Paragraphen in 18 W (pat) 203/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 203/14 Verkündet am 21. Juni 2017
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache betreffend das Patent 10 2010 052 503 …
BPatG 154 05.11 hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, die Richter Kruppa und Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck sowie die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber beschlossen:
1. Der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. September 2014 wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.
Gründe I.
Auf die am 26. November 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung 10 2010 052 503.0 ist das Streitpatent mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts sowie Koordinatenmessgerät“
erteilt und am 21. Juni 2012 veröffentlicht worden. Auf den dagegen eingelegten Einspruch der Einsprechenden wurde das Patent durch den am 10. September 2014 verkündeten Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts im vollen Umfang aufrechterhalten, weil das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 13 ausführbar seien, gegenüber dem Stand der Technik neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten und keine unzulässige Erweiterung vorliege.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Im Einspruchsverfahren sind u. a. folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden:
D5: WO 2009 / 001 165 A1 und D7: DE 196 14 883 A1.
Mit am 15. Mai 2017 eingegangenem Schriftsatz hat die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin ihr Patent nach Hauptantrag mit den erteilten Ansprüchen und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 mit geänderten Anspruchssätzen verteidigt. Sie macht hierzu geltend, dass die Anspruchsfassungen jeweils zulässig und patentfähig seien.
Die Beschwerdeführerin macht bezüglich des jeweiligen Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen u. a. weiterhin fehlende Neuheit bzw. mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patentund Markenamts vom 10. September 2014 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: - hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 15. Mai 2017, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 15. Mai 2017, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3 Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 15. Mai 2017, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4 Patentansprüche 1 bis 12, eingegangen am 15. Mai 2017, - Beschreibung zu Hauptantrag und Hilfsantrag 1 Seiten 3/16 bis 13/16 gemäß Patentschrift, zu Hilfsantrag 2 Seite 6/16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, zu Hilfsantrag 3 Seiten 5/16 und 6/16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, zu Hilfsantrag 4 Seiten 9/16 und 10/16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, - Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
Der mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist wortgleich zum erteilten Anspruch 1 und lautet:
Ma „Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts (1)
Mb mit einer Mehrzahl zur Positionierung eines Tastkopfs (50) motorisch antreibbarer Achsen,
Mc wobei das Koordinatenmessgerät (1) in mindestens einer Achse bewegt wird,
Md eine Verformung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird, Me eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer lstposition von einer Sollposition ermittelt wird und Mf ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts zur Kompensation der Abweichung angesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, dass Mg die Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird, Mh dass zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der lstposition von der Sollposition ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert wird und Mi dass zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten erfolgt.“
Wegen des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 13 sowie der Unteransprüche 2 bis 12 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag hervorgehoben):
Ma „Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts (1) Mb mit einer Mehrzahl zur Positionierung eines Tastkopfs (50) motorisch antreibbarer Achsen, Mc wobei das Koordinatenmessgerät (1) in mindestens einer Achse bewegt wird,
Md1 eine Verformung des Koordinatenmessgeräts bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird,
Me eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer lstposition von einer Sollposition ermittelt wird und Mf ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts zur Kompensation der Abweichung angesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, dass Mg die Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird,
Mh dass zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der lstposition von der Sollposition ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert wird und Mi dass zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten erfolgt.“
Die Ansprüche 2 bis 13 nach Hilfsantrag 1 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 13 nach Hauptantrag.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hervorgehoben):
Ma „Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts (1) Mb mit einer Mehrzahl zur Positionierung eines Tastkopfs (50) motorisch antreibbarer Achsen, Mc wobei das Koordinatenmessgerät (1) in mindestens einer Achse bewegt wird,
Md1 eine Verformung des Koordinatenmessgeräts bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird,
Md2 wobei die gemessene Verformung des Koordinatenmessgeräts eine durch die Bewegung der mindestens einen Achse verursachte dynamische Verformung ist,
Me eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer lstposition von einer Sollposition ermittelt wird und Mf ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts zur Kompensation der Abweichung angesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet, dass Mg die Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird,
Mh dass zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der lstposition von der Sollposition ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert wird und Mi dass zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten erfolgt.“
Die Ansprüche 2 bis 13 nach Hilfsantrag 2 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 13 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hervorgehoben):
Ma „Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts (1)
Mb mit einer Mehrzahl zur Positionierung eines Tastkopfs (50) motorisch antreibbarer Achsen,
Mc wobei das Koordinatenmessgerät (1) in mindestens einer Achse bewegt wird,
Md1 eine Verformung des Koordinatenmessgeräts bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird,
Md3 wobei die gemessene Verformung des Koordinatenmessgeräts eine durch die Bewegung der mindestens einen Achse verursachte dynamische Verformung ist und wobei die Verformung als eine geometrische Abweichung gemessen wird,
Me eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer lstposition von einer Sollposition ermittelt wird und Mf ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts zur Kompensation der Abweichung angesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet, dass Mg die Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird,
Mh dass zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der lstposition von der Sollposition ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert wird und Mi dass zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten erfolgt.“
Die Ansprüche 2 bis 13 nach Hilfsantrag 3 entsprechen den Ansprüchen 2 bis 13 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 nach Hauptantrag hervorgehoben):
Ma „Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts (1) Mb mit einer Mehrzahl zur Positionierung eines Tastkopfs (50) motorisch antreibbarer Achsen, Mc wobei das Koordinatenmessgerät (1) in mindestens einer Achse bewegt wird, Md eine Verformung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird, Me eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer lstposition von einer Sollposition ermittelt wird und Mf ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts zur Kompensation der Abweichung angesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, dass Mg die Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird, Mh dass zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der lstposition von der Sollposition ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert wird und Mi dass zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten erfolgt, Mj wobei der Tastkopf (50) an einer Halterung angeordnet ist, die mindestens einen Verstellantrieb umfasst zur Bewegung des Tastkopfs relativ zur Halterung und wobei eine Komponente der Abweichung der Istposition von der Sollposition des Tastkopfs durch den Verstellantrieb kompensiert wird.“ Der nebengeordnete Anspruch 12 nach Hilfsantrag 4 entspricht dem nebengeordneten Anspruch 13 nach Hauptantrag. Wegen der Unteransprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 4 wird auf die Akte verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Einsprechenden führt zur Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung und zum Widerruf des Patents, da die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 21 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG).
1. Die Einspruchsbeschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Der Einspruch war ausreichend substantiiert und ebenfalls zulässig.
2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts und ein Koordinatenmessgerät (vgl. Patentschrift DE 10 2010 052 503 B4, Abs. [0001]).
Ein Koordinatenmessgerät weise eine Grundstruktur zur Aufnahme des Messobjekts auf sowie eine Mehrzahl von antreibbaren Achsen, wodurch ein Tastkopf des Koordinatenmessgeräts innerhalb eines Messvolumens in beliebige Positionen relativ zum Messobjekt gebracht werden könne (vgl. Patentschrift, Abs. [0002]). Fehler in der Positionierung des Tastkopfs könnten sowohl durch statische, geometriebedingte Abweichungen als auch durch dynamische Verformungen, welche durch Beschleunigungen des Tastkopfs bedingt sind, entstehen. Aufgrund der höheren Messgeschwindigkeiten und der zunehmend verbreiteten Leichtbauweise von Koordinatenmessgeräten könnten die dynamischen Abweichungen die statischen Abweichungen überwiegen (vgl. Patentschrift, Abs. [0006]). Neben aktiven Schwingungstilgern seien aus dem Stand der Technik zur Kompensation der Störschwingungen Verfahren zur rechnerischen Korrektur der Messfehler bekannt (vgl. Patentschrift, Abs. [0007] - [0012]). Mit zunehmenden Mess-Geschwindigkeiten könnten die Abweichungen aber so groß werden, dass keine entsprechende Korrektur der Koordinatenmesswerte mehr möglich sei (vgl. Patentschrift, Abs. [0012]). Aus dem Stand der Technik seien Verfahren bekannt, bei denen Abweichungen ermittelt würden, welche dann in den Steuercode für eine Positionierungsfunktion eingearbeitet würden (vgl. Patentschrift, Abs. [0013] - [0015]).
Dem Streitpatent liegt gemäß den Angaben in der Beschreibung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts anzugeben, das die aufgeführten Nachteile nicht aufweist (vgl. Patentschrift, Abs. [0016]).
Als Fachmann sieht der Senat einen Physiker oder Ingenieur mit Hochschulabschluss an, der über mehrjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung von Koordinatenmessgeräten, insbesondere deren Steuerung, verfügt.
Die Aufgabe soll durch die Merkmale der nebengeordneten Ansprüche der geltenden Anspruchsfassungen gelöst werden. Mit Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags wird ein Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgeräts beansprucht, das eine Mehrzahl von zur Positionierung eines Tastkopfs motorisch antreibbarer Achsen aufweist, das in mindestens einer Achse bewegt wird, und bei dem eine Verformung des Koordinatenmessgeräts kontinuierlich gemessen wird. Es wird eine durch die Verformung verursachte Abweichung einer Istposition von einer Sollposition ermittelt. Zur Kompensation eines niederfrequenten Anteils der durch die Verformung verursachten Abweichung der Istposition von der Sollposition wird ein Antrieb der mindestens einen Achse des Koordinatenmessgeräts angesteuert. Zur Korrektur eines höherfrequenten Anteils der Abweichung erfolgt eine rechnerische Korrektur von gemessenen Koordinatenwerten von Messpunkten.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ergänzt demgegenüber, dass eine Verformung des Koordinatenmessgeräts bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird.
Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 wird Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch präzisiert, dass die gemessene Verformung des Koordinatenmessgeräts eine durch die Bewegung der mindestens einen Achse verursachte dynamische Verformung ist.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 konkretisiert Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 darin, dass die Verformung als eine geometrische Abweichung gemessen wird.
Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 wird Anspruch 1 nach Hauptantrag dadurch ergänzt, dass der Tastkopf an einer Halterung angeordnet ist, die mindestens einen Verstellantrieb zur Bewegung des Tastkopfs relativ zur Halterung umfasst und wobei eine Komponente der Abweichung der Istposition von der Sollposition des Tastkopfs durch den Verstellantrieb kompensiert wird.
3. Einige Merkmale der Patentansprüche bedürfen der Auslegung.
Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts der Patentansprüche ist generell nicht zulässig; dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele des Streitpatents auf bestimmte Ausführungsformen beziehen, schränkt den weiter zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen nicht auf diese Ausführungsformen ein (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – X ZR 131/02, GRUR 2007, 309, 1. amtlicher Leitsatz – Schussfädentransport). Die im Patentanspruch verwendeten Begriffe sind im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Beispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können. Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2015 – X ZR 103/13, GRUR 2015, 972, 2. amtlicher Leitsatz – Kreuzgestänge).
Mit dem beanspruchten Verfahren gemäß Anspruch 1 bzw. dem Koordinatenmessgerät gemäß Anspruch 13 sollen durch Verformungen des Koordinatenmessgeräts verursachte Abweichungen zwischen Ist- und Sollpositionen kompensiert werden (vgl. Merkmale Md, Md1, Md2, Md3, Me, Mg, Mh, Mi). Als Verformung wird im Streitpatent eine elastische Verformung, beispielsweise eine elastische Durchbiegung eines Bauteils oder auch eine Schwingbewegung eines Bauteils verstanden, worunter gemäß Streitpatent insbesondere durch Einwirkung von statischen und/oder dynamischen Kräften verursachte Geometrieänderungen, welche auch durch Verschleiß oder temperaturbedingt auftreten können, fallen (vgl. Streitpatent, Abs. [0019]).
Die Messung der Verformung des Koordinatenmessgeräts soll kontinuierlich (vgl. Merkmal Mg) erfolgen, was in den Hilfsanträgen 1 bis 3 präzisiert wird als eine Messung bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts (vgl. Merkmale Md1, Md2, Md3). Diese Begriffe sind im Gesamtzusammenhang des Streitpatents so zu verstehen, dass während eines von der Koordinatenmessmaschine durchzuführenden Messvorgangs die Verformung quasi ständig gemessen wird, wobei es sich dennoch um diskrete Messungen der Verformung handeln kann (vgl. Patentschrift, Abs. [0019], [0020], [0034]). Eine Messung von Verformungen, welche beispielsweise in einem einmal durchzuführenden Kalibriervorgang der Koordinatenmessmaschine erfolgt, oder etwa bereits vor Auslieferung der Maschine an den Benutzer, und als danach abgespeicherter Datensatz keinen weiteren Aktualisierungen unterliegt, ist dagegen nicht als kontinuierlich im beanspruchten Sinne anzusehen.
Aus der durch einen nicht weiter spezifizierten Sensor gemessenen Verformung wird eine Abweichung zwischen einer Ist- und einer Sollposition ermittelt (vgl. Merkmal Me). Die Beschreibung gibt dazu an, dass der Zusammenhang zwischen dem gemessenen Verformungswert und der Abweichung zwischen der Ist- und Sollposition des Tastkopfs nach einer Kalibrierungsmessung durch Abspeichern einer Tabelle, einer Matrix oder einer durch Parameter bestimmten Funktion erfolgen kann (vgl. Patentschrift, Abs. [0028]). Auf diese einmal vorab gespeicherten Daten kann dann bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts zugegriffen werden, so dass aus einem gemessenen Verformungswert die gewünschte Abweichung ermittelt werden kann.
Den Ausführungen der Patentinhaberin, wonach es sich beim beanspruchten Verfahren des Anspruchs 1 nach Hauptantrag in den Merkmalen Ma bis Mf niederschlagen solle, dass eine Steuerung genutzt werde, bei der die Tastkopfsollpositionsvorgabe (Sollposition) aus vorangegangenen Messwerten erfolge, und keine als Regelung bezeichnete kontinuierliche Abtastung der zu messenden Werkstückoberfläche verwendet werde, kann nicht gefolgt werden. Denn eine solche Einordnung ist aus dem Anspruchswortlaut nicht entnehmbar noch aus der Beschreibung ersichtlich (vgl. Patentschrift, Abs. [0004] u.[0005]).
Die jeweiligen Ansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 beinhalten keine Definition zur Unterscheidung von niederfrequenten und höherfrequenten Anteilen der durch die Verformung verursachten Abweichung (vgl. Merkmale Mh, Mi). Die Beschreibung gibt an, dass niederfrequente Anteile beispielsweise Abweichungsanteile mit Frequenzen unterhalb von ca. 50 oder 100 Hz beinhalten, als höherfrequente Anteile sind demgemäß alle Anteile mit Frequenzen oberhalb von ca. 100 Hz anzusehen (vgl. Patentschrift, Abs. [0034]). Zu den niederfrequenten Anteilen gehören im Unterschied zur Auffassung der Patentinhaberin auch statische Verformungen, welche sich zeitlich nicht ändern und beispielsweise durch Verschleiß oder Temperaturänderungen hervorgerufen sind (vgl. Patentschrift, Abs. [0019], [0022], [0035]). Zur Unterscheidung der Anteile mit unterschiedlichen Frequenzen wird alternativ eine Filterung nach Raumfrequenzen vorgeschlagen, wobei Anteile niedrigerer Raumfrequenzen einer groben Welligkeit mit einer Halb-, Einfach- oder Doppelwelle auf dem gesamten Verfahrweg entsprächen und Anteile höherer Raumfrequenzen einer Rauhigkeit oder einer kurzperiodischen Welligkeit entsprächen (vgl. Abs. [0034] der Patentschrift). Diese Definition erlaubt ebenfalls die Auslegung, dass statische Verformungen von den niederfrequenten Anteilen mitumfasst sind und die höherfrequenten Anteile lediglich als höherfrequent in Bezug auf die niederfrequenten Anteile einzustufen sind, ohne dass eine konkrete Unterscheidung nach Frequenzbereichen durch den Anspruch vorgegeben ist.
Gemäß Merkmal Mf wird bei mindestens einer Achse des Koordinatenmessgeräts ein Antrieb angesteuert, um eine Kompensation der ermittelten Abweichung zu erzielen. Bei diesem Antrieb handelt es sich beispielsweise um den ohnehin zur Bewegung des Tastkopfs in der jeweiligen Achse eingesetzten Antrieb (vgl. Patentschrift, Abs. [0021], [0022], Fig. 1 u. Abs. [0058] - [0060]). Die in Merkmal Mh gemachte Angabe, dass ein niederfrequenter Anteil der Abweichung durch die Ansteuerung eines Antriebs kompensiert wird, ist als eine Spezifizierung von Merkmal Mf zu sehen, d. h. dass gemäß Hauptantrag genau ein Antrieb zur Kom- pensation genutzt wird, ohne dass festgelegt ist, zu welcher Achse der Antrieb gehört (vgl. Patentschrift, Abs. [0022], [0025]).
In Hilfsantrag 4 benennt Merkmal Mj einen Verstellantrieb, der zur Bewegung des Tastkopfs relativ zu einer Halterung ausgebildet ist und eine Komponente der Abweichung – ohne weitere Angabe zu deren Frequenzanteilen – kompensieren soll. Entgegen der Argumentation der Patentinhaberin ist nicht allein das in Figur 1 des Streitpatents gezeigte vordere Ende des Horizontalarms 40, an dem der Tastkopf 50 befestigt ist, als Halterung im anspruchsgemäßen Sinne anzusehen, sondern – mangels weiterer Angaben im Patentanspruch – jegliches Bauteil, an dem der Tastkopf angeordnet ist (vgl. Patentschrift, Abs. [0046], [0047]), etwa auch ein Bauteil entsprechend dem in Figur 1 gezeigten Horizontalarm 40 oder dem Schlitten 30. Denn es wird nicht die in Absatz [0040] der Patentschrift angegebene spezifische Ausgestaltung beansprucht, nach der eine (zusätzliche) Halterung an einem Messarm angeordnet ist. Der in Merkmal Mj benannte Verstellantrieb ist zwar zu unterscheiden von dem in den Merkmalen Mf und Mh aufgeführten Antrieb, was sich, wie die Patentinhaberin korrekt ausführt, bereits aus den verwendeten unterschiedlichen Benennungen ergibt (vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Oktober 2016 – X ZR 21/15, GRUR 2017, 152, Amtlicher Leitsatz – Zungenbett). Es kann sich aber dennoch auch bei dem Verstellantrieb um einen Antrieb einer Achse des Koordinatengeräts handeln: bei einem Koordinatenmessgerät mit kinematisch aufeinander aufbauenden Achsen stellt der Antrieb der Achse, an dem der Tastkopf gehaltert ist, demgemäß einen Verstellantrieb gemäß Merkmal Mj dar, während jeder der Antriebe der beiden anderen Koordinatenachsen einen Antrieb gemäß den Merkmalen Mf und Mh darstellt.
4. Die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 sind durch den Stand der Technik nahegelegt und somit nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG).
Die weiteren geltend gemachten Einspruchsgründe wie Fragen einer unzulässigen Erweiterung und einer unzureichenden Offenbarung des Anspruchs 1, der Neuheit des Gegenstands des Anspruch 1 sowie der hinsichtlich Hilfsantrag 4 angeführten mangelnden Klarheit können somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, Abschnitt II. 1. – Elastische Bandage).
a. Das im Patentanspruch 1 nach Hauptanspruch beanspruchte Verfahren beruht in Kenntnis der Druckschriften D7 und D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Druckschrift D7 offenbart ein Verfahren zur Antastung und zum Scannen bei Koordinatenmessgeräten, bei dem verschiedene Regelkreisstrukturen zur Steuerung vorgesehen sind (vgl. Anspruch 1, Fig. 3, Sp. 1, Z. 3 - 4, Sp. 3, Z. 23 - 34 / Merkmal Ma). Das Koordinatenmessgerät 1 weist in den drei Raumrichtungen zur Positionierung eines Tastkopfs motorisch antreibbare Achsen auf, wobei das Gerät in allen drei Achsen bewegte Strukturen 3, 5, 6 aufweist und somit in drei Raumrichtungen bewegt wird (vgl. Fig. 1 u. 2, Sp. 2, Z. 59 - 66: Portal 3, Querträger 4, Schlitten 5, Meßkopf 7 mit Tasterelement 8 / Merkmale Mb, Mc). Dabei werden beim Scanvorgang die durch das Verfahren der Achsen auftretenden Schwingungen in Form von Beschleunigungswerten gemessen, was ein kontinuierliches Messen einer Verformung im Sinne des Streitpatents darstellt (vgl. Anspruch 1, Sp. 1, Z. 37 - 46 / Merkmale Md, Mg). Zur Verringerung der Schwingungen wird der Antrieb des Koordinatenmessgeräts so angesteuert, dass eine gleichmäßige Bewegung des Portals erfolgt, wozu ein Scan-Regler 13 und ein Positions-Regler 14 vorgesehen sind (vgl. Fig. 3, Sp. 3, Z. 6 - 10 u. Z. 23 - 34). Der Fachmann liest dabei mit, dass für das Koordinatenmessgerät vorab eine Kalibrierung erfolgen muss, so dass aus den gemessenen Verformungswerten auf eine Abweichung von Ist- und Soll-Positionen geschlossen werden kann, welche als zu kompensierende Regelgröße im Regelkreis verwendet wird (Merkmale Me, Mf). Druckschrift D7 sieht vor, die Beschleunigung der verschiedenen Komponenten des Koordi- natenmessgeräts zu messen und für die Kompensation, welche durch das Ansteuern eines Antriebs einer Achse des Koordinatenmessgeräts erfolgt, nur die gemessenen Abweichungswerte mit der niedrigsten Eigenfrequenz heranzuziehen (vgl. Sp. 1, Z. 47 - 55, Anspruch 1, 5, 6, 12, Sp. 3, Z. 5 - 10, Sp. 2, Z. 30 - 34). Dies bedeutet nichts anderes, als dass die niederfrequenten Anteile der Verformung durch eine geeignete Ansteuerung des Antriebs kompensiert werden (vgl. Sp. 1, Z. 37 - 62, Sp. 3, Z. 6 - 10 / Merkmal Mh). Der Fachmann entnimmt somit der Druckschrift D7 ein Verfahren mit den Merkmalen Ma bis Mh des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.
Druckschrift D7 beschreibt weiterhin, dass durch die über die Ansteuerung des Antriebs erzielte Kompensation die Schwingungen am Messkopf beträchtlich verringert werden können, so dass nicht jeder Punkt – wie es im Stand der Technik üblich sei – rechnerisch korrigiert werden müsse (vgl. Sp. 2, Z. 9 - 20). Ausgehend von dieser Schrift stellt der Fachmann beim Nacharbeiten fest, dass in Abhängigkeit vom gewählten Material und den angestrebten Verfahrgeschwindigkeiten ggf. nicht sämtliche Eigenschwingungen kompensiert werden. Vor allem bei Koordinatenmessgeräten in Leichtbauweise werden bei höheren Verfahrgeschwindigkeiten weiterhin Störschwingungen auftreten, welche das Messergebnis verfälschen; speziell die Anteile mit höheren Frequenzen werden durch die beschriebene Kompensation über den Antrieb weiterhin zu Messfehlern führen. Dies veranlasst den Fachmann, im Stand der Technik nach Lösungsmöglichkeiten zur Behebung dieses Fehlers zu suchen. Der Fachmann wird daher ausgehend von Druckschrift D7 eine zusätzliche Kompensation über rechnerische Korrekturen in Betracht ziehen, zumal diese als Stand der Technik in der Druckschrift D7 bereits angesprochen sind (vgl. Sp. 1, Z. 5 - 19 u. Sp. 2, Z. 13 - 20) und zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents im Jahre 2010 die Geschwindigkeit der eingesetzten Prozessoren nicht mehr ein begrenzender Faktor bei der rechnerischen Fehlerkorrektur von Steuerparametern von Koordinatenmessgeräten gewesen ist. Entgegen der Argumentation der Patentinhaberin, die hierzu auf die BGH-Entscheidungen „Einteilige Öse“ und „Betrieb einer Sicherheitseinrichtung“ verwiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 – X ZR 65/05, GRUR 2010, 407; BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05, GRUR 2009, 746), gibt der Stand der Technik gemäß Druckschrift D7 dem Fachmann damit über das allein schon aus der Aufgabe des Streitpatents hinaus Erkennbare eine Anregung zur weiteren Verbesserung der verformungsbedingten Messfehler durch rechnerische Korrektur.
Zur Ausgestaltung von rechnerischen Korrekturen kann der Fachmann beispielsweise auf Druckschrift D5 zurückgreifen, die ein Verfahren zur Kompensation von Messfehlern eines Koordinatenmessgeräts beschreibt, welche durch dynamische Verformungen bedingt sind (vgl. Abstract / Merkmal Ma). Das Koordinatenmessgerät weist ebenfalls mehrere motorisch antreibbare Achsen zur Positionierung eines Tastkopfs (measurement sensor 3) auf (vgl. Fig. 1 u. zugehöriger Text / Merkmal Mb); dabei wird mit einem Lasersensor 16 eine elastische Verformung gemessen, was während der Bewegung der angetriebenen Achse und somit kontinuierlich erfolgt (vgl. S. 6, Z. 21 - S. 7, Z. 20 / Merkmale Mc, Md, Mg). Druckschrift D5 behandelt Verformungen, welche bei Koordinatenmessgeräten in Leichtbauweise bei hohen Verfahrgeschwindigkeiten auftreten und somit vorrangig Abweichungen mit höherfrequenten Anteilen (vgl. S. 2, Z. 14 - 20). Die Messfehler werden gemäß der ermittelten Abweichung durch eine rechnerische Korrektur korrigiert (vgl. Anspruch 9).
Wendet der Fachmann das aus Druckschrift D7 bekannte Verfahren bei einer Koordinatenmessmaschine in Leichtbauweise an, so wird er die bei Kompensation durch Ansteuerung des Antriebes nicht behobenen dynamischen Messfehler, welche die höherfrequenten Anteile der Abweichung darstellen, über eine zusätzliche rechnerische Korrektur korrigieren, wie in Druckschrift D7 angesprochen und in Druckschrift D5 beschrieben (Merkmal Mi).
Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D7 i. V. m. Druckschrift D5 nahegelegt, so dass das Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht patentfähig.
b. Auch das in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zusätzlich aufgeführte Merkmal, wonach die Verformung „bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts“ gemessen wird, kann die Patentfähigkeit nicht begründen.
Denn bei dem aus Druckschrift D7 bekannten Verfahren wird über die Beschleunigungen die „Bewegung des Portals“ gemessen, und zwar „beim Scanvorgang“ (vgl. Sp. 3, Z. 6f i. V. m. Anspruch 1), was bedeutet, dass die Verformung bei der Bewegung des Koordinatenmessgeräts gemessen wird (Merkmal Md1). Ebenso offenbart Druckschrift D5, dass die Messung während der Bewegung der Achsschlitten erfolgt (vgl. S. 6, Z. 21 - 26 / Merkmal Md1). Somit ist dem Fachmann in Kenntnis von Druckschrift D7 i. V. m. Druckschrift D5 auch ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nahegelegt, so dass der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht patentfähig ist.
c. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ergänzt gegenüber Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, dass „die gemessene Verformung des Koordinatenmessgeräts eine durch die Bewegung der mindestens einen Achse verursachte dynamische Verformung ist“.
Auch diese Präzisierung kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Denn sowohl die in Druckschrift D7 ermittelten Verformungen betreffen beim Verfahren des Koordinatenmessgeräts auftretende Schwingungen (vgl. Sp. 1, Z. 37 - 46 / Merkmal Md2), als auch die in Druckschrift D5 ermittelten dynamischen Ver- formungen (vgl. S. 6, Z. 21 - 26, S. 2, Z. 14 - 20 / Merkmal Md2). Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist dem Fachmann daher ebenfalls durch den Stand der Technik nahegelegt, so dass der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 nicht patentfähig ist.
d. Die Angabe gemäß Hilfsantrag 3, dass die Verformung „als eine geometrische Abweichung“ gemessen werden soll, kann dem Anspruch 1 ebenfalls nicht zur Patentfähigkeit verhelfen.
Bei dem aus Druckschrift D7 bekannten Verfahren werden die Abweichungen in einer Ausgestaltung über Geschwindigkeiten gemessen, wobei als Sensoren Dehnungsmessstreifen verwendet werden sollen (vgl. Ansprüche 2 und 13, Sp. 2, Z. 37 - 43). Somit wird die Verformung letztlich als eine geometrische Abweichung gemessen, wie in Merkmal Md3 gefordert. Auch in Druckschrift D5 ist Merkmal Md3 erfüllt, da ein Lasersensor 16 und eine positionsempfindliche Diode PSD zum Einsatz kommen, welche die Verformung direkt als geometrische Abweichung messen (vgl. S. 6, Z. 28 - S. 7, Z. 13, Fig. 2 u. 3). Ob, wie die Patentinhaberin zu Hilfsantrag 3 argumentiert hat, mit Merkmal Md3 eine Messung über Beschleunigungssensoren ausgeschlossen ist, kann dahin gestellt bleiben, da jedenfalls die Druckschriften D7 und D5 jeweils eine Messung der Verformung als eine geometrische Abweichung offenbaren.
Das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 beruht somit in Kenntnis von Druckschrift D7 i. V. m. Druckschrift D5 ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
e. Auch die in Hilfsantrag 4 zusätzlich aufgenommenen Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag in der Ergänzung von Merkmal Mj, wonach „der Tastkopf (50) an einer Halterung angeordnet ist, die mindestens einen Verstellantrieb umfasst zur Bewegung des Tastkopfs relativ zur Halterung und wobei eine Komponente der Abweichung der Istposition von der Sollposition des Tastkopfs durch den Verstellantrieb kompensiert wird“.
Bei dem Verstellantrieb kann es sich mangels weiterer Angaben – wie in Abschnitt II. 3. ausgeführt – um den Antrieb einer Achse des Koordinatengeräts handeln, welche eine Halterung des Tastkopfs bildet.
Das aus Druckschrift D7 bekannte Koordinatenmessgerät weist ebenfalls mehrere Antriebe auf, so dass der Tastkopf in allen drei Raumrichtungen verfahren werden kann (vgl. Fig. 1 u. 2 mitsamt zugehörigem Text), wobei die Antriebe auch zur Kompensation der störendenden Abweichungen genutzt werden (vgl. Ansprüche 1 u. 2). Der Tastkopf (Tasterelement 8) ist an einer Halterung (Pinole 6) angeordnet, welche in vertikaler Richtung verschiebbar ist; der Tastkopf kann somit relativ zur Halterung bewegt werden, wobei auch dieser Antrieb ggf. zur Kompensation herangezogen wird (vgl. Fig. 1 u. 2; Sp. 2, Z. 59 - 66; Ansprüche 1 u. 2 / Merkmal Mj).
Zu den Merkmalen Ma bis Mi, welche identisch zu denen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag sind, wird auf die Ausführungen in Abschnitt II. 4. a. verwiesen, die hier in gleicher Weise gelten.
Somit ist dem Fachmann in Kenntnis von Druckschrift D7 i. V. m. Druckschrift D5 ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 nahegelegt, so dass es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist daher ebenfalls nicht patentfähig.
5. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 sind auch der jeweilige nebengeordnete Anspruch 13 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 und der nebengeordnete Anspruch 12 nach Hilfsantrag 4 sowie die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen jeweiligen Unteransprüche nicht schutzfähig (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abschnitt III. 3. cc) – Informationsübermittlungsverfahren II).
6. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht schutzfähig sind, war der Beschwerde der Einsprechenden stattzugeben und das Patent zu widerrufen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Dr. Schwengelbeck Dr. Otten-Dünnweber Hu
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