werfe zu Recht die Frage auf, ob durch die Werbekampagne "Jura ist Orange" der Markeninhaberin die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens in ihrer Aussagekraft beeinträchtigt seien. Bei einer Umfrage ermittelte Werte könnten unverwertbar sein, wenn sie durch eine unmittelbar vor einer Umfrage durchgeführte umfangreiche Sonderwerbung verfälscht würden. Davon könne jedoch vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Verkehrsumfrage sei im Zeitraum vom 22. Juli 2023 bis 31. August 2023 erfolgt. Die Werbekampagne "Jura ist Orange" sei nicht unmittelbar vor der Umfrage durchgeführt worden, sondern ab dem 10. August 2023 und damit ab der Mitte des Umfragezeitraums. Jedenfalls die davor befragten Personen könnten daher schon nicht durch die Werbemaßnahme beeinflusst worden sein. Die Markeninhaberin habe die Kampagne unstreitig in ihrer eigenen Datenbank "B. -Online" durchgeführt. Dass darüber hinaus in der Printausgabe der NJW, anderen Titeln der Markeninhaberin oder in Fachzeitschriften von Konkurrenzverlagen diese Werbung stattgefunden habe, sei von der Antragstellerin weder vorgetragen worden noch habe sich dies bei den entsprechenden Recherchen des Senats feststellen lassen. Die von der Antragstellerin eingereichten Treffer einer Google-Suche seien nicht aussagekräftig, weil diese Suche mit dem konkreten Stichwort "Jura ist Orange" durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin habe zwar Belege für die Werbekampagne in dem sozialen Netzwerk Facebook und dem beruflichen Netzwerk LinkedIn vorgelegt, allerdings nicht beziehungsweise nicht ausreichend dargelegt, welche Teile des juristischen Fachpublikums in welchem Umfang (über Zugänge/Follower/Verlinkungen) hierdurch überhaupt angesprochen würden. Bei Studenten und Rechtsanwälten liege es näher, dass diese sich regelmäßig in diesem beruflichen Netzwerk bewegten. Bei Staatsanwälten und Richtern dürfte dies weniger der Fall sein. Es könne jedenfalls nicht festgestellt werden, dass durch die Werbung in diesen Medien überhaupt ein derart hoher Auffälligkeitsgrad und eine solch große Breitenwirkung habe erzielt werden können, dass sie bei einem relevanten Teil des angesprochenen Publikums zu einer unzulässigen Meinungsbeeinflussung hätte führen können.

Selbst wenn man wegen der Werbekampagne der Markeninhaberin die Aussagekraft der Ergebnisse des I. -Gutachten als etwas vermindert ansehen würde und daher den für eine Verkehrsdurchsetzung sprechenden namentlichen Zuordnungsgrad von 55,6 % bzw. 57,1 % der Befragten allein als Nachweis der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke nicht ausreichen ließe, werde das Gutachtenergebnis durch die weiteren Umstände bestätigt, die bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung herangezogen werden könnten. In der Gesamtschau rechtfertigten die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer und Regelmäßigkeit der Benutzung zusammen mit dem Verkehrsgutachten den Schluss, dass sich der Farbton Orange im angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis durchgesetzt habe.

bb) Aus diesen Ausführungen des Bundespatentgerichts geht hervor, dass es den von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügten Vortrag der Antragstellerin zumindest teilweise zur Kenntnis genommen hat. Es hat berücksichtigt, dass die Markeninhaberin eine Werbekampagne "Jura ist Orange" durchgeführt und dass diese Kampagne teilweise während der vom gerichtlichen Sachverständigen durchgeführten Verkehrsbefragung im vorliegenden Verfahren stattgefunden hat. Es hat außerdem zur Kenntnis genommen, dass diese Werbeaktion nicht nur auf den Internetseiten der Datenbank der Markeninhaberin "B. -Online", sondern auch in verschiedenen sozialen Netzwerken durchgeführt worden ist und Personen erreicht hat, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, nämlich zu dem juristischen Fachpublikum.

cc) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Recht, dass das Bundespatentgericht überhöhte Anforderungen an den Vortrag der Antragstellerin gestellt hat, mit dem sie geltend gemacht hat, dass die Werbekampagne der Markeninhaberin das Ergebnis des vom Bundespatentgericht in Auftrag gegebenen demoskopischen Gutachtens beeinflusst haben könnte. Dadurch hat das Bundespatentgericht diesen Vortrag der Antragstellerin in gehörsverletzender Weise unberücksichtigt gelassen.

Unstreitig hat die Markeninhaberin während der demoskopischen Befragung durch den vom Bundespatentgericht beauftragten Sachverständigen eine Werbekampagne durchgeführt, in der der von der angegriffenen Marke geschützte Farbton hervorgehoben worden ist. Es liegt auf der Hand, dass diese Werbekampagne das Ergebnis der zeitgleich laufenden demoskopischen Befragung beeinflusst haben und seine Verwertbarkeit im vorliegenden Verfahren in Frage stellen kann.

Das Bundespatentgericht hat in seine Überlegungen, ob die Werbekampagne das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens beeinflusst haben könnte, die Tatsache nicht einbezogen, dass es sich vorliegend um eine Werbekampagne der Markeninhaberin handelte, zu der die Antragstellerin aus eigener Wahrnehmung nur eingeschränkt vortragen konnte, und dass die Markeninhaberin sich zu Art, Umfang und Dauer ihrer eigenen Werbekampagne nicht geäußert hat. Im Hinblick auf diese Umstände war es nicht Aufgabe der Antragstellerin, weitere Einzelheiten zu der Werbekampagne der Markeninhaberin vorzutragen und zu der Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens hiervon beeinflusst worden sein könnte. Vielmehr traf die Markeninhaberin die Pflicht, näher darzulegen, dass Letzteres nicht der Fall war. Eine solche Pflicht ist nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn ein Verfahrensbeteiligter - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muss und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209 [juris Rn. 18]).

c) Diese Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich.

aa) Nach der im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung des Senats obliegt es dem Markeninhaber, diejenigen Umstände nachzuweisen, aus denen sich der (Fort-)Bestand seiner Marke ergibt (BGH, GRUR 2021, 1526 [juris Rn. 39] - NJW-Orange). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs können bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke infolge Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat, der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und von anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden. Wenn die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung besondere Schwierigkeiten bereitet, verbietet es das Unionsrecht nicht, die Frage der Unterscheidungskraft der Marke durch eine Verbraucherbefragung klären zu lassen, die häufig das zuverlässigste Beweismittel zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung darstellt. Bei der Frage, ob sich eine Farbe im Verkehr als Marke durchgesetzt hat, wird sich die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung im Regelfall erst nach Vorlage eines methodisch einwandfreien Parteigutachtens oder eines von Amts wegen einzuholenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens treffen lassen (BGH, GRUR 2021, 1526 [juris Rn. 32] - NJW-Orange, mwN). Ein solches Parteigutachten oder gerichtliches Sachverständigengutachten zur Verkehrsdurchsetzung kann nur dann repräsentative Ergebnisse liefern, wenn der Markeninhaber nicht zeitgleich oder in zeitlichem Zusammenhang mit der demoskopischen Befragung Werbekampagnen startet, die die in Rede stehende Marke besonders hervorheben.

bb) Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundespatentgericht bei Berücksichtigung des von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügten Vorbringens der Antragstellerin zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass der Markeninhaberin der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke nicht gelungen ist.

(1) Eine Werbekampagne wie diejenige, die die Markeninhaberin im Streitfall während des Befragungszeitraums geschaltet hat, kann die Aussagekraft des vom Bundespatentgericht eingeholten demoskopischen Gutachtens beeinträchtigen oder dazu führen, dass es im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar ist. Dies folgt bereits daraus, dass die Markeninhaberin mit der Datenbank "B. Online", auf der die Werbekampagne durchgeführt wurde, eine der führenden juristischen Datenbanken betreibt, die von den juristischen Fachkreisen als den angesprochenen Verkehrskreisen für die tägliche Arbeit benutzt wird. Eine Beeinträchtigung der Aussagekraft des gerichtlichen Sachverständigengutachtens ist ebenfalls denkbar, soweit die Werbekampagne der Markeninhaberin in dem Netzwerk LinkedIn durchgeführt worden ist, weil dieses Netzwerk nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts von Rechtsanwälten und Studenten genutzt wird und diese Personengruppe den Großteil der Befragten im gerichtlichen Gutachten ausgemacht hat.

(2) Diese Umstände führen dazu, dass auch die weiteren Ausführungen des Bundespatentgerichts seine Entscheidung nicht tragen.

Das Bundespatentgericht hat angenommen, selbst wenn man wegen der Werbekampagne der Markeninhaberin die Aussagekraft des vom Gericht eingeholten demoskopischen Gutachten als etwas vermindert ansähe, werde das Ergebnis des Gutachtens jedenfalls durch die weiteren Umstände bestätigt, die bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung herangezogen werden könnten. Hierfür sprächen die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer beziehungsweise Regelmäßigkeit der Benutzung.

Diese Erwägungen beziehen das Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens in eine Gesamtbetrachtung ein, deren Ergebnis sich ändern kann, wenn seine Aussagekraft in größerem als bisher vom Bundespatentgericht angenommenen Umfang erschüttert wird. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob, wie die Rechtsbeschwerde rügt, es zu den weiteren Umständen, die das Bundespatentgericht in diesem Zusammenhang für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag herangezogen hat, an Vortrag der Markeninhaberin fehlt.

