• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

14 W (pat) 9/15

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 9/15 Verkündet am 3. September 2019

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent DE 11 2009 003 690 …

ECLI:DE:BPatG:2019:030919B14Wpat9.15.0 hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg sowie des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. November 2014 aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

3. Die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. November 2014 hat die Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent DE 11 2009 003 690 mit der Bezeichnung

„Flüssig-Flüssig-Trennverfahren mittels Coalescern“

beschränkt aufrechterhalten.

Dem Beschluss liegen die erteilten Patentansprüche 1 bis 24 gemäß Hauptantrag sowie die Patentansprüche 1 bis 24 gemäß Hilfsantrag 1a vom

27. November 2014 zu Grunde. Von den nebengeordneten Patentansprüchen 1, 6, 23 und 24 der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag hat der erteilte Patentanspruch 1, dessen Merkmale sich gleichlautend auch in den übrigen nebengeordneten Patentansprüchen finden, folgenden Wortlaut:

„Verfahren zum Trennen von Ionenflüssigkeit von Kohlenwasserstoffen, wobei das Verfahren umfasst: (a) Einspeisen eines Gemisches, das Kohlenwasserstoffe und Ionenflüssigkeit umfasst, in einen Coalescer, wobei die Kohlenwasserstoffe dispergierte Ionenflüssigkeitströpfchen aufweisen und der Coalescer Coalescer-Material umfasst; (b) Anhaften von mindestens einem Teil der Ionenflüssigkeitströpfchen an dem Coalescer-Material, um eingefangene Tröpfchen bereitzustellen; (c) Koaleszieren von eingefangenen Tröpfchen zu koaleszierten Tröpfchen und (d) Fallenlassen der koaleszierten Tröpfchen von dem Coalescer-Material, um die Ionenflüssigkeit von den Kohlenwasserstoffen zu trennen und einen Kohlenwasserstoffausfluss bereitzustellen, wobei das Coalescer-Material eine stärkere Affinität zu der Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen besitzt.“

Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 6, 23 und 24 nach Hilfsantrag 1a unterscheiden sich hiervon lediglich darin, dass das Koaleszer-Material in diesen Patentansprüchen nicht wie bisher allein durch eine stärkere Affinität zu der Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen gekennzeichnet wird, sondern darüber hinaus durch das Merkmal:

„…und Hohlräume oder Öffnungen mit einer Größe hat, die sich dem kleinsten Tröpfchen annähert, welches entfernt werden muss.“

Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents wurde von der Patentabteilung im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der Druckschrift D9 nicht neu sei. Die Patentabteilung ist dabei davon ausgegangen, dass die Druckschrift D9 nicht nur die darin konkret angegebene Trennung eines Ionenflüssigkeitskatalysators von Kohlenwasserstoffen mittels eines Koaleszers beschreibe, sondern darüber hinaus implizit auch all diejenigen Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 mit offenbare, die physikalische Mechanismen betreffen, welche standardmäßig bei jedem Koalesziervorgang ablaufen würden. Dazu gehöre u. a., dass das KoaleszerMaterial eine stärkere Affinität zur Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen aufweise, dass die Flüssigkeitströpfchen an dem Material anhaften, sowie das Koaleszieren der eingefangenen Tröpfchen. Diese Merkmale könnten die Neuheit der technischen Lehre demzufolge nicht begründen, so dass der Hauptantrag mangels Neuheit nicht gewährbar sei. Hinsichtlich des Hilfsantrags 1a führte die Patentabteilung aus, dass das in den Patentanspruch 1 nachträglich aufgenommene Merkmal weder eine unzulässige Erweiterung noch ein Aliud darstelle, da Gegenstand des Patentanspruchs 1 auch weiterhin ein Trennverfahren mit einem Koaleszer-Material sei, das nunmehr lediglich in der Größe seiner Hohlräume und Öffnungen beschränkt sei. Nach Ansicht der Patentabteilung liefere das Streitpatent, einschließlich der Beispiele 3 und 4, dem Fachmann fernerhin so viel an technischer Information, dass dieser die patentgemäße Lehre des Hilfsantrages 1a auch ausführen könne. Ein Trennverfahren mit dem beschriebenen Koaleszer-Material werde darüber hinaus in keiner der herangezogenen Druckschriften D1 bis D10 offenbart, so dass auch die Neuheit des im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1a beschriebenen Verfahrens gegeben sei. Das Verfahren beruhte nach Ansicht der Patentabteilung zudem sowohl gegenüber einer Kombination von D2 und D8, D5 und D10 oder D2 und D5 als auch gegenüber D2 und dem allgemeinen Fachwissen, wie in den Druckschriften D11, D12 und D13 wiedergegeben, auf einer erfinderischen Tätigkeit. Abschließend stellte die Patentabteilung fest, dass die vorangegangenen Ausführungen für die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 6, 23 und 24 gemäß Hilfsantrag 1a gleichlautend gelten würden und das Patent demzufolge mit der Anspruchsfassung des Hilfsantrags 1a beschränkt aufrecht zu erhalten sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie stellt vorab nochmals heraus, dass jeder der vier formal unabhängigen Verfahrensansprüche 1, 6, 23 und 24 des geltenden Anspruchssatzes, wie er im Einspruchsverfahren beschränkt aufrechterhalten worden sei, im Vergleich zur erteilten Anspruchsfassung neben dem Merkmal, welches besagt, dass „…das Coalescer-Material eine stärkere Affinität zu der Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen besitzt“ zusätzlich das Merkmal aufweise „und Hohlräume oder Öffnungen mit einer Größe hat, die sich dem kleinsten Tröpfchen annähert, welches entfernt werden muss“. Dieser nachträglich aufgenommene Teilaspekt führe aus der Sicht der Einsprechenden zu einer unzulässigen Erweiterung, da er ohne die im Patent damit verbundene Angabe der „spezifischen Oberfläche des Coalescer-Materials“ aufgenommen worden sei. Das nachträglich aufgenommene Merkmal führe nach Ansicht der Einsprechenden ferner zu einem Mangel an Klarheit, da unklar sei welche Werte unter dem Begriff „annähern“ zu verstehen seien, ob dabei die Größe der Hohlräume/Öffnungen in Bezug auf die Tröpfchengröße von oben oder von unten angenähert werden solle und was unter dem Begriff des „kleinsten Tröpfchens“ zu verstehen sei. Die Einsprechende wendet außerdem ein, dass durch die Aufnahme des zuvor genannten Merkmals die patentgemäßen Verfahren nicht ausführbar seien. Die Einsprechende begründet dies damit, dass sich im Streitpatent keine Angaben dazu fänden, wie der Fachmann die Größe bzw. Geometrie der Hohlräume/Öffnungen einerseits und die entsprechende Größe der kleinsten Tröpfchen andererseits bestimmen könne. Zudem sei in keinem Beispiel des Streitpatents eine konkrete Ionenflüssigkeit angegeben und auch zu der in den Beispielen 3 und 4 als erfindungswesentlich herausgestellten Packungsdichte des Koaleszer-Materials fänden sich im Streitpatent keine Angaben. Der Mangel der Ausführbarkeit liege auch deshalb vor, weil die Offenbarung des Streitpatents den Unterschied der in den Patentansprüchen 1 und 6 verwendeten Begriffe „fallenlassen“ und „absetzen“ nicht erkennen lasse. Die Lehre des Patentanspruchs 24 sei darüber hinaus nicht ausführbar, weil darin kein „Anhaften“ der ionischen Flüssigkeitströpfchen am Koaleszer-Material vorgesehen sei. Unbeachtlich dessen stehe nach Ansicht der Einsprechenden jede der Druckschriften D8 WO 2006/136439 A1 D9 WO 2009/085448 A1 oder D10 Chemical Engineering, Dezember 1997, S. 104 bis 109 dem Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 und damit auch den weiteren, in den nebengeordneten Patentansprüchen 6, 23 und 24 beschriebenen Verfahren neuheitsschädlich entgegen. Die in den nebengeordneten Patentansprüchen beschriebene technische Lehre sei für den Fachmann bei einer kombinierten Betrachtung der Druckschriften D26 US 3 359 338 D27 US 3 358 048 D28 US 2 894 050 oder D29 US 3 470 264 jeweils mit D10 oder dem allgemeinen Fachwissen bzw. von D10 mit dem allgemeinen Fachwissen überdies naheliegend. Die patentgemäßen Verfahren würden sich von jedem der in den Druckschriften D26 bis D28 gelehrten Verfahren nämlich nur in der Verwendung einer ionischen Flüssigkeit anstelle eines Salzes, wie z.B. Aluminiumtrichlorid, unterscheiden. Der Einsatz einer ionischen Flüssigkeit in den Verfahren der Druckschriften D26 bis D28 erfordere von einem einschlägig tätigen Fachmann in Kenntnis von D10 jedoch kein erfinderisches Zutun.

Die Einsprechende beantragt,

unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin den Beschluss der Patentabteilung 44 des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. November 2014 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt,

die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, im Wege der Anschlussbeschwerde den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten.

