10 W (pat) 2/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 2/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent DE 501 08 039 (= EP 1 345 493) wegen Wiedereinsetzung hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 28. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Kober Dehm BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Patentabteilung 41 - vom 15. Juli 2009 aufgehoben.
2. Der Patentinhaberin wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der sechsten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag gewährt.
Gründe I.
Das Europäische Patentamt (EPA) hat der Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin auf ihre Anmeldung vom 13. Dezember 2001 das Patent EP 1 345 493 mit der Bezeichnung "Fungizide Mischungen auf der Basis von Amidverbindungen" mit Wirkung u. a. für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 9. November 2005 veröffentlicht. Das Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter dem Aktenzeichen 501 08 039.2 08 geführt. Am 26. März 2008 wurde es auf die jetzige Patentinhaberin umgeschrieben.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2007 teilte das DPMA der Patentinhaberin mit, dass die sechste Jahresgebühr für das Patent innerhalb der zuschlagfreien Zahlungsfrist nicht entrichtet worden sei und dass das Patent erlösche, wenn die Gebühr einschließlich Verspätungszuschlag (insgesamt 180,- €) nicht bis spätestens 2. Juli 2007 gezahlt werde. Da bis zu diesem Zeitpunkt kein Gebühreneingang zu verzeichnen war, stellte das Patentamt das Erlöschen des Patents mit Wirkung vom 3. Juli 2007 fest. In den Akten des Patentamts befindet sich hierzu ein Vermerk vom 13. August 2007. Im Patentregister wurde das Erlöschen des Patents unter dem 3. Juli 2007 erfasst. Die Veröffentlichung im Patentblatt erfolgte am 18. Oktober 2007.
Die Patentinhaberin beantragte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der sechsten Jahresgebühr einschließlich Zuschlag und erteilte gleichzeitig eine Einzugsermächtigung für diese Gebühren in Höhe von 130,- € und 50,- € sowie für die siebte Jahresgebühr in Höhe von 180,-- €.
Zur Begründung ihres Antrags führte die Patentinhaberin aus, sie habe der von ihr mit der Zahlung der Jahresgebühren beauftragten Firma C… Limited in J…, (im Folgenden: C…) am 23. November 2006 eine Liste mit Schutzrechten übersandt, die sie nicht mehr weiterzuverfolgen beabsichtigte (im Folgenden: Liste SFR1). Auf dieser Liste sei irrtümlich auch das verfahrensgegenständliche Patent vermerkt gewesen. Sie habe der C… jedoch am 19. Juni 2007 eine weitere Liste mit Schutzrechten mit der Kennzeichnung "Amended Cases" (im Folgenden: Liste SFR2) übersandt, in der auch das Patent 501 08 039 mit der Anweisung aufgeführt gewesen sei, die noch bis 30. Juni 2007 mit Zuschlag zahlbare sechste Jahresgebühr für das Patent 501 08 039 fristgemäß zu entrichten. Beide Listen seien über das firmeneigene Electronic Data Transfer System an die C… übermittelt und von der Mitarbeiterin von C…, Frau S…, bearbeitet worden. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe Frau S… bei der Bearbeitung der Liste SFR2 offenbar das Patent 501 08 039 übersehen, so dass die sechste Jahresgebühr hierfür versehentlich nicht angewiesen worden sei. Möglicherweise sei Frau S… bei der Bearbeitung der Liste in der Zeile verrutscht. Sie sei jedoch eine äußerst erfahrene langjährige Mitarbeiterin von C… und bereits seit 1988 mit der Bearbeitung aufrechtzuerhaltender Schutzrechte und der Einzahlung von Jahres- und Verlängerungsgebühren betraut. Sie werde routinemäßig und stichprobenartig von ihrem Vorgesetzten, Herrn B…, der seit 2000 bei C… beschäftigt sei, überprüft. Dabei sei es nie zu Beanstandungen gekommen. Die versehentlich unterbliebene Zahlung der sechsten Jahresgebühr sei auch Herrn B… nicht aufgefallen und somit erst am 10. Oktober 2007 im Rahmen einer Routineüberprüfung des Datenbestands der Mandanten von C… festgestellt worden.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte die Patentinhaberin u.a. eine "Statutory Declaration" des "Patent Restoration Managers" der C…, Herrn R…, sowie Unterlagen über die Qualifikation von Frau S… und ihrem Vorgesetzten vor.
In Beantwortung eines Zwischenbescheids des Patentamts machte die Patentinhaberin geltend, die Annahme der Patentabteilung, dass der mindestens 17 Seiten umfassenden Liste SFR2 vom 19. Juni 2007 nicht ohne weiteres habe entnommen werden können, dass für eine oder mehrere der in dieser Liste genannten Schutzrechte eine Jahresgebührenzahlung bis spätestens zum Monatsende erfolgen müsse, sei unzutreffend. Die C… sei eine professionelle Jahresgebühreneinzahlungsfirma, deren Mitarbeiter die Angaben in derartigen Listen ohne weiteres zutreffend einschätzen könnten und die gesetzlichen Regelungen insbesondere auch des deutschen Jahresgebührensystems beherrschten. Eingehende Zahlungsaufträge für Jahresgebühren würden bei C… unverzüglich nach Eingang bearbeitet, um die Zahlungsfristen zu bestimmen und Zahlungsaufträge bei Bedarf auch unverzüglich durchführen zu können. Die Patentinhaberin erteile ihre Zahlungsaufträge an C… regelmäßig durch Übersendung von Schutzrechtslisten, die bei C… nach einem genau festgelegten Ablaufplan in äußerst zuverlässiger Weise abgearbeitet würden, wobei sich C… immer bewusst sei, dass eine solche Schutzrechtsliste auch dringliche Aufträge zur Zahlung von Jahresgebühren enthalten könne.
Die Forderung der Patentabteilung, dass angesichts der nur noch wenige Tage laufenden Zahlungsfrist eine Einzelanweisung für die Zahlung der Jahresgebühr hätte erteilt werden müssen, sei nicht nachvollziehbar. Zumindest die Seite 17 der Liste SFR2 sei mit "Amended Cases" überschrieben gewesen, was für die Mitarbeiter von C… ein Hinweis darauf sei, dass für die in der Liste genannten Schutzrechte ältere Anweisungen vorliegen, die umgehend zu korrigieren oder zu ergänzen seien, und dass hierbei mit besonderer Achtsamkeit und Sorgfalt vorzugehen sei. Außerdem sei die Liste SFR2 nahezu zwei Wochen vor dem letztmöglichen Zahlungstermin an C… übermittelt worden. Dies sei bei Schutzrechten, für die der Inhaber die Zahlungsmodalität "Automatic Payment" gewählt habe, ausreichend. Bei dieser Modalität, die auch für das verfahrensgegenständliche Patent gegolten habe, zahle C… die Jahresgebühren zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ohne erneute explizite Anweisung. Der Umstand, dass keines der in der Liste aufgeführten Schutzrechte als dringlich zu bearbeiten gekennzeichnet sei, bedeute nicht, dass keines als besonders dringlich behandelt werden müsste, sondern umgekehrt, dass allen genannten Schutzrechten dieselbe hohe Dringlichkeit zukomme. Die Auftragserteilung durch die Patentinhaberin sowie die Bearbeitung der Aufträge bei C… erfolgten auf etablierten, ausgereiften und zuverlässigen Kommunikationswegen, die bislang noch nie zum Erlöschen eines Schutzrechts wegen versehentlicher Nichtzahlung der Jahresgebühr geführt hätten, so dass keinem der Beteiligten ein Verschulden an der unterbliebenen Zahlung der sechsten Jahresgebühr für das Patent 501 08 039 zugeschrieben werden könne. Dies gelte insbesondere für die Patentinhaberin, die auch ohne explizite Einzelanweisung habe darauf vertrauen können, dass die erteilten Anweisungen korrekt befolgt würden. Schließlich habe sich erwiesen, dass die Bearbeitung mittels Listen - weil übersichtlicher - zuverlässiger und sachgerechter sei als eine Bearbeitung aufgrund von Einzelanweisungen.
Die Patentabteilung 41 des DPMA hat den Antrag auf Wiedereinsetzung durch Beschluss vom 15. Juli 2009 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil er nicht innerhalb der Frist in § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gestellt worden sei. Zwar habe die Patentinhaberin nach eigenen Angaben erst am 10. Oktober 2007 Kenntnis von der versäumten Zahlung erlangt. Für den Beginn der Antragsfrist sei jedoch auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden könne.
Dass die Patentinhaberin bis zum 10. Oktober 2007 keine Kenntnis von der Versäumung der Zahlungsfrist gehabt habe, sei ihr als eigenes Verschulden zuzurechnen, so dass die Antragsfrist für die Wiedereinsetzung bereits zwei Monate nach Ende der Zahlungsfrist, d. h. am 31. August 2007 abgelaufen sei. Die Patentinhaberin habe nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr unverschuldet versäumt habe. Die mindestens 17 Seiten umfassende Schutzrechtsliste SFR2 habe Schutzrechte aus verschiedenen Ländern und dabei nicht nur eilige Zahlungen von Jahresgebühren betroffen. Insofern habe die zuständige Mitarbeiterin der C… der Liste "Amended Cases" nicht unmittelbar entnehmen können, dass sich darin eine innerhalb von neun Arbeitstagen zu erledigende Jahresgebührenzahlung befinde. Der Mitarbeiterin habe nur eine allgemeine Arbeitsanweisung vorgelegen, wonach auch Gebühren für zunächst aufgegebene Schutzrechte zu bezahlen seien. Die Patentinhaberin habe jedoch nicht dargetan, dass die zuständige Bearbeiterin eine konkrete Einzelanweisung zur Gebührenzahlung für das Patent 501 08 039 erhalten habe und ausdrücklich auf die Dringlichkeit der Zahlung hingewiesen worden sei. Da der Bestand eines Rechts von der Gebührenzahlung abhängig sei, hätte die Patentinhaberin die C… auf die sofort zu erledigende Jahresgebührenzahlung sofort gesondert hinweisen müssen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.41 vom 15. Juli 2009 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der sechsten Patentjahresgebühr einschließlich des Verspätungszuschlags stattzugeben.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Patentinhaberin im Wesentlichen dieselben Argumente vor wie schon im Verfahren vor dem DPMA. Sie verweist nochmals ausdrücklich darauf, dass bei C… für Schutzrechtslisten mit dem Vermerk
"Amended Cases" eine erhöhte Priorität gelte. Dies ergebe sich aus Nr. 6 der bereits dem DPMA vorgelegten "Statutory Declaration" von Herrn R…, wonach im Falle von geänderten Anweisungen, insbesondere bei der Rücknahme einer Anweisung zur Schutzrechtsaufgabe, die Regelung gelte, jegliche Gebühr gegebenenfalls auch ohne Rückfrage zu zahlen, um auf jeden Fall eine unverzügliche Erledigung der Sache sicherzustellen. Da die Patentinhaberin für das verfahrensgegenständliche Patent die Zahlungsmodalität "Automatic Pay" gewählt habe, habe sie davon ausgehen können, dass die Datenbasis infolge der geänderten Anweisung, das Patent nicht fallen zu lassen, unverzüglich angepasst werde. Angesichts des etablierten und zuverlässigen Bearbeitungssystems könne keinem der am Verfahren Beteiligten ein Verschulden hinsichtlich der versehentlich unterbliebenen Zahlung der sechsten Jahresgebühr angelastet werden. Insbesondere die Patentinhaberin habe angesichts der Kompetenz und der bisher fehlerfreien Bearbeitung der C… auf eine korrekte Ausführung ihrer Anweisungen vertrauen dürfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Patentabteilung hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der sechsten Patentjahresgebühr einschließlich des Verspätungszuschlags zu Unrecht zurückgewiesen.
