23 W (pat) 21/18
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 21/18 Verkündet am 7. Mai 2019
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2014 004 284.7 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann ECLI:DE:BPatG:2019:070519B23Wpat21.18.0 beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2018 wird aufgehoben.
2. Es wird ein Patent erteilt mit der Bezeichnung „Hochspannungsdurchführung“, dem Anmeldetag 26. März 2014 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 15, als Hauptantrag eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Januar 2018; - Patentanspruch 16, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2019; - Beschreibungsseiten 1 bis 7 und 7a, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Januar 2018; - Beschreibungsseiten 8 bis 15, - 1 Seite Bezugszeichenliste, - 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 4. April 2014.
Gründe I.
Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2014 004 284.7 und der Bezeichnung „Hochspannungsdurchführung“ wurde am 26. März 2014 bei gleichzeitiger Prüfungsantragstellung beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht.
Die Prüfungsstelle für Klasse H01B hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 EP 1 091 365 A1 D2 DE 36 40 180 A1 D3 DE 19 21 299 A D4 AT 507 751 A1 D5 DE 33 22 149 A1 D6 US 2003/0 003 802 A1 D7 DE 40 09 358 A1 D8 US 2005/0 199 418 A1 D9 DE 10 2010 050 684 A1 verwiesen und im ersten Prüfungsbescheid vom 21. November 2014 sowie im Ladungszusatz vom 11. Oktober 2017 ausgeführt, dass die Hochspannungsdurchführung des ursprünglichen Anspruchs 1 dem Fachmann durch die Druckschrift D1 i. V. m. Druckschrift D2 zwar nahegelegt werde, dass aber eine durch die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 5 und 6 präzisierte Hochspannungsdurchführung hinsichtlich des ermittelten Stands der Technik voraussichtlich patentfähig sein dürfte. Mit Eingabe vom 26. Mai 2015 hat die Anmelderin den Ausführungen der Prüfungsstelle zunächst widersprochen, jedoch mit Schreiben vom 12. Dezember 2017 einen neuen Anspruchssatz vorgelegt, der neben einem entsprechend dem Vorschlag der Prüfungsstelle präzisierten Anspruch 1 einen neuen nebengeordneten Verfahrensanspruch enthielt, der von der Prüfungsstelle in einem Telefonat aber als nicht gewährbar angesehen wurde. In der daraufhin am 18. Januar 2018 durchgeführten Anhörung hat die Anmelderin die Patenterteilung mit Anspruchssätzen nach Haupt- und Hilfsantrag beantragt, die sich lediglich hinsichtlich des nebengeordneten Verfahrensanspruchs 16 unterschieden. Nach der mit Eingabe vom 19. Januar 2018 erfolgten Einreichung von Reinschriften der Anspruchssätze und der angepassten Beschreibungsseiten hat die Prüfungsstelle durch Beschluss vom 3. April 2018 die Anmeldung im Umfang des Hauptantrags wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit des Verfahrensanspruchs 16 bezüglich der Druckschriften D1 und D2 zurückgewiesen und auf Basis des Hilfsantrags ein Patent erteilt.
Gegen diesen der Anmelderin am 6. April 2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26. April 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt über Fax eingegangene Beschwerde.
In der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2019 beantragt die Anmelderin:
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2018 aufzuheben, 2. ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Hochspannungsdurchführung“, dem Anmeldetag 26. März 2014 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 15, als Hauptantrag eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Januar 2018; - Patentanspruch 16, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2019; - Beschreibungsseiten 1 bis 7 und 7a, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 20. Januar 2018; - Beschreibungsseiten 8 bis 15, - 1 Seite Bezugszeichenliste, - 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 4. April 2014.
Der in der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2019 überreichte nebengeordnete Verfahrensanspruch 16 hat mit einer zusätzlichen Gliederung folgenden Wortlaut:
Verfahren zur Herstellung einer Hochspannungsdurchführung (1), (a) die zur Durchleitung eines spannungsführenden Leiters (3)
vorgesehen ist (b) und die ein Mantelrohr (5) aus einem Faserverbundwerkstoff
(6), (c) eine hochspannungsseitige erste Armatur (7) (d) und eine erdseitige zweite Armatur (8) aufweist, (e) wobei die erste und die zweite Armatur (7, 8) jeweils mit dem Mantelrohr (5) gasdicht verbunden sind, (f) und wobei die erste Armatur (7) das Mantelrohr (5)
abschließt und eine Durchführung (9) für den Leiter (3) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass (g) wenigstens eine der beiden Armaturen (7, 8) und das Mantelrohr (5) dadurch verbunden werden, dass die wenigstens eine Armatur (7 oder 8) zumindest entlang eines Axialabschnitts (11) vom Faserverbundwerkstoff (6) des Mantelrohrs (5) umwickelt wird, (h) indem bei der Fertigung des Mantelrohrs (5) die wenigstens eine der beiden Armaturen (7,8) als eine Ergänzung zu einer Wickelform für ein Fasermaterial des Mantelrohrs (5) eingesetzt wird, so dass die Verbindung der Armatur (7,8) mit dem Mantelrohr (5) in den Fertigungsschritt des Mantelrohrs (5) integriert ist, (i) wobei die zu verbindende Armatur (7,8) auf die Wickelform für das Mantelrohr (7,8) aufgesetzt wird, (j) anschließend die Armatur (7,8) zumindest entlang des Axialabschnittes (11) gemeinsam mit der Wickelform unter gleichzeitiger oder nachfolgender Zuführung von Harz mit den vorgesehenen Fasern umwickelt wird und
(k) die Wickelform nach dem Aushärten des Harzes entfernt wird.
Anspruch 1 stimmt mit Anspruch 1 des Hilfsantrags überein, zu dem die Prüfungsstelle ein Patent erteilt hat. Er lautet mit einer zusätzlichen Gliederung folgendermaßen:
Hochspannungsdurchführung (1) (a) zur Durchleitung eines spannungsführenden Leiters (3), (b) mit einem Mantelrohr (5) aus einem Faserverbundwerkstoff
(6), (c) mit einer hochspannungsseitigen ersten Armatur (7) (d) und mit einer erdseitigen zweiten Armatur (8), (e) wobei die erste und die zweite Armatur (7, 8) jeweils mit dem Mantelrohr (5) gasdicht verbunden sind, und (f) wobei die erste Armatur (7) das Mantelrohr (5) abschließt und eine Durchführung (9) für den Leiter (3) umfasst, (g) wobei wenigstens eine der beiden Armaturen (7, 8) und das Mantelrohr (5) dadurch verbunden sind, dass die wenigstens eine Armatur (7 oder 8) zumindest entlang eines Axialabschnitts (11) vom Faserverbundwerkstoff (6) des Mantelrohrs (5) umwickelt ist (h) und wobei die wenigstens eine umwickelte Armatur (7 oder 8) einen Befestigungsbund (12) umfasst, dessen Außenfläche als eine Mantelfläche eines Kegelstumpfes (KS) ausgebildet ist, derart, dass sich der Befestigungsbund (12) in das Mantelrohr (5) hinein aufweitet und der Befestigungsbund (12) mit dem Faserverbundwerkstoff (6) des Mantelrohrs (5) umwickelt ist.
Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 15, die ebenfalls mit den durch die Prüfungsstelle erteilten Ansprüchen 2 bis 15 übereinstimmen, und der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die geltenden Ansprüche 1 bis 15 sind aufgrund des Verschlechterungsverbots (reformatio in peius) einer Beurteilung durch den Senat entzogen (vgl. BGH GRUR 1990, 109 – Weihnachtsbrief; Schulte/Püschel, PatG, 10. Auflage, § 73 Rdn. 74 m. w. N.).
Anspruch 16 ist zulässig (§ 38 PatG) und gibt an, was unter Schutz gestellt werden soll. Zudem ist das gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Herstellungsverfahren des Anspruchs 16 durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen (§§ 1 bis 4 PatG) und damit patentfähig, so dass der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. April 2018 aufzuheben und in dem beantragten Umfang ein Patent zu erteilen war (§ 79 Abs. 1 PatG i. V. m. § 49 Abs. 1 PatG).
1. Die Anmeldung betrifft eine Hochspannungsdurchführung zur Durchleitung eines spannungsführenden Leiters mit einem Mantelrohr aus einem Faserverbundwerkstoff, mit einer hochspannungsseitigen ersten Armatur und mit einer erdseitigen zweiten Armatur, wobei die erste Armatur und die zweite Armatur jeweils mit dem Mantelrohr gasdicht verbunden sind, und wobei die erste Armatur das Mantelrohr abschließt und eine Durchführung für den Leiter umfasst.
Mit solchen Hochspannungsdurchführungen werden insbesondere Hochspannungsleiter aus einem mit Isoliergas (bspw. SF6, N2, CO2) isolierten System in ein Luft-System oder umgekehrt aus einem Luft-System in ein mit Isoliergas isoliertes System geführt. Sie werden bspw. in Kraftwerken zur Ausleitung eines spannungsführenden elektrischen Leiters in eine Hochspannungsleitung oder zur Übermittlung der Hochspannung in eine Hochspannungsschaltanlage eingesetzt, wobei unter dem Begriff Hochspannung Spannungen im Bereich einiger kV bis zu mehreren 100 kV zu verstehen sind und die Länge von mit Isoliergas gefüllten Hochspannungsdurchführungen typischerweise im Bereich mehrerer Meter liegt. Wegen der verglichen mit Luft vierfach höheren Durchschlagsfestigkeit von Isoliergasen wie SF6 kann dadurch die Baugröße von Hochspannungsschaltanlagen gegenüber Luftsystemen deutlich verringert werden, und eine Druckerhöhung innerhalb des Isoliergas-Systems ermöglicht eine weitere Reduzierung der Isolierabstände.
Da das zur Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit eingesetzte Isoliergas SF6 teuer und klimaschädlich ist, muss ein entsprechendes System gasdicht sein. Zudem sollten die benötigten Gasvolumina möglichst klein gehalten werden. Üblicherweise wird das Mantelrohr in einem separaten Fertigungsschritt als ein Faserverbundwerkstück mit einer endseitigen Fügestelle hergestellt und in einem weiteren Fertigungsschritt auf die Fügestelle ein geeignetes Klebematerial aufgetragen. Durch Aufschrumpfen der Armatur auf die vorbereite Fügestelle wird ein Klebeschrumpfverbund zwischen der Armatur und dem Mantelrohr hergestellt, der die Gasdichtigkeit insbesondere unter den gegebenen mechanischen Belastungen gewährleisten soll.
Die Gewährleistung der Gasdichtigkeit erfordert demnach einen relativ hohen Fertigungsaufwand, da die Herstellung einer gasdichten Verbindung zwischen den unterschiedlichen Materialien technisch komplex und hinsichtlich des Fertigungsablaufs aufwändig ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gasdichtigkeit auch unter den auf die Durchführung wirkenden mechanischen Belastungen gewährleistet bleiben muss. vgl. Beschreibungsseiten 1 bis 3, erster Absatz.
Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Hochspannungsdurchführung anzugeben, die möglichst einfach und kostengünstig herzustellen ist, sowie ein zugehöriges Herstellungsverfahren anzugeben, vgl. Beschreibungsseite 3, letzter Absatz.
Gelöst wird diese Aufgabe durch die Hochspannungsdurchführung bzw. das Herstellungsverfahren nach den Ansprüchen 1 bzw. 16.
Die beanspruchte Hochspannungsdurchführung ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 schematisch dargestellt.
Zur Durchführung eines elektrischen Leiters (3) zwischen einem mit Isoliergas isolierten System GIS und einem mit Luft isolierten System bzw. Luftsystem LIS umfasst die Hochspannungsdurchführung (1) ein aus einem Faserverbundwerkstoff (6) gefertigtes Mantelrohr (5). Auf der Hochspannungs- bzw. Kopfseite der Hochspannungsdurchführung (1) ist am Mantelrohr (5) eine erste Armatur (7) befestigt, und auf der Erdseite (G) ist das Mantelrohr (5) mit einer zweiten Armatur (8) verbunden, die die Hochspannungsdurchführung (1) an einer Anlage (G) befestigt. Die hochspannungsseitige erste Armatur (7) weist eine Durchführung (9) auf, durch die sich der elektrische Leiter (3) zwischen dem Luftsystem LIS und dem mit Isoliergas isolierten System GIS erstreckt. Sowohl die hochspannungsseitige erste Armatur (7) als auch die erdseitige zweite Armatur (8) sind mit dem Mantelrohr (5) gasdicht verbunden. Der Innenraum der Hochspannungsdurchführung (1) ist mit einem lsoliergas (IG) gefüllt, und die erdseitige zweite Armatur (8) ist am Mantelrohr (5) mittels einer Schrumpfklebever- bindung gefügt. Zur Befestigung am Mantelrohr (5) umfasst die hochspannungsseitige erste Armatur (7) einen sich über einen Axialabschnitt (11) erstreckenden Befestigungsbund (12), der die Form eines Kegelstumpfes KS hat. Dementsprechend verjüngt sich der Außenumfang U des Befestigungsbunds (12) konisch vom Mantelrohr (5) weg nach außen, so dass der Außendurchmesser D1 am mantelrohrseitigen Ende des Befestigungsbunds (12) größer ist als der Außendurchmesser D2 am kopfseitigen Ende des Befestigungsbunds (12). Die Mantelfläche des Befestigungsbunds (12) ist mit dem Faserverbundmaterial (6) des Mantelrohrs (5) derart umwickelt, dass neben einer kraftschlüssigen Verbindung zwischen der ersten Armatur (7) bzw. dem Befestigungsbund (12) und dem Mantelrohr (5) zugleich auch eine formschlüssige Verbindung aufgrund der konischen Form des Befestigungsbunds (12) gegeben ist.
Die Umwicklung des Befestigungsbunds (12) der ersten Armatur (7) mit dem Faserverbundwerkstoff (6) des Mantelrohrs (5) erfolgt in einem gemeinsamen Fertigungsschritt während der Herstellung des Mantelrohrs (5), wozu die erste Armatur (7) als Verlängerung der Wickelform für das Mantelrohr (5) verwendet wird. Anschließend werden der Befestigungsbund (12) und die Wickelform gemeinsam mit Fasern für den Faserverbundwerkstoff (6) des Mantelrohrs (5) umwickelt und ein gasdichter, mechanisch stabiler und dauerhafter Verbund zwischen dem Befestigungsbund (12) der ersten Armatur (7) und dem Mantelrohr (5) hergestellt. Danach wird die Wickelform entfernt, vgl. Beschreibungsseiten 11 und 12.
2. Anspruch 16 ist zulässig.
Der unabhängige Anspruch 16 ist aus dem ursprünglichen Sachanspruch 1 abgeleitet und als Verfahren formuliert, was zulässig ist, da in der Beschreibung auf Seite 3, letzter Absatz bis Seite 5, erster Absatz das zugehörige Verfahren erläutert ist. Dabei entsprechen die Merkmale (a) bis (g) des Anspruchs 16 den als Verfahren formulierten Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 1, und die neu aufgenommenen Merkmale (h) bis (k) sind in der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 3, letzter Absatz und Seite 4, dritter Absatz offenbart.
3. Das gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Herstellungsverfahren nach Anspruch 16 ist hinsichtlich des vorgenannten Stands der Technik neu (§ 3 PatG) und es beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns (§ 4 PatG). Dieser ist hier als ein Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der Entwicklung von Hochspannungsdurchführungen zu definieren.
Gemäß den kennzeichnenden Merkmalen (g) bis (i) des Anspruchs 16 werden bei der Herstellung der Hochspannungsdurchführung wenigstens eine der beiden Armaturen und das Mantelrohr dadurch miteinander verbunden, dass die wenigstens eine Armatur zumindest entlang eines Axialabschnitts vom Faserverbundwerkstoff des Mantelrohrs umwickelt wird, indem bei der Fertigung des Mantelrohrs die wenigstens eine der beiden Armaturen als eine Ergänzung zu einer Wickelform für ein Fasermaterial des Mantelrohrs eingesetzt wird, so dass die Verbindung der Armatur mit dem Mantelrohr in den Fertigungsschritt des Mantelrohrs integriert ist, wobei die zu verbindende Armatur auf die Wickelform für das Mantelrohr aufgesetzt wird.
Für eine derartige Ausgestaltung des Herstellungsverfahrens einer Hochspannungsdurchführung mit den Merkmale (a) bis (f) des Anspruchs 16 gibt es in dem entgegengehaltenen Stand der Technik keine Anregung.
Die von der Prüfungsstelle als nächstliegender Stand der Technik angesehene Druckschrift D1 offenbart in den Figuren 1 bis 4 mit Anspruch 1 und Beschreibung in den Absätzen [0012] bis [0017] mit den Worten des Oberbegriffs von Anspruch 16 ein Verfahren zur Herstellung einer Hochspannungsdurchführung (Verbundisolator 1), (a) die zur Durchleitung eines spannungsführenden Leiters (Leiter 6) vorgesehen ist (b) und die ein Mantelrohr aus einem Faserverbundwerkstoff (glasfaserverstärktes Kunststoffrohr 2), (c) eine hochspannungsseitige erste Armatur (d) und eine erdseitige zweite Armatur (Flansche 3 und 4) aufweist, (e) wobei die erste und die zweite Armatur (3, 4) jeweils mit dem Mantelrohr (2) gasdicht (vgl. Abs. [0015]): „[…] dicht verschlossen […]“) verbunden sind, (f) und wobei die erste Armatur (3, 4) das Mantelrohr (2) abschließt und eine Durchführung für den Leiter (6) umfasst.
Ein Hinweis bezüglich der kennzeichnenden Merkmale (g) bis (i) des Anspruchs 16 findet sich in Druckschrift D1 jedoch nicht. Denn sämtliche Figuren von Druckschrift D1 zeigen von außen auf das Rohr (2) aufgesetzte Flansche (3, 4), wohingegen nach der Lehre der kennzeichnenden Merkmale (g) bis (i) des Anspruchs 16 die Armatur vom Faserverbundwerkstoff des Mantelrohrs umwickelt wird und sich folglich der umwickelte Teil der Armaturen bzw. Flansche innerhalb des Rohres befinden muss. Da auch die Beschreibung und die Ansprüche dem Fachmann keine diesbezügliche Anregung geben können, hat der Fachmann ausgehend von Druckschrift D1 auch keinen Anlass das in Druckschrift D1 offenbarte Verfahren entsprechend dem Kennzeichen des Anspruchs 16 abzuändern.
Im Unterschied zur anspruchsgemäßen Lehre betrifft Druckschrift D2 keine Hochspannungsdurchführung mit zwei endseitig angeordneten Armaturen, sondern eine elektrische Durchführung für kryogene Anwendungen ohne zwei endseitig angeordnete Armaturen. Gemäß Druckschrift D2 wird der lsolationskörper (7) der elektrischen Durchführung durch einen mehrstufigen Wickelprozess hergestellt, indem auf einem Wickeldorn (3) mit zwei Begrenzungsteilen (4, 5) ein inneres Wickelteil (9) und darauf unter Zwischenlage von stiftartigen Leiterstücken (10, 11)
ein mittleres Wickelteil (17) aufgewickelt werden. Nach Aushärtung dieses Zwischenprodukts wird dieses zur Bereitstellung einer möglichst glatten rohrförmigen Mantelfläche ggf. durch Abdrehen nachbehandelt und dann ein Fußteile (25, 26) aufweisender metallischer Flansch (20) auf das Rohr aufgeschoben, im mittleren Drittel des Rohrs positioniert und mit dem Rohr verklebt. Zusätzlich werden die Fußteile (25, 26) mit harzgetränkten Glasfasersträngen (28a, b) umwickelt. Dabei ist wesentlich, dass sich bei einer Abkühlung von 300 auf 4,2 Kelvin die Materialschrumpfungen von Flansch und Isolationskörper zwecks Gewährleistung der Dichtigkeit nur um ±5% voneinander unterscheiden. In Druckschrift D2 findet der Fachmann somit in erster Linie eine Anregung, auf ein bereits hergestelltes Mantelrohr weitere Wickellagen aufzubringen und dadurch einen äußeren Flansch an dem Mantelrohr zu befestigen. Die Durchführung (siehe Fig. 1) weist jedoch zusätzlich einen kurzen rohrförmigen Überstand auf, der durch einen Wickelkörper (28a) gebildet wird, mit dem auch der Flansch (20) auf der Außenseite zu dessen Befestigung umwickelt ist. Dieser Überstand wird gebildet, indem auf die ansonsten fertiggestellte Durchführung, die auch die Wickelteile (9) und (17) umfasst, und das als Wickelhilfe dienende Teil (5) eine weitere Schicht aus harzgetränkten Glasfasersträngen gewickelt wird (vgl. Sp. 5, Z. 23 bis 32). Da die Durchführung prinzipiell auch als Armatur bezeichnet werden kann, ist somit aus Druckschrift D2 ein Herstellungsverfahren bekannt, bei dem im Wortlaut des Anspruchs 16.
(g‘) die wenigstens eine Armatur und das Mantelrohr (28a) dadurch verbunden werden, dass die wenigstens eine Armatur zumindest entlang eines Axialabschnitts vom Faserverbundwerkstoff des Mantelrohrs (28a) umwickelt wird,
(h) indem bei der Fertigung des Mantelrohrs (28a) die wenigstens eine Armatur als eine Ergänzung zu einer Wickelform (5) für ein Fasermaterial des Mantelrohrs (28a) eingesetzt wird, so dass die Verbindung der Armatur mit dem Mantelrohr (28a) in den Fertigungsschritt des Mantelrohrs (28a) integriert ist,
(i) wobei die zu verbindende Armatur auf die Wickelform (5) für das Mantelrohr (28a) aufgesetzt wird (vgl. Fig. 1, wo man wegen der Größenverhältnisse wohl eher davon sprechen würde, dass die Wickelform auf die Armatur aufgesetzt wird, doch sind diese Angaben relativ vom jeweiligen Standpunkt zu sehen),
(j) anschließend die Armatur zumindest entlang des Axialabschnittes gemeinsam mit der Wickelform (5) unter gleichzeitiger oder nachfolgender Zuführung von Harz mit den vorgesehenen Fasern umwickelt wird und
(k) die Wickelform nach dem Aushärten des Harzes entfernt wird (vgl. Sp. 3, Z. 62 bis Sp. 4, Z. 3).
Letzteres ergibt sich auch aus dem verwendeten Material für die Wickelform (5), das sich mit dem Harz möglichst wenig verbindet.
Bei dem Verfahren aus Druckschrift D2 wird jedoch keine Hochspannungsdurchführung hergestellt, wie sie mit den Merkmalen (a) bis (f) des Anspruchs 16 beansprucht wird. Auch eine direkte Eignung des Verfahrens zur Herstellung einer solchen Durchführung gibt es nicht, denn die Größenverhältnisse zwischen Mantelrohr und Armatur des Anspruchs 16 sind deutlich unterschiedlich zu den in Druckschrift D2 gezeigten. Zudem gibt es für den Fachmann keinen Hinweis darauf, wie er dieses Verfahren abändern muss, damit es für die Herstellung einer Hochspannungsdurchführung mit den Merkmalen (a) bis (f) geeignet ist. Damit kann Druckschrift D2 das Verfahren des Anspruchs 16 weder neuheitsschädlich vorwegnehmen noch nahelegen.
Druckschrift D5, vgl. deren Ansprüche 1 und 5 mit Beschreibungsseiten 2 bis 4 und Figur 1 offenbart eine aus Faserverbundstoff bestehende Armatur einer Hochspannungsdurchführung, die durch Wickeln direkt an das Mantelrohr angeformt wird. Demnach wird im Unterschied zum kennzeichnenden Merkmal (h) des Anspruchs 16 die Armatur nicht bei der Fertigung des Mantelrohrs als eine Ergänzung zu einer Wickelform für ein Fasermaterial des Mantelrohrs eingesetzt und die Verbindung der Armatur mit dem Mantelrohr auch nicht in den Fertigungsschritt des Mantelrohrs integriert, sondern die Armatur mit dem bereits fertigen Mantelrohr verbunden. Folglich steht auch Druckschrift D5 dem beanspruchten Herstellungsverfahren nicht patenthindernd entgegen.
Druckschrift D4 geht von der Problematik aus, dass durch Umwickeln hergestellte Mantelrohre von Hochspannungsdurchführungen eine eingeschränkte Stabilität und Isolationswirkung aufweisen können und dass das übliche Aufkleben der Armaturen von außen oder von innen auf das Mantelrohr hinsichtlich des Fertigungsprozesses einen hohen Ausschuss aufweist. Als Lösung schlägt Druckschrift D4 vor, das Mantelrohr und die Armatur aus einem faserverstärkten Kunststoff durch Flechten einstückig herzustellen. Somit kann auch Druckschrift D4 dem Fachmann keine Anregung bezüglich einer Kombination der kennzeichnenden Merkmale (g) und (h) von Anspruch 16 geben. Insbesondere können die Druckschriften D4 und D5 auch in Zusammenschau dem Fachmann das beanspruchte Verfahren nicht nahelegen, da er daraus als vorteilhafte Varianten lediglich entnimmt, entweder die Armatur mit dem fertigen Mantelrohr durch Kleben bzw. Wickeln zu verbinden oder die Armatur und das Mantelrohr einstückig durch Flechten in einem gemeinsamen Fertigungsschritt herzustellen, aber nicht die Variante entsprechend dem Kennzeichen des Anspruchs 16.
In Druckschrift D3 ist ein glasfaserverstärkter Kunststoff-Hängeisolator beschrieben, bei dem gemäß Anspruch 4 die Armaturen die Enden des dem Mantelrohr entsprechenden Glasfaserstrangs umfassen und zusätzlich mit reinharzgetränktem Glasgewebeband umwickelt sind. Da die Armaturen den Glasfaserstrang von außen umfassen, sind auch durch Druckschrift D3 die Merkmale (g) und (h) des Anspruchs 16 weder vorweggenommen noch nahegelegt, wonach wenigstens eine der beiden Armaturen und das Mantelrohr dadurch verbunden werden, dass die wenigstens eine Armatur zumindest entlang eines Axialabschnitts vom Faserverbundwerkstoff des Mantelrohrs umwickelt wird, indem bei der Fertigung des Mantelrohrs die wenigstens eine der beiden Armaturen als eine Ergänzung zu ei- ner Wickelform für ein Fasermaterial des Mantelrohrs eingesetzt wird, so dass die Verbindung der Armatur mit dem Mantelrohr in den Fertigungsschritt des Mantelrohrs integriert ist.
Im Fokus der Druckschrift D8 steht die Bereitstellung einer Hochspannungsdurchführung mit integrierter Abschirmelektrode. Sie offenbart in Fig. 1a und 2a mit Beschreibung in Abs. [0030] und [0033] in Übereinstimmung mit dem Oberbegriff des Anspruchs 16 ein Verfahren zur Herstellung einer Hochspannungsdurchführung (high-voltage bushing 1),
(a) die zur Durchleitung eines spannungsführenden Leiters (electric conductor 3) vorgesehen ist
(b) und die ein Mantelrohr (gas chamber 20, hollow cylinder with an axis 3a, insulator part 2, 2a, 2b) aus einem Faserverbundwerkstoff (GFK tube, glass-fiber reinforced plastic tube),
(c) eine hochspannungsseitige erste Armatur (second installation flange 8 on the voltage side)
(d) und eine erdseitige zweite Armatur (first installation flange 4 on the grounded side) aufweist,
(e) wobei die erste und die zweite Armatur (8, 4) jeweils mit dem Mantelrohr (2) gasdicht (insulating gas SF6) verbunden sind,
(f) und wobei die erste Armatur (8) das Mantelrohr (20) abschließt und eine Durchführung für den Leiter (3) umfasst.
Eine Anregung bezüglich der kennzeichnenden Verfahrensschritte des Anspruchs 16 kann Druckschrift D8 dem Fachmann aber nicht geben, denn in Abs. [0004] wird nur darauf hingewiesen, das aus einem Faserverbundwerkstoff (GFK) bestehende Mantelrohr wie üblich durch Umwickeln unter Zuführung von Harz vorab herzustellen, und auch die Figuren zeigen keine von außen durch das Mantelrohr umwickelte Armatur.
Die weiteren Druckschriften D6, D7 und D9 wurden von der Prüfungsstelle lediglich hinsichtlich der Merkmale abhängiger Ansprüche vorgelegt und haben ansonsten vor der Prüfungsstelle und in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt. Sie können dem Fachmann ebenfalls keine Anregung hinsichtlich des Kennzeichens von Anspruch 16 geben.
Zu den der Beurteilung durch den Senat entzogenen Ansprüchen 1 bis 15 hat die Prüfungsstelle bereits dargelegt, dass es im ermittelten Stand der Technik keinen Hinweis bezüglich dessen Merkmals (h) gibt und die darin beanspruchte Hochspannungsdurchführung demgegenüber patentfähig ist.
Da das Verfahren nach dem selbständigen Anspruch 16 neu gegenüber den Druckschriften D1 bis D9 ist und dem Fachmann durch diesen Stand der Technik auch nicht nahegelegt wird, ist es patentfähig und der dem Antrag zugrundeliegende Anspruchssatz somit gewährbar.
Zudem sind in der geltenden Beschreibung mit Zeichnung die Hochspannungsdurchführung und das Verfahren gemäß den Ansprüchen ausreichend erläutert.
4. Bei dieser Sachlage war das Patent im beantragten Umfang zu erteilen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der Anmelderin das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann prö