10 W (pat) 9/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 9/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache
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betreffend das europäische Patent 1 779 701 (=DE 60 2005 003 843.4-08) hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und des Richters Eisenrauch am 10. Dezember 2012 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Das Europäische Patentamt hat auf eine Anmeldung vom 16. August 2005 das Patent 1 779 701 mit der Bezeichnung "Verfahren zur Betriebsmittelverwaltung in einem Kommunikationssystem und Geräte zur Ausführung des Verfahrens" u. a. für Deutschland erteilt. Das Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter dem Aktenzeichen 60 2005 003 843.4-08 geführt. Am 12. März 2008 zeigten die Patentanwälte K. … und Koll. die Übernahme der inländischen Vertretung an. Mit einer an diese Kanzlei gerichteten "Wichtigen Mitteilung" wurde der Patentinhaberin mitgeteilt, dass die 4. Jahresgebühr nicht innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist von zwei Monaten gezahlt worden sei, und dass das Patent erlösche, wenn die Gebühr samt einem Verspätungszuschlag (insgesamt 120,- €) nicht bis zum 2. März 2009 nachentrichtet werde. Nachdem auch weiterhin keine Gebührenzahlung zu verzeichnen war, stellte das DPMA zum 3. März 2009 das Erlöschen des Patents fest.
Am 4. September 2009 zeigten die Patentanwälte M… & Part ner die Übernahme der Vertretung an und beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr mit Zuschlag. Zur Begründung gaben sie an, aus unerklärlichen Gründen seien die bisherigen inländischen Vertreter nicht mit der Zahlung der Jahresgebühren betraut worden, jedoch seien sie im Computersystem des Anmelders als Jahresgebühreneinzahler eingetragen gewesen. Somit sei der Inhaber davon ausgegangen, dass die Jahresgebühren gezahlt würden, während die eingetragenen Vertreter davon ausgegangen seien, dass die Jahresgebühren durch einen Dritten bezahlt würden. Dieses Versehen sei erst entdeckt worden, als der Vertreter des französischen Teils des europäischen Patents mit Brief vom 25. Juni 2009 den Inhaber darauf aufmerksam gemacht habe, dass in Frankreich die Jahresgebühr nicht eingezahlt worden sei.
Der Wiedereinsetzungsantrag wurde durch Beschluss der Patentabteilung 55 des DPMA vom 10. November 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung stellt der Beschluss darauf ab, dass eine Wiedereinsetzung nur bei schuldloser Fristversäumnis gewährt werden könne, wozu auch eine sorgfältige Überwachung der gesetzlichen Fristen gehöre.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Eine Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen. Einen zunächst gestellten Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Patentinhaberin wieder zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die beantragte Wiedereinsetzung wurde vom DPMA zu Recht zurückgewiesen.
a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar statthaft, weil die Patentinhaberin eine gesetzliche Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat. Es handelt sich hierbei um die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr. Diese Gebühr war am 31. August 2008 fällig geworden (§ 3 Abs. 2 PatKostG) und hätte ohne Zuschlag bis Ende Oktober 2008 gezahlt werden können (§ 7 Abs. 1. Satz 1 PatKostG). Nachdem dies nicht geschehen war, konnte die Gebühr mit einem Verspätungszuschlag eigentlich bis zum 28. Februar 2009 gezahlt werden (§ 7 Abs. 1. Satz 1 PatKostG). Da dieser Tag ein Samstag war, verlängerte sich die Frist bis Montag, 2. März 2009 (§ 222 Abs. 2 ZPO analog). Das Ausbleiben einer Gebührenzahlung bis zum Ablauf dieser Frist führte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG zum Erlöschen des Patents.
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch zulässig, weil er innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt und begründet worden ist, und weil auch die versäumte Gebührenzahlung innerhalb dieser Frist nachgeholt worden ist (§ 123 Abs. 2 Satz 1 bis 3 PatG). Hierbei kann zugunsten der Patentinhaberin davon ausgegangen werden, dass das Hindernis erst am 8. Juli 2009 weggefallen war, als sie seitens ihres Vertreters in Frankreich Nachricht vom Erlöschen des französischen Anteils ihres europäischen Patents erhielt.
c) Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch nicht begründet, weil keine Umstände vorgetragen worden sind, die den Schluss rechtfertigen, dass die Patentinhaberin keine Schuld an der Fristversäumnis trägt. Die Patentabteilung hat zutreffend ausgeführt, dass die gesetzlichen Fristen - einschließlich der Gebührenzahlungsfristen - sorgfältig zu überwachen sind. Dazu gehört auch, dass bei einem europäischen Bündelpatent, das nach der Erteilung in verschiedene nationale Patente zerfällt und wofür dann jeweils nationale Aufrechterhaltungsgebühren zu bezahlen sind, die mit den jeweiligen Gebührenzahlungen zusammenhängenden Aufgaben so organisiert werden, dass es nicht zu Zahlungsversäumnissen auf Grund von Zuständigkeitsmängeln kommt. Die Patentinhaberin hat lediglich vorgetragen, dass die inländischen Vertreter "aus unerklärlichen Gründen" nicht mit der Zahlung von Jahresgebühren betraut worden seien. Daraus ist aber nicht zu ersehen, dass es sich dabei um Gründe handelt, die von der Patentinhaberin nicht zu vertreten sind.
Rauch Püschel Eisenrauch prö