7 W (pat) 30/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/14 Zuvor 10 W (pat) 33/13
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent 197 45 143.8 wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juni 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Kortge BPatG 152 08.05 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Antragstellerin ist seit dem 18. Juni 2013 im Patentregister als Inhaberin des vorliegenden Patents eingetragen. Das Patent, das auf eine Anmeldung vom 14. Oktober 1997 zurückgeht, wurde der C… Fernwärmetechnik GmbH durch Bechluss des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 7. September 1998 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Regelung der Förderleistung einer Heizwasserpumpe“ erteilt. Das Patent wurde im Jahre 2004 auf die W…System GmbH (W…) und im Jahre 2007 auf die V…-Services GmbH (V…) umgechrieben.
Mit Schreiben vom 4. März 2012 teilte das DPMA der V… mit, dass die für das Paent fällig gewordene 15. Jahresgebühr nicht innerhalb der zuschlagfreien Frist entrichtet worden sei und dass das Patent erlösche, wenn die Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag (insgesamt 1.110,-- €) nicht bis zum 30. April 2012 gezahlt werde. Trotz dieses Hinweises wurde beim DPMA bis zum Ablauf der genannten Frist kein Zahlungseingang registriert.
Mit einem beim DPMA am 18. Juli 2012 eingegangenen Schreiben beantragte die jetzige Patentinhaberin (Antragstellerin) die Umschreibung auf sich und zugleich die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr. Zur Begründung gab sie an, sie habe die Gebühr nicht rechtzeitig zahlen können, weil die V… als Inhaberin des Patents eingetragen und sie nicht über Zahlungsfristen informiert worden sei. Seit 2004 habe sie sich mit der damals eingetragenen W… in Bezug auf das vorliegende Patent in Rechtsstreitigkeiten befunden. Die W… sei durch ein am 8. Mai 2012 rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. April 2007 verurteilt worden, das Patent auf sie zu übertragen und in die Umschreibung einzuwilligen. Dieses Urteil sei den Vertretern der Antragstellerin am 10. Mai 2012 zugesandt worden, habe diesen jedoch auf Grund von Urlaubsabwesenheit erst am 30. Mai 2012 vorgelegen. Der Rechtsstreit um das Patent habe bereits 2004 begonnen, die W… habe das Patent ohne ihr Wissen und ohne ihr Einverständnis an die V… weitergegeben.
Durch Zwischenbescheid der Umschreibungsstelle des DPMA vom 30. Juli 2012 wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass aus dem vorgelegten Urteil lediglich eine Übertragungsverpflichtung der W… hervorgehe, nicht aber der eingeragenen V…. Daraufhin nahm die Antragstellerin den Umschreibungsantrag mit Schreiben vom 7. Februar 2013 zurück.
Die Patentabteilung 34 des DPMA teilte der Antragstellerin durch Bescheid vom 13. März 2013 mit, dass ihr Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig angesehen werde, weil sie nicht als Patentinhaberin im Register eingetragen sei. Auch sei die versäumte Handlung nicht nachgeholt worden.
Mit einem am 2. April 2013 beim DPMA eingegangenen Schreiben vom 27. März 2013 reichte die Antragstellerin das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. April 2007 mit einer Rechtsnachfolgeklausel ein und beantragte erneut die Umschreibung auf sich. Sie meinte, dass sie mit Vollzug der Umschreibung Kostenschuldnerin und damit auch zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags berechtigt werde. Da ihr die Höhe der Jahresgebühr nicht bekannt sei, müsse das DPMA sie zu deren Zahlung auffordern. Sie werde die Gebühr dann unverzüglich begleichen.
Durch Beschluss der Patentabteilung 34 des DPMA vom 29. Mai 2013 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr aus den Gründen des Zwischenbescheids vom 13. März 2013 als unzulässig verworfen. Die Zahlung der 15. Jahresgebühr sei bislang nicht nachgeholt worden. Weil seit dem Ende der Gebührenzahlungsfrist bereits mehr als ein Jahr verstrichen sei, könnten weder die Wiedereinsetzung erneut beantragt noch die versäumte Handlung nachgeholt werden.
Durch Schreiben der Umschreibungsstelle vom 18. Juni 2013 wurden die Beteiligten darüber informiert, dass das Patent antragsgemäß auf die (jetzige) Patentinhaberin umgeschrieben worden sei.
Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den Beschluss vom 29. Mai 2013. Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 15. Jahresgebühr stattzugeben.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass sie nach erfolgter Umschreibung Schuldnerin der Jahresgebühren sei und diese umgehend ausgeglichen habe. Tatsächlich wurde die 15. Jahresgebühr am 26. Juni 2013 eingezahlt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der 15. Jahresgebühr zu Recht zurückgewiesen.
1. Ausgehend vom Anmeldetag 14. Oktober 1997 wurde die für das vorliegende Patent zu zahlende 15. Jahresgebühr am 31. Oktober 2011 fällig (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG). Die Gebühr hätte zuschlagfrei bis Ende Dezember 2011 und mit einem Verspätungszuschlag bis Ende April 2012 gezahlt werden können (§ 7 Abs. 1 PatKostG). Nachdem dies nicht geschehen ist, gilt das Patent kraft Gesetzes als erloschen, § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG (i. d. F. bis 31. März 2014).
