17 W (pat) 88/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 88/10 Verkündet am 9. Oktober 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 58 311.7-53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel BPatG 154 05.11 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 28. November 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung
„Verfahren und Vorrichtung zum Erfassen eines von dem Maximum eines monofrequenten Signals abhängigen Schätzwerts“.
Die Anmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluss vom 17. August 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruches 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die ordnungsgemäß geladene Anmelderin ist zur mündlichen Verhandlung - wie angekündigt - nicht erschienen.
Sie hat mit Eingabe vom 25. September 2014 sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1-15 vom 25. September 2014, Beschreibung Seiten 1, 4-9 vom Anmeldetag, Beschreibung Seiten 2, 2a, 3 gemäß Hauptantrag vom 25. September 2014, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 vom 25. Januar 2002; gemäß Hilfsantrag I mit Patentansprüchen 1-15 vom 25. September 2014, Beschreibung Seiten 1, 4-9 vom Anmeldetag, Beschreibung Seiten 2, 2a, 3 gemäß Hilfsantrag I vom 25. September 2014, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 vom 25. Januar 2002; gemäß Hilfsantrag II mit Patentansprüchen 1-15 vom 25. September 2014, Beschreibung Seiten 1, 4-9 vom Anmeldetag, Beschreibung Seiten 2, 2a, 3 gemäß Hilfsantrag II vom 25. September 2014, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 vom 25. Januar 2002; gemäß Hilfsantrag III mit Patentansprüchen 1-12 vom 25. September 2014, Beschreibung Seiten 1, 4-9 vom Anmeldetag, Beschreibung Seiten 2, 2a, 3 gemäß Hilfsantrag III vom 25. September 2014, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 vom 25. Januar 2002; gemäß Hilfsantrag IV mit Patentansprüchen 1-7 vom 25. September 2014, Beschreibung Seiten 4, 5, 8 vom Anmeldetag,
Beschreibung Seiten 1, 2, 2a, 3, 6, 7, 9 gemäß Hilfsantrag IV vom 25. September 2014, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 vom 25. Januar 2002.
Ferner regte sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an.
Die Anmelderin beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde, falls der Senat die auf das Computerprogramm und das Computerprogramm-Produkt gerichteten Patentansprüche weiterhin nicht für gewährbar erachten sollte.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist die Druckschrift D1: WO 00/39991 A1 genannt worden. Außerdem ist von der Prüfungsstelle im Rahmen einer § 43 Recherche die Druckschrift D2: US 5 721 754 A ermittelt worden. Vom Senat wurde zusätzlich die Druckschrift D3: DE 696 10 543 T2 eingeführt.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, hier mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:
(a) Vorrichtung (1) zum Schätzen eines von dem Maximum (Umax) eines monofrequenten Signals (u(t)), das durch eine Folge von Eingangs-Abtastwerten (d(n)) abgetastet ist, abhängigen Schätzwerts (Umax, U2max, (N/2) * U2max) mit
(b) einem Multiplizierer (2), der die Eingangs-Abtastwerte (d(n)) mit sich selbst multipliziert,
(c) einem ersten Verzögerungselement (3), das die Ausgangswerte des Multiplizierers (2) um eine Abtastperiode (Ts) verzögert,
(d) einem ersten Addierer (4), der die Ausgangswerte des Multiplizierers (2) und des ersten Verzögerungselements (3) addiert,
(e) einem Zähler (11), der die Abtastperioden (Ts) der Folge der Eingangs-Abtastwerte (d(n)) zählt und
(f) einen Ausgang (12) hinter dem ersten Addierer (4) nach einer bestimmten Anzahl von Abtastperioden (2*Ts) freigibt, und
(g) wobei der Schätzwert (Umax, U2max, (N/2) * U2max) einem Maximum (Umax) des monofrequenten Signals (u(t)) entspricht, welcher einen höheren Wert aufweist als sämtliche Abtastwerte (d(n)).
Zu den nebengeordneten Patentansprüchen 8 und 13 bis 15 sowie zu den abhängigen Patentansprüchen 2 bis 7 und 9 bis 12 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass die Merkmale (a) und (g) durch die Merkmale (a´) und (g´) ersetzt sind:
(a´) „Vorrichtung (1) zum Schätzen eines Maximums (Umax) eines monofrequenten Signals (u(t)), das durch eine Folge von Eingangs-Abtastwerten (d(n)) abgetastet ist, als Schätzwert (Umax) mit“
und
(g´) „wobei der Schätzwert (Umax) einen höheren Wert aufweist als sämtliche Abtastwerte (d(n)).“
Zu den nebengeordneten Patentansprüchen 8 und 13 bis 15 sowie zu den abhängigen Patentansprüchen 2 bis 7 und 9 bis 12 wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II beinhaltet die jeweiligen Merkmale (a´) bis (g´) gemäß Hilfsantrag I sowie das Merkmal (h)
(h) „wobei die Vorrichtung den Schätzwert (Umax) gemäß der Formel
U max 2 / N N1| d (n) |2 n0 bestimmt, wobei Umax der Schätzwert, N eine Zahl von Abtastwerten, n ein Zähler der Abtastwerte und d(n) ein Wert des aktuellen Abtastwerts ist.“
Zu den nebengeordneten Patentansprüchen 8 und 13 bis 15 sowie zu den abhängigen Patentansprüchen 2 bis 7 und 9 bis 12 wird wieder auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III entspricht dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II. Die restlichen Patentansprüche 2 bis 12 sind mit den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag II identisch, jedoch wurden die Patentansprüche 13, 14 und 15 hier fallengelassen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV entspricht dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II. Die restlichen Patentansprüche 2 bis 7 stimmen mit den entsprechenden Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag II überein, die weiteren Patentansprüche des Hilfsantrags II wurden fallengelassen.
In der Beschwerdebegründung sowie in der Eingabe vom 25. September 2014 hat die Anmelderin ausgeführt, dass die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 nicht nur technisch sondern gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und auch erfinderisch seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen I bis IV unzulässig erweitert worden sind (§ 38 PatG).
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Erfassen eines von dem Maximum eines monofrequenten Signals abhängigen Schätzwerts sowie ein Computerprogramm zur Durchführung des Verfahrens.
In der Beschreibungseinleitung wird ausgeführt, dass ein digitales Signal bekanntlich aus einer Folge von Abtastwerten bestehe. Die durch die Abtastperiode zeitlich beabstandeten Abtastwerte befänden sich in regelmäßigem Abstand auf dem Funktionsverlauf des abgetasteten, zeitkontinuierlichen Signals. Dabei befinde sich nicht notwendigerweise ein Abtastwert an der Position des Maximums des abgetasteten, zeitkontinuierlichen Signals. Für verschiedene Anwendungen sei es aber notwendig, aus der Abtastfolge das Maximum des abgetasteten, zeitkontinuierlichen Signals zu bestimmen bzw. abzuschätzen. Eine mögliche Anwendung bestehe in einer automatischen Verstärkungsregelung (Automatic Gain Control, AGC), bei der ein vor dem Analog/Digital-Wandler angeordneter Vorverstärker in Abhängigkeit von dem Pegel des abzutastenden Signals ein- und ausgeschaltet oder hinsichtlich seines Verstärkungsfaktors geregelt werde. Dadurch könne die Messdynamik erhöht und das Quantisierungsrauschen vermindert werden, indem der Wertebereich des Analog/DigitalWandlers besser ausgenutzt werde. Um einen solchen Vorverstärker in Abhängigkeit von der Signalamplitude ein- und ausschalten bzw. regeln zu können, müsse das Maximum des abgetasteten Signals geschätzt werden (Offenlegungsschrift, [0002]).
Bislang würden solche Schätzungen des Maximums im Zeitbereich dadurch durchgeführt, dass innerhalb eines größeren Beobachtungszeitraums der größte Abtastwert ermittelt werde. Dabei trete jedoch ein Schätzfehler auf, der von der Phasenlage und der Frequenz des Signals abhänge (Offenlegungsschrift, [0004]).
