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9 W (pat) 60/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 60/08 Verkündet am 30. Januar 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 195 12 727 …

BPatG 154 05.11

…

hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2013 unter Mitwirkung des Richters Dipl.-Ing. Bork als Vorsitzenden sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. Univ. Nees beschlossen: Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das am 5. April 1995 angemeldete und am 24. Mai 2006 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Farbkasten im Farbwerk von Druckmaschinen" mit Beschluss vom 7. August 2008 widerrufen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei zwar in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart, beruhe jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Für den zuständigen Fachmann ergebe er sich in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der DE 94 06 347 U1 und der DE 28 11 276 A1.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie verteidigt das Patent unverändert und vertritt die Auffassung, die Patentansprüche 1 bis 5 seien zulässig und ihre Gegenstände patentfähig.

In einem richterlichen Hinweis vom 14. Januar 2013 hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass in der für den 30. Januar 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht nur über die erfinderische Tätigkeit, sondern auch die Frage der unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstandes gemäß Patentanspruch 1 zu diskutieren sein werde. Der Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG sei im Einspruchsverfahren geltend gemacht worden. Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen des Streitpatents beschränkten die Anordnung des Sensors möglicherweise auf eine bestimmte Position am Schlitten. Im Gegensatz dazu lasse der erteilte Anspruchswortlaut eine beliebige Sensoranordnung am Schlitten zu.

Daraufhin hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Januar 2013, per Fax eingegangen am selben Tag, ihren Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen und zudem mitgeteilt, an der anberaumten Verhandlung nicht teilzunehmen. Im Übrigen hat sie Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

Demnach stellt die Beschwerdeführerin sinngemäß den Antrag aus dem Beschwerdeschriftsatz vom 29. Oktober 2008 (Bl. 7 GA.),

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das deutsche Patent 195 12 727 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung erneuert sie ihre Argumentation aus dem Einspruchsschriftsatz vom 24. August 2006, wonach der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinausgehe. Sie ist außerdem der Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 des Streitpatents lautet:

"1. Farbkasten im Farbwerk von Druckmaschinen, mit einer eine austauschbare Kartusche umfassenden Einrichtung zum Zuführen von Druckfarbe in bestimmte Bereiche des Farbkastens, die auf einem Schlitten in Längsrichtung des Farbkastens hin- und herbewegbar gelagert ist, und mit einem bei zu niedrigem Füllstand die Farbzufuhr steuernden Sensor zum Überwachen des Füllstandes der Farbe im Farbkasten, wobei der Sensor (20) ein signalgebender und mit einer Steuerelektronik verbundener Sensor sowie an dem Schlitten (6) befestigt ist." Dem Patentanspruch 1 schließen sich rückbezogen die Patentansprüche 2 bis 5 an. Zu deren Wortlaut und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat aber keinen Erfolg.

Hierbei kann die Frage der Patentfähigkeit, die von der Patentabteilung verneint worden ist, dahingestellt bleiben. Denn das Patent ist bereits wegen unzulässiger Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zu widerrufen.

In Anwendung von § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG darf ein Patent nicht für einen Gegenstand erteilt werden, der nicht von vornherein als zur Erfindung gehörend in den Anmeldungsunterlagen enthalten war. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist durch Vergleich des beanspruchten bzw. patentierten Gegenstandes mit dem gesamten Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zu ermitteln, vgl. BGH „Einkaufswagen II", Az.: X ZR 30/02 vom 5. Juli 2001, GRUR 2005, 1023. In den ursprünglichen Unterlagen gilt alles als offenbart, was sich dem fachkundigen Leser ohne Weiteres aus der Gesamtheit der Unterlagen erschließt, vgl. BGH „Momentanpol II", Az.: X ZB 13/06 vom 08.07.2008, GRUR 2008, 887, 889.

Als fachkundiger Leser, an den sich das Streitpatent mitsamt seiner Ursprungsoffenbarung wendet, ist im vorliegenden Fall ein Durchschnittsfachmann anzunehmen, der als Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau ausgebildet ist. Er ist bei einem Druckmaschinenhersteller mit der Entwicklung von Farbwerken für Druckmaschinen befasst und verfügt auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung.