2. Der von der Antragstellerin wegen Versäumung dieser Zahlungsfrist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist bereits unzulässig. Um zulässig zu sein, muss der Wiedereinsetzungsantrag von einer dazu berechtigten Person innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt und begründet werden (§ 123 Abs. 2 Satz 1 und 2 Halbsatz 1 PatG). Im selben Zeitraum, nämlich innerhalb der Antragsfrist, muss die versäumte Handlung nachgeholt werden (§ 123 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 PatG).
a) Wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt ist, war der am 18. Juli 2012 gestellte Wiedereinsetzungsantrag unzulässig, weil gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG allein der im Register eingetragenen Person das Recht zur Stellung eines Umschreibungsantrags zusteht (vgl. BGH BlPMZ 2008, 218 - Sägeblatt). Die Antragstellerin war aber zu dem genannten Zeitpunkt noch nicht im Register eingetragen.
b) Selbst unter der Annahme, dass die Antragstellerin den Wiedereinsetzungsantrag als Streithelferin der damals eingetragenen V… gestellt haben könnte (vgl. BGH a. a. O. - Sägeblatt; BGHZ 172, 98 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren), wäre der Antrag unzulässig, weil die Nachholung der versäumten Handlung, d. h. die Zahlung der 15. Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag, erst am 26. Juni 2013 und damit später als ein Jahr nach Ablauf der gesetzlichen Zahlungsfrist erfolgte. Gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG kann die Wiedereinsetzung ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden.
Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG hat absoluten Charakter. Sie verfolgt mit der Begrenzung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung - wie die entsprechende Vorschrift in § 234 Abs. 3 ZPO - im Interesse der Rechtssicherheit den Zweck, unangemessene Verzögerungen von Verfahren zu verhindern und deren rechtskräftigen Abschluss zu gewährleisten. Billigkeitsgründe können daher nicht berücksichtigt werden (BPatG BlPMZ 1996, 357, 358; Schulte/Schell, PatG mit EPÜ, 9. Aufl., § 123 Rn. 30).
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und wann der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist erlangt hat, denn diese läuft als Ausschlussfrist grundsätzlich unabhängig von Kenntnis und Verschulden des Säumigen (vgl. Schulte, a. a. O.; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 123 Rn. 66).
Von der Einhaltung der Jahresfrist kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 234 Abs. 3 ZPO nur in bestimmten Ausnahmefällen abgesehen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ursache der Überschreitung der Jahresfrist nicht in der Sphäre der Partei lag, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist (BGH Mitt. 2011, 24 Rn. 18 – Crimpwerkzeug IV m. w. N.). Dementsprechend hat der Senat anerkannt, dass auch im patentamtlichen Verfahren die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung trotz Ablaufs der Jahresfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG in besonders gelagerten Ausnahmefällen als zulässig anzusehen ist, und zwar insbesondere dann, wenn die Fristüberschreitung ausschließlich auf Umstände zurückzuführen ist, die der Sphäre des Patentamts zuzurechnen sind (vgl. für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr: Senatsbeschluss vom 26. Februar 2009 - 10 W (pat) 40/06, BPatGE 51, 197, 202 – Überwachungsvorrichtung; für den Fall der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr: Senatsbeschluss vom 10. Februar 2012 - 10 W (pat) 38/08, Mitt. 2012, 293 f. - Wäschespinne).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Die Ursache dafür, dass die Nachzahlung der 15. Jahresgebühr erst nach Ablauf der Jahresfrist erfolgte, kann nicht dem Patentamt zur Last gelegt werden. Insbesondere kann sich die Antragstellerin nicht darauf berufen, dass ihr die Höhe der Gebühr nicht bekannt gewesen sei, weshalb sie eine Gebührenmitteilung habe abwarten dürfen, die ihr das Patentamt nach Vollzug der Umschreibung hätte zukommen lassen müssen. Dem Einzahler oder seinem Vertreter obliegt es, die Höhe von Gebühren ebenso wie die zulässigen Zahlungswege an Hand der gesetzlichen Vorschriften selbständig zu ermitteln (vgl. Schulte a. a. O., § 123 Rn. 121). Somit hätte die Antragstellerin mit der Nachholung der Gebührenzahlung nicht bis zu ihrer Eintragung im Register warten dürfen.
3. Da der Wiedereinsetzungsantrag somit als unzulässig anzusehen ist, kommt es auf seine Begründetheit nicht an. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass diese schon deshalb problematisch sein könnte, weil die Antragstellerin bei Ende der Zahlungsfrist nicht Inhaberin des vorliegenden Patents war, sondern erst durch das am 8. Mai 2012 rechtskräftig gewordene Urteil des Landgerichts Hamburg einen Anspruch auf Übertragung des Patents zugesprochen bekam. Der Wiedereinsetzungsantrag wird aber ausschließlich mit Umständen begründet, die bei der Antragstellerin vorgelegen hatten (zu der Frage, ob im Rahmen des § 123 PatG zur Rechtfertigung des Gesuchs auch (nur) Umstände dienen können, die lediglich in der Person des Streithelfers begründet sind, vgl. BGH a. a. O. - Sägeblatt, m. w. N.). Wegen der Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags kann die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Kortge Pü