Paragraphen in 6 StR 526/24
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1 | 267 | StPO |
1 | 301 | StPO |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 526/24 URTEIL vom 19. Februar 2025 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Diebstahl ECLI:DE:BGH:2025:190225U6STR526.24.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Februar 2025, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Feilcke, Richter am Bundesgerichtshof Wenske, Richter am Bundesgerichtshof Fritsche, Richterin am Bundesgerichtshof von Schmettau als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Oberamtsrätin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 7. März 2024 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen - Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zu einem „besonders schweren Fall des Diebstahls“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Der Angeklagte rügt, die vom Landgericht getroffenen Feststellungen würden eine Verurteilung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tragen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten als Mittäter eines schweren Bandendiebstahls. Beide Rechtsmittel führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
I.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. In der Zeit vom 22. bis 25. Mai 2023 begaben sich der Angeklagte und mindestens fünf weitere Personen um den gesondert verfolgten C.
nach M. , um dort hochwertige Fahrzeuge zu stehlen, die anschließend nach Polen verbracht werden sollten. Die Gruppierung entwendete am 23. und 24. Mai 2023 vier Pkw der Marken Mazda und Lexus, wobei C.
und ein weiterer Beteiligter die elektronische Schließvorrichtung der Fahrzeuge überwanden und weitere Tatbeteiligte die Fahrzeuge entweder sofort vom Tatort wegfuhren oder später an einem verabredeten Übergabeort übernahmen, um sie nach Polen zu verbringen. Für die Überführung der Fahrzeuge wurden zumindest vier Personen als Fahrer benötigt. Eines der am 24. Mai 2023 entwendeten und als gestohlen gemeldeten Fahrzeuge, ein weißer Pkw Lexus, wurde von der Polizei auf einem Parkplatz entdeckt und anschließend observiert. Am 25. Mai 2023 näherte sich dem geparkten Fahrzeug ein von der Gruppierung als „Pilotfahrzeug“ genutzter Pkw, in dem sich neben C. drei weitere Personen befanden,
darunter auf der Rücksitzbank auch der Angeklagte. Die Fahrzeuginsassen wurden sodann vorläufig festgenommen. In dem Pilotfahrzeug wurden unter anderem mehrere Kfz-Schlüssel-Rohlinge, zum kurzzeitigen Gebrauch bestimmte „Arbeitshandys“, mehrere polnische Autokennzeichen sowie Hebelwerkzeuge sichergestellt.
2. Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten angenommen, dass dieser an den unmittelbaren Diebstahlshandlungen nicht als Mittäter beteiligt gewesen sei, sondern dass „ihm bei der Tatausführung nur die Rolle eines Gehilfen zukam“. In der Beweiswürdigung hat es seine Überzeugung, dass der Angeklagte an den „verfahrensgegenständlichen Diebstahlstaten wie festgestellt beteiligt“ gewesen sei, im Wesentlichen damit begründet, er sei mit Personen, die in eine Serie von Autodiebstählen verwickelt seien, gemeinsam in einem Fahrzeug unterwegs gewesen, in dem sich Einbruchswerkzeuge, gefälschte Kennzeichen, Fahrzeugschlüssel-Rohlinge und sogenannte „Arbeitshandys“ befunden hätten. Zudem habe der Angeklagte „nach Auswertung der Handys und Verkehrsdaten“ schon längere Zeit mit C. in Kontakt gestanden; er habe „offenbar seine Dienste als Fahrer zur Verfügung“ gestellt und dafür in der Vergangenheit auch Geldzahlungen erhalten. Außerdem habe der Angeklagte einige persönliche Gegenstände mitgeführt, die darauf hindeuteten, dass er sich auf eine oder mehrere Übernachtungen eingerichtet habe; zudem habe er Lederhandschuhe bei sich gehabt, was aufgrund der Jahreszeit darauf hindeute, dass diese zur Vermeidung von Spuren bei der Tatausführung verwendet werden sollten.
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Urteils hat das Landgericht zunächst ausgeführt, der Angeklagte habe sich durch die „festgestellten Handlungen“ der Beihilfe zu einem Diebstahl schuldig gemacht. Hieran anschließend hat es ausgeführt, der Angeklagte habe seine Bereitschaft bekundet, als Fahrer für eines der gestohlenen Fahrzeuge zur Verfügung zu stehen; dadurch habe er eine den Tatentschluss der Haupttäter fördernde psychische Beihilfe geleistet.
Entgegen der zugelassenen Anklageschrift hätten sich aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Angeklagte als Mitglied einer Bande gehandelt oder sich an einer Bandentat beteiligt habe. Eine Bandenabrede habe sich nicht feststellen lassen; gegen eine solche spreche, dass die verfahrensgegenständlichen Diebstähle „von vornherein als begrenzte Tatserie geplant“ gewesen seien.
II.
Die Revision des Angeklagten ist begründet. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Urteil unterliegt bereits deshalb der Aufhebung, weil die Urteilsgründe den Darstellungsanforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht gerecht werden.
a) Nach dieser Vorschrift müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Für die revisionsgerichtliche Überprüfbarkeit ist eine geschlossene und nachvollziehbare Darstellung des strafbaren Verhaltens erforderlich; diese Darstellung muss erkennen lassen, welche Tatsachen das Tatgericht als seine Feststellungen über die Tat seiner rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 31. August 2023 – 5 StR 447/22, Rn. 36; Beschluss vom 9. März 2011 – 2 StR 428/10, NStZ-RR 2011, 213; KK-StPO/Bartel, 9. Aufl., § 267 Rn. 14 mwN). Fehlt eine solche Darstellung oder ist sie in wesentlichen Teilen unvollständig, so ist dies ein Mangel des Urteils, der auf die Sachrüge zu dessen Aufhebung führt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2019 – 4 StR 421/19, NStZ-RR 2020, 28 f.; vom 18. Oktober 2007 – 4 StR 481/07, NStZ 2008, 352).
b) So liegt es hier. Dem Urteil lässt sich auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe nicht hinreichend entnehmen, durch welches konkrete Verhalten sich der Angeklagte einer Beihilfe zu einem Diebstahl schuldig gemacht haben soll. Entsprechende Feststellungen hat die Strafkammer nicht getroffen.
aa) Eine Beihilfehandlung des Angeklagten lässt sich insbesondere nicht den von der Strafkammer zur Sache getroffenen Feststellungen entnehmen. Das Landgericht verhält sich dort unter anderem zu den Fahrzeugdiebstählen, zu Tatbeiträgen anderer Personen aus der Gruppierung um C. und dazu, dass sich der Angeklagte am Festnahmetag gemeinsam mit diesem und weiteren Personen in dem von C. als Pilotfahrzeug genutzten Pkw befand; ein konkretes Verhalten des Angeklagten, das als Beihilfehandlung zu einem der Fahrzeugdiebstähle gewertet werden könnte, wird indes nicht geschildert. Mit Blick auf den Angeklagten wird dort lediglich ausgeführt, dieser sei nicht an den „unmittelbaren Diebstahlshandlungen“ beteiligt gewesen. Ob der Angeklagte stattdessen zu denjenigen Personen gehörte, über die mitgeteilt wird, sie hätten die geöffneten und gestarteten Fahrzeuge weggefahren oder an einem verabredeten Übergabeort übernommen, bleibt unklar, weil das Landgericht sie nicht namentlich benannt hat.
bb) Eine konkrete Beihilfehandlung des Angeklagten zu einem Diebstahl lässt sich dem Urteil aber auch in seiner Gesamtheit nicht entnehmen. Soweit die Strafkammer in der Beweiswürdigung des Urteils ausführt, dass sie aufgrund einer Gesamtbetrachtung davon überzeugt sei, dass der Angeklagte „an den verfahrensgegenständlichen Diebstahlstaten wie festgestellt beteiligt“ gewesen sei, erschließt sich weder, auf welches „festgestellte“ Verhalten des Angeklagten die Strafkammer hier abstellt, noch wird deutlich, inwiefern er – entgegen dem Schuldspruch – sogar an mehreren Taten beteiligt gewesen sein soll.
Schließlich ersetzen auch die Erwägungen des Landgerichts im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu einer psychischen Beihilfe nicht die erforderliche Feststellung einer konkreten Beihilfehandlung. Denn zum Beleg einer psychischen Beihilfe hätte es genauer Feststellungen, insbesondere zur objektiv fördernden Funktion der Handlung sowie zu der entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen bedurft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. November 2018
– 2 StR 361/18, Rn. 14; vom 13. September 2017 – 2 StR 161/17, NStZ-RR 2018, 40 f.; vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316 f.). Daran fehlt es hier. Feststellungen zum Inhalt und dem Zeitpunkt einer etwaigen Kommunikation des Angeklagten mit den Haupttätern hat das Landgericht ebensowenig getroffen wie solche zur Willensrichtung des Angeklagten.
2. Darüber hinaus hält die Beweiswürdigung des Landgerichts – auch eingedenk des insoweit eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2024 – 6 StR 458/23, Rn. 3; Beschluss vom 20. Februar 2024 – 6 StR 37/24, NStZ-RR 2024, 159) – rechtlicher Prüfung nicht stand. Sie erweist sich in mehrfacher Hinsicht als lückenhaft.
a) Dies gilt zunächst für die Erwägungen der Strafkammer in der Beweiswürdigung, der Angeklagte – der sich nicht zu dem Tatvorwurf eingelassen hat – habe „nach Auswertung der Handys und Verkehrsdaten“ schon längere Zeit mit dem gesondert verfolgten C. in Kontakt gestanden, habe „offenbar seine Dienste als Fahrer zur Verfügung“ gestellt und „in der Vergangenheit dafür auch Geldzahlungen“ erhalten. Diese Erwägungen – denen für eine Beteiligung des Angeklagten an einer der verfahrensgegenständlichen Fahrzeugdiebstähle durchaus eine erhebliche Indizwirkung zukommen könnte – lassen sich durch den Senat anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Entsprechende Kommunikationsinhalte oder sonstige Erkenntnisse über Geldzahlungen an den Angeklagten von Seiten der Gruppierung um C. teilt das Urteil auch nicht beispielhaft mit (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2022 – 6 StR 228/22, Rn. 6).
b) Entsprechendes gilt für die Erwägung der Strafkammer, es spreche für die Bereitschaft des Angeklagten, eines der entwendeten Fahrzeuge nach Polen zu überführen, dass er sich im Tatzeitraum nach M.
begeben habe, ohne ein eigenes Fahrzeug dorthin angereist sei und – um sich für eine Überführungsfahrt bereit zu halten – dort auch bereits übernachtet habe. All diese Annahmen sind in den Urteilsgründen nicht belegt; es bleibt daher unklar, worauf das Landgericht seine Überzeugung, der Angeklagte sei an einem bestimmten Tag und ohne ein eigenes Fahrzeug nach M. angereist, gestützt hat.
c) Dies gilt schließlich auch für die weitere beweiswürdigende Erwägung der Strafkammer, der Umstand, dass der Angeklagte bei seiner Festnahme nicht nur persönliche Gegenstände für eine oder mehrere Übernachtungen, sondern jahreszeituntypisch auch Lederhandschuhe bei sich geführt habe, spreche dafür, dass er diese zur Vermeidung von Fingerabdrücken habe nutzen wollen. Der Senat vermag den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Umstände sich das Landgericht davon überzeugt hat, dass es sich bei den im – neben dem Angeklagten mit drei weiteren Personen besetzten – Fahrzeug befindlichen persönlichen Gegenständen und Handschuhen gerade um solche handelte, die dem Angeklagten gehörten.
III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt aufgrund der bei der Revision des Angeklagten aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mängel des Urteils ebenfalls zu dessen Aufhebung (§ 301 StPO).
IV.
Die Sache bedarf daher umfassender neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte auch das neue Tatgericht sich von einer Beteiligung des Angeklagten als Mittäter oder Teilnehmer an den der Gruppierung um den gesondert verfolgten C. vorgeworfenen Fahrzeugdiebstählen überzeugen, wird es eingehender als bislang geschehen zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer bandenmäßigen Begehung der Diebstahlstaten verwirklicht sind.
Bartel Fritsche Feilcke Wenske von Schmettau Vorinstanz: Landgericht Schwerin, 07.03.2024 - 34 KLs 24/23 535 Js 26392/23
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