1 ZA (pat) 2/19
BUNDESPATENTGERICHT ZA (pat) 2/19 zu 1 Ni 31/14 (EP) KoF 106/18
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Patentnichtigkeitssache …
ECLI:DE:BPatG:2019:041119B1ZApat2.19.0
…
betreffend das europäische Patent … (DE…)
(hier: Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss)
hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 4. November 2019 durch die Präsidentin Schmidt, die Richterin Grote-Bittner und den Richter Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder beschlossen:
I. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen.
III. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens wird auf 126.910,60 EUR festgesetzt.
Gründe I.
Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit der Kosten der im Berufungsnichtigkeitsverfahren auf Seiten der Beklagten mitwirkenden Rechts- und Patentanwälte.
Die Beklagte ist Inhaberin des durch Zeitablauf erloschenen europäischen Patents …, das die Klägerin mit der Nichtigkeitsklage angegriffen hatte. Die Nich-. tigkeitsklage ist rechtskräftig abgewiesen worden. Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom …, Az.: X…, ist die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Bundespatentgerichts vom …zurückgewiesen worden, der Klägerin sind die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Dezember 2018 sind die von der Klägerin der Beklagten zu erstattenden Kosten für das Berufungsverfahren in Höhe von insgesamt € 127.954,08 zzgl. Zinsen festgesetzt worden. Auf der Grundlage eines festgesetzten Streitwertes von € 6.250.000,-- hat die Rechtspflegerin jeweils eine 1,6 Verfahrensgebühr in Höhe von € 32.740,80 und eine 1,5 Terminsgebühr in Höhe von € 30.964,50 für einen Rechts- und einen Patentanwalt zzgl. jeweils eines Pauschalsatzes für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von € 20,00 in Ansatz gebracht.
Hiergegen hat die Klägerin, der der Kostenfestsetzungsbeschluss am 11. Januar 2019 zugestellt worden war, und die am 17. Januar 2019 einen Betrag von € 129.918,33 (€ 127.954,08 zzgl. Zinsen) an die Beklagte zur Vermeidung einer Zwangsvollstreckung gezahlt hatte, am 22. Januar 2019 Erinnerung eingelegt. Sie begehrt die Rückfestsetzung der von ihr zu viel gezahlten Beträge.
Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagten die im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss als erstattungsfähig angesetzten Rechts- und Patentanwaltskosten tatsächlich angefallen sind. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auf der Grundlage eines vereinbarten Zeithonorars Kosten unterhalb der Gebühren nach der RVG angefallen sein könnten, die auch nur in dieser Höhe erstattungsfähig seien. Sie verweist auf eine Kostennote der Kanzlei B… in Z…, vom 11. April 2017 an die Beklagte mit der Bezeichnung „RE: Patentstreitigkeit (Patent litigation)“ mit geschwärzten Stellen (Anlage HKLW1, Bl. 72 bis 95 d.A.).
Sie meint, dass die Beklagte die Entstehung der von ihr geltend gemachten Kosten für die Rechts- und Patentanwälte, zumindest die für den Patentanwalt, nicht hinreichend glaubhaft gemacht habe und diese daher abzusetzen seien. Denn es lägen Unstimmigkeiten vor, die gegen die Entstehung der festgesetzten Kosten sprechen würden. So sei der Vortrag der Beklagten zur Honorarvereinbarung unschlüssig, da es zwar gesetzliche Gebühren für einen Rechtsanwalt nach dem RVG gebe, aber keine solchen für Patentanwälte. Des Weiteren habe die Beklagte nur eine Rechnung der Kanzlei mit Sitz in der S…, Z…, aber nicht der M… Kanzlei vorgelegt, und die Rechnungsstellung sei erst nach dem Kostenfestsetzungsantrag erfolgt.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung der Klägerin nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Klägerin beantragt die Rückfestsetzung sämtlicher aufgrund der Erinnerung der gegenüber dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom
17. Dezember 2018 abgesetzten Beträge, nämlich der Differenz zwischen dem nach Entscheidung über die Erinnerung festgesetzten Betrag und € 127.954,08, zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 22. Januar 2019.
Die Beklagte beantragt,
die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Dezember 2019 zurückzuweisen.
Entgegen der klägerischen Behauptung seien ihr die im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Rechts- und Patentanwaltskosten für das Berufungsverfahren entstanden und daher zu Recht festgesetzt worden. Die Beklagtenvertreter versichern anwaltlich, dass der Nichtigkeitsbeklagten durch das Nichtigkeitsberufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof mindestens € 63.455,30 an Rechtsanwaltskosten und weitere mindestens € 63.455,30 an Patentanwaltskosten entstanden sind. Sie versichern des Weiteren, dass das aufgrund der Honorarvereinbarung mit der Beklagten entstandene Zeithonorar mit insgesamt € 137.034,50 höher liege als die in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzte Rechts- und Patentanwaltsvergütung. Die Beklagte legt hierzu Rechnungen der Kanzlei B… mit Sitz in Z… vom 18. August 2017 und 11. Oktober 2018 vor und trägt hierzu vor, dass in der Honorarvereinbarung eine Mindestvergütung in Höhe der gesetzlichen Rechts- und Patentanwaltskosten vereinbart worden sei, die der Beklagten – nachdem ihre Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren mit Beschluss des BGH vom 17. Januar 2019 zurückgewiesen worden war – mit Rechnung vom 20. September 2019 berechnet worden sei. Aufgrund entsprechender kanzleiinterner Regelungen seien die Zahlungen der Beklagten zwischen den Prozessbevollmächtigten und der rechnungsstellenden Kanzlei in Z… verrechnet worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 104 Abs. 3 ZPO, § 23 Abs. 2 RPflG zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt.
Die Erinnerung ist aber unbegründet, weil im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zu Recht Kosten der auf Seiten der Beklagten hinzugezogenen Rechtsund Patentanwälte für das Berufungsverfahren in der geltend gemachten Höhe als erstattungsfähig berücksichtigt worden sind (§§ 13, 33 RVG i. V. m. § 2 Abs. 2 Anl. 1 VV 3206, 3210 RVG).
Die Beklagte hat vorgetragen und durch anwaltliche Versicherung gemäß § 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihr für das Berufungsnichtigkeitsverfahren Patentund Rechtsanwaltskosten für die Verfahrens- und Terminsgebühren in der festgesetzten Höhe von jeweils € 63.455,30 (in Summe: € 126.910,60) entstanden und diese niedriger als die aufgrund einer Honorarvereinbarung angefallenen Kosten sind.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die es ausschließen, dass bei der Beklagten die Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten in Höhe von € 126.910,60 angefallen sind. Auch hat die Klägerin die Behauptung der Beklagten über die Kostenentstehung nicht durch entsprechenden Vortrag, der zudem noch glaubhaft zu machen wäre, widerlegt.
Der Senat sieht die von der Beklagten behauptete Entstehung der festgesetzten Rechts- und Patentanwaltskosten als hinreichend glaubhaft gemacht an. Von einem durch einen Rechtsanwalt als richtig versicherten Vortrag darf nämlich ausgegangen werden, solange nicht konkrete Anhaltspunkte es ausschließen, den geschilderten Sachverhalt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für zutreffend zu erachten (vgl. BGH NJW 2015, 349; Zöller-Greger, ZPO-Komm., 32. Aufl., § 294, Rdn. 5). Die von der Klägerin angeführten Umstände vermögen nicht, die Annahme eines Ausschlusses der Entstehung der Anwaltskosten für die Beklagten zu begründen und damit die anwaltliche eidesstattliche Versicherung als falsch erscheinen zu lassen. So hat die Beklagte konkret dargelegt, dass das Zeithonorar höher ist als die festgesetzten Rechts- und Patentanwaltsgebühren. Sie hat im Einzelnen zu den für das Nichtigkeitsberufungsverfahren angefallenen Anwaltsstunden und –kosten vorgetragen sowie hierzu Rechnungen vom 18. August 2017 und 11. Oktober 2017 vorgelegt. Die Rechnungstellung der Prozessvertreterkosten durch die Kanzlei B… mit Sitz in Z… und der Zeitpunkt
(20. September 2019) sprechen ebenfalls nicht gegen die Kostenentstehung für die Beklagte. Denn zum einen stellt die Klägerin selbst nicht in Abrede, dass ein Rechts- und Patentanwaltshonoraranspruch der Kanzlei B… für ihre Tätigkeit im Berufungsnichtigkeitsverfahren gegen die Beklagte entstanden ist. Diese ist mit Beendigung des Rechtszuges, d. h. mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 14. August 2018, gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG fällig geworden. Auf eine Rechnungstellung kommt es für die Fälligkeit nicht an. Zum anderen sind tatsächlich bei der Beklagten Anwaltskosten, auch in der festgesetzten Höhe, angefallen. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten haben plausibel und nachvollziehbar eine kanzleiinterne Verrechnungsweise zwischen den Kanzleistandorten Z… und M… dargelegt. Wie diese Verrechnung intern aufgrund der Tätigkeit auch der in Z…, dem Sitz der Beklagten, ansässigen Anwälte erfolgt ist, ist für die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Prozessbevollmächtigten unerheblich. Denn auch Zahlungen an Dritte mit Zustimmung des Gläubigers haben gemäß § 362 Abs. 2 BGB Erfüllungswirkung. Schließlich waren die angefallenen Anwaltskosten schon in den Rechnungen von August/Oktober 2017 enthalten und wurden mit der Rechnung vom 20. Februar 2019 lediglich in der erstattungsfähigen Höhe festgestellt.
Die Klägerin hat auch keinen konkreten Vortrag gegen die bei der Beklagten tatsächlich angefallenen Rechts- und Patentanwaltskosten gebracht, sondern nur Behauptungen der Beklagten bestritten und unter Verweis auf Umstände in Zweifel gezogen. Mithin erschöpft sich ihr Vorbringen im Wesentlichen in Vermutungen und enthält keine Tatsachen. Dies reicht aber nicht aus, um zu widerlegen, dass bei der Beklagten Anwaltskosten in der festgesetzten Höhe angefallen sind.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 33 RVG.
Der vorliegende Beschluss ist unanfechtbar. Nach § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 574 Abs. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde in Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Bundespatentgericht, weil das Gesetz sie nicht ausdrücklich vorsieht, nur eröffnet, wenn das Bundespatentgericht sie zugelassen hat (vgl. zur Frage der Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse über Kostenfestsetzungserinnerungen: BGH GRUR 2013, 427, Rdn. 5ff).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO war nicht geboten, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Weder ist die vorliegende Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung noch ist sie zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die Klägerin regt auch selbst nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde an und trägt auch keine Gründe hierfür vor.
Schmidt Grote-Bittner Ausfelder Pr