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1 StR 372/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 372/24 URTEIL vom 8. April 2025 in der Strafsache gegen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges ECLI:DE:BGH:2025:080425U1STR372.24.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 1. April 2025 in der Sitzung am 8. April 2025, an denen teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger,

Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bär, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Leplow, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Allgayer und Richterin am Bundesgerichtshof Welnhofer-Zeitler,

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 1. April 2025 –, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 8. April 2025 –

als Vertreter des Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 1. April 2025 –

als Verteidiger,

Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 4. April 2024 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in zehn Fällen schuldig ist; b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug in zehn Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 463.141 Euro angeordnet. Mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, die den Einziehungsausspruch vom Rechtsmittelangriff ausnimmt, rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie wendet sich gegen den Schuldspruch und begehrt die Verurteilung wegen (mittäterschaftlichen) gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Im Tatzeitraum von Juli bis August 2022 kontaktierte eine mutmaßlich aus Großbritannien agierende, professionell organisierte Tätergruppierung von mindestens drei Personen jeweils telefonisch nach dem modus operandi „Schockanrufe“ in insgesamt zehn Fällen vorwiegend ältere Menschen. Dabei nahmen die Mitglieder der Tätergruppierung (sogenannte Keiler) Kontakt zu den Geschädigten auf und gaben sich als Polizeibeamte oder sonstige Angehörige von Strafverfolgungsbehörden aus. Durch geschickte Gesprächsführung wurden den Geschädigten persönliche Informationen entlockt und ihnen wahrheitswidrig vorgetäuscht, dass eine ihnen nahestehende Person einen Verkehrsunfall verursacht habe und nur gegen Zahlung einer Kaution – in der Regel in Form von Bargeld oder Wertgegenständen wie zum Beispiel Schmuck – aus der Untersuchungshaft entlassen werde. Die Geschädigten wurden so gezielt durch Aufbau psychischen Drucks dazu gebracht, im Vertrauen auf die Richtigkeit der behaupteten Notlage die jeweiligen Vermögenswerte in passende Behältnisse zu packen und an einem ihnen vorgegebenen Ort an einen ihnen – teils namentlich – angekündigten Boten, den sogenannten Abholer, zu übergeben. Diese Abholer wurden rekrutiert und instruiert, die von den Geschädigten deponierten Vermögenswerte oder Wertgegenstände abzuholen und nach näherer Weisung an weitere Tatbeteiligte weiterzugeben. Als ein solcher Abholer fungierte in allen zehn verfahrensgegenständlichen Fällen der Angeklagte. Die Vergütung sollte 150 € pro Tag zuzüglich Spesen betragen. Der Angeklagte erhielt einen Vorschuss in Höhe von 400 € und ein günstiges Handy mit SIM-Karte. In der Folgezeit holte der Angeklagte ab 29. Juli 2022 in insgesamt zehn Fällen jeweils auf telefonische Anweisung einer Kontaktperson an vorgegebenen Orten, zu denen die Geschädigten ebenfalls telefonisch gelotst wurden, die vorbereiteten Geldbeträge und Wertgegenstände ab. In den Fällen 4 und 6 bis 10 der Urteilsgründe stellte er sich mit dem den Geschädigten vorab mitgeteilten Namen vor bzw. bestätigte diesen auf Nachfrage der Geschädigten. In den Fällen 1 bis 8 und 10 brachte der Angeklagte die Beute sodann zu ihm benannten Orten in Frankreich oder den Niederlanden und übergab sie dort an weitere Tatbeteiligte. Im Gegenzug erhielt er seine Vergütung in bar und jeweils ein neues Handy mit SIM-Karte.

Spätestens seit der Übernahme der Wertgegenstände in Fall 1 hielt der Angeklagte es zumindest für möglich, dass er im Rahmen einer größeren Organisation daran beteiligt war, Geschädigte unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zur Herausgabe von erheblichen Vermögenswerten zu bewegen. Das nahm er jedoch billigend in Kauf und erhoffte sich die Erschließung einer Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer.

2. Das Landgericht hat jede der festgestellten Taten als Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug gemäß § 263 Abs. 1 und 5, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2, § 53 StGB gewertet. Dem Angeklagten sei zwar eine wesentliche Rolle innerhalb der Tätergruppierung zugekommen und er habe jeweils einen objektiv entscheidenden Beitrag geleistet. So sei er der einzige vor Ort anwesende Tatbeteiligte gewesen und für die unmittelbare Abholung zuständig, weshalb von ihm insofern der Erfolg abgehangen habe. Darüber hinaus habe er in allen Fällen persönlichen Kontakt zu den Geschädigten gehabt und auch für einen gewissen Zeitraum alleinigen Gewahrsam an der Tatbeute. Andererseits habe er die Taten nicht geplant und organisiert, sei am leichtesten ersetzbar gewesen, habe keinen wesentlichen Gestaltungsspielraum gehabt und detaillierte Handlungsanweisungen erhalten. Bei einigen Fällen habe er zwar durch die Nennung eines falschen Namens täuschend auf die Geschädigten eingewirkt, jedoch nur geringfügig. Er habe nur gesagt, was man ihm vorgegeben habe. Zudem seien seine Äußerungen nur im Zusammenhang mit den vorhergehenden falschen Angaben der anderen Tatbeteiligten geeignet gewesen, die Vermögensverfügungen herbeizuführen. Sein Interesse an der Tat sei gering gewesen, weil er statt einer Erfolgsprämie nur pauschal mit 150 € vergütet wurde. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände habe er nur die Rolle eines untergeordneten Werkzeugs innegehabt.

II.

Die Revision ist begründet.

1. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten zu Unrecht lediglich als Beihilfe zum gewerbsmäßigen Bandenbetrug gemäß § 263 Abs. 1 und 5, § 27 Abs. 1 StGB gewertet. Die rechtliche Würdigung der Tatgeschehen auf der Grundlage der insgesamt rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ergibt vielmehr, dass er des (mittäterschaftlich begangenen) gewerbsmäßigen Bandenbetrugs gemäß § 263 Abs. 1 und 5, § 25 Abs. 1 Alternative 1 und Abs. 2 StGB schuldig ist.

a) Ob die Beteiligung an einer Bandentat als (Mit-)Täterschaft oder als Beihilfe einzuordnen ist, bestimmt sich nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts. Danach ist Täter, wer alle Merkmale eines gesetzlichen Straftatbestandes selbst erfüllt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2024 – 2 StR 411/24 Rn. 4). Eine Strafbarkeit nur wegen Beihilfe scheidet in einem solchen Fall aus. Ist dies nicht der Fall, ist Raum für eine wertende Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe (vgl. dazu etwa BGH, Urteile vom 29. Juni 2023 – 3 StR 343/22 Rn. 14 und vom 1. Juni 2022 – 1 StR 421/21 Rn. 15; jeweils mwN). Wesentliche Anhaltspunkte sind dabei der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen. Diese Umstände sind in die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2020 – 2 StR 349/19 Rn. 6 und vom 13. Februar 2019 – 4 StR 22/19 Rn. 3; jeweils mwN).

b) Dies zugrunde gelegt hat der Angeklagte in allen Fällen als Täter gehandelt. Er verwirklichte den gesetzlichen Tatbestand des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 1 und 5 StGB) in eigener Person, so dass es zur Annahme von Täterschaft weder der Zurechnung der Tatbeiträge Dritter gemäß § 25 Abs. 2 StGB noch einer wertenden Betrachtung seines Tuns bedarf. In den Fällen 4 und 6 bis 10 der Urteilsgründe täuschte er die Geschädigten ausdrücklich, indem er sich diesen mit einem falschen, vorher von den sogenannten Keilern mitgeteilten Namen vorstellte. In den Fällen 1 bis 3 und 5 der Urteilsgründe täuschte er durch schlüssiges Verhalten, nämlich durch sein Auftreten (vgl. zur konkludenten Täuschung zuletzt BGH, Urteil vom 4. Dezember 2024 – 5 StR 498/23 Rn. 35 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung). Einer weiteren Kommunikation bedurfte es nicht; denn die Geschädigten konnten das Erscheinen des Angeklagten nur so verstehen, dass es sich bei ihm um die in den Telefonaten angekündigte, zur Abholung befugte Amtsperson handelte. Hierauf gründeten die von den Geschädigten im direkten Anschluss an das Vorstellen als Amtsperson getroffenen Vermögensverfügungen und der jeweils eingetretene Vermögensschaden. Auf ein eigenes Tatinteresse des Angeklagten, der in Bezug auf die Tatbeute mit Drittbereicherungsabsicht handelte, kommt es mithin nicht an.

2. Der Senat ändert deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte in insgesamt zehn Fällen des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs gemäß § 263 Abs. 1 und 5 StGB schuldig ist. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil dem Angeklagten mit der Anklage täterschaftliches Handeln vorgeworfen worden ist.

3. Die Schuldspruchänderung mit der Folge, dass bei der Strafzumessung der vertypte Strafmilderungsgrund des § 27 StGB nicht anzuwenden ist, bedingt die Aufhebung der verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe. Sämtliche Feststellungen haben Bestand (vgl. § 353 Abs. 2 StPO) und können vom nunmehr zur Strafzumessung berufenen Tatgericht um solche ergänzt werden, die ihnen nicht widersprechen.

Jäger Bär Leplow Allgayer Welnhofer-Zeitler Vorinstanz: Landgericht Freiburg im Breisgau, 04.04.2024 - 20/23 2 KLs 612 Js 26797/22

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