5 StR 207/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 207/24 BESCHLUSS vom 31. August 2024 in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:310824B5STR207.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2023, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis schuldig ist, und im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
2. Auf die Revision der Angeklagten R.
wird das vorbenannte Urteil, soweit es sie betrifft, mit den zugehö- rigen Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Angeklagte R.
hat es wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Das Handeltreiben des Angeklagten K. bezog sich zum einen auf rund 470 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von knapp 420 Gramm CHC, zum anderen auf gut 500 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von etwas mehr als 42 Gramm THC, die sämtlich im Mai 2023 in dem von ihm und der Mitangeklagten gemeinsam bewohnten Reihenhaus sichergestellt wurden. Letzteres unterfällt nach dem seit dem 1. April 2024 geltenden KCanG (BGBl. I 2024 Nr. 109) als Handeltreiben mit Cannabis der hier milderen Strafvorschrift des § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG, was der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB zu beachten hat. Der Senat hat den Schuldspruch daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO geändert (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2024 – 5 StR 136/24, NStZ 2024, 416, 417). Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben. Denn der Senat kann insbesondere mit Blick auf den hohen Anteil des Marihuanahandels nicht ausschließen, dass das Landgericht bei der Beurteilung des Falles aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage eine niedrigere Strafe verhängt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
2. Die Verurteilung der Angeklagten R.
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Nach den Urteilsfeststellungen hatte die Angeklagte Kenntnis davon, dass ihr mitangeklagter Lebensgefährte die im Mai 2023 sichergestellten Drogen im Keller (Marihuana) und im Zimmer ihrer Tochter (Kokain) im gemeinsam bewohnten Reihenhaues lagerte, und besaß hierüber die tatsächliche Sachherrschaft mit entsprechendem Besitzwillen.
b) Die Feststellungen beruhen auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung zum Besitzwillen. Das Landgericht hat diesen damit begründet, dass die Angeklagte über einen längeren Zeitraum Kenntnis von der Lagerung der Drogen in ihrem Haushalt hatte und dies duldete. Zudem habe sie ihrem Lebensgefährten für die Aufbewahrung des Marihuanas einen Kellerraum zur Verfügung gestellt. Dies steht indes im Widerspruch zu der Feststellung, dass die Angeklagte keine Kenntnis von dem Betäubungsmittelhandel hatte und diesen auch nicht unterstützte, obwohl sie – ausweislich der Beweiswürdigung zum Besitzwillen über das Kokain – die neben dem Karton mit den Drogen ebenfalls im Kleiderschrank ihrer Tochter aufbewahrten Kartons mit 111.400 Euro kontrollierte, woraus das Landgericht rechtsfehlerfrei auf das Handeltreiben des Mitangeklagten geschlossen hat.
c) Nach alledem bedarf die Sache insoweit erneuter Verhandlung und Entscheidung. Einer mit dem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Cannabis tateinheitlich zusammentreffenden Verurteilung wegen Beihilfe hierzu stünde das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht entgegen. Das neue Tatgericht wird sich näher als geschehen mit der Frage des Besitzwillens und einer strafbaren Beihilfe befassen können (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2022 – 1 StR 75/22, NStZ 2023, 47; vom 18. August 2020 – 1 StR 247/20, NStZ 2021, 52; vom 21. Oktober 2020 – 6 StR 227/20, StV 2021, 423; vom 24. April 2013 – 2 StR 42/13; vom 17. November 2011 – 2 StR 348/11, NStZ-RR 2012, 58; Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 1021 f.).
Cirener Gericke Mosbacher Köhler RiBGH Prof. Dr. Werner ist im Urlaub und kann nicht unterschreiben.
Cirener Vorinstanz: Landgericht Hamburg, 15.12.2023 - 631 KLs 10/23 6090 Js 4/23