AnwZ (Brfg) 25/22
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 25/22 BESCHLUSS vom
25. Juli 2023 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache ECLI:DE:BGH:2023:250723BANWZ.BRFG.25.22.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat am 25. Juli 2023 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, die Richterinnen Dr. Liebert und Ettl sowie den Rechtsanwalt Dr. Lauer und die Rechtsanwältin NiggemeyerMüller beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das dem Kläger an Verkündungs statt am 29. August 2022 zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg wird als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe: I.
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 28. Juni 2021 wegen Vermögensverfalls die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2021 zurück. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage des Klägers zurückgewiesen. Dieses Urteil ist dem Kläger an Verkündungs statt am 29. August 2022 zugestellt worden. Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.
Bereits mit Bescheid vom 20. Oktober 2020 hatte die Beklagte die Zulassung des Klägers als Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 BRAO mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Das Urteil war dem Kläger an Verkündungs statt am 27. Januar 2022 zugestellt worden. Der Senat hat mit Beschluss vom 12. September 2022 (Anwz (Brfg) 10/22, juris) den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 hat der Kläger gegen den am 5. Oktober 2022 zugestellten Beschluss Anhörungsrüge erhoben. Der Senat hat diese mit Beschluss vom 10. Januar 2023 (AnwZ (Brfg) 10/22, juris), dem Kläger zugestellt am 3. Februar 2023, zurückgewiesen.
II.
Der gegen das angefochtene Urteil des Anwaltsgerichtshofs nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unzulässig, da wegen der bestandskräftigen Rücknahme der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis an einer Überprüfung des Widerrufsbescheids der Beklagten vom 28. Juni 2021 entfallen ist.
1. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nach den hier gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO maßgeblichen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung ausnahmsweise dann, wenn die Rechtsstellung des Klägers selbst bei einem Erfolg der Klage nicht verbessert würde, die Klage also nutzlos wäre; nutzlos ist eine Klage, wenn sie dem Kläger offensichtlich keinerlei rechtlichen oder tatsächlichen - auch ideellen - Vorteil bringen könnte. Dem entsprechend besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ein Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung eines angegriffenen Widerrufsbescheids und einer hierzu ergangenen Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs nicht, wenn die Rechtsanwaltszulassung bereits aus anderen Gründen bestandskräftig widerrufen worden ist; es fehlt dann an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung eines weiteren Widerrufsgrundes (Senat, Beschluss vom 8. November 2018 - AnwZ (Brfg) 51/17, juris Rn. 4 mwN). Nichts anderes gilt für den vorliegenden Fall, in dem die Rechtsanwaltszulassung des Klägers bereits durch den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2020 bestandskräftig zurückgenommen worden ist.
Eines Hinweises darauf bedurfte es nicht, da dem Kläger die rechtliche Problematik bekannt ist. In seinem Schriftsatz vom 28. Oktober 2022 hat er mit Hinweis auf die im Verfahren AnwZ (Brfg) 10/22 erhobene Anhörungsrüge ausgeführt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag auf Zulassung der Berufung fortbestehe, da über die Anhörungsrüge noch nicht entschieden sei. Zwischenzeitlich ist diese Entscheidung jedoch - wie dem Kläger bekannt ist - erfolgt.
2. Die mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2022 erhobene Besetzungsrüge greift nicht durch. Der Kläger rügt, dass eine Entscheidung durch den erkennenden Senat mit dem Gebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar sei. Zur Begründung verweist der Kläger auf die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan 2022 ergebende und seiner Meinung nach aus Gründen des Geschäftsanfalls nicht zu rechtfertigende Überbesetzung des Senats. Allein der Verweis auf die Anzahl der Mitglieder des Senats reicht nicht aus, um einen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darzulegen (vgl. BVerfG, WM 2020, 1912 Rn. 27 f.). Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, gleichgültig, von welcher Seite eine solche Manipulation ausgeht (BVerfGE 95, 322, 327). In einem überbesetzten Spruchkörper muss daher ein im Vorhinein aufgestellter generell-abstrakter Mitwirkungsplan bestehen, der mit der notwendigen Bestimmtheit die Heranziehung der einzelnen Richter zu den Verfahren festlegt (BVerfGE 95, 322, 328; BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - IX ZR 151/15, juris Rn. 3). Ein derartiger Mitwirkungsplan besteht im Senat, was vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogen wird.
III. 7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Schoppmeyer Lauer Liebert Niggemeyer-Müller Ettl Vorinstanz: AGH Stuttgart, Entscheidung vom 29.08.2022 - AGH 24/21 I -