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7 W (pat) 55/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 55/09 Verkündet am 29. November 2013

…

BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 058 635 …

hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber BPatG 154 05.11 beschlossen:

Unter Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden im Übrigen wird der Beschluss der Patentabteilung 1.22 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Oktober 2008 teilweise aufgehoben und dahin abgeändert, dass das Patent 10 2004 058 635 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten wird:

- Patentansprüche 1 bis 5 sowie Beschreibung jeweils in der in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2013 eingereichten Fassung

- Zeichnungen (Fig. 1 bis 3) laut Patentschrift.

Gründe I.

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, die A… AG, hat gegen das am 4. Dezember 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldete Patent 10 2004 058 635 mit der Bezeichnung

„Geteiltes Getriebegehäuse für ein Schiffsgetriebe“,

dessen Erteilung am 12. April 2007 veröffentlicht worden ist, mit der Begründung Einspruch erhoben, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Einsprechende hat hierzu auf die folgenden, im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften D1: DE 100 47 233 A1, D2: DE 1 775 717 A und D3: US 3 407 779 verwiesen sowie auf die folgenden, offenkundige Vorbenutzungen betreffenden Dokumente D4: Getriebe GCS 800 (Lieferdatum laut Einsprechender Dezember 1999):

D4.1: Auftragstext 401.809.800 vom 1. Oktober 1998, Seiten 1-6,

D4.2: Auszug Betriebsanleitung Flender Auftrags-Nr. 401.809.800-001 (Datumsangaben 28. Januar 2000, 30. August 1993, 1. Dezember 1998) mit Ersatzteilliste vom 8. Februar 2000, Einbauzeichnung und Zeichnung Zusammenstellung 0-8006428 a, Seiten I - XI,

D4.3: Zeichnung Zusammenstellung 0-8006428 D4.4: Gehäusezeichnung 8 005 621 c: Blatt 1 mit Nr. 0-8005621c, Blatt 2 mit Nr. 1-8005621c,

D4.5: Lloyds Register Appraisal Document vom 18. April 2000 und Anschreiben der Flender AG vom 9. Juli 1999 (6 Seiten),

D4.6: Foto Internet – Schiff mit Werftnummer 323,

http://koopvaardijned.web-log.nl/koopvaardijned/

gezien_rond_westerschelde/index.html (Datumsangabe:

5. Juli 2007),

D5: Flender Getriebe AWLG 50/45 (Datumsangabe der Einsprechenden August 1987):

Auszüge Bedienungsanleitung und Maßblatt 8 001 041,

Auftragstext

401.708.898

(Datumsangabe:

10. August 1987) – Zwischenhändler: Fa. Boone B.V., Endkunde: Werft Fa. IHC Holland NV, Niederlande, Neubau Nr. 1185; - Bureau Veritas – Zeichnung 8 001 041 mit Sichtvermerk (Stempel); - Bureau Veritas – Zeichnung Abnahmezeugnis für zwei Getriebe AWLG 50/45 - Schreiben von IHC (Datumsangabe: 13. Juni 1988) – Ankündigung Probefahrt, Faxempfänger: Herr Bokelmann; - Foto Internet – Schiff mit Werftnummer Co1185, D6: Auszüge (8 Seiten) Firmendruckschrift „FLENDER Schiffsgetriebe“ (DG 140,1/9.86 EN) D7: Internet Referenzliste der Firma Stork Gears & Services BV: http://www.stork-gears.com/site/en/contact_offices.php und http://www.stork-gears.com/site/en/gearbox_r. php?c=r vom 5. Juni 2007.

Die Patentinhaberin hat ihr Patent im Einspruchsverfahren in beschränktem Umfang nach Haupt- und Hilfsantrag verteidigt.

Mit Beschluss vom 22. Oktober 2008 hat die Patentabteilung 22 das Streitpatent im Umfang des Hauptantrags mit Patentansprüchen 1 bis 6 beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2013 hat die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin ihr Patent mit einem geänderten Anspruchssatz mit Ansprüchen 1 bis 5 nach Hauptantrag verteidigt. Sie macht hierzu geltend, dass die geänderte Anspruchsfassung zulässig sei und die Anspruchsgegenstände patentfähig seien.

Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene geltende Patentanspruch 1 lautet:

a „Getriebegehäuse (1) für ein Schiffsgetriebe (17), b welches an seinen längsaxialen Enden jeweils eine Stirnwand (2)

aufweist, c in der ein Lagersitz (3) zur Aufnahme eines Getriebewellenlagers ausgebildet ist, d und bei dem an der jeweiligen Stirnwand (2) wenigstens eine den Lagersitz (3) umfassende Ringrippe (4) sowie diese Ringrippe (4) schneidende Radialrippen (5, 6) ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, e dass die Stirnwand (2) zweiteilig ausgebildet ist, f wobei die Teilungsebene (7) durch den Lagersitz (3) verläuft, g dass an den beiden Stirnwandteilen (2a, 2b) im Bereich der Teilungsebene (7) jeweils rechts und links von dem Lagersitz (3) je eine Radialrippe (8a, 8c; 8b, 8d) ausgebildet ist, h dass in diesen Radialrippen (8a-8d) Öffnungen (9, 10) zur Aufnahme von Befestigungsmitteln zur Verbindung der beiden Stirnwandteile (2a, 2b) ausgebildet sind, i wobei in jedem Stirnwandteil (2a, 2b) nur ein Segment einer geometrischen Figur der Ringrippen (4) gebildet ist und die Segmente derartig aufeinander abgestimmt sind, dass jeweils zwei gegenüberliegende Ringrippensegmente bei zusammengebauten Stirnwandteilen (2a, 2b) die vollständige geometrische Figur bilden, j und dass die wenigstens eine Ringrippe (4) in der Stirnwand (2) den Lagersitz (3) konzentrisch umfasst.“

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 5 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 1.22 des Deutschen Patentund Markenamtes vom 22. Oktober 2008 aufzuheben und das Patent 10 2004 058 635 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdeführerin macht bezüglich des Gegenstands des Anspruchs 1 weiterhin mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Der im Einspruchsverfahren erhobene Einwand, dass der Gegenstand des (damals geltenden) Anspruchs 1 gegenüber der Ursprungsoffenbarung unzulässig erweitert sei, wurde hinsichtlich des geltenden Anspruchs 1 nicht mehr erhoben.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

unter Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden im Übrigen den Beschluss der Patentabteilung 1.22 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 22. Oktober 2008 dahin abzuändern, dass das Patent 10 2004 058 635 mit den folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten wird:

- Patentansprüche 1 bis 5 sowie Beschreibung jeweils in der in der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2013 eingereichten Fassung

- Zeichnungen (Fig. 1 bis 3) laut Patentschrift.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Einsprechenden führt zur teilweisen Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents im Umfang der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchsfassung, da die Gegenstände der Ansprüche neu sind und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

1. Die Einspruchsbeschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Der Einspruch war ausreichend mit Gründen versehen und ebenfalls zulässig.

2. Das Streitpatent betrifft ein Getriebegehäuse für ein Schiffsgetriebe, das in Längsrichtung jeweils eine Stirnwand aufweist, in der ein Lagersitz für ein Getriebewellenlager ausgebildet ist. Gemäß geltender Beschreibungseinleitung der Patentschrift ist bekannt, dass kleinere Schiffsgetriebe ungeteilte Getriebegehäuse aufweisen, um durch geeignete Verrippung desselben den Propellertrieb optimal in das Schiffsfundament einleiten zu können; um größere Schiffsgetriebe gut montieren zu können, seien jedoch mehrteilige Getriebegehäuse von Vorteil. Bei einem Getriebegehäuse aus mehreren Einzelteilen gehe jedoch ein Teil der Steifigkeit des Gehäuses verloren, was bei der Weiterleitung des Propellerschubs durch das Getriebegehäuse zu Problemen führen könne. Aus Druckschrift D1 sei ein Maschinengehäuse bekannt, dessen Stirnwand eine Ringrippe und diese schneidende Radialrippen aufweise; die Bauform mit einem einteiligen Deckel sei für größere Getriebe nicht besonders günstig (vgl. geltende Beschreibung, Abs. [0001] - [0003]).

Dem Streitpatent liegt dementsprechend die Aufgabe zugrunde (vgl. Patentschrift, Abs. [0004]), ein Getriebegehäuse für ein Schiffsgetriebe zu schaffen, das die Propellerschubkräfte über das Getriebegehäuse möglichst kippmoment- und verwindungsfrei in den Schiffskörper einleiten kann, wobei eine einfache Montage möglich sein soll.

Die Aufgabe soll durch ein Getriebegehäuse gemäß Anspruch 1 gelöst werden.

Als Fachmann sieht der Senat vorliegend einen Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Schiffbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Getrieben und deren Gehäusen an.

3. Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass er patentfähig ist.

Der Patentanspruch 1 betrifft ein Getriebegehäuse für ein Schiffsgetriebe, das an seinen längsaxialen Enden jeweils eine Stirnwand aufweist, in der ein Lagersitz für ein Getriebewellenlager ausgebildet ist (Merkmale a, b und c). Das Wellenlager dient dabei der Lagerung der Propellerwelle am Getriebegehäuse (vgl. geltende Beschreibung, Abs. [0017]). Zur Versteifung des Gehäuses sind an der Stirnwand eine den Lagersitz umfassende Ringrippe und mehrere, die Ringrippe schneidende Radialrippen ausgebildet (Merkmal d). Ob die Ringrippe und die Radialrippen an der Außen- oder an der Innenseite der Stirnwand ausgebildet sind, ist nicht festgelegt. Wesentlich bei dem Getriebegehäuse ist zum einen, dass die Stirnwand zweiteilig ausgebildet ist mit einer durch den Lagersitz verlaufenden Teilungsebene (Merkmale e und f). Die Stirnwand kann etwa einen oberen Stirnwandteil und einen dem gegenüberliegenden unteren Stirnwandteil umfassen. Diese Zweiteiligkeit erlaubt eine einfache Montage auch großformatiger Getriebeteile. Zur Verbindung der beiden Stirnwandteile ist zu beiden Seiten des Lagersitzes im Bereich der Teilungsebene je eine Radialrippe ausgebildet, die Öffnungen zur Aufnahme von Befestigungsmitteln aufweist (Merkmale g, h). Bei dem Getriebegehäuse ist zum anderen wesentlich, dass die Ringrippe, von der in jedem Stirnwandteil ein Segment der die Ringrippe bildenden geometrischen Figur ausgebildet ist (Merkmal i), den Lagersitz konzentrisch umfasst (Merkmal j). Wenn es sich bei der geometrischen Figur der Ringrippe um einen Kreis handelt, ist somit in jedem der beiden Stirnwandteile ein halbkreisförmiges Segment der Ringrippe ausgebildet. Die Ringrippe kann auch andere Geometrien wie die einer Ellipse bilden (vgl. geltende Beschreibung, Abs. [0011] und [0018]). Die in Merkmal j geforderte Konzentrizität bedeutet nichts anderes, als dass der Mittelpunkt der Ringrippe – unabhängig von deren geometrischer Ausgestaltung als Kreis oder als Ellipse – mit dem Mittelpunkt des Lagersitzes zusammenfällt, was bedingt, dass die Ringrippe jedenfalls symmetrisch zu dem in der Teilungsebene der Stirnwand befindlichen Lagersitz angeordnet ist.

a) Die Ansprüche 1 bis 5 sind zulässig.

Von der Fassung des Streitpatents unterscheidet sich der Patentanspruch 1 durch die Hinzufügung der Merkmale i und j sowie eine in Merkmal d vorgenommene Änderung, indem die Formulierung „zumindest teilweise umfassende Ringrippe (4)“ ersetzt ist durch „umfassende Ringrippe (4)“. Der geltende Anspruch 1 stützt sich somit auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 6, welche identisch zu den erteilten Ansprüchen 1 und 6 sind, sowie auf S. 3, le. Abs. - S. 4, erster Abs. der ursprünglich eingereichten Beschreibung (vgl. Abs. [0011] der Offenlegungs- und der Streitpatentschrift). Die Unteransprüche sind, abgesehen von an den Bezugszeichen vorgenommenen zulässigen Korrekturen, identisch zu den ursprünglichen Unteransprüchen 2 bis 5.

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, denn aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ist kein Getriebegehäuse bekannt, bei dem die Stirnwand zweiteilig ausgebildet ist und die Stirnwand eine den Lagersitz konzentrisch umfassende Ringrippe aufweist. Die Neuheit wurde von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) nicht bestritten.

Die Druckschrift D1 stellt hinsichtlich der Ausbildung von Versteifungsrippen an einem Getriebegehäuse den nächstliegenden Stand der Technik dar. Aus Druckschrift D1 ist ein Getriebegehäuse 14 für eine Antriebsmaschine bekannt (vgl. Abs. [0003]), das an einem längsaxialen Ende eine Stirnwand 3 aufweist (vgl. dortiger Anspruch 1 und die Fig. 1, 3, 6 / Merkmal a teilweise, Merkmal b teilweise). In der Stirnwand ist ein „Lagersitz 2 zur Aufnahme eines […] Wellenlagers“ ausgebildet (vgl. Sp. 5, Z. 26 - 31 / Merkmal c) und die Stirnwand weist eine den Lagersitz umfassende Ringrippe (Umfangsrippe 7; 42) und diese Ringrippe schneidende Radialrippen (quer verlaufende Rippen 8; 43) auf (vgl. Fig. 2 und 6; Abs. [0033] und [0039]: geschlossene Ringstruktur / Merkmal d). Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 ist bei dem aus Druckschrift D1 bekannten Gehäuse die Stirnwand nicht zweiteilig ausgebildet (Merkmale e bis i fehlen). Das Getriebegehäuse ist für eine Antriebsmaschine eines nicht näher bezeichneten Fahrzeugs und damit nicht explizit für ein Schiffsgetriebe vorgesehen (vgl. Abs. [0034]: im Gehäuse eines Fahrzeuggetriebes). Durch die an der Stirnwand vorgesehenen Rippen wird die Formsteifigkeit erhöht (vgl. Abs. [0039]); die Ringrippe 7; 42 besitzt „einen im Wesentlichen elliptischen Verlauf“ (vgl. Abs. [0013]); ihr Mittelpunkt fällt aber nicht mit dem Mittelpunkt des Lagersitzes zusammen, so dass die Ringrippe den Lagersitz 2; 15 nicht konzentrisch umfasst (Merkmal j fehlt).

Hinsichtlich des Aufbaus eines Getriebegehäuses für ein Schiffsgetriebe stellt die behauptete offenkundige Vorbenutzung gemäß den Unterlagen D4 den nächstliegenden Stand der Technik dar. An der öffentlichen Zugänglichkeit des Getriebes GCS 800 der D4 bestehen seitens des Senats Zweifel, da die vorgelegten Unterlagen nicht erkennen lassen, dass sie für eine Kenntnis durch die Allgemeinheit bestimmt waren. So ist die Betriebsanleitung D4.2 nach ihrem Deckblatt ausschließlich an den Besteller des Getriebes – die BRUINHOF B.V. – gerichtet und enthält auf S. V/XI unter Punkt 4 den Hinweis, dass sie nur für das Montage-, Bedienungs- und Überwachungspersonal – also für einen kraft Arbeitsvertrages von Haus aus zur Verschwiegenheit verpflichteten eingegrenzten Personenkreis – bestimmt sei und weder vollständig noch teilweise vervielfältigt oder zu Zwecken des Wettbewerbs verwertet oder anderen mitgeteilt werden darf. Diese Hinweise gelten regelmäßig auch für Wartungspersonal des Schiffes, zumal dieses schon arbeitsvertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet sein dürfte und Wartungsverträgen üblicherweise eine Schweigepflicht immanent sein wird. Die einmalige Lieferung eines Schiffsgetriebes begründet keine öffentliche Zugänglichkeit, denn Dritten wird das Betreten der Schiffswerft oder des Maschinenraums eines Schiffes regelmäßig nicht ohne Weiteres möglich sein. Zudem offenbaren sich die hinsichtlich des Streitpatents relevanten Rippen im Gehäuseinneren erst bei einer Öffnung des Getriebegehäuses oder in Kenntnis der technischen Zeichnungen.

Ob das Flender Schiffsgetriebe Navilus GCS 800 mit der Lieferung an die BRUINHOF B.V der Öffentlichkeit zugänglich war, kann aber dahin stehen, da das Getriebe ausweislich der im Verfahren befindlichen Dokumente D4 bzw. D4.1 bis D4.6 dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht patenthindernd im Wege steht.

Das Getriebe GCS 800 der Unterlagen D4 offenbart ein Getriebegehäuse für ein Schiff (vgl. D4.1, S. 2: Navilus-Schiffsgetriebe Bauart GCS; Bezugnahme im folgenden unter Verwendung der von der Einsprechenden nachträglich handschriftlich eingefügten Bezugszeichen: D4.4 Blatt 2, Schnitt A-A, Bezugszeichen 1 / Merkmal a), welches an den längsaxialen Enden je eine Stirnwand aufweist (vgl. D4.4, obere drei Figuren auf Blatt 1 sowie die Schnitte A-A und B-B auf Blatt 2: Bezugszeichen 2 / Merkmal b). Bei den im Schnitt A-A dargestellten Kreisen handelt es sich um Lagersitze zur Aufnahme eines Getriebewellenlagers (vgl. D4.3, linke Zeichnung: Lagerspiel, Bezugszeichen 3 / Merkmal c). In der Stirnwand sind verschiedene Rippen ausgebildet (vgl. D4.4, Schnitt A-A): in einem unteren wie im oberen Teil der Stirnwand sind jeweils vier bezogen auf den Achsmittelpunkt der Getriebewelle radial angeordnete Rippen – Radialrippen – (Bezugszeichen 5 und 6) ausgebildet, im unteren Stirnwandteil sind weiter zwei die Radialrippen schneidende Rippen (Bezugszeichen 4) ausgebildet. Damit ist das Merkmal d nur teilweise verwirklicht, da die die Radialrippen schneidenden Rippen nicht einen den Lagersitz umfassenden Ring bilden und somit keine Ringrippen darstellen (Merkmal d teilweise).

Die vorstehend genannten Stirnwände sind zweiteilig ausgebildet (vgl. D4.4, Schnitt A-A und B-B: Schraffur der Stirnwände 2 im oberen Teil 2a und im unteren Teil 2b / Merkmal e), und die Teilungsebene verläuft durch den Mittelpunkt des Lagersitzes des in den Zeichnungen unteren Getriebewellenlagers (vgl. D4.4, Schnitt A-A / Merkmal f). Am oberen und am unteren Stirnwandteil 2a, 2b sind im Bereich der Teilungsebene auf beiden Seiten des Lagersitzes (d.h. rechts und links) jeweils Radialrippen ausgebildet (vgl. D4.4 die mit den Bezugszeichen 8a, 8b, 8c, 8d versehenen Rippen in Schnitt C-C auf Blatt 1 / Merkmal g). Die beiden Stirnwandteile sind über die Radialrippen 8a und 8b sowie die Radialrippen 8c und 8d miteinander verbunden, wozu sie ausgebildete Öffnungen 9, 10 aufweisen (vgl. D4.4, Schnitt C-C und die Zeichnung oben links auf Blatt 1). Die Öffnungen mit Innengewinde sind zur Aufnahme von Befestigungsmitteln geeignet (Merkmal h). Das Getriebegehäuse weist allerdings keine Ringrippe auf, so dass die die Ringrippe betreffenden Merkmale i und j fehlen.

Druckschrift D2 offenbart ein Getriebe für Wasserfahrzeuge – die Stirnwände des Getriebegehäuses 9 weisen jedoch keine Radial- oder Ringrippen auf und bestehen weder hinsichtlich der eine erste Welle 1 aufnehmenden Lager 4, 8 noch hinsichtlich der eine zweite Welle 35 aufnehmenden Lager 19, 33 aus zwei Teilen mit einer durch den Lagersitz verlaufenden Teilungsebene (vgl. Fig. 1 und 2).

Druckschrift D3 zeigt eine massiv ausgebildete Lagerung für eine Getriebewelle; die Druckschrift gibt keine Hinweise auf ein Getriebegehäuse mit einer rippenartigen Struktur.

Die angeführte offenkundige Vorbenutzung D5 betrifft das Getriebe Flender AWLG 50/45. Anhand der vorgelegten Unterlagen (vgl. Massblatt 8 001 041) lassen sich auf den Stirnwänden des Getriebegehäuses keine Ring- oder Radialrippen erkennen, so dass es dahin gestellt bleiben kann, ob das Getriebe der Unterlagen D5 öffentlich zugänglich war.

Die Firmendruckschrift D6 bildet verschiedene Gehäuse für Schiffsgetriebe ab, die zweiteilig ausgebildet sind, wobei die Teilungsebene durch den Lagersitz verläuft. Es lassen sich weder Angaben zur Ausgestaltung von an einer Stirnwand der Getriebegehäuse ausgebildeten Radialrippen, welche eine Ringrippe schneiden, entnehmen, noch finden sich Hinweise auf eine den Lagersitz konzentrisch umfassende Ringrippe. Die Getriebetypen GCS 800 gemäß den Unterlagen D4 und AWLG 50/45 gemäß den Unterlagen D5 sind in dieser Druckschrift nicht enthalten.

Dem Internetauszug der D7 kann die Aussage entnommen werden, dass Schiffsgetriebe von externen Wartungsfirmen gewartet werden. Die Liste umfasst weder den Getriebetyp GCS 800 gemäß den Unterlagen D4 noch den Typ AWLG 50/45 gemäß den Unterlagen D5 und macht keine Angaben zur technischen Ausgestaltung der aufgeführten Schiffsgetriebegehäuse.

Somit ist aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik kein Getriebegehäuse bekannt, bei dem in einer gemäß Merkmal e zweiteilig ausgebildeten Stirnwand eine Ringrippe gemäß den Merkmalen i und j ausgebildet ist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu.

c) Die Lehre, bei einem Getriebegehäuse für ein Schiffsgetriebe in den zweiteilig ausgebildeten Stirnwänden eine Ringrippe gemäß den Merkmalen i und j vorzusehen, ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften oder vermeintlich offenkundigen Vorbenutzungen zu entnehmen. Das Vorsehen dieser Unterschiedsmerkmale liegt auch nicht im Bereich fachmännischen Handelns.

Denn um zu einem Gegenstand gemäß Anspruch 1 zu gelangen, müsste der Fachmann eine Reihe von Überlegungen anstellen, und eine Vielzahl konstruktiver Maßnahmen ergreifen, wozu er durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht veranlasst wird. So entnimmt der Fachmann Druckschrift D1 keinerlei Hinweis, die aus Druckschrift D1 bekannte Ringrippe (Umfangsrippe 7; 42), die den Lagersitz 2; 15 nicht konzentrisch umfasst (vgl. Fig. 6), in ihrer geometrischen Ausgestaltung so zu verändern, dass sie symmetrisch zum Lagersitz angeordnet ist. Vielmehr ist bei dem in Druckschrift D1 offenbarten Getriebegehäuse zur Erhöhung der Formsteifigkeit bei der dort radial ausgerichteten Hauptlast 11 (vgl. D1: Anspruch 4 und Abs. [0042]) eine Umfangsrippe 7; 42 speziell in dem Bereich vorgesehen, dessen Neigung gegenüber seinem Ausgangszustand sich ohne Umfangsrippe unter Belastung am meisten ändern würde (vgl. Abs. [0010]).

Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, es sei dem Fachmann nahegelegt, in Kenntnis von Druckschrift D1 konzentrische Ringrippen für ein Schiffsgetriebegehäuse gemäß den Unterlagen D4 vorzusehen, da er bei der Ausgestaltung ohnehin nur vor der Wahl stehe, diese „konzentrisch“ oder „nicht konzentrisch“ auszubilden. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, denn wie beispielsweise das Getriebegehäuse der Unterlagen D4 zeigt, können auch Rippen, die den Lagersitz nicht vollumfänglich umschließen, eine ausreichende Versteifung bieten. Zudem offenbart Druckschrift D1, dass bei einer asymmetrischen Ausgestaltung die Lastzone nach innen wandert, so dass den realen, durch Elastizitäten verursachten, ungünstigen axialen Verlagerungen entgegengewirkt wird, während bei einer rotationssymmetrischen Struktur die Lastzone nach außen ausweicht (vgl. Abs. [0018], le. Satz).

Druckschrift D1 weist daher von einer den Lagersitz konzentrisch umfassenden Ringrippe gemäß Merkmal j weg und gibt dem Fachmann auch keinerlei Hinweis, von der in Druckschrift D1 offenbarten – in Bezug auf den Lagersitz asymmetrisch angeordneten – Ringrippe abzuweichen.

Auch aus der vermeintlichen offenkundigen Vorbenutzung gemäß den Unterlagen D4 oder aus dem weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik erhält der Fachmann keinen Hinweis auf eine solchermaßen angeordnete, den Lagersitz umfassende Ringrippe.

So ist, wie vorstehend dargelegt, keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften bzw. Unterlagen zu geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen ein Hinweis auf die Anordnung einer Ringrippe entsprechend den Merkmalen i und j zu entnehmen, so dass auch eine beliebige Kombination der Druckschriften bzw. Unterlagen nicht zum beanspruchten Gegenstand führen kann.

Die Ausgestaltung der Ringrippe im beanspruchten Getriebegehäuse geht auch über das übliche fachmännische Handeln, ausgehend von der Lehre der betrachteten Druckschriften D1 bis D7, hinaus, da damit eine zum Stand der Technik andersartige Wirkung im Zusammenspiel mit den anderen Merkmalen erzielt wird. Somit ist auch unter Einbeziehung seines Fachwissens dem Fachmann ein Getriebegehäuse nach dem geltenden Anspruch 1 nicht nahegelegt.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 beruht somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

d) Abhängige Ansprüche 2 bis 5 Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betreffen über das Selbstverständliche hinausgehende Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und sind daher ebenfalls patentfähig.

4. Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den Anforderungen des § 34 PatG genügen, war das Patent im Umfang des gestellten Antrags beschränkt aufrechtzuerhalten.

Wickborn Schwarz Dr. Schwengelbeck Dr. Otten-Dünnweber Hu

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