• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

19 W (pat) 25/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 25/13 Verkündet am 4. Februar 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2004 059 224.1-31 …

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Bieringer und Dipl.-Ing. Matter BPatG 154 05.11 beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2012 aufgehoben und das Patent mit der Nummer 10 2004 059 224 erteilt.

Bezeichnung: Türsprechanlage Anmeldetag: 9. Dezember 2004.

Der Patenterteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 9 gemäß 2. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

angepasste Beschreibung, Seiten 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, vom Anmeldetag 9. Dezember 2004

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 04 M – hat die am 9. Dezember 2004 eingereichte Patentanmeldung durch den am Ende der Anhörung am 19. Juni 2012 verkündeten Beschluss zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist ausgeführt, dass die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag durch den Stand der Technik nahe gelegt wären.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 23. Juli 2012, eingegangen am 24. Juli 2012.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2012 aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag vom 21. Januar 2015, Beschreibung, Seiten 1 bis 9, und 4 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, vom Anmeldetag 9. Dezember 2004,

hilfsweise,

Patentansprüche 1 bis 10 gemäß 21. Januar 2015, übrige Unterlagen wie Hauptantrag,

Hilfsantrag vom weiter hilfsweise,

Patentansprüche 1 bis 9 gemäß 2. Hilfsantrag mit zugehöriger Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Zeichnungen wie Hauptantrag.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung:

„M1 Türsprechanlage M2 mit einer Türstation (10), M2.1 die mindestens eine Klingeltaste (12) und eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (14) aufweist, und M3 mit einer Wohntelefoneinrichtung (16), M3.1 die mit der Türstation (10) verbunden ist und einen Ruftonlautsprecher (18) zur Signalisierung einer Betätigung der Klingeltaste (12), eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (20) für den Sprech- und Hörbetrieb mit der Türstation (10) und eine Türöffner-Taste (22) zum Ansteuern eines Türöffners (24) aufweist, M4 und wobei die Wohntelefoneinrichtung (16) ein Mobilfunkmodul (26) zur Herstellung einer Funkverbindung mit einem Mobiltelefon (28) aufweist, dadurch gekennzeichnet,

M4.1 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) über eine Sprechund Signalisierungsleitung (11) mit Spannung versorgt wird,

M4.2 und dass während des Ruhebetriebs der Sprechanlage Energie aus der Sprech- und Signalisierungsleitung (11) über eine Gleichspannungsentkopplung (42) in eine Spannungsversorgung (36) geladen und darin gepuffert wird.“

Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung:

„M1 Türsprechanlage M2 mit einer Türstation (10), M2.1 die mindestens eine Klingeltaste (12) und eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (14) aufweist, und M3 mit einer Wohntelefoneinrichtung (16), M3.1 die mit der Türstation (10) verbunden ist und einen Ruftonlautsprecher (18) zur Signalisierung einer Betätigung der Klingeltaste (12), eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (20) für den Sprech- und Hörbetrieb mit der Türstation (10) und eine Türöffner-Taste (22) zum Ansteuern eines Türöffners (24) aufweist, M4 und wobei die Wohntelefoneinrichtung (16) ein Mobilfunkmodul (26) zur Herstellung einer Funkverbindung mit einem Mobiltelefon (28) aufweist, dadurch gekennzeichnet, M4.1 dass das Wohntelefoneinrichtung (16) über eine Sprechund Signalisierungsleitung (11) mit Spannung versorgt wird, M4.2 dass während des Ruhebetriebs der Sprechanlage Energie aus der Sprech- und Signalisierungsleitung (11) über eine Gleichspannungsentkopplung (42) in eine Spannungsversorgung (36) geladen und darin gepuffert wird,

MU4 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) in einen Normal-Betriebszustand schaltbar ist, in welchem bei Betätigung der Klingeltaste (12) das erzeugte Klingelsignal an den Ruftonlautsprecher (18) geleitet wird, zwischen der Wohntelefoneinrichtung (16) und der Türstation (10) eine Sprech- und Hörverbindung herstellbar ist, und durch Betätigung der Türöffner-Taste (22) der Türöffner (24) ansteuerbar ist,