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist statthaft, da er auf eine Frist gerichtet ist, deren Versäumung nach einer gesetzlichen Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG). Die Patentinhaberin hat die Frist zur Zahlung der sechsten Patentjahresgebühr einschließlich Zuschlag versäumt und dadurch einen gesetzlich festgelegten Rechtsnachteil erlitten. Die Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 13. Dezember 2001 - am 31. Dezember 2006 fällig geworden (Art. II § 7 IntPatÜG i. V. m. § 17 Abs. 1 PatG, § 3 Abs. 2 PatKostG). Sie hätte bis zum 28. Februar 2007 ohne Zuschlag und mit Verspätungszuschlag noch bis zum 2. Juli 2007 (der 30. Juni 2007 war ein Samstag; vgl. § 193 BGB) gezahlt werden können (§ 7 Abs. 1 PatKostG). Die Patentinhaberin hat die Gebühr in Höhe von 130,-- € und den Verspätungszuschlag in Höhe von 50,-- € jedoch erst am 7. Dezember 2007 und damit verspätet eingezahlt. Wegen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Jahresgebühr ist das Patent 501 08 039 kraft Gesetzes mit Wirkung vom 3. Juli 2007 erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG).
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG eingehalten. Die Frist beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem der Säumige bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (Schulte, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 123 Rn. 27). Zwar ist die Patentabteilung danach zutreffend davon ausgegangen, dass das Hindernis nicht erst bei Kenntnis des wahren Sachverhalts, sondern vielmehr bereits dann entfällt, wenn der Säumige die eingetretene Säumnis hätte erkennen können und müssen, d. h. wenn die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr als unverschuldet anzusehen ist (Vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2011 – XII ZB 88/11, MDR 2011, 1208 Rn. 7; Beschluss vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 9).
Die Patentabteilung hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass die Unkenntnis der Patentinhaberin von ihrer Säumnis vor dem 10. Oktober 2007 nicht als unverschuldet anzusehen und die Antragsfrist für die Wiedereinsetzung daher bereits zwei Monate nach Ablauf der Zahlungsfrist und damit bereits am 31. August 2007 verstrichen sei. Im Streitfall ist die Säumnis dadurch verursacht worden, dass eine Mitarbeiterin der C… die Anweisung der Patentinhaberin, für das verfahrensgegenständliche Patent die Jahresgebühr zu zahlen, offensichtlich übersehen hat. Dieses Versehen wurde bei C… im Rahmen einer Routineüberprüfung am
10. Oktober 2007 festgestellt, so dass die Patentinhaberin frühestens zu diesem Zeitpunkt hiervon Kenntnis erhalten hat. Die Unkenntnis der Patentinhaberin bis zu diesem Zeitpunkt kann entgegen der Auffassung der Patentabteilung nicht als verschuldet angesehen werden. Die C… war ausschließlich mit der Gebührenzahlung beauftragt und ist gegenüber dem Patentamt nicht als Vertreter der Patentinhaberin in Erscheinung getreten, sondern lediglich als deren Hilfsperson tätig geworden. Die Patentinhaberin muss sich daher ein etwaiges Verschulden der C… nicht ohne weiteres nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (vgl. BPatG, Beschluss vom 8. April 1976 – 5 W (pat) 57/75, BPatGE 18, 196, 199 f.). Beim Einsatz von Hilfspersonen muss sich ein Verfahrensbeteiligter deren Versagen dann nicht zurechnen lassen, wenn er glaubhaft macht, dass er bei der Auswahl, Unterweisung und Überwachung der Hilfsperson mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen ist und entsprechend geeignete Aufgaben übertragen hat (Schulte, a. a. O., § 123 Rn. 86 ff.).
So liegt der Fall hier. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die C… von vorneherein nicht zur Vornahme der Gebührenzahlung geeignet war. Hauptbetätigungsfeld der C… ist die Überwachung und die Zahlung von Jahresgebühren. Die Patentinhaberin konnte daher die C… als hierauf spezialisiertes Unternehmen ohne weiteres mit der Bezahlung der Jahresgebühren und der Überwachung der hierbei einzuhaltenden Fristen beauftragen. Ebenso wenig ist ein Verschulden der Patentinhaberin in Form eines Auswahl-, Unterweisungs- oder Überwachungsverschulden feststellbar. Vielmehr ist insoweit vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass es sich bei Frau S… um eine bereits seit mehreren Jahren bei C… beschäftigte Mitarbeiterin handelt, die ihre Aufgaben stets zuverlässig und gewissenhaft erledigt hat, die eingehend in ihre Aufgaben eingewiesen und regelmäßig von ihrem Vorgesetzten überprüft worden ist. Insbesondere war ihr auch die Arbeitsanweisung bekannt, dass Listen mit dem Vermerk "Amended Cases" unverzüglich und mit erhöhter Sorgfalt abzuarbeiten sind. Die Patentinhaberin durfte daher darauf vertrauen, dass C… die mittels der Liste SFR2 angeordnete Zahlung fristgerecht vornehmen werde. Das Hindernis ist damit frühestens am 10. Oktober 2007 entfallen, so dass der am 7. Dezember 2007 beim DPMA eingegangene Wiedereinsetzungsantrag der Patentinhaberin rechtzeitig gestellt war.
Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 123 Abs. 2 PatG sind ebenfalls eingehalten. Der Antrag enthält die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen. Die versäumte Handlung, die Zahlung der sechsten Jahresgebühr einschließlich Zuschlag, ist gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung erfolgt und damit rechtzeitig nachgeholt worden. Die vorgetragenen Tatsachen sind glaubhaft gemacht worden.
3. Der Antrag ist auch begründet. Die Patentinhaberin hat glaubhaft gemacht, dass sie die bis 2. Juli 2007 laufende Frist zur Zahlung der Jahresgebühr mit Zuschlag ohne Verschulden versäumt hat. Es trifft weder sie selbst ein Verschulden noch muss sie sich das Versehen der C… wie eigenes Verschulden zurechnen lassen.
Die Patentinhaberin hat sich zur Überwachung und Erfüllung ihrer Zahlungspflicht einer Einzahlungsfirma bedient. Das Fehlverhalten der Einzahlungsfirma C… bzw. deren Mitarbeiterin, Frau S…, das zur Versäumung der Zahlungsfrist geführt hat, ist der Patentinhaberin nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen, denn die C… ist - wie bereits oben dargelegt - nicht Vertreter, sondern nur Hilfsperson der Patentinhaberin. Nachdem diese bereits seit Jahren unbeanstandet die Einzahlungen nach einem bewährten und eingespielten firmeneigenen elektronischen System vorgenommen hat, durfte die Patentinhaberin nicht zuletzt auch aufgrund der sich aus der "Statutory Declaration" des Herrn R… ergebenden Arbeitsanweisungen bei der C…, darauf vertrauen, dass die C…, nachdem sie am 19. Juni 2007 die Anweisung zur Zahlung der sechsten Jahresgebühr einschließlich Zuschlag erhalten hatte, diesen Auftrag auch bis 2. Juli 2007 ausführen werde. Zwar mögen die von der Patentinhaberin vorgelegten Listen, mit denen sie der C… ihre Anweisungen üblicherweise – und so auch im Streitfall - erteilt hat, in der Printversion angesichts der engzeiligen Auflistung der Schutzrechtsnummern unübersichtlich erscheinen. Die Patentinhaberin hat jedoch glaubhaft dargetan, dass sich die Übermittlung dieser Listen und deren Bearbeitung im firmeneigenen elektronischen System als übersichtlicher erweist. Ebenso hat sie glaubhaft dargelegt, dass es sich angesichts der großen Zahl der Aufträge bewährt habe, mit Listen statt mit Einzelanweisungen zu arbeiten. Angesichts der präzisen Arbeitsanweisungen für die Bearbeitung von Fällen, bei denen die Patentinhaberin - wie im Streitfall - zunächst eine anderslautende Anweisung gegeben, diese dann später widerrufen hat, war die Patentinhaberin hier auch nicht verpflichtet, den Zahlungsauftrag für das vorliegende Patent per Einzelanweisung zu übermitteln und die Ausführung gesondert nachzuverfolgen und zu überwachen, sondern durfte sich auch insoweit aufgrund der bewährten Arbeitsweise der C… auf eine korrekte und fristgerechte Ausführung verlassen.
Rauch Püschel Kober-Dehm prö