Aus der Sicht der Patentinhaberin erfülle die erteilte Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag alle Anforderungen des Patentgesetzes. Die Ausführbarkeit der patentgemäßen Lehre sei aufgrund der im Streitpatent angegebenen Beispiele 3 und 4 gegeben und auch das Auslassen des Verfahrensschritts „Anhaften“ im Patentanspruch 24 führe nicht dazu, dass der Fachmann dieses Verfahren nicht ausführen könne, da der Fachmann darin einen bei der Umsetzung von Alkylierungsverfahren obligaten Verfahrensschritt erkenne, den er ohne weiteres hinzufüge. Die patentgemäße Lehre nach Hauptantrag erfülle ferner das Kriterium der Neuheit. Die Druckschrift D9 sei schon deshalb nicht neuheitsschädlich, weil die Art des eingesetzten Koaleszers darin nicht genannt werde und die D9 somit auch kein Koaleszer-Material offenbaren könne, welches im patentgemäßen Sinn eine stärkere Affinität zur Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen aufweise. Nachdem seitens der Einsprechenden keine Gründe für die Neuheitsschädlichkeit der Druckschrift D8 genannt worden seien, sei davon auszugehen, dass es sich auch bei dieser Druckschrift nicht um neuheitsschädlichen Stand der Technik handle. Die Druckschrift D10 offenbare - anders als von der Einsprechenden angenommen - kein Flüssig-Flüssig-Trennverfahren im patentgemäßen Sinn, so dass auch sie nicht in der Lage sei, die Neuheit der patentgemäßen Verfahren in Frage zu stellen. Die patentgemäßen Verfahren, wie in der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag beschrieben, beruhten zudem auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die von der Einsprechenden neu eingeführten Druckschriften D26 bis D29 beträfen keine Ionenflüssigkeiten, da zu deren Veröffentlichungszeitpunkt Ionenflüssigkeitskatalysatoren noch nicht bekannt gewesen seien. Da sich die in diesen Druckschriften genannten Katalysatoren außerdem völlig anders verhalten würden als Ionenflüssigkeitskatalysatoren, würde sich der Fachmann keinesfalls an den Druckschriften D26 bis D29 orientieren. Ferner gebe es keine Veranlassung für den Fachmann bei dem in der Druckschrift D10 auf die Mischung aus Natriumhydroxyd und Benzin angewendeten Koaleszenz-Verfahren das Natriumhydroxyd gegen eine Ionenflüssigkeit, welche sich völlig anders als die darin genannten polaren und nicht polaren Flüssigkeiten verhalte, auszutauschen.

Die in der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 1a beschriebene Lehre sei dem Patentschutz ebenfalls zugänglich. Das in die nebengeordneten Patentansprüche 1, 6, 23 und 24 nachträglich aufgenommene Merkmal, betreffend Hohlräume oder Öffnungen des Koaleszer-Materials mit einer Größe, die sich dem kleinsten Tröpfchen annähert, das entfernt werden muss, finde in den ursprünglichen Unterlagen eine ausreichende Stütze, so dass keine unzulässige Erweiterung vorliege. Das aufgenommene Merkmal sei für den Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnis zudem eindeutig verständlich und auch ohne Schwierigkeiten ausführbar. In Bezug auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit gelte nach Ansicht der Patentinhaberin für die Patentansprüche 1, 6, 23 und 24 des Hilfsantrags 1a sinngemäß das zum Hauptantrag Vorgetragene.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der übrigen Patentansprüche, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig (§ 73 PatG) und hat auch Erfolg.

Ob die von der Einsprechenden vorgetragenen formalen Beanstandungen betreffend eine unzulässige Erweiterung, mangelnde Klarheit und mangelnde Ausführbarkeit gerechtfertigt sind und/oder die von ihr geltend gemachte fehlende Neuheit vorliegt muss vorliegend nicht geklärt werden, da die in den Patentansprüchen 1, 6, 23 und 24 nach Haupt- und Hilfsantrag 1a beschriebenen Verfahren – wie nachstehend ausgeführt – bereits mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sind.

1. Das Streitpatent führt einleitend aus, dass in zwei der intensiver genutzten Verfahren zur Alkylierung von Kohlenwasserstoffen mit C3-C5-Olefinen zur Herstellung von Benzinmischkomponenten mit hohen Oktanzahlen als Katalysatoren beispielsweise Schwefelsäure- und Flusssäure-Katalysatoren eingesetzt werden. Bekannt sind den Ausführungen im Streitpatent zur Folge aber auch Alkylierungsverfahren, bei denen Ionenflüssigkeitskatalysatoren in Form von kohlenwasserstoffsubstituiertem Pyridiniumhalogenid oder kohlenwasserstoffsubstituiertem Imidazoliumhalogenid jeweils zusammen mit Aluminiumtrichlorid zum Einsatz kommen. Wie dem Streitpatent zu entnehmen ist, haben solche Ionenflüssigkeitskatalysatoren einzigartige Eigenschaften. Dies erfordert es jedoch, die ionenflüssigkeitskatalysierten Alkylierungsverfahren weiterzuentwickeln und zu modifizieren, um einerseits hervorragende Benzinmischkomponentenprodukte zu erhalten sowie andererseits die Betriebsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Verfahrens zu verbessern und letztendlich um die Betriebskosten zu reduzieren. Diese Ziele versuchen die im Streitpatent zitierten Verfahren einerseits dadurch zu erreichen, indem sie z.B. die den Katalysator während der Alkylierungsreaktion deaktivierenden Beipolymere durch Hydrierung entfernen. In einem anderen Verfahren werden Emulsionen aus Ionenflüssigkeiten und Ölen mit Mikrowellenstrahlung getrennt und in einem weiteren Verfahren wird zur Trennung von Kohlenwasserstoffen und Wasser ein Koaleszer eingesetzt (vgl. Streitpatent, Abs. [0002 bis 0008]).

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein effektives, effizientes und zugleich einfaches Verfahren zum Entfernen von Ionenflüssigkeiten aus der Kohlenwasserstoffphase bereitzustellen (vgl. Streitpatent, Abs. [0009]).

3. Mit einer solchen Aufgabe ist in der Praxis ein Chemie-Ingenieur oder chemischer Verfahrenstechniker befasst, dem die physikalisch-chemischen Prinzipien der verschiedensten Flüssig-Flüssig-Trennverfahren geläufig sind.

4. Gelöst wird die Aufgabe u.a. mit dem im erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschriebenen Trennverfahren, welches folgende Merkmale aufweist:

1.1 Verfahren zum Trennen von Ionenflüssigkeit von Kohlenwasserstoffen, wobei

1.2 in Schritt a) ein Gemisch, das Kohlenwasserstoffe und die Ionenflüssigkeit umfasst, 1.2.1 in einen Coalescer eingespeist wird, 1.2.2 die Kohlenwasserstoffe dispergierte Ionenflüssigkeitströpfchen aufweisen und 1.2.3 der Coalscer Coalescer-Material umfasst;

1.3 in Schritt b) mindestens ein Teil der Ionenflüssigkeitströpfchen an dem Coalescer-Material anhaftet, um eingefangene Tröpfchen bereitzustellen;

1.4 in Schritt c) das Koaleszieren der eingefangenen Tröpfchen zu koaleszierten Tröpfchen erfolgt;

1.5 in Schritt d) die koaleszierten Tröpfchen von dem Coalescer-Material fallengelassen werden, um die Ionenflüssigkeit von den Kohlenwasserstoffen zu trennen und einen Kohlenwasserstoffausfluss bereitzustellen,

1.6 wobei das Coalescer-Material eine stärkere Affinität zur Ionenflüssigkeit als zu den Kohlenwasserstoffen besitzt.

5. Vor der Beurteilung der Patentfähigkeit ist ein Patentanspruch auszulegen, insbesondere dann, wenn – wie vorliegend - die Bedeutung von Begriffen strittig ist. In der erteilten Anspruchsfassung nach Hauptantrag stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem Begriff „Ionenflüssigkeit“ unter Einbeziehung der Beschreibung des Streitpatents zukommt.

Die Patentabteilung interpretiert den Begriff „Ionenflüssigkeit“ als bei niedrigen Temperaturen geschmolzene Salze, die allenfalls Spuren von Wasser enthalten, aber keinesfalls Lösungen in Wasser bilden (s. Beschluss vom 27.11.2014, S. 16 (gerechnet mit Deckblatt als Seite 1). Das Streitpatent bezeichnet solche Fluide zwar nur als eine mögliche Klasse von Ionenflüssigkeiten (vgl. Streitpatent, Abs. [0040]). Die fachübliche Definition von Ionenflüssigkeiten lässt allerdings keine über das von der Patentabteilung vertretene Verständnis hinausgehende Definition dieses Begriffes zu. Daran ändern auch die Angaben im Streitpatent nichts, wonach die patentgemäßen Ionenflüssigkeiten ganz aus Ionen zusammengesetzt sind (vgl. Streitpatent, Abs. [0038]). Denn, wie bereits ausgeführt, ist dem Fachmann bewusst, dass es sich bei Ionenflüssigkeiten eben nicht um klassische Salze, wie Aluminiumtrichlorid, handelt, sondern um Stoffe mit einzigartigen Eigenschaften, die oft schon unterhalb der Raumtemperatur in geschmolzenem Zustand vorliegen (vgl. Streitpatent, Abs. [0005] i. V. m. Abs. [0038 und 0040]). Der Begriff „Ionenflüssigkeiten“ wird im Streitpatent somit in seiner fachüblichen Bedeutung verwendet und schließt demzufolge klassische Salze nicht mit ein.

6. Bei der nachfolgenden Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des im erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschriebenen Trennverfahrens wird der zuvor im Abschnitt II.5 ermittelte Sinngehalt zugrunde gelegt.

6.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit stellt - entgegen der von der Patentinhaberin vertretenen Auffassung - die Druckschrift D28 einen geeigneten Ausgangspunkt dar.

Wie zuvor unter den Punkten II.1 und II.2 aufgezeigt, wählt der Fachmann den relevanten Stand der Technik unter der Prämisse aus, dass bei der Alkylierung von Kohlenwasserstoffen an Stelle der bekannten Säurekatalysatoren neuerdings auch Ionenflüssigkeiten als Katalysatoren eingesetzt werden und verschiedene Methoden zur Trennung nicht mischbarer Flüssigkeiten, wie sie bei Alkylierungsreaktionen regelmäßig anfallen, zur Verfügung stehen (vgl. Streitpatent, Abs. [0002 bis 0004] sowie Abs. [0007 und 0008]).

Bei seiner Suche nach einer Lösung für die in allgemeiner Weise formulierte patentgemäße Aufgabe, die auf die Bereitstellung einer einfachen, effektiven und effizienten Trennung von Ionenflüssigkeiten und Kohlenwasserstoffen gerichtet ist (siehe Punkt II.2), sind für den Fachmann demzufolge sowohl Dokumente von Interesse, die sich mit der Alkylierung von Kohlenwasserstoffen beschäftigen, als auch solche Dokumente, die die Trennung von nicht-mischbaren Flüssigkeiten, von denen eine Komponente ein Kohlenwasserstoff ist, betreffen. Die Druckschrift D28 erfüllt beide Kriterien, da deren Thema nicht nur die Alkylierung von Kohlenwasserstoffen, sondern auch die damit verbundene Trennung einer zweiphasigen Flüssig-Flüssig-Mischung, bestehend aus flüssigem Katalysator und Kohlenwasserstoffphase, ist (vgl. D28, Titel i. V. m. Sp. 5, Z. 23 bis 27 sowie Anspruch 1). Bei der Druckschrift D28 handelt es sich aus fachlicher Sicht daher zweifelsohne um relevanten Stand der Technik.

Die Tatsache, dass die im Jahr 1959 veröffentlichte Druckschrift D28 den Einsatz der erst zu einem späteren Zeitpunkt bei Alkylierungsreaktionen verwendeten Ionenflüssigkeitskatalysatoren nicht berücksichtigt, ändert an der Relevanz des Dokuments nichts. Denn für den Fachmann steht mit Blick auf die patentgemäße Aufgabe zunächst nur die Abtrennung zweier nicht mischbarer Flüssigkeiten im Vordergrund und damit alle hierfür in Frage kommenden Trennverfahren. Selbst im nächsten Schritt, wenn der Fachmann nach Trennverfahren sucht, die sich speziell zur Trennung von Ionenflüssigkeiten und Kohlenwasserstoffen eignen, lässt er diejenigen Trennverfahren, die bisher zur Trennung der während der Alkylierungsreaktionen entstandenen nicht-mischbaren Flüssigkeiten verwendet wurden, nicht außer Acht, da diese auch ohne Einbeziehung von Ionenflüssigkeiten wertvolle Informationen über Flüssig-Flüssig-Trennverfahren enthalten. Aufgrund dessen spielt es für den Fachmann keine Rolle, dass für die Alkylierungsreaktionen in der Druckschrift D28 keine Ionenflüssigkeiten als Katalysatoren eingesetzt werden. Der Druckschrift D28 schenkt der Fachmann auch deshalb Beachtung, weil darin nicht-feste Friedel-Crafts Katalysatoren z. B. in Form von Aluminiumtrichlorid eingesetzt werden, die in Analogie zu den Ionenflüssigkeiten mit Kohlenwasserstoffen eine nicht mischbare flüssige Phase bilden und daher letztendlich wie alle flüssigen Katalysatoren ebenfalls abgetrennt werden müssen (vgl. D28, Sp. 5, Z. 20 bis 27). Hinzu kommt, dass Friedel-Crafts Katalysatoren - ähnlich wie Ionenflüssigkeiten - aus Kationen und Anionen aufgebaut sind.

Der Einwand der Patentinhaberin, dass es sich bei Ionenflüssigkeiten und klassischen Salzen um Stoffe mit völlig unterschiedlichen Eigenschaften handle, die nicht vergleichbar seien, vermag nicht durchzugreifen. Dies liegt darin begründet, dass es sich in beiden Fällen um Stoffe handelt, die aus Kationen und Anionen aufgebaut sind, die beide bei Raumtemperatur in flüssiger Form vorliegen und beide katalytisch aktiv sind. Überdies ist das als Friedel-Crafts Katalysator bekannte Aluminiumtrichlorid ein üblicher Bestandteil in gebräuchlichen Ionenflüssigkeitskatalysatoren (vgl. Streitpatent, Abs. [0041 und 0042]). Damit weisen FriedelCrafts Katalysatoren und Ionenflüssigkeitskatalysatoren trotz ihrer stofflichen Diversität Gemeinsamkeiten auf, die den Fachmann in jedem Fall dazu veranlassen, auch diejenigen Dokumente zu berücksichtigen, die sich mit Alkylierungsreaktionen befassen, in denen die bekannten Friedel-Crafts Katalysatoren zum Einsatz kommen.

Gegen eine Berücksichtigung der Druckschrift D28 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit spricht auch nicht, dass es für die Lehre der D28 – entgegen der streitpatentgemäßen Lehre - nicht auf die Rückgewinnung der in großen Mengen eingesetzten Friedel-Crafts Katalysatoren ankommt, sondern vielmehr um den Erhalt einer von der flüssigen Katalysatorphase befreiten Kohlenwasserstoffphase (vgl. D28, Sp. 3, Z. 1 bis 7). Denn auch dieses Ziel erfordert es, dass das in der D28 eingesetzte Trennverfahren eine effektive und effiziente Abtrennung der Katalysatorphase bewirkt und zwar selbst dann, wenn der Katalysator in größeren Mengen eingesetzt wird.

Damit liegt aus der Sicht des Senats kein Grund vor, an der Eignung der Druckschrift D28 als Ausgangspunkt zu zweifeln.

6.2 Die Druckschrift D28 lehrt den Fachmann, dass als Katalysatoren für die Alkylierung von Kohlenwasserstoffen nicht nur die klassischen Säuren, wie Schwefel (H2SO4)- und Flusssäure(HF), in Frage kommen, sondern auch nichtfeste Friedel-Crafts Katalysatoren, wie Aluminiumtrichlorid (AlCl3) in Kombination mit Säuren, die mit der Kohlenwasserstoffphase eine nicht mischbare Phase bilden (vgl. D28, Sp. 3, Z. 39 bis 49). Bemerkenswert erscheint für den Fachmann an dieser Stelle, dass die Lehre der D28 außer den genannten Katalysatoren noch weitere, nicht näher definierte flüssige Katalysatoren mit einbezieht, sofern diese mit Kohlenwasserstoffen eine heterogene Mischung bilden (vgl. D28, Sp. 3, Z. 49 bis 52). Nachdem Ionenflüssigkeiten diese Voraussetzung erfüllen, bestärkt diese Aussage den Fachmann darin, die in der D28 vermittelte Lehre noch eingehender zu studieren. Dabei erfährt er, dass in der D28 empfohlen wird, einen Koaleszer einzusetzen, um die nach einer säurekatalysierten Alkylierungsreaktion erhaltene zweiphasige Emulsion - bestehend aus flüssiger Katalysator- und Kohlenwasserstoffphase - wieder entmischen zu können. Hierbei werden die in der Kohlenwasserstoffphase verteilten Katalysatortröpfchen an das Koaleszermaterial gebunden (vgl. D28, Anspruch 1, insbesondere Z. 65 bis 75 i. V. m. Sp. 5, Z. 23 bis 27 und Sp. 9, Z. 48 bis 50). Diese Aussage in Verbindung mit der zuvor in D28 angespro- chenen Vielfalt an einsetzbaren flüssigen Katalysatoren vermittelt dem Fachmann die Lehre, dass Koaleszer ein breites Anwendungsspektrum besitzen. Von einer breiten Anwendbarkeit der Koaleszer geht der Fachmann auch deshalb aus, weil sich den Angaben in der D28 zur Folge mit einem Koaleszer Flüssigkeitströpfchen aus der Kohlenwasserstoffphase entfernen lassen, deren Größe zwischen 0,01 µm und 10 µm variiert und damit eine erhebliche Schwankungsbreite aufweist (vgl. D28, Sp. 5, Z. 37 bis 50). Diese Angaben wecken das Interesse des Fachmanns, da das Trennverfahren der D28 infolgedessen nicht nur zur Abtrennung zahlreicher flüssiger Katalysatoren aus der Massenphase von Kohlenwasserstoffen geeignet ist, sondern obendrein in der Lage ist, auch sehr kleine, in der Kohlenwasserstoffphase dispergierte Katalysatortröpfchen zu erfassen, was für eine effektive und effiziente Trennung spricht. Der Fachmann, der auf der Suche nach einer geeigneten Methode zur Trennung von Ionenflüssigkeiten und Kohlenwasserstoffen ist, lässt diese Information daher keinesfalls unberücksichtigt. Er sucht aufgrund dieser Anregung vielmehr nach weiteren Informationen über die in der D28 angesprochene Koaleszenz-basierte Trennung.

Dabei stößt der Fachmann auf die Druckschrift D10. In ihr erhält er eine Bestätigung dafür, dass Flüssig-Flüssig-Koaleszer grundsätzlich dazu geeignet sind, schwer trennbare Emulsionen aufzuspalten (vgl. D10, Titel i. V. m. S. 104, die Spalten eins und zwei überspannender Absatz). Über die Flüssigphasen, die mit diesen Koaleszern aufgetrennt werden können, enthält die D10 zunächst nur pauschale Informationen. So wird in der D10 einerseits ausgesagt, dass es sich bei den Flüssigphasen um eine Kohlenwasserstoffphase handelt, die in D10 als „nicht polare Phase“ bezeichnet wird. Die mit dieser Phase nicht mischbare „polare Phase“ wird in der D10 andererseits als wässrige Phase gekennzeichnet, die zusätzlich anorganische Salze und polare, nicht näher definierte Chemikalien enthalten kann (vgl. D10, S. 104, mittlere Spalte, zweiter Abs.). Erst in einer Tabelle am Ende des Übersichtsartikels D28 sind einige Beispiel für derartige FlüssigFlüssig-Mischungen aufgelistet (vgl. D10, S. 109, Tabelle 4). Von einer Einschränkung der in D10 allgemein präsentierten Informationen auf die genannten Bei- spiele geht der einschlägig tätige Fachmann, entgegen der Auffassung der Patentinhaberin, nicht aus, da die D10 – wie schon zuvor angesprochen – bei der stofflichen Beschaffenheit der aufzutrennenden Emulsionen prinzipiell von einem pauschalen Ansatz ausgeht. Der Fachmann erkennt in der aus dem Jahr 1997 stammenden Druckschrift D10 daher einen Übersichtsartikel, dessen Fokus auf dem breiten und effizienten Einsatz von Hochleistungs-Koaleszern aus Polymerfasern liegt, ohne deren Einsatz auf Emulsionen oder Dispersionen mit bestimmten stofflichen Komponenten zu beschränken (vgl. D10, S. 105, re. Sp., erster und zweiter Abs. i. V. m. S. 109, li. und re Sp. unterhalb der Tabellen). In Kombination mit dem Wissen aus der Druckschrift D28 ergibt sich für den Fachmann daraus eine erfolgversprechende Anregung dafür, dass sich Koaleszer auch zur Trennung von Kohlenwasserstoffen und Ionenflüssigkeiten eignen, so dass der Einsatz eines Koaleszers bei der Trennung einer Emulsion aus Ionenflüssigkeit und Kohlenwasserstoffen naheliegend ist.

Die Patentinhaberin wendet hiergegen ein, dass weder die Lehre der D28 noch der D10 Ionenflüssigkeiten in irgendeiner Form berücksichtige, weshalb selbst eine Zusammenschau von D28 und D10 das im erteilten Patentanspruch1 nach Hauptantrag beschriebene Verfahren nicht nahelegen könne. Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen. Denn – wie bereits zuvor ausgeführt – lassen beide Druckschriften unmissverständlich erkennen, dass ein Koaleszer zur Auftrennung der verschiedensten Emulsion geeignet ist, da die stofflichen Eigenschaften der zu trennenden Phasen in den genannten Druckschriften allenfalls beispielhaft, aber in keinem Fall in einem beschränkenden Kontext genannt werden (vgl. D10, S. 105, re. p., erster und zweiter Abs. und D28, Anspruch 1 i. V. m. Sp. 3, Z. 39 bis 52). Von der breiten Anwendbarkeit der in D10 beschriebenen Hochleistungs-Koaleszer geht der Fachmann ferner deshalb aus, weil das Auftrennen von Emulsionen mittels Koaleszern zu dem für das Streitpatent maßgeblichen Zeitpunkt bereits Standard war und unter den in der D10 genannten Faktoren, welche die Durchführung einer Koaleszenz-basierten Phasentrennung beein- flussen können, die stofflichen Eigenschaften der zu trennenden Phasen keine Erwähnung finden (vgl. D10, S. 105, re. Sp., dritter und vierter Abs.).

6.3 In Kenntnis dessen liegt ein Trennverfahren, wie im erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschrieben, im Blickfeld des Fachmanns. Der erteilte Patentanspruch 1 hat demzufolge mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

7. Eine weitere Verfolgung des Patentbegehrens auf der Basis der Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1a führt ebenfalls nicht zum Erfolg.

Das im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1a beschriebene Trennverfahren weist zusätzlich zu den Merkmalen des Trennverfahrens, wie im erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschrieben, das Merkmal 1.7 auf, wonach das Koaleszer-Material „…Hohlräume oder Öffnungen mit einer Größe hat, die sich dem kleinsten Tröpfchen annähert, welches entfernt werden muss.“

7.1 Strittig ist bei diesem Merkmal der Sinngehalt der darin verwendeten Begriffe „kleinste Tröpfchen“ und „…sich die Größe der Hohlräume/Öffnungen den kleinsten Tröpfchen annähert“

7.1.1 Aus der Sicht der Einsprechenden sei der Begriff „kleinste Tröpfchen“ zweideutig, da es sich dabei sowohl um die vom Koaleszer-Material eingefangenen Tröpfchen, als auch um die im Koaleszer-Material bereits koaleszierten Tröpfchen handeln könne. Einer derartigen Interpretation dieses Begriffes kann nicht zugestimmt werden, da die Beschreibung des Streitpatents eine solche Doppeldeutigkeit nicht erkennen lässt. Aus dem Streitpatent weiß der einschlägig tätige Fachmann (siehe Punkt II.3), dass die patentgemäße Lehre darauf abzielt Ionenflüssigkeitströpfchen, die in einer Massenphase von Kohlenwasserstoffen fein verteilt sind, mittels eines Koaleszers effektiv abzutrennen. Den Begriff „effektiv“ assoziiert der Fachmann zwar nicht mit einer vollständigen Entfernung der Ionenflüssigkeitströpfchen, aber dennoch mit einem Entfernungsgrad, der laut Streitpatent lediglich einen Rückstand an Ionenflüssigkeitströpfchen im Kohlenwasserstoffausfluss von maximal 40 ppm erlaubt (vgl. Streitpatent, Abs. [0009] i. V. m. Abs. [0053]). Eine derart effektive Abtrennung der Tröpfchen erfordert es nach der Lehre des Streitpatents, dass möglichst alle Tröpfchen der Ionenflüssigkeit entfernt werden, mithin auch die kleinsten in der Emulsion fein verteilten Tröpfchen (vgl. Streitpatent, Abs. [0024] i. V. m. [0055]). Würden derartige Tröpfchen vom Koaleszer-Material nicht erfasst, hätte dies zur Folge, dass die Trennung nicht effektiv durchgeführt werden kann, was allerdings im Widerspruch zur patentgemäßen Lehre stehen würde (vgl. Streitpatent, Abs. [0075]). Demzufolge versteht der Fachmann unter den „kleinsten Tröpfchen“ die vom Koaleszer-Material eingefangenen Tröpfchen vor dem Koaleszieren. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass aus fachlicher Sicht die Größe der koaleszierten Tröpfchen für die Phasentrennung nicht von Bedeutung ist, da eine Koaleszens der Tröpfchen nur dann stattfinden kann, wenn diese zuvor an das Material des Koaleszers anhaften. Demzufolge stellt das Anhaften der Ionenflüssigkeitströpfchen an das Koaleszer-Material den maßgeblichen Schritt für eine effektive Phasentrennung dar. Aus der Sicht des Fachmanns ist daher ausschließlich von Interesse, welche Tröpfchen am Koaleszer-Material haften. Mit welcher Größe die koaleszierten Tröpfchen das Koaleszer-Material anschließend wieder verlassen spielt aus fachlicher Sicht dagegen keine Rolle. Infolgedessen kann der Begriff „kleinste Tröpfchen“ auch unter diesem Gesichtspunkt nur als Synonym für die kleinsten, vom Koaleszer-Material eingefangenen Tröpfchen aus Ionenflüssigkeit interpretiert werden.

7.1.2 Des Weiteren vermittelt die Beschreibung des Streitpatents dem Fachmann eine konkrete Vorstellung davon, welche Werte mit dem im Merkmal 1.7 verwendeten Begriff „annähern“ verbunden sind. So wird im Streitpatent der Durchmesser der emulgierten Ionenflüssigkeitströpfchen mit 1 bis 1000 µm angegeben (vgl. Streitpatent, Abs. [0043] und Ansprüche 7 bis 10) und das Koaleszer- Material des Ausführungsbeispiels 4 weist Poren mit einer Größe von weniger als 10 µm auf. In Kenntnis dessen verbindet der Fachmann den Begriff „annähern“ mit Hohlräumen oder Öffnungen im Koaleszer-Material, deren Größe bis zu 10 µm beträgt.

7.2. Das in den Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1a aufgenommene Merkmal 1.7, in seiner zuvor geschilderten funktionsorientierten Auslegung, ist als Ergänzung der bereits im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beschriebenen technischen Lehre ebenfalls nicht in der Lage eine erfinderische Tätigkeit zu begründen.

Wie schon zuvor unter Punkt II.6.2 angedeutet, findet sich in der D28 bereits ein erster Hinweis darauf, dass die Flüssigkeitströpfchen, die von Koaleszern eingefangen werden, in ihrer Größe sehr stark variieren, wobei das primäre Ziel beim Einsatz eines Koaleszers die Entfernung kleiner Tröpfchen ist. Unter „kleinen Tröpfchen“ versteht die D28 Flüssigkeitströpfchen mit einer Größe von 0,01 bis 5 µm. Durch die Nennung von größeren Tröpfchen mit mehr als 10 µm zeigt die D28 überdies den Größenbereich auf, in dem die kleinen Tröpfchen in große Tröpfchen übergehen (vgl. D28, Sp. 5, Z. 37 bis 50). Dadurch erhält der Fachmann eine Anregung dafür, bei der Größe der Hohlräume oder Öffnungen im Koaleszer-Material auch die Zurückhaltung kleiner Teilchen von 0,1 bis 5 µm zu berücksichtigen.

Eine weitere Anregung, die in Richtung des patentgemäßen Merkmals 1.7 weist, findet der Fachmann in der Druckschrift D10. Der in der Figur 3 graphisch dargestellten Trennung von festen Partikeln und flüssigen Tröpfchen verschiedener Größen aus einer Flüssigphase mittels einer Kombination aus Vorfilter und Flüssig-Flüssig-Koaleszer entnimmt der Fachmann, dass das Koaleszer-Material unmittelbar nach dem Vorfilter, in der ersten Stufe eine sehr feine Struktur aufweist, die mit zunehmendem Abstand vom Vorfilter gröber und damit die Hohlräume oder Öffnungen des Koaleszer-Materials immer größer werden (vgl. D10, S. 104, Figur 3 i. V. m. S. 105, mittlere Sp., letzter Abs.). In Zahlen ausgedrückt geht die D10 dabei davon aus, dass in der ersten Koaleszenz-Zone kleine Tröpfchen mit einer Größe von 0,2 bis 50 µm erfasst und diese zu großen Tropfen von 500 bis 5000 µm umgewandelt werden (vgl. D10, S. 105, re. Sp., erster Abs.). Durch diese Zahlen, die vor allem bei der Größe der kleinen Tröpfchen deutliche Übereinstimmungen mit den Zahlenangaben in der D28 aufweisen, rückt bei der Aufspaltung von Emulsionen mit Hilfe von Koaleszern automatisch eine Berücksichtigung der kleinsten Tröpfchen in das Blickfeld des Fachmanns.

In Kenntnis dessen erfordert es von einem einschlägig tätigen Fachmann demzufolge kein erfinderisches Zutun, beim Einsatz eines Koaleszer-Materials darauf zu achten, dass die Größe seiner Hohlräume oder Öffnungen zumindest teilweise auch an die Größe der kleinsten in einer Emulsion enthaltenen Tröpfchen angepasst sind.

7.3 Nach alledem beruht auch das Trennverfahren des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1a nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die vorangegangenen Ausführungen gelten aufgrund gleichlautender technischer Merkmale für die nebengeordneten Patentansprüche 6, 23 und 24 entsprechend. Die auf Patentanspruch 1 bzw. 6 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 bzw. 7 bis 22 teilen deren Schicksal (vgl. BGH GRUR 1997, 120, Ls. – Elektrisches Speicherheizgerät).

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.

Dr. Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Jäger Pr

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 14 W (pat) 9/15

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
1 73 PatG

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 73 PatG

Original von 14 W (pat) 9/15

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 14 W (pat) 9/15

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum