AnwZ (Brfg) 7/25
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 7/25 BESCHLUSS vom 28. Mai 2025 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Erfüllung der Pflicht zur Teilnahme an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht ECLI:DE:BGH:2025:280525BANWZ.BRFG.7.25.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Berichterstatter Richter Dr. Remmert am 28. Mai 2025 beschlossen:
Das Zulassungsverfahren wird eingestellt. Das am 4. und 10. Januar 2025 den Beteiligten an Verkündungs statt zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg ist gegenstandslos. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe: I.
Die am 26. September 2023 zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass sie ihre Pflicht zur Teilnahme an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht gemäß § 43f BRAO fristgerecht erfüllt hat. Sie hatte zuvor im Zeitraum vom 8. September 2023 bis zum
5. November 2023 einen Video-Kurs zum anwaltlichen Berufsrecht absolviert. Die Beklagte hielt den Kurs für nicht ausreichend und teilte der Klägerin mit EMail vom 29. Februar 2024 mit, dass der entsprechende Nachweis nicht anerkannt werde. Hiergegen erhob die Klägerin vor dem Anwaltsgerichtshof Feststellungsklage. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs beantragt. Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 28. März 2025 ein von der Klägerin mit Schreiben vom 20. März 2025 übersandtes, auf die Klägerin ausgestelltes Zertifikat vom 27. Februar 2025 betreffend die Teilnahme an einer - seitens der Klägerin bereits während des Referendariats im Dezember 2020 und Januar 2021 absolvierten - Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht vorgelegt und ein gegen die Klägerin eingeleitetes Rügeverfahren eingestellt hat, haben die Beteiligten das vor dem Senat anhängige Verfahren betreffend den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
II.
Nachdem die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Zulassungsverfahren entsprechend § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Ferner ist zur Klarstellung entsprechend § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO auszusprechen, dass das angefochtene Urteil wirkungslos geworden ist. Für die gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 87a Abs. 1 Nr. 3 bis 5, Abs. 3 VwGO der Berichterstatter zuständig.
Über die Kosten ist nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Danach sind vorliegend die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Denn ihr Antrag auf Zulassung der Berufung hätte keinen Erfolg gehabt. Er wäre abzulehnen gewesen, weil im Hinblick auf die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage - von Anfang an - das gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse fehlt.
Die Klägerin war nicht gemäß § 43f Abs. 1 Satz 1 BRAO zur Teilnahme an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht verpflichtet. Nach § 43f Abs. 2 BRAO besteht die Pflicht nach § 43f Abs. 1 Satz 1 BRAO nicht, wenn der Rechtsanwalt nachweist, dass er innerhalb von sieben Jahren vor seiner erstmaligen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an einer Lehrveranstaltung nach § 43f Abs. 1 BRAO teilgenommen hat. Dabei kann es sich auch um eine Lehrveranstaltung innerhalb des Referendariats handeln (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss) zu dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe, BT-Drucks. 19/30516, S. 46). Es bestand daher infolge der Teilnahme der Klägerin an der Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht bereits während ihres Referendariats im Dezember 2020 und Januar 2021 keine Pflicht ihrerseits gemäß § 43f Abs. 1 BRAO, (nochmals) an einer Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht teilzunehmen.
Die Klägerin hatte dementsprechend kein berechtigtes Interesse i.S.v. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 43 Abs. 1 VwGO an der von ihr begehrten Feststellung der Erfüllung ihrer Pflicht gemäß § 43f Abs. 1 BRAO mittels des von ihr im Jahr 2023 absolvierten Video-Kurses. Soweit sie geltend macht, erst auf ausdrückliche Anfrage bei der Rechtsanwaltskammer sei ihr im Nachgang ein Teilnahmezertifikat vom 27. Februar 2025 betreffend die bereits während ihres Referendariats absolvierte Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht ausgestellt worden, begründet dies kein Feststellungsinteresse im Hinblick auf die von ihr erhobene Klage. Denn es wäre ihr unbenommen gewesen, ein solches Teilnahmezertifikat schon früher anzufragen und mittels des Zertifikats ihre fehlende Pflicht gemäß § 43f Abs. 1 BRAO nachzuweisen. Als Rechtsanwältin musste ihr die Bestimmung des § 43f Abs. 2 BRAO bekannt sein und damit auch, dass mithilfe der Vorlage einer Bescheinigung über die von ihr als Referendarin absolvierte Lehrveranstaltung ihre Pflicht gemäß § 43f Abs. 1 BRAO entfiel. Damit entfiel zugleich, wie ihr ebenfalls bewusst sein musste, die Notwendigkeit der (nochmaligen) Teilnahme an einer Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht und der Anerkennung einer solchen Lehrveranstaltung gemäß § 43f Abs. 1 BRAO durch die Beklagte.
Ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestand entgegen ihrer Auffassung auch nicht deshalb, weil die Beklagte wegen der mangelnden Erfüllung der Pflicht der Klägerin aus § 43f Abs. 1 BRAO ein Rügeverfahren gemäß § 74 Abs. 1 BRAO eingeleitet hatte. Wie die zwischenzeitlich erfolgte Einstellung dieses Verfahrens zeigt, war es der Klägerin jederzeit möglich, mittels der Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an der bereits während ihres Referendariats absolvierten Lehrveranstaltung über das anwaltliche Berufsrecht nachzuweisen, dass gemäß § 43f Abs. 2 BRAO eine Pflicht ihrerseits zur (nochmaligen) Teilnahme an einer Lehrveranstaltung nach § 43f Abs. 1 BRAO nicht bestand, und damit die Einleitung eines Rügeverfahrens von Anfang an zu verhindern beziehungsweise ein eingeleitetes Rügeverfahren zur Einstellung zu bringen. Die Erfüllung einer Pflicht gemäß § 43f Abs. 1 BRAO durch den im Jahr 2023 absolvierten Video-Kurs war für sie daher auch im Hinblick auf das Rügeverfahren ohne Belang.
III. 7 Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 194 Abs. 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.
Fehlen Anhaltspunkte für eine Streitwertbestimmung, ist für das Klagebegehren der Regelstreitwert von 5.000 € anzusetzen (§ 52 Abs. 2 GKG).
(Dr. Remmert)
Vorinstanz: AGH Stuttgart, Entscheidung vom 23.12.2024 - AGH 7/2024 I -