Die der Anmeldung zugrundeliegende objektive technische Aufgabe sieht der Senat darin, eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Schätzen des Maximums eines monofrequenten Signals anzugeben, welches durch eine Folge von Abtastwerten gegeben ist, wobei bereits bei Verwendung einer nur geringen Anzahl von Abtastwerten eine brauchbare Schätzung des Maximums ermöglicht wird.
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, eine Vorrichtung zum Abschätzen von Signalamplituden zu verbessern, ist im vorliegenden Fall ein Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik anzusehen, der über eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Nachrichten- bzw. Übertragungstechnik verfügt.
2. Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.
Zur Lösung der genannten Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag eine Vorrichtung mit den Merkmalen (a) bis (g) vor.
Der Patentanspruch 1 betrifft eine Vorrichtung, die dazu dient, einen Schätzwert für eine Größe zu ermitteln, welche vom Maximum eines monofrequenten Signals abhängig ist, wobei das Signal durch eine Folge von Eingangs-Abtastwerten gegeben sein soll (Merkmal (a)).
Gemäß Merkmal (b) umfasst die Vorrichtung einen Multiplizierer, der die Eingangs-Abtastwerte mit sich selbst multipliziert. Laut Beschreibung werden die erzeugten quadrierten Abtastwerte einem ersten Eingang eines ersten Addierers zugeführt (Offenlegungsschrift, [0018], Zeilen 67-68; Fig. 2).
Des Weiteren ist ein erstes Verzögerungselement - also eine Verzögerungsschaltung - vorgesehen, das die Ausgangswerte des Multiplizierers um jeweils eine Takteinheit verzögert (Merkmal (c)).
Die verzögerten quadrierten Abtastwerte werden einem zweiten Eingang des ersten Addierers zugeführt, so dass dieser die Ausgangswerte des Multiplizierers und des ersten Verzögerungselements addiert (Merkmal (d)).
Außerdem beinhaltet die Vorrichtung einen Zähler, der einerseits die Abtastperioden der Folge der Eingangs-Abtastwerte zählt (Merkmal (e)) und andererseits einen Ausgang hinter dem ersten Addierer nach einer bestimmten Anzahl von Abtastperioden freigibt (Merkmal (f)). In der Beschreibung wird hierzu ausgeführt, dass nachdem der Zähler ein Startsignal von einer Ablaufsteuerung erhalten hat, er den Ausgang nach zwei Abtastperioden über ein steuerbares Schaltelement freigibt (Offenlegungsschrift, [0019]; Fig. 2).
Am Ausgang hinter dem ersten Addierer steht damit das geschätzte Quadrat des Maximums, d. i. U2max, zur Verfügung. Der ermittelte Wert soll mit einem approximierten Wert für das Maximum Umax des monofrequenten Signals korrespondieren, welcher einen höheren Wert als jeder einzelne Abtastwert aufweisen soll (Merkmal (g)).
In den Merkmalen (a´) und (g´) des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I bis IV kommt im Wesentlichen zum Ausdruck, dass mit der beanspruchten Vorrichtung das Maximum des monofrequenten Signals und nicht etwa eine hiervon abhängige Größe (wie z. B. U2max) abgeschätzt werden soll, wobei der Schätzwert größer als alle Abtastwerte sein soll.
Merkmal (h) des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II bis IV besagt, dass das Maximum des monofrequenten Signals unter Zuhilfenahme der Formel
U max 2 / N N1| d (n) |2 n0 bestimmt werden soll.
3. Die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen I bis IV verlassen den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung. Die Patentanmeldung wird hierdurch unzulässig erweitert.
Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen ist (BGH GRUR 2010, 910 – Fälschungssicheres Dokument).
3.1 Die Kombination der im Patentanspruch 1 enthaltenen Merkmalsgruppe (b) bis (e) mit Merkmal (f), d. h. die Freigabe eines Ausgangs hinter dem ersten Addierer nach einer bestimmten Anzahl von Abtastperioden (durch einen Zähler), war den ursprünglichen Unterlagen in dieser allgemeinen Form nicht entnehmbar.
