35 W (pat) 437/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 437/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 152 08.05 betreffend das Gebrauchsmuster 202 04 265 (hier: Löschungsantrag)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richter Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny beschlossen:
Der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 7. Juli 2015 eingelegte und als „Gegenvorstellung“ bezeichnete Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats vom 22. April 2015 wird als unzulässig verworfen.
Gründe A.
Die Antragsgegnerin, Beschwerdeführerin 1) und Beschwerdegegnerin 2) (im Folgenden: Antragsgegnerin) ist die eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters 202 04 265 (im Folgenden: Streitgebrauchsmuster), das am 17. März 2002 angemeldet und am 16. Mai 2002 mit 3 Ansprüchen in das Register eingetragen worden ist. Es hat die Bezeichnung
„Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430“.
Die zunächst eingetragenen Schutzansprüche 1 bis 3 lauteten: „1. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430 dadurch gekennzeichnet,
dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Ausgängen und externer Beschaltung verwendet wird.
2. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die externe Schaltung aus zwei Spannungsfolgern [1] und zwei zusätzlichen Transistoren [2] besteht, wobei diese zur hochohmigen Abschaltung der nichtaktiven Sendeschaltung führen.
3. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgangsbuffer des Chips an die externe Schaltung wechselseitig die Digitalpegel ‘1‘ und ‘0‘ anlegt und zum Abschalten kurzzeitig beide Seiten durch den Pegel ‘0‘ angesteuert werden. Danach wird zur Abschaltung der Sendestufe auf beiden Seiten der Zustand tristate (hochohmig) erzeugt.“
Mit Ablauf der maximalen Schutzdauer von zehn Jahren ist das Streitgebrauchsmuster am 31. März 2012 erloschen.
Zu dem Streitgebrauchsmuster gibt es eine parallele Patentanmeldung vom 17. März 2002, die zur Erteilung des deutschen Patents 102 11 642 geführt hat. Dieses Patent war Gegenstand eines Nichtigkeitsverfahrens, für dessen Verlauf Bezug genommen wird auf das erstinstanzliche Urteil des Bundespatentgerichts vom 29. Februar 2012 mit dem Aktenzeichen 5 Ni 58/10, veröffentlicht in der fortlaufenden Entscheidungssammlung des Patentgerichts auf www.bundespatentgericht.de, und auf das Berufungsurteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2013 mit dem Aktenzeichen X ZR 66/12, veröffentlicht in der fortlaufenden Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs auf www.bundesgerichtshof.de.
Der erteilte Patentanspruch 1 des parallelen Patents, auf den die erteilten Patentansprüche 2 und 3 des Patents rückbezogen waren, lautet:
„1. Interfaceschaltung zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis Anschlusses, dadurch gekennzeichnet, dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Tristate-Ausgängen und externer Beschaltung verwendet wird.“
Die beschränkte Fassung von Patentanspruch 1, mit der das parallele Patent mit Urteil des BGH vom 18. Dezember 2013 aufrechterhalten wurde, lautet:
„1. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430 dadurch gekennzeichnet, dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Tristate-Ausgängen und externer Beschaltung verwendet wird.“
(Unterstreichung nur zur Hervorhebung der Beschränkung)
Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2010 hat die Antragstellerin, Beschwerdeführerin zu 2) und Beschwerdegegnerin zu 1) (im Folgenden: Antragstellerin) die Teillöschung des Streitgebrauchsmusters im Umfang der eingetragenen Schutzansprü- che 1 und 2 wegen fehlender Schutzfähigkeit i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 bis 3 GebrMG beantragt.
Diesem Löschungsantrag hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 17. Februar 2011 unbeschränkt widersprochen.
In der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung II Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) am 17. April 2012 hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster zum ersten Mal auch im Hauptantrag in einer beschränkten Fassung und im Übrigen mit 3 Hilfsanträgen verteidigt.
Schutzanspruch 1 nach neuem Hauptantrag vom 17. April 2012 lautete:
„1. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430, dadurch gekennzeichnet, dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Ausgängen, die Tristate-Ausgänge sind, und externer Beschaltung verwendet wird.“
(Unterstreichung nur zur Hervorhebung des veränderten Merkmals)
Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 der Antragsgegnerin aus der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2012 lautete:
„1. Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430, dadurch gekennzeichnet,
dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Ausgängen, die Tristate-Ausgänge sind, und externer Beschaltung verwendet wird und dass die externe Schaltung aus zwei Spannungsfolgern [1] und zwei zusätzlichen Transistoren [2] besteht, wobei diese zur hochohmigen Abschaltung der nichtaktiven Sendeschaltung führen.“
(Unterstreichungen nur zur Hervorhebung der veränderten Merkmale)
Mit Beschluss vom 30. August 2012 hat die Gebrauchsmusterabteilung II festgestellt, dass das Streitgebrauchsmuster unwirksam gewesen sei, soweit es über den Gegenstand nach Hilfsantrag 3 der Antragsgegnerin aus der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2012 hinausginge. Der weitergehende Feststellungsantrag wurde zurückgewiesen. Die Kosten des patentamtlichen Verfahrens wurden der Antragsgegnerin zu 2/3 und der Antragstellerin zu 1/3 auferlegt.
Gegen diese Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung II haben beide Verfahrensbeteiligten unbeschränkte Beschwerde eingelegt.
Mit Beschluss vom 22. April 2015 hat der erkennende Senat auf die Beschwerde der Antragsgegnerin den Beschluss der Gebrauchsmuster II aufgehoben und festgestellt, dass das Streitgebrauchsmuster von Anfang an unwirksam war, soweit es über die folgende Fassung von Schutzanspruch 1, auf die sich die eingetragenen Schutzansprüche 2 und 3 rückbeziehen, hinausgegangen ist:
„Interfaceschaltung zur Realisierung einer S/T-Schnittstelle nach Spezifikation ITU-T I.430, dadurch gekennzeichnet, dass für die Sendeschaltung eine rein digitale integrierte Schaltung mit nur zwei Tristate-Ausgängen und externer Beschaltung verwendet wird.“
(Unterstreichung nur zur Hervorhebung der Beschränkung)
Die Beschwerde der Antragstellerin und deren weitergehender Feststellungsantrag wurden zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzenzügen gegeneinander aufgehoben.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat mit bei den Gerichtsakten befindlichem Empfangsbekenntnis vom 24. Juni 2015 die Zustellung der begründeten Fassung des Senatsbeschlusses vom 22. April 2015 an ihn bestätigt.
Der Beschluss ist inzwischen bestandskräftig.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 7. Juli 2015, per Fax bei Gericht eingegangen am selben Tage, hat die Antragsgegnerin einen als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Rechtsbehelf eingelegt. Dazu hat die Antragsgegnerin im Wesentlichen wie folgt vorgetragen:
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2015: Sowohl vor der Abteilung des DPMA als auch im Beschwerdeverfahren hätte die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster nur in eingeschränktem Umfang verteidigt. Insbesondere in der Beschwerdeinstanz sei das Streitgebrauchsmuster nur im Umfang des parallelen Patents verteidigt worden. Damit hätte die Eigentümerin bereits selbst auf den vollen Schutzumfang verzichtet und das Streitgebrauchsmuster entsprechend eingeschränkt.
Bereits der Bundesgerichtshof hätte im parallelen Patentnichtigkeitsverfahren die Kosten für beide Instanzenzüge einseitig der Antragstellerin auferlegt. Genauso müsse es im hiesigen Beschwerdeverfahren sein, weil der Senat in seiner Entscheidung dem Antrag der Antragsgegnerin in vollem Umfang gefolgt und den angegriffenen Beschluss des DPMA aufhoben hätte.
Mit Schriftsatz vom 17. September 2015: Da die Antragsgegnerin sowohl im patentamtlichen Verfahren als auch im Beschwerdeverfahren noch vor der mündlichen Verhandlung das Streitgebrauchsmuster entsprechend beschränkt hätte, sei Maßstab der Kostenentscheidung nicht das Maß der Beschränkung gegenüber der angemeldeten Fassung , sondern einzig in wie weit das Gericht den Anträgen der jeweiligen Partei gefolgt ist. Zu diesem entscheidenden Punkt hätte der Senat leider keinen Hinweis gegeben.
