5 StR 438/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 438/24 BESCHLUSS vom 15. Januar 2025 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:150125B5STR438.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin I vom 30. April 2024 - dahin abgeändert, dass der Teilfreispruch entfällt,
- hinsichtlich der Tat 7 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben mit Ausnahme der Feststellungen; diese bleiben bestehen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, des Herstellens einer kinderpornographischen Schrift in drei Fällen sowie des Besitzes eines kinderpornographischen Inhaltes schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge und auf Verfahrensbeanstandungen gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrügen greifen aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
2. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung der Urteilsgründe führt in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts zum Wegfall des Teilfreispruchs, des Schuldspruchs hinsichtlich Tat 7 der Urteilsgründe und des Strafausspruchs hinsichtlich der übrigen Taten.
a) Der Senat lässt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Teilfreispruch des Angeklagten entfallen. Diesen hatte die Strafkammer für erforderlich erachtet, weil sie bei den Taten 3 und 4 der Anklage zugunsten des Angeklagten von einer tateinheitlichen Begehung am selben Tag ausging und daher nur einen Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen angenommen hat. Das Landgericht hat insoweit jedoch sämtliche dem Angeklagten mit der Anklage als tatmehrheitlich begangen zur Last gelegten Tatvorwürfe für erwiesen erachtet und abgeurteilt. In dem Fall, der dem Beschluss des Senats vom 13. Januar 2016 (5 StR 485/15) zugrunde lag und auf den sich die Strafkammer bezogen hat, war das gerade nicht geschehen. Für einen Teilfreispruch ist somit kein Raum, denn ein solcher hätte zur Folge, dass der Angeklagte wegen desselben Tatgeschehens zugleich verurteilt und freigesprochen würde. Dies darf nicht sein (vgl. BGH,
Beschlüsse vom 8. Mai 2019 – 4 StR 203/19, NStZ-RR 2019, 220, 221; vom 14. März 2024 – 5 StR 80/24 Rn. 8, NStZ 2024, 679).
Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 – 2 StR 51/21). Mit der Aufhebung des Teilfreispruchs wird die ihn betreffende Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil gegenstandslos (BGH, Beschlüsse vom 29. August 2023 – 5 StR 297/23; vom 13. August 2024 – 5 StR 424/23, NJW 2024, 3080).
b) Der Schuldspruch zu Tat 7 der Urteilsgründe wegen Besitzes eines kinderpornographischen Inhaltes (§ 184b Abs. 3 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, da er durch die Feststellungen nicht getragen wird. Die Urteilsgründe teilen insoweit nur mit, dass der Angeklagte am 12. Mai 2022 in seiner Wohnung einen Datenträger mit einer Bilddatei aufbewahrte, welche die Nebenklägerin entkleidet mit einem Buch auf dem Sofa sitzend zeigt, wobei der Fokus auf ihre unbekleidete Brust gerichtet ist. Allein hierdurch wird jedoch keine der in § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vorgesehenen Varianten pornographischer Inhalte belegt. Der Wegfall des Schuldspruchs entzieht der für die Tat verhängten Einzelstrafe die Grundlage.
c) Auch die für die Taten 1 bis 6 verhängten Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben. Denn das Landgericht hat rechtsfehlerhaft bereits dort jeweils die erheblichen psychischen Folgen, die bei der Geschädigten infolge der Taten eingetreten sind, strafschärfend gewertet, diese Folgen aber mit unvermindertem Gewicht bei der Gesamtstrafenbildung nochmals eingestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2021 – 5 StR 162/21 Rn. 9; vom 23. April 2024 – 4 StR 117/24; vom 18. Februar 2021 – 2 StR 7/21). Der Wegfall der Einzelstrafen bedingt die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
3. Über die Sache muss insoweit neu verhandelt und entschieden werden. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Die Feststellungen dürfen um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
Cirener Mosbacher Resch von Häfen Werner Vorinstanz: Landgericht Berlin I, 30.04.2024 - (508 KLs) 288 Js 346/22 (25/23)