In den Anmeldeunterlagen ist die Rede von einem Zähler, der „über das erste steuerbare Schaltelement den ersten Ausgang nach zwei Abtastperioden 2*Ts“ freigibt (Offenlegungsschrift, [0019]) bzw. „der die Abtastperioden (Ts) der Folge der Eingangs-Abtastwerte (d(n)) zählt und einen Ausgang hinter dem ersten Addierer nach 2 Abtastperioden (2*Ts) und/oder einen Ausgang hinter dem zweiten Addierer nach 4 Abtastperioden (4*Ts) und/oder einen Ausgang hinter dem dritten Addierer nach 8 Abtastperioden (8*Ts) freigibt (Offenlegungsschrift, Seite 5, Zeilen 27-30). Genau dieses zeigt auch Fig. 2.
Somit beschreiben die angeführten Textstellen, dass der Zähler den Ausgang nach dem ersten Addierer nach zwei Abtastperioden freigibt. In Merkmal (f) ist jedoch in Zusammenhang mit der Freigabe des Ausgangs hinter dem ersten Addierer davon die Rede, dass diese nach einer bestimmten - also beliebigen - Anzahl von Abtastperioden erfolgen soll. Da Bezugszeichen im Patentanspruch nicht auf ein Ausführungsbeispiel einschränken (BGH GRUR 2006, 316 – Koksofentür), kommt dem Bezugszeichen (2*Ts), das lediglich das Verständnis des Patentanspruchs im Blick auf die - das gleiche Bezugszeichen enthaltende - Zeichnung der Figur 1 erleichtern soll, keine den Patentgegenstand bestimmende Bedeutung zu. Patentanspruch 1 umfasst seinem Wortlaut nach in Merkmal (f) daher auch, dass der Zähler den Ausgang hinter dem ersten Addierer nicht nur nach zwei sondern z. B. genausogut erst nach drei, fünf oder sieben Abtastperioden freigeben kann.
Eine solche allgemeine Lehre ergibt sich jedoch weder aus den zitierten Textstellen noch aus einer anderen Stelle der Patentanmeldung.
3.2 Auch in Hinblick auf die Merkmale (g) bzw. (g´) verlassen die jeweiligen Gegenstände des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsanträgen I bis IV den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung.
Das in Merkmal (g) enthaltene Teilmerkmal, wonach der ermittelte Schätzwert „einen höheren Wert aufweist als sämtliche Abtastwerte d(n)“ - was dem inhaltsgleichen Merkmal (g´) entspricht - war nämlich den ursprünglichen Unterlagen nicht entnehmbar.
Zwar ist in der Offenlegungsschrift auf Seite 3, Zeilen 24-30 eine Formel für die Schätzung des Maximums aus der Folge von Abtastwerten angegeben (Gleichung (5)). Dass der Schätzwert für das Maximum des Signals größer ist als jeder der diskreten Abtastwerte geht aber aus dem rechnerischen Zusammenhang direkt nicht hervor. Vielmehr ergibt sich für spezielle Abtastwerte (z. B. für den Fall N=2 und d(0)=0, d(1)=Umax), dass das abgeschätzte Maximum wenigstens auch gleich einem der Abtastwerte (in diesem Fall d(1)) sein kann. Ein Größenvergleich zwischen Schätzwert und Abtastwerten ergibt sich weder direkt aus der angeführten Gleichung noch aus einer anderen Stelle der ursprünglichen Offenbarung.
Auch aus den von der Anmelderin in ihrer Eingabe vom 20. Februar 2009 genannten Textpassagen (Beschreibung, Seite 1, Zeilen 1-33; Fig. 1 rechts; Seite 2, Zeilen 21-31 bzw. Offenlegungsschrift, [0001], [0002]; Fig. 1; [0005]) geht nicht unmittelbar und eindeutig hervor, dass der Schätzwert immer einen höheren Wert als alle Abtastwerte aufweisen muss.