Der Bundesgerichtshof hätte im parallelen Patentnichtigkeitsverfahren die Kostenlast vollständig einseitig auferlegt. Obwohl eine Einschränkung der Ansprüche vorgenommen worden sei, seien die gesamten Kosten der Gegenpartei auferlegt worden. Die Entscheidung des Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats, die Kosten nicht der Gegenseite aufzuerlegen, sei ein offensichtlicher Rechtsirrtum, der sehr wohl mit der Gegenvorstellung beseitigt werden könne.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Kostenentscheidung des Senats vom 22. April 2015 aufzuheben und die Kosten des Gebrauchsmuster-Löschungsverfahrens in beiden Instanzenzügen ganz oder teilweise der Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Rechtsbehelf der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 als unzulässig,
hilfsweise: als unbegründet zurückzuweisen.
Auf die richterlichen Hinweise vom 12. August und vom 4. November 2015, zu denen die Verfahrensbeteiligten Stellung nehmen konnten, wird hingewiesen.
Für die weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten.
B. I. Über den als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Rechtsbehelf der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 konnte gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 78 PatG i. V. m. ohne mündliche Verhandlung entschieden werden; denn von den Beteiligten hatte keiner eine mündliche Verhandlung beantragt, § 78 Nr. 1 PatG, und der Senat hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für sachdienlich gehalten, § 78 Nr. 3 PatG.
II. Der Senat hält die Statthaftigkeit von Gegenvorstellungen gegenüber die Instanz abschließenden Beschlüssen des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren in Ansehung von §§ 318, 322 ZPO für problematisch. Die Statthaftigkeit der hier erhobenen „isolierten“ Kosten-Gegenvorstellung hält der Senat auch in Ansehung des Ausschlusses der isolierten Kostenrechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren für problematisch. Diese Fragen zur Statthaftigkeit des als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Rechtsbehelfs der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 lässt der Senat dahinstehen, weil der Rechtsbehelf der Antragsgegnerin in jedem Fall als unzulässig zu verwerfen war.
II.1 Eine Auslegung des Rechtsbehelfs als Anhörungsrüge nach § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 321a ZPO kann dem Rechtsbehelf nicht zum Erfolg verhelfen, weil eine solche Anhörungsrüge unzulässig wäre.
Die Anhörungsrüge nach § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 321a ZPO ist nur dann zulässig, wenn innerhalb der zweiwöchigen Notfrist nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht nur die Anhörungsrüge erhoben, sondern gleichzeitig auch dargelegt wird, worin eine Verletzung des Grundrechtes auf rechtliches Gehör gesehen wird und aus welchen Gründen die angegriffene Entscheidung auf diesem Verfahrensverstoß beruhen soll (Busse/Keukenschrijver Patentgesetz 7. Auflage 2013, § 122 a Rdnr. 9, Busse/Engels § 73 Rdnr. 209; Thomas/Putzo/Reichold Zivilprozessordnung, 36. Auflage 2015, § 321a Rdnr. 5 und 6, Vorbem. § 567 Rdnr. 15).
Dazu hat die Antragsgegnerin nicht innerhalb der Notfrist nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO vorgetragen. Die zweiwöchige Notfrist nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO hat hier spätestens mit der Zustellung des begründeten Beschlusses bei der Antragsgegnerin begonnen. Die Zustellung erfolgte ausweislich des bei den Gerichtsakten befindlichen Empfangsbekenntnisses der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 24. Juni 2015. Damit ist die Notfrist nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO am 8. Juli 2015 abgelaufen. Da der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 am selben Tage per Fax beim Bundespatentgericht eingegangen ist, war er rechtzeitig.
Mit diesem Schriftsatz hat die Antragsgegnerin jedoch keine Verletzung eines Verfahrensgrundrechtes dargetan, und zwar weder einen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör i. S. v. Artikel 103 Abs. 1 Grundgesetz, noch die Verletzung eines anderen, ähnlich gewichtigen Verfahrensgrundrechtes. Der Vortrag der Antragsgegnerin in diesem Schriftsatz beschränkt sich vielmehr auf die Rechtsauffassung, dass die Kostenentscheidung des Senats, wonach die Kosten des Löschungs-Verfahrens in beiden Instanzenzügen gegen einander aufgehoben wurden, in der Sache (oder materiellrechtlich) falsch sei und eine Entscheidung, die jedenfalls eine teilweise Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin, in der Sache (oder materiellrechtlich) richtiger gewesen wäre.
Dass es im Beschwerdeverfahren zu einem Verstoß gegen das Recht der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör gekommen sein könnte, hat die Antragsgegnerin nur einmal, nämlich im Schriftsatz vom 17. September 2015, angesprochen und zwar mit dem Satz: „Zu diesem entscheidenden Punkt hat der Senat leider keinen Hinweis gegeben.“ Dieser Vortrag war verspätet, weil er erst nach Ablauf der Notfrist nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO – das war am 8. Juli 2015 - bei Gericht eingegangen ist.
II.2 Auch bei einer Auslegung als Gegenvorstellung im verfahrensrechtlichen Sinne ist der Rechtsbehelf der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 unzulässig.
Zu der Frage, ob es nach Einführung der Anhörungsrüge in das Verfahrensrecht, z. B. mit § 321a ZPO im Jahre 2005 und – für das patentrechtliche Verfahren vor dem Bundesgerichtshof – mit § 122a PatG im Jahre 2006, für die Gegenvorstellung gegenüber die Instanz abschließenden Beschwerde-Beschlüssen des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren noch eine verfahrensrechtliche Berechtigung gibt, lässt sich weder der Rechtsprechung des X. Senats des Bundesgerichtshofs noch der Literatur eine endgültige Antwort entnehmen. Soweit jedenfalls bis zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003, BVerfGE 107, 395-418 und NJW 2003, 1924-1929, die Gegenvorstellung auch als Rechtsbehelf angesehen worden ist, der gegenüber unanfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen zulässig sein und dieselbe gerichtliche Instanz, deren Sachentscheidung angegriffen wurde, zu einer erneuten Entscheidung in der derselben Sache berechtigen sollte, sieht sich der Senat an der Annahme einer solchen unbeschränkten Zulässigkeit der Gegenvorstellung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. November 2008,
BVerfGE 122, 190-210 und NJW 2009, 829-833, gehindert. Dort heißt es unter Rz. 39 wörtlich:
„So ist es ausgeschlossen, gesetzlich geregelte Bindungen des Gerichts an seine eigene Entscheidungen, wie insbesondere die Innenbindung während des laufenden Verfahrens nach § 318 ZPO, ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage zu übergehen. Vor allem aber ist dann, wenn ein Gericht auf Gegenvorstellung an seiner eigenen, von ihm selbst fehlerhaft erkannten Entscheidung nicht festhalten will, zu beachten, dass die Lösung des hier zu Tage tretenden Konflikts zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit in erster Linie dem Gesetzgeber übertragen ist (vgl. BVerfGE 3, 225 <237 f.>; 15, 313 <319 f.>; 35, 41 <47>). Auch insoweit können sich die Gerichte mithin nicht von der maßgeblichen gesetzlichen Regelung lösen. Dies gilt insbesondere für gerichtliche Entscheidungen, die ungeachtet etwaiger Rechtsfehler nach dem jeweiligen Verfahrensrecht in Rechtskraft erwachsen und deshalb weder mit ordentlichen Rechtsbehelfen angegriffen noch vom erkennenden Gericht selbst abgeändert werden können. Die Bindung der Gerichte ist hier von besonderer Bedeutung, weil der materiellen Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen auch wesentliche rechtsstaatliche Funktion zukommt, indem sie Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten herstellt (vgl. BVerfGE 22, 322 <329>; 47, 146 <161>).“
Die Beschwerde-Beschlüsse des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren sind der formellen und der materiellen Rechtskraft fähig (vgl. Busse/Engels Patentgesetz, 7. Auflage 2013, § 79 Rdnr. 93, 94; auf § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG wird in diesem Zusammenhang hingewiesen). Der Senat hat im Übrigen in seinem Beschluss vom 25. August 2014, Az.: 35 W (pat) 413/12, verfügbar auf www.bpatg.de, festgestellt, dass die die Instanz abschließenden Beschwerde-Beschlüsse des Bundespatentgerichts im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren ihrer materiellrechtlichen Bedeutung nach eher einem zivilprozessualen Urteil vergleichbar sind als den Beschlüssen im Zivilprozessverfahren.
Dieser Beschluss, in dem die Rechtsbeschwerde zugelassen aber nicht eingelegt worden ist, ist bestandskräftig. Vor diesem Hintergrund geht der Senat nach § 18 Abs. 2 Satz 1 GebrMG i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG von der Geltung der §§ 318, 322 ZPO für seine die Instanz abschließenden Beschwerde-Beschlüsse in Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren aus.
Danach ist eine unbeschränkte Zulässigkeit der Gegenvorstellung gegenüber den Beschwerde-Beschlüssen des Bundespatentgerichts in Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren schon deswegen ausgeschlossen, weil es dafür an der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Rechtsgrundlage fehlt (BVerfG a. a. O.). Allenfalls könnte die Gegenvorstellung in diesen Fällen unter der Voraussetzung zulässig sein, dass die Verletzung eines anderen Verfahrensrechts geltend gemacht wird, dem eine ähnliche grundrechtliche Bedeutung zukommt wie dem Grundrecht auf rechtliches Gehör (vgl. Busse/Engels Patentgesetz, 7. Auflage 2013, § 73 Rdnr. 209). Dazu hat die Antragsgegnerin jedoch nichts vorgetragen.
III. Unterstellt man schließlich Statthaftigkeit und Zulässigkeit des als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Rechtsbehelfs der Antragsgegnerin vom 7. Juli 2015 als gegeben, so wäre dieser Rechtsbehelf nicht begründet. Denn der Vortrag der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin aus ihren Schriftsätzen vom 7. Juli, 17. September und 18. November 2015 enthält keine schlüssige Begründung für den Antrag der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 7. Juli 2015, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen ganz oder teilweise aufzuerlegen.
Gegen den Beschluss der Gebrauchsmuster-Abteilung II vom 30. August 2012 hatten beide Verfahrensbeteiligten Beschwerde eingelegt. Dabei hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren das Streitgebrauchsmuster im Umfang ihres Hauptantrages aus der einen mündlichen Verhandlung vor der GebrauchsmusterAbteilung verteidigt und in diesem Umfang im Beschwerdeverfahren obsiegt. Das hatte u. a. zur Folge, dass der Senat den angegriffenen Beschluss der Gebrauchsmuster-Abteilung insgesamt aufgehoben und den – gegenüber der Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung weiteren – Gegenstand des Streitgebrauchsmusters neu festgelegt hat.
Damit war eine nur auf das Beschwerdeverfahren bezogene Kostenentscheidung – etwa nach § 97 Abs. 1 ZPO - nicht mehr möglich. Vielmehr war eine Kostenentscheidung erforderlich, die für beide Instanzenzüge galt. Maßstab für diese Entscheidung ist der Umfang der endgültigen Beschränkung des Gegenstandes des Streitgebrauchsmusters infolge des Löschungsantrages. Ausgangspunkt für diese Beurteilung waren die angegriffenen Schutzansprüche 1 und 2 in ihrer eingetragenen Fassung; denn in dieser Fassung hat sie die Antragsgegnerin zunächst verteidigt, indem sie dem Löschungsantrag der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 17. Februar 2011 unbeschränkt widersprochen hat. Diese unbeschränkte Verteidigungslinie hat die Antragsgegnerin erst über ein Jahr später, nämlich in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2012 ein Stück zurückgenommen, als sie die angegriffenen Schutzansprüche 1 und 2 bereits nach Hauptantrag in einer beschränkten Fassung verteidigt hat.
Bei seiner Kostenentscheidung hatte der Senat also den Gegenstand der Schutzansprüche 1 und 2 in ihrer eingetragenen Fassung mit dem Gegenstand der Schutzansprüche 1 und 2 in der Fassung zu vergleichen, die diese Ansprüche mit Beschluss vom 22. April 2015 erhalten haben. Die damit vorgenommene Beschränkung bestand darin, dass das kennzeichnende Merkmal „mit nur zwei Ausgängen“ im angegriffenen Schutzanspruchs 1 beschränkt worden ist auf das Merkmal „mit nur zwei Tristate-Ausgängen“ (Unterstreichung nur zur Hervorhebung der Beschränkung). Warum diese Beschränkung die angegriffene Kostenentscheidung nicht tragen kann, hat die Antragsgegnerin nicht schlüssig dargetan.
Ein Gebrauchsmuster-Inhaber, der zunächst – wie hier – dem Löschungsantrag im vollen Umfang widerspricht und erst im Laufe des weiteren Löschungsverfahrens auf das Streitgebrauchsmuster ganz oder teilweise verzichtet, bzw. dessen Gegenstand nur noch im beschränkten Umfang verteidigt, trägt regelmäßig die Kosten des Verfahrens im Umfang des erfolgten Verzichts und/oder der im Endergebnis durch Beschluss der Gebrauchsmuster-Abteilung oder des Bundespatentgerichts bestimmten Beschränkung (Busse/Keukenschrijver Patentgesetz, 7. Auflage 2013, § 17 Rdnr. 47, § 84 Rndr. 14; Bühring/Schmid Gebrauchsmustergesetz, 8. Auflage 2011, § 17 Rdnr. 74)
Auf den Ausgang des Berufungsverfahrens in dem Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent 102 11 642 der Antragsgegnerin konnte es für die Kostenentscheidung des Senats schon deswegen nicht ankommen, weil dieses Patent kein Gegenstand des hiesigen Gebrauchsmuster-Löschungsverfahrens war. Im Übrigen war Anspruch 1 dieses Patents, der dem eingetragenen Schutzanspruch 1 des hiesigen Streitgebrauchsmusters nahekam, bereits mit denjenigen kennzeichnenden Merkmalen erteilt worden, die Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters erst im Wege der Beschränkung mit dem Beschluss vom 22. April 2015 erhalten hat. Die Beschränkung des Patents betraf ausschließlich dessen Oberbegriff. Insoweit ist die Kostenentscheidung des Bundesgerichtshofs nicht vergleichbar mit der angegriffenen Kostenentscheidung des Senats.
Weiter hatte die Gebrauchsmuster-Abteilung die Kosten des patentamtlichen Verfahrens zu zwei Dritteln der Antragsgegnerin auferlegt, nachdem sie den Löschungsantrag der Antragstellerin im Umfang des Hilfsantrages 3 der Antragsgegnerin zurückgewiesen hatte. Dem lag eine Antragslage zugrunde, bei der die Antragsgegnerin auch nach Hauptantrag das Streitgebrauchsmuster nur noch in einer beschränkten Fassung verteidigt hatte und zwar mit einem Gegenstand, der dem Gegenstand der Fassung entspricht, auf die der Senat zuletzt erkannt hat. Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren die Kostenentscheidung der Gebrauchsmusterabteilung nicht beanstandet. Auch deswegen hätte sie vortragen müssen, aus welchen Gründen sie die zuletzt mit Beschwerde-Beschluss vom 22. April 2015 festgelegte Beschränkung als so unwesentlich angesehen hat, dass sie eine Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO oder eine zumindest teilweise Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin für gerechtfertigt gehalten hat. Eine teilweise Kostenauferlegung zu Lasten der Antragstellerin hätte außerdem wegen § 92 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative ZPO deutlich über 50 % hinausgehen müssen, um Anlass zu einer Revision der angegriffenen Kostenentscheidung des Senats zu geben. Auch dazu hat die Antragsgegnerin nichts vorgetragen.
IV. Entscheidungen, mit denen die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO oder eine Gegenvorstellung als unzulässig zurückgewiesen werden, sind unanfechtbar (zur Anhörungsrüge: Zöller/Vollkommer ZPO, 31. Auflage 2016, § 321a Rdnr. 19; zur Gegenvorstellung im Patentrecht: Busse/Engels a. a. O., § 74 Rdnr. 209 a. E.).
Werner Albertshofer Dr. Wollny Bb