Mit dem Patentanspruch 1 ist ein Farbkasten definiert, dessen Farbzuführeinrichtung auf einem Schlitten in Längsrichtung des Farbkastens hin- und herbewegbar gelagert ist. Dabei ist ein die Farbzufuhr steuernder Sensor vorgesehen, der unter anderem „an dem Schlitten (6) befestigt ist." An welcher Stelle der Sensor in Bezug zur Farbzuführeinrichtung am Schlitten befestigt ist, lässt der Anspruchswortlaut offen. Der Vergleich der gesamten ursprünglichen Anmeldeunterlagen mit dem Merkmal im Patentanspruch 1 des Streitpatents, wonach der Sensor ohne Zuordnung zu der Farbzuführeinrichtung an dem Schlitten befestigt ist, ergibt zur Überzeugung des Senats, dass derartiges nicht der ursprünglichen Offenbarung entspricht.

Den Ursprungsunterlagen entnimmt der Durchschnittsfachmann im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Merkmal der Sensorbefestigung zunächst, „dass an dem Schlitten mindestens ein Sensor befestigt ist, der in Bewegungsrichtung der Einrichtung zum Einfüllen der Druckfarbe vor dieser angeordnet ist ...", vgl. S. 1 Z. 19 bis 29 und Anspruch 1. In einer vorteilhaften Ausgestaltung mit zwei Sensoren kann „an dem Schlitten in Bewegungsrichtung der Einrichtung zum Einfüllen der Druckfarbe vor und hinter dieser jeweils ein Sensor angeordnet" sein, vgl. S. 2 Z. 3 bis 6, S. 4 Z. 5/6 und Anspruch 2 sowie Fig. 2. Andere Anordnungen von einem oder zwei Sensoren sind nicht beschrieben.

Die technische Bedeutung der jeweiligen Sensoranordnung in Bezug zur Farbzuführeinrichtung am Schlitten geht aus den Ursprungsunterlagen eindeutig hervor. In beiden Bewegungsrichtungen wird der „Istzustand des Farbvorrats 3 in den einzelnen Bereichen" durch den jeweils vorlaufenden Sensor ermittelt, vgl. S. 4 Z. 6 bis 8. Bei der Anordnung von zwei Sensoren wird deren Signalgebung bei einer Bewegungsumkehr des Schlittens umgeschaltet, vgl. S. 2 Z. 9 bis 14, S. 4 Z. 13 bis 15 sowie Anspruch 3. Der jeweils vorlaufende Sensor steuert die Farbzufuhr, vgl. S. 1 Z. 19 bis 23, S. 4 Z. 6 bis 10 und Ansprüche 1 bis 3. Der jeweils nacheilende Sensor überprüft und regelt die zugeführte Farbmenge, vgl. S. 2 Z. 15 bis 17, S. 4 Z. 10 bis 13 und Anspruch 4. Aufgrund dieser Offenbarung ist für den Fachmann unmissverständlich klar, dass die angestrebten Steuer- und Regelfunktionen auf die Schlittenbewegung abstellen. Nur mit einer Sensoranordnung am Schlitten vor oder hinter der Farbzuführeinrichtung sind diese Funktionen fehlerfrei zu verwirklichen.

Im Gegensatz dazu enthält der erteilte Anspruchswortlaut durch die Bezeichnung „an dem Schlitten befestigt" eine unzulässige Verallgemeinerung. Denn gegenüber den vorstehend allein ursprungsoffenbarten Sensoranordnungsvarianten mit Bezug zu der Farbzuführeinrichtung sind damit beliebige weitere, nicht ursprungsoffenbarte Sensoranordnungen in das beanspruchte Schutzbegehren einbezogen.

Nach alledem geht das Schutzbegehren in seiner erteilten Fassung, anders als die Patentinhaberin meint, über die ursprüngliche Offenbarung der Anmeldung in ihrer Gesamtheit hinaus. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist demzufolge gegenüber der Ursprungsoffenbarung unzulässig erweitert.

Nachdem der Patentanspruch 1 keinen Bestand hat, bedürfen die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 keiner gesonderten Prüfung und Begründung, denn ein Patent kann nur erteilt bzw. aufrechterhalten werden, wie es beantragt ist, vgl. BGH, GRUR 1997, S. 120 bis 122 - Elektrisches Speicherheizgerät; Schulte PatG, 8. Aufl., Einl. Rn. 168.

Bork Paetzold Baumgart Nees Ko

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