26 W (pat) 59/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 59/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In dem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren …
betreffend die Marke 30 2009 012 084.6 BPatG 152 08.05 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann sowie die Richter Reker und Hermann beschlossen:
Der Antrag des Markeninhabers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren wird gerichtsgebührenfrei ohne Erstattung außergerichtlicher Auslagen zurückgewiesen.
Gründe I
Gegen die Eintragung der Wortmarke 30 2009 012 084 BIONATOR für die Waren und Dienstleistungen Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und ändere Präparate für die Zubereitung von Getränken Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) Klasse 35: Werbung ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware Klasse 32: Alkoholfreie Getränke eingetragenen prioritätsälteren Marke EM 214 098 BIONADE.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zunächst wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle den Beschluss zum Teil aufgehoben und die Löschung der Marke aufgrund des Widerspruchs für „Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken" angeordnet.
Zur Begründung hat der Erinnerungsprüfer ausgeführt, dass hinsichtlich dieser Waren der Klasse 32 eine Verwechslungsgefahr bestehe (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 MarkenG). Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei bestehe eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden könne und umgekehrt. Ausgangspunkt der Beurteilung seit hierbei der Standpunkt eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten der betroffenen Art von Waren oder Dienstleistungen. Hier stünden den Waren der Widerspruchsmarke auf Seiten der jüngeren Marke mit Mineralwässern, kohlensäurehaltigen Wässern und anderen alkoholfreien Getränken sowie Fruchtgetränken und Fruchtsäften identische Waren gegenüber, weil diese alle unter die Gruppe der „alkoholfreien Getränke" fallen. Zudem bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit im Verhältnis zu Sirupen und anderen Präparaten für die Zubereitung von Getränken, aus denen in einfachster Weise - durch Zugabe von Wasser - genussfertige alkoholfreie Getränke, etwa Limonaden oder Fruchtgetränke, hergestellt werden könnten. Dem Widerspruchszeichen komme eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Kennzeichnungskraft zu. Das Phantasiewort „Bionade" wirke originell und prägnant und verfüge daher schon von Haus aus zumindest über eine annähernd normale Kennzeichnungsstärke, habe aber, wie sich aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen ergebe, als Lifestylegetränk einen gesteigerten Bekanntheitsgrad erreicht. Unter diesen Umständen seien im fraglichen Warenbereich überdurchschnittlich strenge Anforderungen an den zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Markenabstand zu stellen, der in klanglicher Hinsicht nicht gewährleistet sei. Die sich gegenüberstehenden Wortzeichen stimmten in der Zahl der Sprechsilben, im Sprechrhythmus sowie in der Silbenfolge „bi-o-na" gänzlich überein und wiesen zudem in den Konsonanten „t" und „d" am Beginn der letzten Silben eng verwandte Sprenglaute auf. Gegenüber diesen weitreichenden Gemeinsamkeiten träten die Abweichungen in den Lauten „or" und „e" der unbetonten Endsilben bezogen auf die Gesamtklangbilder nicht hinreichend hervor, um Verwechslungen infolge Verhörens sicher ausschließen zu können. Daher sei der Widerspruch für die betreffenden Waren der Klasse 32 erfolgreich und insoweit die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke sei hingegen eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Hiergegen wendet sich der Markeninhaber u. a. mit seinem Schriftsatz vom 14. Mai 2013 mit dem Hinweis, auch Bier sei in alkoholfreier Brauart erhältlich, weshalb die von der Markenstelle vorgenommene Differenzierung nicht nachvollziehbar sei. Bionade sei beschreibend für Bier und Limonade und zudem heute kein Kultgetränk mehr. Soweit er auf dem ordentlichen Rechtsweg in Verletzungsverfahren unterlegen sei, sei dies ebenso zu Unrecht geschehen wie die aus seiner Sicht unbegründete Anregung einer Betreuungseinrichtung.
Der Markeninhaber beantragt,
ihm Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren zu bewilligen.
II Der Prozesskostenhilfeantrag des Markeninhabers ist statthaft, er ist jedoch zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Beschwerde des Markeninhabers ohne Erfolgsaussicht ist, §§ 82 Abs. 2 S. 1 MarkenG i. V. m. § 114 S. 1 ZPO.
Denn die Markenstelle hat in dem Erinnerungsbeschluss vom 3. Mai 2013 überzeugend dargelegt, dass im Bereich der im Beschlusstenor genannten Waren der Klasse 32 ein hoher Markenabstand notwendig ist, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Diesen Abstand hält die jüngere Marke nicht ein.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594 - Ferraripferd, GRUR 2005, 427 - lila Schokolade; GRUR 2005, 513 - May/ELLA MAY).
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker MarkenG 10. Aufl. § 9 Rdn. 180).
Zwischen den Waren der Widersprechenden einerseits und den Waren des Inhabers der angegriffenen Marke andererseits besteht im von der Markenstelle begründeten Umfang Identität oder hochgradige Ähnlichkeit. Das stellt auch der Markeninhaber nicht in Frage, der sogar Bier im Ähnlichkeitsbereich sieht.
Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Annahme jedenfalls durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, weshalb die Markenstelle zutreffend unter Anwendung entsprechend strenger Anforderungen an den Markenabstand eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG angenommen hat. Ob die Widerspruchsmarke über eine deutlich gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, wie der Markeninhaber bezweifelt, kann daher dahinstehen. Nach Kenntnis des Senats ist die Widerspruchsmarke allerdings nach wie vor auffallend marktpräsent. Von einer Kennzeichnungsschwäche kann indes nicht die Rede sein, weil „Bionade“ in seiner konkreten Zusammensetzung nicht beschreibend ist.
In klanglicher Hinsicht wird die Marke „Bionator“ mit der prioritätsälteren Wortmarke „Bionade" verwechselt, denn beide Marken beginnen übereinstimmend mit „biona“ und enden mit einer kurzen, durch einen Sprenglaut eingeleiteten Silbe. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss kann Bezug genommen werden. Diese Endung indes vermag sich nicht in einer die Gefahr von Verwechslungen ausschließenden Weise hörbar durchzusetzen, wobei der Hinweis auf mündliche Bestellung in lebhafter Umgebung überzeugt.
Die Ansicht des Markeninhabers, der Senat habe in der vorangegangenen Entscheidung im Verfahren 26 W (pat) 184/09 bereits eine Verwechslungsgefahr verneint, greift zu kurz. Hier hat der Senat angesichts der Unzulässigkeit des Widerspruchs die Frage, ob zwischen den beiderseitigen Marken die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht, ausdrücklich dahingestellt gelassen und angemerkt, dass die Verneinung der Verwechslungsgefahr durch die Markenstelle keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken ausgesetzt sei, nachdem sich die Gemeinsamkeiten der beiderseitigen, nicht für identische, sondern nur für teilweise ähnliche Waren eingetragenen Marken im Wesentlichen auf eine Übereinstimmung in dem beschreibenden Wortbestandteil „Bio“ beschränkten, und eine Übereinstimmung in rein beschreibenden Markenteilen eine Verwechslungsgefahr regelmäßig nicht zu begründen vermöge. Dies ist unverändert zutreffend, im vorliegenden Fall allerdings liegen die gelöschten Waren im Identitäts- bzw. hochgradigen Ähnlichkeitsbereich, was zu der abweichenden Beurteilung führt.
Da die Beschwerde daher ohne Erfolgsaussicht ist, war der Prozesskostenhilfeantrag zurückzuweisen.
Es kann dahinstehen, dass der Antragsteller auch seine Obliegenheit, sich über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 ZPO) und diese glaubhaft zu machen (§ 118 ZPO), nicht erfüllt hat. Auch die Beiordnung eines Rechtsanwaltes kam mangels Erfolgsaussicht nicht in Betracht.
Dr. Fuchs-Wissemann Reker Hermann Bb