III ZB 15/20
BUNDESGERICHTSHOF III ZB 15/20 BESCHLUSS vom 16. Juli 2020 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2020:160720BIIIZB15.20.0 Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Tombrink, die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher sowie den Richter Dr. Herr beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 7. April 2020 - 21 S 23/18 wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Ersatz verschiedener Aufwendungen geltend. Das Amtsgericht hat seine Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger persönlich "soweit möglich" Berufung eingelegt und für deren "formaljuristisch korrekte" Einlegung und Begründung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Das Landgericht hat die Berufung mit Beschluss vom 4. Mai 2018 als unzulässig verworfen und den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit Schreiben vom 26. Mai 2018 unter anderem "sofortige Beschwerde" eingelegt sowie einen Antrag auf "Rücksetzung in den vorigen Stand" gestellt. Mit Hinweisbeschluss vom 6. September 2018 hat die Kammer ausgeführt, sie werde die "sofortige Beschwerde" als Gehörsrüge behandeln und die Erfolgsaussicht des Prozesskostenhilfegesuchs prüfen sowie gegebenenfalls - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe - auch das erstinstanzliche Urteil überprüfen. Mit Beschluss vom
9. April 2019 hat das Berufungsgericht die Gehörsrüge des Klägers zurückgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 7. April 2020 hat das Landgericht sowohl den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers als auch einen neuen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wahrung der Frist für die Einlegung der Berufung durch einen postulationsfähigen Anwalt sei unzulässig. Der Kläger habe die versäumte Prozesshandlung nicht binnen der zweiwöchigen Frist gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO nachgeholt.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Eingabe.
II.
Der Senat legt das Schreiben des Klägers vom 13. Mai 2020, das auf ein bereits beim Landgericht eingegangenes Schriftstück Bezug nimmt, als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das allein statthafte Rechtsmittel - eine Rechtsbeschwerde nach § 238 Abs. 2, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - gegen den vorbezeichneten Beschluss aus, soweit darin sein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungseinlegungsfrist zurückgewiesen worden ist.
Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung hat jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts wäre gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Es fehlt an einem Zulassungsgrund im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht dem Kläger nicht den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert und auch nicht dessen Grundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
1. Das Landgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat es nach Zustellung des seine Gehörsrüge zurückweisenden Beschlusses des Landgerichts versäumt, durch einen Rechtsanwalt rechtzeitig binnen der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen zu lassen.
a) Zwar ist eine Partei, die - wie vorliegend der Kläger für die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - um Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel nachsucht, während des laufenden Prozesskostenhilfeverfahrens schuldlos verhindert, die Rechtsmittelfrist einzuhalten, wenn sie Anlass hat, auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu vertrauen (vgl. zB Senat, Beschluss vom 24. Mai 2018 - III ZA 30/17, BeckRS 2018, 12857 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 - VIII ZA 21/08, NJW-RR 2009, 789 Rn. 6 mwN). Nach der Bekanntgabe der Entscheidung über ihr Prozesskostenhilfegesuch ist sie - im Falle einer Ablehnung nach einer gewissen Überlegungsfrist von höchstens drei oder vier Tagen - jedoch gehalten, (gegebenenfalls auf eigene Kosten) einen Rechtsanwalt mit der Durchführung des Rechtsmittels zu beauftragen, der dann innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des
§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht nur einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen, sondern auch das versäumte - im vorliegenden Fall unzulässig eingelegte - Rechtsmittel nachholen muss (vgl. zB Senat, Beschlüsse vom 30. November 2011 - III ZB 34/11, BeckRS 2011, 29056 Rn. 8 und vom 3. Juli 2008 - III ZA 8/08, BeckRS 2008, 14057 Rn. 14; jew. mwN).
b) In Anbetracht der Ankündigung des Landgerichts gemäß Hinweisbeschluss vom 6. September 2018, auf die - zutreffend als Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO ausgelegte - "sofortige Beschwerde" seinen Prozesskostenhilfeantrag trotz der bereits mit Beschluss vom 4. Mai 2018 erfolgten Zurückweisung in dem Rügeverfahren erneut zu prüfen und sodann gegebenenfalls das Berufungsverfahren doch noch durchzuführen, durfte der Kläger trotz der bereits ergangenen Entscheidung zunächst weiter darauf vertrauen, dass er an der wirksamen Einlegung des Rechtsmittels schuldlos verhindert war.
Dieses Hindernis entfiel aber mit der Entscheidung über die Gehörsrüge gemäß Beschluss des Berufungsgerichts vom 9. April 2019. Nach Zustellung dieses Beschlusses - am 18. April 2019 - wäre der Kläger daher gehalten gewesen, sich binnen drei bis vier Tagen zu überlegen, ob er das Rechtsmittel auf eigene Kosten durchführen wollte. Sodann fing die zweiwöchige Frist an zu laufen (§ 234 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO), binnen derer er durch einen Rechtsanwalt das Wiedereinsetzungsgesuch hätte stellen sowie das versäumte Rechtsmittel hätte nachholen lassen müssen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO). All dies ist unterblieben, obgleich die Vorinstanz bereits im Zusammenhang mit dem Hinweisbeschluss vom 6. September 2018 zutreffend darauf hingewiesen hatte, eine Wiedereinsetzung in die versäumte Prozesshandlung könne nur gewährt werden, wenn diese während der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO durch einen Rechtsanwalt nachgeholt werde. Der bereits am 26. Mai 2018 durch den Kläger persönlich gestellte "Rücksetzungsantrag" genügte daher - für ihn erkennbar - nicht.
2. Die Möglichkeit, nach dieser - nicht mehr anfechtbaren - Entscheidung des Berufungsgerichts vom 9. April 2019 erneut um Prozesskostenhilfe nachzusuchen, bestand für den Kläger - wovon er irrtümlich ausgeht - nicht mehr. Gegenteiliges ist auch dem Senatsbeschluss vom 8. August 2019, der sich ausschließlich mit dem Prozesskostenhilfeantrag des Klägers für ein Rechtsmittel gegen den die Berufung verwerfenden Beschluss des Landgerichts vom 4. Mai 2018 befasste, nicht zu entnehmen.
Herrmann Tombrink Arend Böttcher Herr Vorinstanzen: AG Bad Oeynhausen, Entscheidung vom 01.02.2018 - 24 C 576/17 LG Bielefeld, Entscheidung vom 07.04.2020 - 21 S 23/18 -