2. Die Rechtsbeschwerde rügt dagegen ohne Erfolg, das Bundespatentgericht sei bei dem Erlass des angegriffenen Beschlusses nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.

a) Nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG ist die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnet, wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass eine Entscheidung durch einen Senat des Bundespatentgerichts getroffen wird, der gemäß § 67 Abs. 1 MarkenG als Beschwerdesenat eingerichtet ist und dessen Besetzung unter Einhaltung der Regeln des Geschäftsverteilungsplans (§ 21e GVG) und der senatsinternen Mitwirkungsregeln (§ 21g GVG) gebildet worden ist. Erfasst wird hiervon, dass ein Richter mitgewirkt hat, der nicht hätte mitwirken dürfen, oder dass ein Richter nicht mitgewirkt hat, der hätte mitwirken müssen (BGH, GRUR 2025, 686 [juris Rn. 19] mwN).

b) Die Rechtsbeschwerde rügt vergeblich, es liege ein zum Erfolg der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde führender Verfahrensmangel gemäß § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG und gemäß § 83 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG vor, weil das Bundespatentgericht die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin durchgängig als unzulässig verworfen habe und zu keiner Zeit eine Entscheidung ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter, insbesondere der Vorsitzenden Richterin, gemäß § 45 Abs. 1 ZPO herbeigeführt worden sei.

aa) Eine Berücksichtigung dieses Umstands gemäß § 83 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG scheidet aus. Nach § 83 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht, wenn gerügt wird, bei dem angefochtenen Beschluss habe ein Richter mitgewirkt, der wegen der Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden ist. Im Streitfall sind die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin, die an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben, ohne Erfolg geblieben.

bb) Der Senat hat offen gelassen, ob im Verfahren einer auf § 83 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG gestützten zulassungsfreien Rechtsbeschwerde eine Inzidentprüfung einer Entscheidung über ein erfolgloses Ablehnungsgesuch generell ausgeschlossen ist oder ob aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Behandlung eines Ablehnungsantrags so fehlerhaft ist, dass durch die Mitwirkung des abgelehnten Richters das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt ist (BGH, GRUR 2025, 686 [juris Rn. 26]). Diese Frage kann auch im Streitfall offenbleiben.

cc) Die Zurückweisung der wiederholten Ablehnungsgesuche der Antragstellerin durch die abgelehnten Richter des Bundespatentgerichts als unzulässig beruht weder auf Willkür noch auf einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts und eine daraus folgende Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rechtfertigen könnte.

(1) Die wiederholten Ablehnungsgesuche der Antragstellerin gegen die Vorsitzende Richterin des Bundespatentgerichts seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2017 sind durchweg mit der Begründung erhoben worden, die Vorsitzende Richterin sei Mitautorin eines jährlich erscheinenden Beitrags in der von der Markeninhaberin vertriebenen juristischen Fachzeitschrift GRUR, auch ihr Ehemann, ehemaliger Richter eines anderen Gerichts, beziehe von der Markeninhaberin regelmäßig in größerem Umfang Honorare. Die weiteren Mitglieder des erkennenden Senats des Bundespatentgerichts hat die Antragstellerin ohne nähere Begründung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

(2) Das Bundespatentgericht hat die ersten Befangenheitsanträge der Antragstellerin gegen den gesamten Senat des Bundespatentgerichts durch die abgelehnten Richter mit Beschluss vom 17. Juli 2019 als unzulässig zurückgewiesen, da diese rechtsmissbräuchlich seien. Das gegen die Vorsitzende Richterin gerichtete Befangenheitsgesuch hat es wegen Substanzlosigkeit der geltend gemachten Ablehnungsgründe als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde der Antragstellerin hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28. August 2019 nicht zur Entscheidung angenommen. Durch Beschluss vom 1. Oktober 2019 und durch den angefochtenen Beschluss hat das Bundespatentgericht weitere Ablehnungsgesuche der Antragstellerin wiederum durch die abgelehnten Richter als unzulässig verworfen.

(3) Die Entscheidungen des Bundespatentgerichts über die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin sind nicht deshalb objektiv willkürlich, weil an ihnen die abgelehnten Richter mitgewirkt haben. In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs entscheidet der Spruchkörper in alter Besetzung unter Mitwirkung des oder der abgelehnten Richter (BGH, GRUR 2025, 686 [juris Rn. 31] mwN). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Ablehnungsgesuch, welches sich pauschal gegen einen gesamten Spruchkörper richtet, in der Regel eindeutig unzulässig ist (BGH, GRUR 2025, 686 [juris Rn. 29] mwN). So liegt es hier. Da zudem das Bundesverfassungsgericht die verwerfende Entscheidung des Bundespatentgerichts über das erste Befangenheitsgesuch der Antragstellerin durch die abgelehnten Richter, insbesondere auch durch die Vorsitzende des erkennenden Senats des Bundespatentgerichts, nicht beanstandet hat, kann die Behandlung der inhaltlich unver- ändert wiederholten Befangenheitsgesuche der Antragstellerin durch das Bundespatentgericht weder als willkürlich noch als mit schweren Mängeln behaftet angesehen werden.

D. Die angefochtene Entscheidung ist wegen der Verletzung des Anspruchs der Antragstellerin auf rechtliches Gehör aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG).

Koch Löffler Schwonke Pohl Wille Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 19.06.2024 - 29 W (pat) 24/17 -

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