Das geltende Patentbegehren in den Fassungen von Hauptantrag und Hilfsanträgen I bis IV ist somit unzulässig über den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung hinaus erweitert worden.
4. Die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen I bis IV sind nicht gewährbar. Auch die übrigen Patentansprüche 2 bis 15 gemäß Hauptantrag bzw. Hilfsanträgen I und II, 2 bis 12 gemäß Hilfsantrag III sowie 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag IV sind nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
5. Die Anträge auf Erteilung eines Patents, wie von der Anmelderin nach Hauptantrag oder auch nach den Hilfsanträgen I bis IV gefordert, konnten aus dem unter Abschnitt 3 genannten Grund einer unzulässigen Erweiterung keinen Erfolg haben. Damit kommt es auch nicht mehr darauf an, ob - wie von der Anmelderin schriftsätzlich vorgetragen - die jeweils beanspruchten Lehren in Hinblick auf die §§ 1 bis 5 PatG patentfähig sind.
Dem steht nicht entgegen, dass der Senat die Anmelderin nicht vor der mündlichen Verhandlung auf die Möglichkeit einer unzulässigen Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung i. S. d § 38 PatG durch die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und in den Fassungen der Hilfsanträge I bis IV hingewiesen hat. Wer - wie die Anmelderin - freiwillig zu einer mündlichen Verhandlung nicht erscheint, verzichtet damit auf sein Recht, zu den erörterten Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkten gehört zu werden (siehe Schulte, Patentgesetz, 9. Auflage, Einleitung, Rdn. 279; Busse, Patentgesetz, 7. Auflage, § 93, Rdn. 9; BpatGE 46, 86 – Zahnrad-Getriebe). An dieser Verhandlung hat die ordnungsgemäß geladene Anmelderin aus eigenem Entschluss und ohne einen Verhinderungsgrund geltend zu machen, nicht teilgenommen. Hierdurch hat sie sich selbst die Möglichkeit genommen, zu gerichtlichen Hinweisen Stellung zu nehmen. Deswegen war der Senat nicht daran gehindert, seine Entscheidung auf eine unzulässige Erweiterung i. S. d. § 38 PatG zu stützen.
6. Die Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 Abs. 3 PatG zurückzuzahlen.
Die Anmelderin ist in ihren jeweiligen Eingaben auf die Argumentation der Prüfungsstelle im jeweils vorhergehenden Prüfungsbescheid eingegangen und hat hilfsweise eine Anhörung beantragt. Die Anmeldung wurde mit neu eingereichten Patentansprüchen weiterverfolgt.
Nach dem zweiten Prüfungsbescheid erfolgte der Zurückweisungsbeschluss, in welchem die Durchführung einer Anhörung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass im vorliegenden Fall eine Anhörung zu einer unnötigen Verzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde, insbesondere da es sich beim Anmeldungsgegenstand um einen überschaubaren technischen Sachverhalt handle. Da der Anmelderin durch die zwei Bescheide der Prüfungsstelle bereits ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei, sei eine Anhörung aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht als sachdienlich angesehen worden.
Wie der Senat in früheren Entscheidungen bereits mehrfach dargelegt hat, war das Prüfungsverfahren in solchen Fällen regelmäßig mängelbehaftet; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Mangel ursächlich für die Beschwerdeerhebung war (vgl. etwa 17 W (pat) 74/07, 17 W (pat) 86/07, 17 W (pat) 113/07, 17 W (pat) 38/09, 17 W (pat) 76/09, 17 W (pat) 80/09,17 W (pat) 83/10).
Es entspricht daher der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
7. Die Anregung der Anmelderin auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 2 PatG war nicht aufzugreifen.
Danach ist die Rechtsbeschwerde dann zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
Da allerdings die von der Anmelderin formulierte Frage der Zulässigkeit von Computerprogramm- und Computerprogramm-Produkt-Ansprüchen für die vorliegende Entscheidung nicht erheblich war, war die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
III.
Nachdem keiner der gestellten Anträge Erfolg hatte, war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Dr. Forkel Me