19 W (pat) 25/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 25/10 Verkündet am 29. Januar 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 007 300.2-34 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck und der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückgezahlt.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 01 G - hat die am 16. Februar 2006 eingereichte Anmeldung durch Beschluss vom 13. November 2009 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 29. Dezember 2009. Sie ist wie schriftsätzlich angekündigt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und stellt zuletzt schriftsätzlich den Antrag, den Beschluss aufzuheben und auf der Grundlage der anhängigen (ursprünglich eingereichten) Patentansprüche zu erteilen. Hilfsweise beantragt sie, den Beschluss aufzuheben und auf der Grundlage der anhängigen Patentansprüche das Prüfungsverfahren vor dem Patentamt fortzuführen. Weiter hilfsweise beantragt sie, den Beschluss aufzuheben, das Prüfungsverfahren auf der Grundlage der anhängigen Patentansprüche an das Patentamt zurückzuverweisen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen (Bl. 7, 8 d.A.).
Der (unverändert geltende ursprüngliche) Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen lautet:
„Kondensatormodul
- mit mindestens zwei Kondensatoren (C1, C2) und einem elektrischen Verbindungselement (3), das die mindestens zwei Kondensatoren miteinander verbindet,
- wobei die Kondensatoren (C1, C2) jeweils einen Gehäusebecher (1) und einen Deckel (2) umfassen, wobei der Gehäusebecher (1) einen gegenüber dem Deckel erhöhten Becherrand (11) aufweist,
- wobei das Verbindungselement (3) in einem Kontaktbereich (31) auf dem Deckel (2) des jeweiligen Kondensators befestigt ist,
- wobei der Kontaktbereich (31) tiefer liegt als der Becherrand (11).“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft einen Kondensatormodul mit mindestens zwei Kondensatoren und einem elektrischen Verbindungselement.
Als Aufgabe ist in den ursprünglichen Unterlagen (Seite 2, Absatz 2) genannt, ein Kondensatormodul anzugeben, das eine geringe Höhe aufweist.
Diese Aufgabe werde mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Kondensatormodulen als Fachmann.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1, Abs. 1 i. V. m. §§ 3 u. 4 PatG).
Die Prüfungsstelle hat im Zurückweisungsbeschluss vom 13. November 2009 nachvollziehbar und auch nach Überzeugung des Senats zutreffend dargelegt, warum der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischen Tätigkeit beruht. Auf diesen Beschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (BGH, GRUR 1993, Seiten 896, 897 „Leistungshalbleiter“).
Auch die in der Beschwerdebegründung vom 29. Dezember 2009 vorgebrachten Argumente konnten zu keiner anderen Beurteilung führen. Sie beruhen im Wesentlichen auf der Darstellung von Unterschieden hinsichtlich der Verbindung der Kondensatoren. Die Art der Verbindung und das Verbindungselement sind jedoch im Anspruch 1 nicht ausgebildet, wie im Zurückweisungsbeschluss zutreffend ausgeführt ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass durch die Anspruchsformulierung ein aus mehreren Teilen zusammengeschweißtes oder anderweitig zusammengefügtes Verbindungselement nicht ausgeschlossen ist.
4. Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG bestand keine Veranlassung. Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände der Billigkeit widerspräche, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände könnten u. a. auch in einer fehlerhaften Verfahrensführung durch die Prüfungsstelle liegen, soweit der Verfahrensverstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung wäre (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 73 Rdn. 139 ff. m. N. w.; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdn. 23 und 28 m. N. w.; BPatG BlPMZ 2006, 372, 374 - Frequenzsignal; BPatGE 47, 224, 231 - Mikroprozessor; 49, 154, 161 ff. - Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41, 43 - Mobilfunknetzwerk).
Nach überwiegender Auffassung ist zwar eine einmalige Anhörung im Prüfungsverfahren vor dem Patentamt grundsätzlich sachdienlich i. S. d. § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG (vgl. Schulte, a. a. O. § 46 Rdn. 11, 12 m. N. w.; s. u. a. BPatGE 47, 224, 231 - Mikroprozessor; 49, 111, 112 - Anhörung im Prüfungsverfahren). Ob die Durchführung einer Anhörung auch im vorliegenden Fall sachdienlich gewesen wäre, kann aber dahinstehen.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt hier nämlich nicht in Betracht, da die Nichtdurchführung der Anhörung nicht ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war. Dabei kommt dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass die Anmelderin durch die nicht gewährte Anhörung nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist. Der alleinige Grund, auf den die Prüfungsstelle die Zurückweisung der Anmeldung gestützt hat, nämlich mangelnde erfinderische Tätigkeit, ist der Anmelderin bereits mit dem Prüfungsbescheid mitgeteilt und ausführlich begründet worden. Sie hatte daher auch ohne Anhörung ausreichend Gelegenheit, die Bedenken der Prüfungsstelle auszuräumen, oder die Entscheidungsgrundlage durch eine - zumindest hilfsweise - Beschränkung des Patentanspruchs zu verändern und so eine für sie positive Entscheidung der Prüfungsstelle oder ggfls. einen weiteren Prüfungsbescheid herbeizuführen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§§ 99 Abs. 2, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 Patentgesetz (PatG)).
Hat der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Dr. Hartung Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Pü