• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

X B 174/13

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 14.8.2014, X B 174/13 Terminsverlegungsantrag bei fehlender Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten; Informationspflichten des Finanzamtes im Zusammenhang mit der Kassenbuchführung; Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO Tatbestand I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In allen Streitjahren betrieb der Kläger ein Einzelunternehmen (Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen).

Aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung für die Streitjahre erfolgten Hinzuschätzungen, da die Buchführung des Klägers nicht ordnungsgemäß war. Dieser hatte keine Kassenaufzeichnungen vorgenommen und Erlöse über Entnahmen sowie Aufwendungen über Einlagen gebucht. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) schätzte unter Berücksichtigung eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 15 % ausgehend vom Mindestrohgewinnaufschlagsatz aus der Richtsatzsammlung des Bundesministers der Finanzen für den Kfz-Einzelhandel Erlöse hinzu. Der Kläger hatte zuvor die Begrenzung der Hinzuschätzungen auf 10 % beantragt, sich im Einspruchs- und Klageverfahren aber gegen eine Hinzuschätzung an sich gewandt.

Im Klageverfahren ist der Prozessbevollmächtigte zum Erörterungstermin am 14. Mai 2013 geladen worden. Das persönliche Erscheinen der Kläger ist nicht angeordnet worden. Im Erörterungstermin, in dem die Sach- und Rechtslage erörtert und der kurzfristig unterbrochen wurde, um --allerdings vergeblich-- den Kläger telefonisch zu erreichen, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Prozessbevollmächtigte behielt sich vor, die Erledigungserklärung zu widerrufen, was auch innerhalb der vereinbarten Frist geschah.

Das Gericht beraumte daraufhin einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 1. Juli 2013 an. Das persönliche Erscheinen der Kläger wurde nicht angeordnet. Dennoch verlegte das Gericht diesen Termin auf Bitten des Prozessbevollmächtigten nach telefonischer Vereinbarung auf den 31. Juli 2013, weil der Kläger aufgrund einer zuvor gebuchten Reise am 1. Juli 2013 verhindert gewesen wäre.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 bat der Prozessbevollmächtigte um erneute Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung, da der Kläger zu seiner schwer kranken Mutter nach X (Asien) fliegen müsse. Das Finanzgericht (FG) lehnte dies ab und begründete dies damit, dass der Kläger nicht persönlich zur mündlichen Verhandlung geladen worden sei.

In der mündlichen Verhandlung wies der Einzelrichter die Klage nach Erörterung der Sach- und Rechtslage ab.

Die Kläger machen Verfahrensmängel geltend. So sei das rechtliche Gehör verletzt worden, weil eine weitere Terminsverlegung nicht gewährt worden sei. Auch habe das FA den Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit nicht in ausreichender Form über die Art und Weise der Aufzeichnung der Bargeschäfte informiert.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde der Kläger ist zumindest unbegründet.

1. Die vom Kläger behaupteten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

Das FG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, §§ 96 Abs. 2, 76 Abs. 2 FGO) nicht verletzt. Es konnte ohne erneute Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung entscheiden.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wird eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angenommen, wenn einem Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben wird, obwohl erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung vorliegen und glaubhaft gemacht werden.

Solche Gründe liegen nicht vor, wenn bei fehlender Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Klägers einem Terminsverlegungsantrag vom FG nicht entsprochen wird. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO steht die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten im Ermessen des Gerichts. Die Nichtanordnung des persönlichen Erscheinens ist nicht als wesentlicher Verfahrensmangel anzusehen (vgl. nur Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 80 Rz 4, m.w.N.). Vielmehr macht dies die insoweit maßgebliche Auffassung des FG deutlich, das persönliche Erscheinen des Klägers sei zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich (vgl. auch BFH-Beschluss vom 26. April 2010 VII B 84/09, BFH/NV 2010, 1637).

Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht deshalb, weil das FG einem ersten Terminsverlegungsantrag des Prozessvertreters zugestimmt hatte, bei dem dieser auf die urlaubsbedingte Abwesenheit des Klägers verwiesen hatte. Schließlich ordnete das FG auch bei der zweiten Ladung zur mündlichen Verhandlung das persönliche Erscheinen des Klägers nicht an und brachte damit erneut seine maßgebliche Auffassung insoweit zum Ausdruck.

b) Somit konnte das FG aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl der Kläger nicht erschienen war. Im Streitfall war der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. Im Übrigen könnte selbst im Falle einer Anordnung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verletzung rechtlichen Gehörs nur dann vorliegen, wenn das FG das Ausbleiben als Verletzung der Mitwirkungspflicht angesehen und die Klageabweisung gerade darauf gestützt hätte (BFH-Beschluss vom 2. Juni 2008 VII S 66/07 (PKH), BFH/NV 2008, 1853). Dies liegt hier offensichtlich nicht vor.

c) Aufgrund der Erörterung der rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte im Erörterungstermin vom 14. Mai 2013 und in der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 2013 liegt auch keine Überraschungsentscheidung und damit auch unter diesem Gesichtspunkt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) vor.

2. Soweit die Kläger einen Verfahrensfehler darin sehen wollen, dass das FA den Kläger nicht zu Beginn seiner Tätigkeit über die Notwendigkeit der täglichen Kassenaufzeichnung und die sich hieraus ergebenden Folgen für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung informiert habe, liegt ebenfalls kein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor.

a) Zum einen scheitert dies bereits daran, dass solche Verfahrensmängel nur Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts sind; Fehler des FA im Besteuerungsverfahren oder im außergerichtlichen Vorverfahren fallen grundsätzlich nicht darunter (z.B. Senatsbeschluss vom 5. September 2011 X B 144/10, BFH/NV 2012, 3, m.w.N.). Die fehlerhafte Beurteilung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO) und anderer das Besteuerungsverfahren regelnder Vorschriften sind deshalb aus der Sicht der Revisionsinstanz keine Verfahrens-, sondern lediglich materiell-rechtliche Mängel (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 77; vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 VIII B 45/05, BFH/NV 2006, 961).

b) Zum anderen besteht eine solche Informationsverpflichtung für das FA nicht. Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten und damit auch die grundsätzliche Pflicht zum täglichen Festhalten der Kasseneinnahmen und -ausgaben (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO) sind eigenständige öffentlich-rechtliche Pflichten des Steuerpflichtigen, die unmittelbar kraft Gesetzes bestehen (Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vorbemerkungen zu §§ 140 bis 148 AO Rz 4, m.w.N.). Es ist deshalb allein Aufgabe des Steuerpflichtigen, sich über seine insoweit bestehenden Pflichten zu informieren bzw. sich der Hilfe sachkundiger Dritter zu bedienen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesfinanzhof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in X B 174/13

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
2 80 FGO
2 96 FGO
2 115 FGO
2 103 GG
1 140 AO
1 146 AO
1 148 AO
1 76 FGO
1 116 FGO
1 135 FGO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 140 AO
1 146 AO
1 148 AO
1 76 FGO
2 80 FGO
2 96 FGO
2 115 FGO
1 116 FGO
1 135 FGO
2 103 GG

Original von X B 174/13

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von X B 174/13

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum