7 W (pat) 8/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 8/17 An Verkündungs Statt zugestellt am: 20. April 2018 …
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2018:200418B7Wpat8.17.0
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betreffend das Patent 10 2012 206 109 wegen Ablehnungsgesuch hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Rauch sowie die Richterinnen Püschel und Dr. Schnurr beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Am 13. April 2012 reichte die Patentinhaberin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Rotorblatt einer Windenergieanlage“ ein. Die Patenterteilung wurde am 12. September 2013 veröffentlicht.
Während der laufenden Einspruchsfrist ging beim Patentamt am 12. Dezember 2013 ein Einspruch der V… in D…, ein. Der Patentinhaberin teilte die Patentabteilung 1.15 dies unter dem 13. Januar 2014 zusammen mit dem Hinweis mit, die Einspruchsbegründung und etwaige weitere Einsprüche würden zu einem späteren Zeitpunkt gesondert übersandt.
Nach Ablauf der Einspruchsfrist übersandte die Patentabteilung 1.15 der Patentinhaberin und der weiteren Verfahrensbeteiligten unter dem 2. April 2014 die Ladung zu einem Anhörungstermin am 9. Juli 2014, die der Patentinhaberin am 7. April 2014 zuging. Im beigefügten Ladungszusatz gab die Patentabteilung eine von den Mitgliedern der Patentabteilung 1.15 N… L… und N… stammende rechtliche Einschätzung bekannt, wonach Patentanspruch 1 des Streitpatents möglicherweise nicht neu sei. Die Einspruchsschrift war dem Ladungszusatz versehentlich nicht beigefügt.
Mit Eingabe vom 2. Juni 2014 legte die Patentinhaberin daraufhin Beschwerde ein und beantragte, den Termin zur Anhörung aufzuheben sowie den Spruchkörper, der den Einspruch behandelt, hilfsweise seinen Vorsitzenden, wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Patentabteilung missachte die Einspruchsrichtlinien. Diesen Vorwurf bezog die Patentinhaberin auf die Richtlinien für das Einspruchsverfahren vor dem DPMA (Einspruchsrichtlinien) vom 18. Januar 2007, BIPMZ 2007, Seite 49, Ziffer 4.3, „Zustellung von Schriftsätzen", zweiter Absatz mit folgendem Wortlaut: „Der Schriftsatz und die weiteren im Laufe des Verfahrens eingereichten Schriftsätze eines Beteiligten sind den anderen Beteiligten grundsätzlich unverzüglich zuzustellen bzw. formlos mitzuteilen (§ 14 Abs. 2 DPMAV)“.
Unter dem 17. Juni 2014 wurde der Patentinhaberin der Schriftsatz der Einsprechenden vom 12. Dezember 2013 mit Anlagen übersandt. Am 18. Juni 2014 entschuldigte sich die Patentabteilung 1.15 für ihr Versehen, hob den festgesetzten Anhörungstermin auf und setzte der Patentinhaberin eine Frist zur Äußerung auf den Einspruchsschriftsatz von drei Monaten.
Mit Senatsbeschluss vom 27. April 2015 - 7 W (pat) 93/14 - wurde die Beschwerde der Patentinhaberin vom 2. Juni 2014 mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass die Patentabteilung 1.15 keine Entscheidung im Sinne des § 73 PatG getroffen habe, gegen die sich die Beschwerde richten könne.
Auf die sich anschließende Übersendung von dienstlichen Stellungnahmen der Mitglieder des Spruchkörpers erwiderte die Patentinhaberin am 9. Dezember 2016, diese änderten nichts an der Besorgnis der Befangenheit. In ihrer vorläufigen Meinung sei die Patentabteilung durch ihre einseitige Meinungsbildung bereits vor Einholung einer Stellungnahme durch die Patentinhaberin festgelegt. Anfang des Jahres 2014 habe die Patentinhaberin zudem erfolglos versucht, den Einspruchsschriftsatz über die elektronische Akteneinsicht zu erhalten.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2017, der der Patentinhaberin am 20. Februar 2017 zugestellt wurde, wies die - nun mit drei anderen Mitgliedern besetzte - Patentabteilung 1.15 des Deutschen Patent- und Markenamts das Ablehnungsgesuch der Patentinhaberin vom 2. Juni 2014 als unbegründet zurück, weil die Äußerung einer ausdrücklich als „vorläufig“ gekennzeichneten Rechtsansicht keine Besorgnis der Befangenheit begründe. Die Patentabteilung habe darauf vertrauen dürfen, dass die Patentinhaberin von der Möglichkeit der elektronischen Akteneinsicht Gebrauch machen werde. Die beanstandete Vorgehensweise zur Übersendung der Ladung zusammen mit bis dahin eingegangenen Schriftsätzen und einer vorläufigen Einschätzung der Patentabteilung 1.15 entspreche deren ständiger Praxis. Ein Zeitraum von fast drei Monaten zwischen Zugang der Ladung und Anhörungstermin sei zur Vorbereitung durch die Patentinhaberin angemessen. Der Umstand, dass der im Dezember 2013 eingegangene Einspruchsschriftsatz der Patentinhaberin nicht zusammen mit der Ladung im April 2014, sondern - nach Erkennen des Versäumnisses - erst im Juni 2014 übersandt wurde, begründe nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt. Sie hat zuletzt beantragt,
1. den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Verfahren unter Austausch der Mitglieder des Spruchkörpers zurückzuverweisen und
2. im Falle der Zurückverweisung der Patentabteilung aufzugeben, der Patentinhaberin eine angemessene Frist zur Äußerung auf die Einsprüche zu geben;
3. festzustellen, dass mit der Art und Weise der vorliegenden Durchführung des Einspruchsverfahrens der Anspruch der Patentinhaberin auf ein faires Verfahren verletzt sei;
4. die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Patentinhaberin trägt vor, sie wende sich mit ihrem Ablehnungsgesuch gegen einen ihrer Auffassung nach regelmäßigen und vorsätzlichen Verstoß der Patentabteilung 1.15 gegen die Einspruchsrichtlinien. Im Fokus ihres die Besorgnis der Befangenheit betreffenden Begehrens stehe nicht die in diesem Einzelfall versehentlich unterbliebene Übersendung des Einspruchsschriftsatzes zusammen mit der Ladungsverfügung, sondern der Eindruck, die Patentabteilung, die hier als solche befangen sei, habe sich regelmäßig und vorsätzlich über die Einspruchsrichtlinien hinweggesetzt. Dies stelle einen schwer wiegenden Rechtsverstoß dar. Da nicht sicher zu erkennen sei, welche Mitglieder der Patentabteilung befangen seien, betreffe die Besorgnis der Befangenheit den gesamten, als solchen parteilichen Spruchkörper. Dies rechtfertige eine analoge Anwendung von § 42 ZPO. Der gerügte Verstoß gegen die Einspruchsrichtlinien wirke sich stets zu Lasten der Patentinhaberin aus. Für die Zulässigkeit der Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers spreche auch, dass gegen einen offensichtlich voreingenommenen Spruchkörper auf andere Weise nichts unternommen werden könne, zumal unklar sei, welcher andere Rechtsweg - abgesehen von einer Dienstaufsichtsbeschwerde - bei einer Verletzung der Einspruchsrichtlinien eröffnet sei. Zusätzlich hat die Patentinhaberin auf die Entscheidung BVerfG NJW 2007, 1670 Bezug genommen.
Bilde sich die Patentabteilung - faktisch irreversibel - auf der Basis der Argumentation der Einsprechenden eine Vormeinung, stelle dies einen strukturellen und systematischen Nachteil zu Ungunsten der Patentinhaberin dar. Sie werde so ihrer Möglichkeit beraubt, auf einen „unvorgeprägten“ Spruchkörper Einfluss zu nehmen. Durch Äußerungen im Ladungszusatz vom 2. April 2014 zur Zulässigkeit des Einspruchs, die das Patentamt gerade nicht unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gestellt habe, habe die Patentabteilung sogar bereits eine finale Entscheidung getroffen. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der fairen Verfahrensführung sowie gegen Art. 41, 42 des TRIPS-Abkommens vor. Zusätzlich werde die Tatsache, dass die Einspruchsfrist zuletzt von drei auf neun Monate verlängert worden sei, konterkariert, wenn die Gelegenheit zur Äußerung zu den Schriftsätzen der übrigen Verfahrensbeteiligten für die Patentinhaberin erst nach Ablauf der Einspruchsfrist beginne. Innerhalb gesetzter Äußerungsfristen seien umfangreiche Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen, Hilfsanträge vorzubereiten und Absprachen mit der Mandantschaft zu treffen.
Die Patentabteilung habe sich durch ihr Verwaltungshandeln gleichzeitig über Ziffer 4.7 und über Ziffer 4.2 Abs. 2 und 3 i. V. m. Ziffer 4.1 der Einspruchsrichtlinien hinweggesetzt. Dem Regelungsgehalt dieser Vorschriften entsprechend hätte die Patentabteilung 1.15 der Patentinhaberin zunächst eine Frist zur Äußerung von mindestens drei Monaten zur Erwiderung auf die Einsprüche setzen müssen. Stattdessen sei den Verfahrensbeteiligten lediglich ein - im Gegensatz zu einer Frist nicht verlängerbarer - Zeitraum zur Äußerung benannt worden, der im Übrigen keine drei Monate betragen, sondern nur die Zeitspanne zwischen dem Zugang der Ladungsverfügung am 7. April 2014 und dem 25. Juni 2014, einem zwei Wochen vor dem Anhörungstermin vom 9. Juli 2014 liegenden Datum, umfasst habe; in der Ladung werde nämlich der Hinweis erteilt, etwaige Äußerungen spätestens zwei Wochen vor dem Anhörungstermin einzureichen. Erst nach Ablauf der einspruchsbezogenen Erwiderungsfrist hätten die Reihenfolge der Bearbeitung und die Besetzung des Spruchkörpers durch den Vorsitzenden der Patentabteilung festgelegt werden dürfen. Zuvor gelte ein Behandlungsverbot. Die Patentabteilung 1.15 betreibe Amtsanmaßung.
Die Möglichkeit, im Wege der Online-Akteneinsicht auf die Einspruchsschriftsätze Zugriff zu nehmen, vermöge die Zustellung von Schriftsätzen an Verfahrensbeteiligte nicht zu ersetzen. Würden Schriftsätze vor Ablauf der Einspruchsfrist, wie hier, nicht einmal im Wege der Online-Akteneinsicht zur Verfügung gestellt, werde zusätzlich die Öffentlichkeit getäuscht und es liege ein Verstoß gegen § 31 PatG vor.
Die weitere Verfahrensbeteiligte hat sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend geäußert, dass auch nach ihrer Meinung die Beteiligten eines Einspruchsverfahrens gegnerische Schriftsätze nicht erst zusammen mit der Ladung, sondern - zur internen Abstimmung und optimalen Vorbereitung eigener Verfahrenshandlungen - stets unverzüglich erhalten sollten. Der Verstoß gegen diesen Grundsatz könne im vorliegenden Fall das Ablehnungsgesuch jedoch nicht begründen.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Patentamt hat das Ablehnungsgesuch der Patentinhaberin zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Antrag der Patentinhaberin auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist offensichtlich unzulässig, soweit er sich gegen die Patentabteilung 1.15 als solche richtet und die Ablehnung des gesamten Spruchkörpers betrifft. Insoweit fehlt ihm jedes Rechtsschutzinteresse.
Wegen Besorgnis der Befangenheit können unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 6 Satz 1 PatG i. V. m. § 42 ZPO Prüfer und sonstige Mitglieder der Patentabteilungen abgelehnt werden, nicht jedoch Patentabteilungen als solche. Die Patentinhaberin hat ihr Gesuch auf ihrer Ansicht nach vorhandene Verfahrensverstöße im Einspruchsverfahren gestützt, ohne konkrete, auf eine Befangenheit der einzelnen Mitglieder der Patentabteilung hinweisende Anhaltspunkte zu benennen. Dies genügt - auch unter Berücksichtigung des Gebots, ein Ablehnungsgesuch vollständig zu erfassen und gegebenenfalls wohlwollend auszulegen - nicht zur Glaubhaftmachung eines Befangenheitsgrundes; denn ein solcher muss vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung geeignet sein, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines konkreten Prüfers zu wecken (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Juni 2017 - I ZB 4/16, Rn. 14; BGH, Beschl. v. 2. Februar 2017 - III ZR 444/16, Rn. 3; BGH, Beschl. v. 8. Januar 2015 V ZB 184/14, Rn. 4; BGH, Beschl. v. 8. Juli 2015 - XII ZA 34/15, Rn. 4, jeweils veröffentlicht in juris). Auch in der von der Patentinhaberin zitierten Entscheidung BVerfG NJW 2007, 1670, richtet sich das der dortigen Verfassungsbeschwerde zugrunde liegende Ablehnungsgesuch gegen eine konkrete, dort im Adhäsionsverfahren tätig gewordene Richterin.
Die Voraussetzungen für eine von der Patentinhaberin ins Feld geführte analoge Anwendung des § 42 ZPO sind nicht gegeben. Die Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers betreffend besteht keine im Wege der Analogie ausfüllungsbedürftige Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Denn die Prüfung eines Befangenheitsgrundes, der geeignet sein muss, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines konkreten Prüfers zu wecken, hat stets personenbezogen zu erfolgen. Die Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers ist daher unzulässig.
2. Auch soweit sich das Ablehnungsgesuch der Patentinhaberin gegen das damals mit dem Vorsitz in der vorliegenden Sache beauftragte Mitglied der Patentabteilung 1.15, Herrn N…, richtet, bleibt es ohne Erfolg.
Denn es liegt kein Grund vor, der gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 PatG i. V. m. § 42 ZPO die Besorgnis der Befangenheit dieses Mitglieds der Patentabteilung begründen könnte. Zu den Gründen, die im Sinne dieser Vorschrift geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines bestimmten Prüfers oder Mitglieds der Patentabteilung zu rechtfertigen, gehören nach ständiger Rechtsprechung nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Prüfer oder das Mitglied der Patentabteilung stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rn. 9; Thomas/ Hüßtege, ZPO, 37. Aufl., § 42 Rn. 9).
a) Aus dem Ablauf des Einspruchsverfahrens im vorliegenden Fall ergeben sich keine derartigen Gründe.
aa) Zwar steht das beanstandete, in der Patentabteilung 1.15 jedenfalls im damaligen Zeitraum regelmäßig praktizierte Verwaltungshandeln, einen oder mehrere Einsprüche gegen ein Schutzrecht der Patentinhaberin erst am Ende der Einspruchsfrist zusammen mit einer rechtlichen Einschätzung zu übermitteln, mit Ziffer 4.3 der Einspruchsrichtlinien nicht in Einklang. Insoweit hat nicht nur die Patentinhaberin, sondern auch die weitere Verfahrensbeteiligte in der mündlichen Verhandlung zu Recht auf ihr Interesse hingewiesen, gegnerische Schriftsätze zur internen Abstimmung und optimalen Vorbereitung eigener Verfahrenshandlungen stets unverzüglich zu erhalten. Ziffer 4.3, „Zustellung von Schriftsätzen", zweiter Absatz der Einspruchsrichtlinien des Patentamts, von der die Patentabteilung 1.15 hier abgewichen ist, trägt diesem Bedürfnis Rechnung und ist ebenso zu beachten wie die weiteren Vorgaben in Ziffer 4.7.2 Abs. 2 i. V. m. Ziffer 4.7.1 sowie Ziffer 4.2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Ziffer 4.1 Abs. 1 und 2 der Einspruchsrichtlinien. Danach ist dem Patentinhaber eine Frist zur Erwiderung auf den Einspruch zu setzen, deren Ablauf vor Erlass einer Entscheidung abzuwarten ist. Zwar weisen die Einspruchsrichtlinien keinen Rechtsnormcharakter auf. Jedoch dienen solche Richtlinien zur Einhaltung des in Art. 3 GG festgelegten Gleichheitsgrundsatzes (vgl. van Hees/Braitmayer, Verfahrensrecht in Patentsachen, 4. Aufl., Rn. 104/105; Senatsbeschl. v. 17. August 2017 - 7 W (pat) 29/16, Rn. 16, veröffentlicht in juris). Der Rechtsgedanke von Ziffer 4.3 Abs. 2 der Einspruchsrichtlinien kommt - ungeachtet der Frage einer unmittelbaren Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (TRIPS-Abkommen, BGBl. II 1438, 1730) - zusätzlich in Art. 42 Satz 2 dieses von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung erwähnten Vertragswerks zum Ausdruck.
bb) Klarzustellen ist auch, dass der verfahrensunabhängige Service einer Online-Akteneinsicht des Patentamts - in welcher der hier benötigte Einspruchsschriftsatz vor Abfassung der Ladungsverfügung möglicherweise ohnehin nicht einsehbar war - die Übersendung von Schriftsätzen an die Verfahrensbeteiligten nicht ersetzt. Die Patentinhaberin ist nicht verpflichtet, von sich aus Nachforschungen zum Inhalt dieser Schriftsätze anzustellen (vgl. hierzu BVerfGE 17, 194, 197, juris Rn. 8; 18, 147, 150, juris Rn. 11; 50, 381, 385, juris Rn. 9; BPatGE 22, 61, juris Rn. 41).
cc) Dass die Patentinhaberin in der Ladungsverfügung keine ausreichende Äußerungsfrist erhalten hätte, ist dagegen nicht feststellbar. Die Patentabteilung hat den Einspruchsschriftsatz - worauf der Antrag auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ausdrücklich nicht gestützt wird - nur versehentlich nicht zusammen mit der Ladungsverfügung übersandt. Gelegenheit zur Äußerung sollte für die Patentinhaberin, der die Ladungsverfügung vom 2. April 2014 fünf Tage später zuging, abgesehen von diesem Versäumnis für einen - grundsätzlich angemessenen - Zeitraum von rund zehn Wochen bestehen. Hierbei ist berücksichtigt, dass die zu fertigende Erwiderung das Patentamt zwei Wochen vor dem seinerzeit anberaumten Anhörungstermin am 9. Juli 2014 erreichen sollte. Dass die Patentinhaberin zur Äußerung konkret mehr Zeit benötigt hätte, ist nicht ersichtlich, denn sie hat bis zu ihrer Eingabe vom 2. Juni 2014, die das Ablehnungsgesuch enthält, bei der Patentabteilung 1.15 nicht um eine Fristverlängerung und Verlegung des Anhörungstermins nachgesucht. Ebenso wenig hatte sie Anlass zu der Annahme, dass in dieser Abteilung Verlegungsgesuche und Fristverlängerungen stets abschlägig verbeschieden würden. Gegen diese Annahme spricht schon, dass die Patentabteilung am 18. April 2014 den bisherigen Anhörungstermin aufgehoben und der Patentinhaberin eine Frist zur Stellungnahme auf den Einspruchsschriftsatz von drei Monaten gesetzt hat, als sie erfahren hat, dass dieser Schriftsatz der Ladungsverfügung versehentlich nicht beigefügt war. Von einem Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, ist daher nicht auszugehen.
dd) Fehler in der Rechtsanwendung als solche begründen regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61, Rn. 7 m. w. N.). Denn anders als im Erteilungs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren steht hier nicht die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung im Vordergrund, sondern es soll vielmehr verhindert werden, dass ein Amtsträger, der eine unsachliche innere Einstellung zu den Verfahrensbeteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens hat und daher begründete Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit aufkommen lässt, zur Entscheidung in der Sache berufen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 8). Letzteres kann hier für das Mitglied der Patentabteilung 1.15 N… nicht angenommen werden. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der praktizierte Ablauf des Einspruchsverfahrens, bei dem es sich nach dem Vortrag der Patentinhaberin um eine ständige und nicht nur ihr gegenüber ausgeübte (damalige) Praxis dieser Patentabteilung gehandelt hat, auf einer unsachlichen inneren Einstellung gerade gegenüber der Patentinhaberin im vorliegenden Verfahren beruht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Patentinhaberin zitierten Entscheidung BVerfG NJW 2007, 1670. In dieser Entscheidung ist u. a. ausgeführt, dass es zum materiellen Gewährleistungsgehalt des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gehört, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist, und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Soweit sich die Patentinhaberin auf einen strukturellen und systematischen Nachteil beruft, der ihr daraus erwachse, dass die rechtliche Einschätzung der Patentabteilung 1.15 in dem Ladungszusatz zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden sei, zu dem von ihrer Seite noch keine sachliche Stellungnahme vorgelegen habe, so könnte sich - ausgehend von der genannten Rechtsprechung - daraus ein Ablehnungsgrund ergeben, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Äußerung in dem Ladungszusatz im konkreten Einzelfall nicht mit der gebotenen Neutralität abgegeben wurde. Derartige Anhaltspunkte sind jedoch nicht erkennbar (siehe auch nachfolgend unter b).
b) Auch Äußerungen zum möglichen Verfahrensausgang, wie sie hier in dem Zusatz zur Ladung vom 2. April 2014 enthalten sind, stellen für sich genommen keinen Ablehnungsgrund dar (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 26 m. w. N; Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 10. Aufl., § 27 Rn. 43). Hinweise auf die Sach- und Rechtslage sind schon auf Grund der auch im patentamtlichen Verfahren geltenden Aufklärungs- und Hinweispflicht entsprechend § 139 ZPO (vgl. Schulte, a. a. O., Einl. Rn. 121) sowie auf Grund des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderlich. Hierzu gehören auch mit Gelegenheit zur Stellungnahme geäußerte Einschätzungen zur Zulässigkeit der Einsprüche sowie der Hinweis darauf, dass das Patent möglicherweise nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen könnte. Bei Äußerungen zur Sach- und Rechtslage ist nur dann die Grenze zur Befangenheit überschritten, wenn eine vorzeitige, endgültige Festlegung in einer Form erfolgt, die erkennen lässt, dass der Prüfer sich nicht mit einer Gegenmeinung auseinander setzen will, oder die jede Bereitschaft zu einer sachlichen Überprüfung vermissen lässt (vgl. näher Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl.,
§ 27 Rn. 64, Fn. 73 und Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 27 Rn. 44 je unter Hinweis auf BPatGE 24, 144, 148). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Die Vorstellung, dass ein Entscheidungsträger, wie die Patentinhaberin meint, von einer vorläufig gefassten Meinung regelmäßig nicht mehr abzubringen wäre, erscheint fernliegend. Auch im vorliegenden Verfahren gibt es keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme, auch wenn nicht jede einzelne Aussage im Ladungszusatz in der sprachlichen Form des Konjunktivs gehalten ist.
c) Auch aus dem übrigen Verfahrensverlauf ergeben sich keine Hinweise darauf, dass das Mitglied der Patentabteilung 1.15 N… der Patentinhaberin nicht das zukommen lassen wollte, was das Recht ihr zugesteht. Die von ihm verfassten Schriftstücke sind stets in sachlichem Ton abgefasst. Insgesamt liegt kein Grund vor, der gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 PatG i. V. m. § 42 ZPO die Besorgnis der Befangenheit dieses Mitglieds der Patentabteilung begründen könnte.
3. Soweit sich das Ablehnungsgesuch der Patentinhaberin gegen die weiteren Mitglieder der Patentabteilung 1.15 L… und N… richtet, hat es die Patentabteilung ebenfalls zu Recht zurückgewiesen. Zur Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen unter 2. Bezug genommen. Darüber hinausgehende, allein das Verwaltungshandeln der übrigen Mitglieder der Patentabteilung 1.15 betreffende Befangenheitsgründe oder tatsächliche Umstände hat die Patentinhaberin nicht geltend gemacht.
4. Der weitere Antrag der Patentinhaberin auf Feststellung, dass mit der Art und Weise der Durchführung des Einspruchsverfahrens ihr Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt worden sei, ist unzulässig, da hierfür ein Rechtsschutzinteresse fehlt. Der Verfahrensablauf als solcher ist einer Beschwerde nicht zugänglich (Senatsbeschl. v. 27. April 2015 - 7 W (pat) 93/14, unter II.1, veröffentlicht in juris). Ebenso wenig kann im vorliegenden, die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs betreffenden Beschwerdeverfahren ein gesonderter Feststellungsantrag zum Ablauf des patentamtlichen Verfahrens gestellt werden. Der Verfahrensverlauf ist nur inzidenter im Hinblick darauf zu prüfen, ob sich daraus ein Befangenheitsgrund ergeben könnte, was hier aus den genannten Gründen nicht der Fall ist.
Ob bzw. mit welchen Erfolgsaussichten der in dem beanstandeten Vorgehen der Patentabteilung 1.15 liegende Verstoß gegen die Einspruchsrichtlinien mit Mitteln der Dienstaufsicht verfolgt werden könnte, bedarf hier keiner Erörterung.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
5. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Fälle des § 100 Abs. 2 PatG vorliegt, insbesondere keine grundsätzliche Rechtsfrage i. S. von § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zu klären ist. Grundsätzlich ist eine Rechtsfrage, wenn ein Interesse der Allgemeinheit für die Zukunft besteht, insbesondere wenn sie für eine größere Zahl gleicher Fälle entscheidungserheblich ist (vgl. Schulte, a. a. O., § 100 Rn. 17 m. w. N.). Dies ist hier weder im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung zur Unzulässigkeit eines gegen einen ganzen Spruchkörper gerichteten Antrags wegen Besorgnis der Befangenheit, noch im Hinblick auf die Bewertung des in der Sache gerügten Verfahrensverstoßes geboten. Ob Fehler in der Rechtsanwendung als solche die Besorgnis der Befangenheit begründen können, ist ebenfalls bereits höchstrichterlich entschieden (s. oben unter II.2.a.dd).
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Dr. Schnurr Pr