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8 W (pat) 304/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 304/12 Verkündet am 25. April 2013

…

BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 10 2004 049 994 …

BPatG 154 05.11

…

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner, die Richter Dr. agr. Huber und Kätker sowie die Richterin Dr.-Ing. Prasch beschlossen:

Das Patent wird widerrufen.

Gründe I.

Auf die am 14. Oktober 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2004 049 994.2-14 mit der Bezeichnung „Getriebestufe für einen Fahrzeugsitz“ ist das Patent 10 2004 049 994 mit Beschluss vom 18. Oktober 2005 erteilt und die Erteilung am 16. März 2006 veröffentlicht worden. Gegen das Patent hat die B… GmbH & Co. KG in C… am 16. Juni 2006 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende hat in ihrer Einspruchsbegründung fehlende Neuheit des Patentgegenstandes nach dem erteilten Anspruch 1 geltend gemacht. Nach ihrem Vortrag fehle es dem Patentgegenstand sowohl gegenüber dem Stand der Technik nach der DE-PS 894 184 (D1) als auch dem Auszug aus dem Taschenbuch für Maschinenbau“, Dubbel, Hrsg., 20. Aufl., 2001, Kapitel G7, Seiten G 116 - G119 (D5) an der erforderlichen Neuheit.

Die Patentinhaberin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 17. Juni 2008 (eingegangen am 18.6.08) neu formulierte und nummerierte Ansprüche 1 bis 8, neue Beschreibungsseiten (Seiten 1 bis 4 sowie 6 und 7) und eine neue Zeichnungsseite, welche lediglich noch die erteilten Figuren 1 und 2 sowie 4 (letztere nunmehr als Fig. 3 bezeichnet) enthält, vorgelegt, wobei diese Unterlagen nunmehr zusammen mit der ursprünglichen Beschreibungsseite 5 einer Verteidigung des angegriffenen Patents zu Grunde gelegt werden.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

„Getriebestufe (14) für einen Fahrzeugsitz, insbesondere für einen Kraftfahrzeugsitz, mit einer Antriebswelle (16) und einer Abtriebswelle (18), wobei die Getriebestufe (14) die Drehzahl der Antriebswelle (16) in eine geringere Drehzahl der Abtriebswelle (18) untersetzt, mit wenigstens einer Getriebekugelreihe (24), an welcher wenigstens eine, insbesondere zwei Antriebsflächen (22) der Antriebswelle (16), wenigstens eine Abtriebsfläche (26) der Abtriebswelle (18) und wenigstens eine Gehäusefläche (28) eines Gehäuses (32) tangential anliegen, und mit einem Spannlager (40), welches mit einem elastischen Element (42) und einer Spannkugelreihe (44) versehen, radial versetzt zu der Getriebekugelreihe (24) angeordnet und zwischen dem Gehäuse (32) und einem der Abtriebswelle (18) zugeordneten Träger (30) wirksam ist.“

Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen geltenden Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Akten Bezug genommen.

Die Patentinhaberin hat hierzu vorgetragen, dass der Gegenstand des nunmehr geltenden Anspruchs 1 mit der radial versetzten Anordnung von Getriebekugelreihe und Spannlager neu sei. Er beruhe nach Auffassung der Patentinhaberin gegenüber dem Stand der Technik nach D1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn der maßgebliche Fachmann, ein Maschinenbauingenieur (FH) mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Fahrzeugsitzbaus, würde den Stand der Technik nach D1 aufgrund seines zu stark abweichenden technischen Anwendungsgebiets nicht heranziehen.

Die Einsprechende hat auch im Hinblick auf den geltenden Anspruch 1 mangelnde Neuheit gegenüber dem Stand der Technik nach D1 geltend gemacht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass durch die D1 bereits ein Spannlager sowie ein elastisches Element zur Erzeugung einer auf das Spannlager wirkenden axialen Kraft bekannt geworden sei (Fig. 1 bis 3 und Seite 2, Zeilen 34 bis 42). Die Kugeln des Spannlagers seien dabei auf einem deutlich geringeren Radius als die Getriebekugeln (K) angeordnet, so dass die Spannkugelbreite (KL) somit auch radial zu der Getriebekugelbreite (K) versetzt positioniert sei.

Ferner sei nach dem Vortrag der Einsprechenden der Hinweis in D1, Seite 1, Zeilen 7 bis 10, wonach die dort offenbarten Getriebe nicht auf den Antrieb von Bauelementen der Fernmeldetechnik beschränkt seien, sondern für den Antrieb beliebiger anderer feinmechanischer Bauelemente Verwendung finden könnten, nicht so zu verstehen, dass lediglich sehr kleine und für geringe Kräfte ausgelegte Baugruppen z. B. von Messgeräten o. ä. mit derartigen Getrieben versehen werden sollen. Vielmehr seien die damaligen, zum Zeitrang der D1 gehörenden Drehkondensatoren o. ä. sehr groß gewesen und hätten demzufolge auch großer Getriebe zur Übertragung entsprechender Kräfte bedurft, so dass der Hinweis auf feinmechanische Bauelemente im Offenbarungsgehalt der D1 jedenfalls keine Beschränkung auf lediglich sehr kleine und leistungsschwache Bauelement darstellen. Demzufolge bestehe auch bei dem Getriebe nach der D1 die grundsätzliche Eignung zur Verwendung in einem Fahrzeugsitz, zumal weder in der D1 noch im angegriffenen Patent technische Parameter für die zu übertragenden Kräfte im Hinblick auf die technische Auslegung und Ausgestaltung der Getriebe-Bauteile angegeben seien und der Fachmann die jeweils angemessene Dimensionierung selbst ermitteln und verwirklichen müsse.

Die Einsprechende stellt den Antrag,

das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

das Patent mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 - 8, eingegangen am 18. Juni 2008; Beschreibungsseiten 1 - 4, 6, 7, eingegangen am 18. Juni 2008; Zeichnung, Fig. 1 - 3, eingegangen am 18. Juni 2008.

Die Patentinhaberin hat hierzu noch vorgetragen, dass die patentgemäße Getriebestufe nicht, wie der Gegenstand nach D1, der Feinmechanik zuzurechnen sei, denn auf einem Autositz würden sehr hohe Kräfte, insbesondere bei einem Unfallgeschehen, wirken. Für derartige Anwendungsgebiete sei die Getriebestufe nach der D1 für einen Fachmann ersichtlich nicht ausgelegt, so dass der Gegenstand der D1 auch nicht einschlägig oder naheliegend für das vorliegend zu betrachtende technische Fachgebiet sei. Der Hinweis auf Fahrzeugsitze im geltenden Patentanspruch 1 stelle demnach nicht lediglich eine unbeachtliche Zweckangabe, sondern eine Wegweisung für den Fachmann zu einem bestimmten Einsatzgebiet jenseits der Feinmechanik dar.

Die Bauelemente (F) und (P) in Figur 1 und 2 der D1 stellen nach den Ausführungen der Patentinhaberin darüber hinaus keine Gehäuseteile oder -wände dar, sondern seien lediglich Zwischenplatten bei einer speziellen Getriebe-Bauform.

Das Spannlager nach dem geltenden Patentanspruch 1 sei zudem - anders als bei dem Getriebe nach D1 - insgesamt radial zur Getriebekugelreihe versetzt, d. h. das Spannlager ist mit seinem elastischen Element und der Spannkugelreihe radial zur Getriebekugelreihe versetzt. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung hierzu um einen Hinweis des Senats gebeten, falls der Senat den Patentanspruch 1 so auslegt, dass er auch Getriebestufen umfasst, bei denen nur die Spannkugelreihe radial gegenüber der Getriebekugelreihe versetzt ist. In diesem Fall wolle sie einen Hilfsantrag einreichen, der dies noch deutlicher zum Ausdruck bringe, indem im geltenden Patentanspruch 1 in der dritten Zeile von unten vor dem Ausdruck „radial versetzt“ das Wort „insgesamt“ eingefügt werde. Das patentgemäße Spannlager weise nach dem Vortrag der Patentinhaberin gegenüber dem Stand der Technik nach D1 zudem den Vorteil auf, dass es wesentlich kompakter aufgebaut sei als die entgegengehaltene technische Lösung nach D1.

Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH, Beschluss vom 9.12.2008 - X ZB 6/08 - Ventilsteuerung - Mitt. 2009, 72).

III.

Der zulässige Einspruch ist begründet, denn der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 stellt keine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis § 5 dar.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht aus den nachfolgend dargelegten Gründen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

A. Der geltende Patentanspruch 1 beschreibt eine Getriebestufe für einen Fahrzeugsitz und lässt sich in die folgenden Merkmale gliedern:

1. Getriebestufe für einen Fahrzeugsitz

1.1 Die Getriebestufe weist eine Antriebswelle und eine Abtriebswelle auf, wobei die Getriebestufe die Drehzahl der Antriebswelle in eine geringere Drehzahl der Abtriebswelle untersetzt.

1.2 Die Getriebestufe weist wenigstens eine Getriebekugelreihe auf.

1.2.1 An der wenigstens einen Getriebekugelreihe liegt wenigstens eine Antriebsfläche der Antriebswelle tangential an.

1.2.2 An der wenigstens einen Getriebekugelreihe liegt wenigstens eine Abtriebsfläche der Abtriebswelle tangential an.

1.2.3 An der wenigstens einen Getriebekugelreihe liegt wenigstens eine Gehäusefläche eines Gehäuses tangential an.

1.3 Die Getriebestufe weist ein Spannlager auf.

1.3.1 Das Spannlager ist mit einem elastischen Element und einer Spannkugelreihe versehen.

1.3.2 Das Spannlager ist radial versetzt zu der Getriebekugelreihe angeordnet.

1.3.3 Das Spannlager ist zwischen dem Gehäuse und einem der Abtriebswelle zugeordneten Träger wirksam.

Während Merkmal 1.1 allgemein übliche und notwendige Bauteile einer Getriebestufe (Antriebswelle, Abtriebswelle) beschreibt, weist die Merkmalsgruppe 1.2 darauf hin, dass die patentgemäße Getriebestufe als Sonderform eines Reibradgetriebes, nämlich als Kugelgetriebe ausgestaltet werden soll, denn die Getriebestufe soll nach Merkmal 1.2 wenigstens eine Getriebekugelreihe aufweisen, welche durch jeweils tangentiale Anlage an wenigstens einer Antriebsfläche der Antriebswelle (Merkmal 1.2.1) bzw. wenigstens einer Abtriebsfläche der Abtriebswelle (Merkmal 1.2.2) bzw. wenigstens einer Gehäusefläche eines Gehäuses (Merkmal 1.2.3) gehalten wird. Damit wird die Getriebekugelreihe bei Drehung der Antriebswelle von drei unterschiedlich zueinander drehenden Bauteilen angepresst (geltende Beschreibung Seite 2, 3. Abs.) und ermöglicht so eine untersetzende Wirkung. Während die entsprechenden Flächen der Antriebswelle und der Abtriebswelle in jedem Fall in drehende Bewegung versetzt werden, verbleibt das Gehäuse und dessen Anlageflächen an die Kugelreihe bezüglich An- und Abtriebswelle „vorzugsweise“ in Reihe, wie auf Seite 3, 3. Abs. der Beschreibung ausgeführt ist. Eine wie auch immer geartete Drehung des Gehäuses wird jedoch weder hierdurch noch durch den Anspruchstext selbst grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr beschreibt erst die Ausgestaltung der patentgemäßen Lehre nach dem geltenden Anspruch 6 zweifelsfrei einen Zustand, bei dem das Gehäuse bezüglich An- und Abtriebswelle zwingend in Reihe sein muss.

Die Merkmalsgruppe 1.3 beschreibt ein weiteres Bauteil der patentgemäßen Getriebestufe, nämlich ein Spannlager. Dieses Spannlager ist einerseits ein Kugellager, welches demgemäß eine (Spann)kugelreihe aufweist und andererseits ein zur Ausübung einer Vorspannung geeignetes Element enthält, welches als elastisches Element ausgebildet ist. Diese Bauelemente des Spannlagers sind Gegenstand des Merkmals 1.3.1. Gemäß Seite 2, 2. Abs. der geltenden Beschreibung dient das Spannlager dazu, die Drehbarkeit von An- und Abtriebswelle gegenüber dem Gehäuse sicher zu stellen, aber ein Verschieben oder Kippen dieser Wellen zu verhindern. Nach Merkmal 1.3.2 soll das Spannlager radial versetzt zu der Getriebekugelreihe angeordnet sein, was gemäß Seite 2, 2. Abs. der geltenden Beschreibung eine kompakte Baueinheit mit kurzen Baulängen ermöglicht. Den Ausdruck „radial versetzt“ im geltenden Patentanspruch 1 (Merkmal 1.3.2) versteht der Senat so, dass - wie auch in der Beschreibung Seite 2, 2. Abs. angegeben - das Spannlager als solches radial versetzt ist, d. h. das Spannlager mit seinen wesentlichen Bauteilen (Spannkugelriehe, elastisches Element), also insgesamt, radial versetzt angeordnet ist. Demzufolge kann die in Aussicht gestellte hilfsweise Fassung mit dem eingefügten Ausdruck „insgesamt“ nicht zu einer anderen technischen Bedeutung des Merkmals 1.3.2 führen. Das Spannlager soll ferner gemäß Merkmal 1.3.3 zwischen dem Gehäuse und einem der Abtriebswelle zugeordneten Träger wirksam sein. Der radiale Versatz sowie das Zusammenwirken mit einem der Abtriebswelle zugeordneten Träger ist als eine Ausgestaltungsmöglichkeit in der geltenden Figur 3 dargestellt. Allerdings sagt der geltende Anspruch 1 (vgl. insbesondere Merkmal 1.3.2) nichts darüber aus, ob das Spannlager radial nach innen oder nach außen (wie im Ausführungsbeispiel nach Fig. 3 dargestellt) zu der Getriebekugelreihe versetzt ist. Auch eine bestimmte axiale Position des Spannlagers wird nicht beansprucht.

B. Durch die D1 (DE-PS 894 184) ist eine Getriebestufe bekannt geworden (Fig. 2), die eine Antriebswelle (A) und eine Abtriebswelle (G) aufweist, wobei die Getriebestufe die Drehzahl der Antriebswelle (A) in eine (weitaus) geringere Drehzahl der Abtriebswelle (G) untersetzt (vgl. Untersetzungsverhältnis zwischen A und G etwa 60:1; Seite 2, Zeilen 58 bis 61 der D1). Damit erfüllt die Getriebestufe nach D1 das Merkmal 1.1 des geltenden Anspruchs 1. Auch weist die Getriebestufe nach D1 (wenigstens) eine Getriebekugelreihe (K) auf (vgl. Fig. 2), an der wenigstens eine Antriebsfläche (hier zwei Rotationsflächen (3, 4)) der Antriebswelle (A) und wenigstens eine Abtriebsfläche (Rotationsfläche (1)) der Abtriebswelle (G) jeweils tangential anliegen, so dass die Merkmale 1.2, 1.2.1 und 1.2.2 des geltenden Anspruchs 1 ebenfalls durch die D1 bekannt geworden sind. An der wenigstens einen Getriebekugelreihe (K) liegt ferner (wenigstens) eine feste Fläche (2) einer feststehenden Platte (F) tangential an. Diese Platte (F) stellt eine die Getriebestufe nach außen begrenzende Stützwand dar. Die Getriebestufe nach Fig. 2 der D1 weist auch ein Spannlager (KL) auf, welches mit einem elastischen Element (vgl. Seite 2, Zeilen 29 bis 37) versehen ist, denn mindestens eine der Platten (P, F), also auch die das Lager (KL) tragende Platte (P), ist aus elastischem Material gefertigt und so dünn ausgebildet, dass sie in Richtung der Drehachse federnd nachgeben kann. Das Spannlager (KL) ist dabei ebenfalls mit einer Spannkugelreihe (Kugeln des Lagers (KL)) versehen, so dass auch die Merkmale 1.3 und 1.3.1 durch die D1 bekannt geworden sind. Auch ist das Spannlager (KL) radial versetzt zu der Getriebekugelreihe (K) angeordnet (Merkmal 1.3.2), denn die Kugeln des Spannlagers (KL) liegen einerseits auf einem Kreis mit kleinerem Durchmesser als die Getriebekugelreihe (K) (vgl. Fig. 2), während andererseits auch das an den Spannkugeln (KL) anliegende elastische Element (Rotationsflächen der Platte P) einen radialen Versatz zu der Getriebekugelreihe (K) aufweist. Damit ist das Spannlager nach der D1 (Fig. 2) auch insgesamt, nämlich mit allen seinen Elementen (Spannkugeln, elastisches Element) radial (nach innen) versetzt zu der Getriebekugelreihe angeordnet. Auch ist das Spannlager nach Figur 2 der D1 zwischen einem Gehäuse, nämlich der die Drehknöpfe tragenden Gehäusewand des fernmeldetechnischen Gerätes nach Fig. 2 und einem der Abtriebswelle (G) zugeordneten Träger, also der axialen Fortsetzung des getriebenen Körpers (G), wirksam. Damit wird auch Merkmal 1.3.3 des geltenden Patentanspruchs 1 durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nach D1 bereits vorweggenommen.

Die Getriebestufe nach dem geltenden Patentanspruch 1 in der vorliegenden Fassung sowie in der in Aussicht gestellten, jedoch technisch gleichbedeutenden, hilfsweisen Fassung (vgl. hierzu III. A.) unterscheidet sich von dem entgegengehaltenen Stand der Technik nach D1 lediglich noch darin, dass sie für einen Fahrzeugsitz eingesetzt werden soll (Merkmal 1.) und dass an der wenigstens einen Getriebekugelreihe wenigstens eine Gehäusefläche eines Gehäuses tangential anliegt (Merkmal 1.2.3).

Dem maßgeblichen Fachmann, einem Diplom-Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Fahrzeugsitzbaus ist es dabei jedoch ohne weiteres möglich und zuzumuten, die feststehende Platte (F) gemäß Figur 2 der D1 im Bedarfsfall auch durch eine Gehäusewand i. S. v. Merkmal 1.2.3 zu ersetzen, denn für den Fachmann ist bei der Betrachtung der Fig. 2 der D1 ersichtlich, dass die feststehende Platte (F) lediglich eine die Getriebestufe begrenzende Fläche darstellt. Nachdem die entgegengehaltene Getriebestufe im Innenraum eines (hier fernmeldetechnischen) Gerätes verbaut ist, bedarf diese nicht notwendigerweise des Schutzes durch ein eigenes Gehäuse, zumal die am Trägerkörper der Abtriebswelle (G) noch angebrachten Rotorplatten (RP), welche im Ausführungsbeispiel nach Figur 2 einem Drehkondensator angehören (vgl. Seite 2, Zeilen 79 bis 81), mit anderen und weiteren Bauteilen des fernmeldetechnischen Gerätes zumindest kapazitiv in Kontakt treten müssen. Diese Besonderheit ist jedoch nur dem im Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 dargestellten Einsatzort und Einsatzweck der offenbarten Getriebestufe geschuldet und vermag dem Fachmann den Blick darauf nicht zu verstellen, das seine zu der Getriebestufe gehörende tragende Platte, die gleichzeitig eine äußere Begrenzungsfläche darstellt, im Bedarfsfall auch als die Getriebestufe insgesamt umschließendes Gehäuse ausgestaltet und weiter gebildet werden kann. Eine derartige Maßnahme ist rein handwerklicher Natur und bedarf jedenfalls keiner erfinderischen Tätigkeit.

Auch wird der Fachmann nicht durch den Hinweis in der D1, Seite 1, Zeilen 4 bis 7, wonach die dort offenbarten Getriebe in erster Linie für den Antrieb von Bauelementen der Fernmeldetechnik gedacht seien und auch die gezeigten Ausführungsbeispiele auf einen derartigen Einsatzzweck ausgerichtet sind, davon abgehalten, die in D1 dargestellten und beschriebenen Getriebestufen für andere technische Verwendungszwecke in Betracht zu ziehen. Bereits die D1 selbst verweist schon auf Seite 1, Zeilen 7 bis 10 darauf, dass die beschriebenen Getriebe keineswegs auf den fernmeldetechnischen Bereich beschränkt seien, sondern für den Antrieb beliebiger anderer feinmechanischer Bauelemente Verwendung finden könnten. Im Einklang hierzu steht auch der Titel der Patentschrift D1, der mit der Bezeichnung „Kugelgetriebe“ sehr allgemein und ohne Festlegung auf einen bestimmten Einsatzzweck abgefasst ist, ebenso wie der erste Satz der Beschreibung, Seite 1, Zeilen 1 ff.: „Die Erfindung bezieht sich auf Übersetzungsgetriebe, bei denen es darauf ankommt, möglichst große Übersetzungen bei möglichst kleinem toten Gang zu erreichen.“

Angesichts der in der D1 sehr allgemein gehaltenen einleitenden Sätze hinsichtlich der Verwendung der offenbarten Getriebe für andere und weitere Einsatzzwecke als die Fernmeldetechnik liegt auch die Verwendung derartiger Getriebe bzw. Getriebestufen für Fahrzeugsitze nicht außerhalb des technischen Denkens und Handelns eines maschinenbaulich versierten Fachmanns. Anders als die Patentinhaberin ausführt, steht der Hinweis auf den Antrieb beliebiger feinmechanischer Bauelemente in der D1 nicht im Widerspruch zu einer Verwendung derartiger Getriebestufen bei (Kraft-)fahrzeugsitzen, denn auch bei der Einstellung von Neigungswinkeln von Lehnen bei Fahrzeugsitzen sind stufenlose, spielfreie und um lediglich kleine Winkelbeträge veränderliche Einstellmöglichkeiten erwünscht. Außerdem müssen die meist unter Last erfolgenden Verstellbewegungen leicht- gängig ausführbar sein, unabhängig davon, ob diese Verstellbewegungen von einer Person manuell oder durch einen Elektromotor erzeugt werden, was großer Untersetzungsverhältnisse bei den zur Anwendung kommenden Getriebestufen bedarf. Nicht zuletzt deshalb sind die in D1 offenbarten Kugelgetriebe für einen Fachmann ersichtlich besonders geeignet zur Verwendung bei Fahrzeugsitzen.

Auch der Einwand der Patentinhaberin, wonach die Getriebestufe z. B. nach Fig. 2 der D1 von einer bei Fahrzeugsitzen erwünschten kompakten Bauform aufgrund des sehr lang gestalteten Trägerkörpers der Abtriebswelle und der damit einhergehenden entfernten Anordnung des Spannlagers weg führe, vermag nicht durchzugreifen. Im Falle des in Figur 2 dargestellten Ausführungsbeispiels nach D1 ist der Trägerkörper der Abtriebswelle (G) nur deshalb so lange ausgeführt und das Spannlager demgemäß so weit von der Getriebekugelreihe beabstandet, weil der Trägerkörper in diesem Ausführungsbeispiel Platz bieten muss zur Aufnahme der Rotorplatten (RP). Derartige Strukturen sind bei Fahrzeugsitzen nicht erforderlich, so dass der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres erkennt, dass es eines derart langen Trägerkörpers, wie in Figur 2 der D1 dargestellt, für Einsatzzwecke bei denen es lediglich auf die Bereitstellung großer Untersetzungen, wie bei Verstelleinrichtungen von Fahrzeugsitzen, ankommt, nicht bedarf. Außerdem wird eine bestimmte axiale Position bzw. eine bestimmte axiale Entfernung des Spannlagers von der Getriebekugelreihe im geltenden Patentanspruch 1 nicht beansprucht.

Die Verwendung von Getrieben oder Getriebestufen nach D1 bei (Kraft-)fahrzeugsitzen verbietet sich auch nicht durch die Tatsache, dass auf Fahrzeugsitze, insbesondere im Falle eines Unfallgeschehens, große Kräfte einwirken können, wie die Patentinhaberin meint. Zum einen liegt es nämlich im Griffbereich des Fachmanns, die Getriebestufe für den angestrebten Einsatzzweck entsprechend zu dimensionieren, was sowohl im Falle der D1 als auch der Unterlagen des Streitpatents dem Fachmann überlassen bleibt und nicht weiter mit orientierenden Parametern versehen wird. Zum anderen verfügen Getriebestufen mit ho- hen Übersetzungsstufen - ein entsprechendes Untersetzungsverhältnis wird bei den Getriebestufen nach D1 mit 60:1 angegeben (Seite 2, Zeilen 60, 61) - immer über einen sperrenden bzw. hemmenden Effekt bei der Bewegung in „Gegenrichtung“, also bei einer Krafteinwirkung auf die Abtriebswelle.

Nach alledem gehörte es zum Zeitrang des Streitpatents bereits zum allgemeinen Fachwissen des Durchnittsfachmanns, eine aus der D1 seit langem bekannte Getriebestufe so zu dimensionieren, dass sie für Verstellbewegungen (z. B. Verstellung des Lehnenneigungswinkels) an Fahrzeugsitzen geeignet ist und die seitliche Begrenzung der bekannten Getriebestufe nach D1, die gleichzeitig Anlageflächen für die Getriebekugelreihe bereitstellt, zu einem eigenen Gehäuse für die Getriebestufe auszugestalten und weiter zu bilden.

Der geltende Patentanspruch 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der geltende Patentanspruch 1 in der vorliegenden Fassung hat daher keinen Bestand. Nachdem die in der mündlichen Verhandlung noch in Aussicht gestellte hilfsweise Fassung des Patentanspruchs 1 mit der Einfügung „insgesamt“ zu keiner anderen technischen Bedeutung des Patentanspruchs 1 geführt hätte als die vorliegende Fassung, wäre auch diese nicht bestandsfähig gewesen. Daher bedurfte es des von der Patentinhaberin erbetenen Hinweises des Senats und der Vorlage einer derartigen hilfsweisen Fassung des Anspruchs 1 nicht mehr.

Mit dem geltenden Patentanspruch 1 fallen auch die auf diesen rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8.

Dr. Zehendner Dr. Huber Kätker Dr. Prasch Cl

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