MU5 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) in einen MobilfunkBetriebszustand schaltbar ist, in welchem bei Betätigung der Klingeltaste (12) das erzeugte Klingelsignal an das Mobilfunkmodul (26) geleitet wird, welches das Klingelsignal an das Mobiltelefon (28) sendet, und in welchem zwischen dem Mobiltelefon (28) und dem Mobilfunkmodul (26) eine Funkverbindung zur Herstellung einer Sprech- und Hörverbindung zwischen dem Mobiltelefon (26) und der Türstation (10) herstellbar ist,

MParallel dass bei Annahme des Rufes am Mobiltelefon (26) das Mobilfunkmodul (26) an einen Mikrokontroller (46) ein Annahmesignal zurückgibt und wobei das Sprachsignal vom Mobilfunkmodul (26) auf die Hörkapsel und das Mikrofon des Hörers (2) der Wohntelefoneinrichtung (16) gegeben wird, und dass im Mobilfunk-Betriebszustand der Mikrokontroller (46) den Rufton über einen Ruftonverstärker (48) an den Lautsprecher (18) der Wohntelefoneinrichtung (16) weitergibt.“

Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung:

„M1 Türsprechanlage M2 mit einer Türstation (10), M2.1 die mindestens eine Klingeltaste (12) und eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (14) aufweist, und M3 mit einer Wohntelefoneinrichtung (16), M3.1 die mit der Türstation (10) verbunden ist und einen Ruftonlautsprecher (18) zur Signalisierung einer Betätigung der Klingeltaste (12), eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (20) für den Sprech- und Hörbetrieb mit der Türstation (10) und eine Türöffner-Taste (22) zum Ansteuern eines Türöffners (24) aufweist, M4 und wobei die Wohntelefoneinrichtung (16) ein Mobilfunkmodul (26) zur Herstellung einer Funkverbindung mit einem Mobiltelefon (28) aufweist, dadurch gekennzeichnet, M4.1 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) über eine Sprechund Signalisierungsleitung (11) mit Spannung versorgt wird, M4.2 dass während des Ruhebetriebs der Sprechanlage Energie aus der Sprech- und Signalisierungsleitung (11) über eine Gleichspannungsentkopplung (42) in eine Spannungsversorgung (36) geladen und darin gepuffert wird, MU4 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) in einen Normal-Betriebszustand schaltbar ist, in welchem bei Betätigung der Kleingeltaste (12) das erzeugte Klingelsignal an den Ruftonlautsprecher (18) geleitet wird, zwischen der Wohntelefoneinrichtung (16) und der Türstation (10) eine Sprechund Hörverbindung herstellbar ist, und durch Betätigung der Türöffner-Taste (22) der Türöffner (24) ansteuerbar ist,

MU5 dass die Wohntelefoneinrichtung (16) in einen MobilfunkBetriebszustand schaltbar ist, in welchem bei Betätigung der Klingeltaste (12) das erzeugte Klingelsignal an das Mobilfunkmodul (26) geleitet wird, welches das Klingelsignal an das Mobiltelefon (28) sendet, und in welchem zwischen dem Mobiltelefon (28) und dem Mobilfunkmodul (26) eine Funkverbindung zur Herstellung einer Sprech- und Hörverbindung zwischen dem Mobiltelefon (26) und der Türstation (10) herstellbar ist,

MParallel dass bei Annahme des Rufes am Mobiltelefon (28) das Mobilfunkmodul (26) an einen Mikrokontroller (46) ein Annahmesignal zurückgibt und wobei das Sprachsignal vom Mobilfunkmodul (26) auf die Hörkapsel und das Mikrofon des Hörers (20) der Wohntelefoneinrichtung (16)

gegeben wird, und dass im Mobilfunk-Betriebszustand der Mikrokontroller (46) den Rufton über einen Ruftonverstärker (48) an den Lautsprecher (18) der Wohntelefoneinrichtung (16) weitergibt, und MÖffner dass bei bestehender Funkverbindung zwischen Mobiltelefon (28) und dem Mobilfunkmodul (26) durch Betätigung einer vorbestimmten Taste des Mobiltelefons der Türöffner (24) ansteuerbar ist.“

Wegen der weiteren Einzelheiten und dem Wortlaut der Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Patenterteilung mit geänderten Unterlagen gemäß dem 2. Hilfsantrag führt. Im Übrigen bezüglich des Haupt- und des 1. Hilfsantrags war die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Als Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur (FH) der Elektrotechnik oder einen Elektrikermeister, der Berufserfahrung mit Türsprechanlagen und drahtlosen sowie drahtgebundenen Hauskommunikationsgeräten hat. Er besitzt Kenntnisse zur Dimensionierung von Strom/Spannungsquellen.

3. Der Fachmann legt dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag folgendes Verständnis zugrunde:

Die Merkmale M1 bis M3.1 versteht der Fachmann als eine (auch außerhalb der Fachwelt) allgemein bekannte Türsprechanlage mit einer Türstation (M2) außerhalb einer Wohnung und einer Wohnungsstation (M3) innerhalb der Wohnung. Beide Teile weisen jeweils Lautsprecher und Mikrofon für den Sprech-Hörbetrieb sowie entsprechend Klingeltaste, Ruftonlautsprecher, Türöffner und Türöffner-Taste auf.

Der Vertreter der Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass „Mobilfunkmodul“ ein Fachbegriff sei. Das Merkmal M4 grenze sich schon deshalb von der D5 ab, da die D5 kein Mobiltelefon aufweise. Der Senat hält diese Argumentation insofern für überzeugend, als dass der Fachmann unter einer Verbindung von einem Mobilfunkmodul zu einem Mobiltelefon (Merkmal M4) eine Kommunikation über ein Mobilfunknetz (GSM, UMTS o. ä.) und nicht (wie bei D5) eine Kommunikation zwischen einem Schnurlostelefon (Handgerät) und dessen Basisstation (z. B: DECT) versteht. Das Merkmal M4 versteht der Fachmann unter Berücksichtigung der ursprünglichen Offenbarung dahingehend, dass das Mobil- funkmodul wahlweise in ein Wohntelefon integriert oder als Zusatzteil ausgeführt mit einen Wohntelefon einer herkömmlichen Gegensprechanlage verbunden sein kann (vgl. Patentansprüche 2 und 3 vom Anmeldetag und Beschreibung, S. 3, zweiter und dritter Absatz).

Die Merkmale M4.1 und M4.2 versteht der Fachmann dahingehend, dass ein Akkumulator (= „eine Spannungsversorgung“) vorhanden ist und dass dieser auch dann (mit Gleichstrom) aufgeladen wird, wenn kein Gespräch zwischen Türstation und Wohnungsstation stattfindet (Ruhebetrieb der Sprechanlage). Dabei erfolgt die Spannungsversorgung der Wohntelefoneinrichtung (mit Mobilfunkmodul) durch die Sprech- und Signalisierungsleitung.

Darüber hinaus versteht der Fachmann die zusätzlichen und beschränkenden Merkmale MU4, MU5 und MParallel des Patentanspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag dahingehend, dass ein Normalbetriebszustand (MU4) und ein Mobilfunk-Betriebszustand (MU5) schaltbar sind, wobei erster die Wandtelefoneinrichtung in herkömmlicher Weise benutzt (d. h. ohne Verwendung des Mobilfunkmoduls) und zweiter die Wandtelefoneinrichtung benutzt, um als Antwort auf das Klingelsignal eine Mobilfunkverbindung zu dem Mobiltelefon herzustellen. Die beiden Betriebsmodi sollen schaltbar sein. Unter Berücksichtigung der Beschreibung, S. 3, letzter Absatz versteht der Fachmann, dass der Mobilfunk-Betriebszustand zusätzlich oder alternativ zum Normal-Betriebszustand geschaltet werden kann (vgl. auch S. 6, zweiter Absatz).

Mit dem Merkmal (MParallel) versteht der Fachmann, dass sich die beanspruchte Wohntelefoneinrichtung zusätzlich im Mobilfunk-Betriebsmodus befinden muss, und dass bei erfolgreicher Mobilfunkverbindung ein Annahmesignal zurückgegeben wird. Das Sprachsignal wird weiterhin – wie im Normalbetrieb - auf die Hörkaspel/Mikrofon des Hörers und der Rufton weiterhin an den Lautsprecher der Wohntelefonvorrichtung gegeben, so dass der Fachmann hier einen Parallelbetrieb beider Betriebsmodi versteht.

Darüber hinaus versteht der Fachmann das zusätzliche und beschränkende Merkmal MÖffner des Patentanspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag dahingehend, dass die Wohnungstelefoneinrichtung der Türsprechanlage ein Steuersignal von dem Mobiltelefon erhält mit dem der Türöffner betätigt wird.

Zum Stand ermittelte die Prüfungsstelle die Druckschriften

(D1) DE 100 39 263 A1 (D2) DE 296 19 190 U1 (D3) DE 202 11 422 U1 (D4) DE 203 11 838 U1 (D5) DE 297 02 769 U1 und (D6) DE 197 16 599 C2 (in der Anhörung eingeführt).

4. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zwar neu (§ 3 PatG), jedoch beruht er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Mit den Worten des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist aus der Druckschrift D2 folgendes bekannt:

„M1 Türsprechanlage (vgl. D2, Anspruch 1) M2 mit einer Türstation (vgl. D2, Fig. 2; S. 7 Bz. 1) M2.1 die mindestens eine Klingeltaste und eine Lautsprecher-/

Mikrofoneinheit aufweist (vgl. D2, S. 12, Bz. 2, 3, 4 i. V. m. S. 2, Z. 14-17), und M3 mit einer Wohntelefoneinrichtung (vgl. D2, S. 2, Z. 2: „Wohnungssprechapparat“; vgl. D2, S. 2, Z. 22: „Sprechteil (8)“), M3.1 die mit der Türstation verbunden ist und einen Ruftonlautsprecher (vgl. D2, Fig. 1, Bz. 13: „Klingel“) zur Signalisierung einer Betätigung der Klingeltaste, eine Lautsprecher-/ Mikrofoneinheit (vgl. D2, Fig. 1, Bz. 21 und 22 i. V. m. S. 8,

Bezugszeichenliste) für den Sprech- und Hörbetrieb mit der Türstation und eine Türöffner-Taste zum Ansteuern eines Türöffners aufweist (vgl. D2, S. 2, Z. 3: „Türöffner“), M4 und wobei die Wohntelefoneinrichtung ein Mobilfunkmodul (vgl. D2, Anspruch 1; vgl. D2, S. 2, Z. 19: „eingebauten Mobiltelefon der Hausprechanlage“. Es impliziert ein Mobilfunkmodul) zur Herstellung einer Funkverbindung mit einem Mobiltelefon aufweist (vgl. D2, S. 2, Z. 14-21: „[...] zu demjenigen Mobiltelefon hergestellt, dessen Mobiltelefonnummer zuvor im eingebauten Mobiltelefon der Haussprechanlage eingegeben worden war“), dadurch gekennzeichnet, M4.1 dass die Wohntelefoneinrichtung über eine Sprech- und Signalisierungsleitung mit Spannung versorgt wird, M4.2 und dass während des Ruhebetriebs der Sprechanlage Energie aus der Sprech- und Signalisierungsleitung über eine Gleichspannungsentkopplung in eine Spannungsversorgung geladen und darin gepuffert wird (D2, Fig. 1, Bz. 15 und 16 zeigen eine Stromanschlussverbindung für das Mobiltelefon der Wohnungssprechapparates. Der Fachmann liest damit mit, dass die Stromversorgung den Akkumulator des gezeigten Mobiltelefons auflädt, auch dann, wenn kein Gespräch über die Türsprechanlage geführt wird).“

Somit unterscheidet sich die Türsprechanlage des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nur dadurch von der Türsprechanlage der D2, dass die Spannungsversorgung aus der Sprech- und Signalisierungsleitung über eine Gleichspannungsentkopplung der Türsprechanlage erfolgen soll.

Aus der D6 ist dem Fachmann bekannt, dass Wohntelefone über eine Gleichspannungsentkopplung über eine Sprech- und Signalisierungsleitung mit Spannung versorgt werden, vgl. D6, Fig. 1, Wohntelefon (dort: BT Bustelefon) i. V. m. Anspruch 1.

Der Fachmann, der die Spannungsversorgung des Mobilfunkmoduls gemäß D2 zu gewährleisten hat, wird in Betracht ziehen, die an der Türsprechanlage ohnehin vorhandene Spannungsversorgung zu nutzen und dabei eine Gleichspannungsentkopplung entsprechend der D6 zu verwenden. Er gelangt so in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Sofern der Vertreter der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, bei der D6 würde die Busleitung nur während des Betriebs mit Spannung versorgt und wäre im Ruhezustand stromlos, betrifft dies nach Überzeugung des Senats nur das Tastenmodul an der Türstation (vgl. D6, Sp. 3, Z. 45-48, i. V. m. Fig. 2). Von einem Abschalten der Busleitung an b1 und a1 ist in D6 nicht die Rede. Der Fachmann kann also wie üblich davon ausgehen, dass die Wohnungsstation der D6 auch mit Spannung versorgt wird, wenn der Besucher nicht gerade die Klingeltaste betätigt. Der Fachmann wird daher ohne Weiteres die in D6 gezeigte Spannungsversorgung zum Laden des Akkumulators des Mobiltelefons gemäß D2 verwenden.

5. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Sofern der Vertreter der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, keine der ermittelten Druckschriften zeige einen Parallelbetrieb von NormalBetriebszustand und Mobilfunk-Betriebszustand, teilt der Senat die Auffassung dahingehend, dass ein derartiger Parallelbetrieb in keiner der Druckschriften explizit genannt ist. Jedoch sind die Druckschriften jeweils aus der Sicht des Fachmanns zu lesen und zu beurteilen, welche technische Lehre zum Handeln dem Fachmann offenbart wird. Aus der D2 entnimmt er, dass das mit dem Wohntelefon kontaktierte Mobilfunktelefon (vgl. D2, Fig. 1) einen Ein- und Ausschalter aufweist (explizit in D2, S. 2, Z. 5 genannt; explizit in der Bezugszeichenliste („Nummernschlüssel“) genannt). Die D2 spricht darüber hinaus davon, dass eine PIN einzugeben ist, bevor eine Zieltelefonnummer mittels Wahlwiederholfunktion angewählt werden kann. Dem Fachmann ist damit völlig klar, dass es sich um den Einschaltvorgang des mit dem Wohntelefon kontaktierten Mobilfunktelefons handelt, was technisch dem Schalten in einen Mobilfunk-Betriebszustand entspricht (MU5).

Die Türsprechanlage der D2 sieht nur einen einzigen Ein- und Ausschalter vor, vgl. D2, Fig. 1, Bz. 10 und D2, S. 2, Z. 5. Dieser schaltet das kontaktierte Mobiltelefon ein bzw. aus. Der Fachmann geht davon aus, dass gemäß D2 das mit dem Wohntelefon kontaktierte Mobiltelefon eingeschaltet sein muss (Schalter bei Bz. 10; vgl. Beschreibung, S. 2, Z. 5), damit ein Mobilfunk-Betriebszustand erreicht wird. Die D2 äußert sich nicht zum Betriebszustand der Wohntelefoneinrichtung im ausgeschalteten Zustand. Der Fachmann versteht aber, dass in diesem Fall die Türsprechanlage entweder nicht funktionsfähig (d. h. komplett ausgeschaltet) ist oder im herkömmlichen Normal-Betriebszustand arbeitet. Ersteres kann nicht gewollt sein, daher ist es beinahe selbstverständlich, zumindest aber naheliegend, die Wohntelefoneinrichtung gemäß D2 in einem herkömmlichen Normal-Betriebszustand zu belassen (MU4).

Ob gemäß D2 das Einschalten des kontaktierten Mobiltelefons neben der Aktivierung des Mobilfunk-Betriebszustands, den Normal-Betriebszustand ausschaltet oder im herkömmlichen Zustand belässt, kann der Fachmann der D2 nicht entnehmen.

Der Fachmann, der die Aufgabe zu lösen hat, eine herkömmliche Türsprechanlage mit einer Sprech- und Hörverbindung zwischen der Türstation und einem Mobiltelefon nachzurüsten (vgl. Beschreibung, dritter Absatz), muss sich entscheiden, ob die herkömmliche Wohnungsstation während der Mobilfunkverbindung weiterbetrieben werden oder deaktiviert werden soll. Ausgehend von der D2 kann der Fachmann also auswählen, ob er einen Parallelbetrieb vorsehen soll (MParallel). Diese Auswahl hängt in erster Linie von nicht-technischen Erwägungen, wie Kundenwunsch, ab und kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

6. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist (a) zulässig, (b) neu (§ 3 PatG) und beruht (c) auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

a) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist ursprünglich offenbart. Zur ursprünglichen Offenbarung

- der Merkmale M1 – M4 vgl. Patentanspruch 1 vom Anmeldetag, - des Merkmals M4.1 vgl. Fig. 3 mit Beschreibung - des Merkmals M4.2 vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, S. 7,

letzter Absatz, - der Merkmale MU4 und MU5 vgl. Unteransprüche 4 und 5 vom Anmeldetag, - des Merkmals MParallel vgl. Beschreibung vom Anmeldetag, S. 7,

mittlerer Absatz, - des Merkmals MÖffner vgl. Unteranspruch 6 vom Anmeldetag.

b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist neu, denn zumindest die Merkmale MÖffner und MParallel sind aus keiner der ermittelten Druckschriften bekannt.

c) Der Senat hält den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 in der Zusammenschau der Merkmale für nicht nahegelegt: Zwar sprechen die Druckschriften D2 bis D5 jeweils an, dass ein Besucher an der Türstation mit dem Wohnungsbesitzer in Abwesenheit ein Gespräch über ein öffentliches Telekommunikationsnetz führen kann, jedoch ist nicht vorgesehen, dem Besucher in Abwesenheit des Wohnungsbesitzers die Wohnungstür durch Betätigen des Türöffners zu öffnen.

Ein Betätigen des Türöffners von einer Taste des Mobiltelefons, das sich auch weit außerhalb des Sichtbereichs der Wohnungstür befinden kann, würde der Fachmann ausgehend von der D2 schon aus Sicherheitsgründen nicht vorsehen. Die D2 führt den Fachmann sogar von dem Gegenstand des Patentanspruchs gemäß 2. Hilfsantrag weg, da die Türsprechanlage der D2 explizit zur Einbruchssicherung angewendet wird, da ein Besucher nicht feststellen kann, ob sich ein Bewohner in der Wohnung aufhält (vgl. D2, S. 5, Z. 5-8). Auch das Übertragen eines Steuersignals von dem Mobiltelefon an die Wohntelefoneinrichtung zum Weiterleiten an den Türöffner ist aus der D2 nicht entnehmbar und auch nicht nahegelegt.

Von einem entfernten Ort den Türöffner zu betätigen, wird lediglich in der D1 angesprochen, vgl. D1, Anspruch 8, Variante b2a). Jedoch fehlen der Türgegensprechanlage der D1 die Merkmale M4.1 und M4.2 und insbesondere das Merkmal MParallel. Denn die Türgegensprechanlage der D1 befindet sich immer in einem von zwei Zuständen, „ANWESEND“ oder „ABWESEND“. Ein Parallelbetrieb gemäß MParallel ist aus der D1 nicht entnehmbar. Ausgehend von der D2 konnte der Fachmann zwar einen Parallelbetrieb vorsehen, siehe Argumentation unter Ziffer 5 zum 1. Hilfsantrag, jedoch nicht das Merkmal MÖffner. Hätte der Fachmann die D1 und die D2 gemeinsam betrachtet, hätte er gedanklich die technische Lehre der D1 mit den beiden exklusiven Zuständen „ANWESEND“ oder „ABWESEND“ verlassen müssen, um ein Öffnen der Tür zu veranlassen, ohne vorher den „ABWESEND“ - Zustand zu aktivieren. Er hätte dann zwar die Merkmale M1 bis MU5 mit dem Merkmal MÖffner mosaikartig zusammensetzen können, hätte jedoch einen Parallelbetrieb entgegen der D1 nicht vorgesehen. Der Senat erkennt daher keine Veranlassung für den Fachmann aus den Merkmalen der D2 und D1 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß 2. Hilfsantrag zu konstruieren.

7. Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 Bestand, die jeweils vorteilhafte Weiterbildungen des sie tragenden Hauptanspruchs beschreiben.

8. Auf die angefügte Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.

Kirschneck zugleich für Dr. Hartung, der an der Unterschrift wegen Urlaubs verhindert ist.

Kirschneck Bieringer Matter Pü Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§§ 99 Abs. 2, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 Patentgesetz (PatG)).

Hat der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):

1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.

2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.

3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.

4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.

5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind.

6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).

Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 19 W (pat) 25/13

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
3 4 PatG
2 3 PatG
2 102 PatG
1 100 PatG
1 125 PatG

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
2 3 PatG
3 4 PatG
1 100 PatG
2 102 PatG
1 125 PatG

Original von 19 W (pat) 25/13

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 19 W (pat) 25/13

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum