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StB 30/25

BUNDESGERICHTSHOF StB 30/25 BESCHLUSS vom 26. Juni 2025 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer u.a.

hier: Beschwerde gegen den aufgrund Haftprüfung ergangenen Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 2025 ECLI:DE:BGH:2025:260625BSTB30.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am 26. Juni 2025 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:

1. Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 2025 (3 BGs 347/25) wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Beschuldigte ist aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 2025 (3 BGs 227/25) am 21. Mai 2025 festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe als Jugendlicher mit Verantwortungsreife seit dem 18. April 2024 in A.

und anderenorts in drei Fällen sich an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer beteiligt, hierbei in einem Fall gemeinschaftlich versucht, mindestens einen Menschen heimtückisch, mit gemeingefährlichen Mitteln und aus niedrigen Beweggründen zu töten, durch dieselbe Handlung ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen gedient habe, in Brand gesetzt und durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört, rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört und im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Abs. 2 StGB bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Abs. 3 StGB) verwendet, in einem weiteren Fall vorsätzlich anderen zu deren vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat, einem versuchten gemeinschaftlichen, heimtückischen, mit gemeingefährlichen Mitteln und aus niedrigen Beweggründen begangenen Mord, einer versuchten besonders schweren Brandstiftung, einer Sachbeschädigung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, Hilfe geleistet sowie in einem weiteren Fall verabredet, ein Verbrechen (Mord gemäß § 211 StGB) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, § 211 Abs. 2 erste Gruppe Variante 1, zweite Gruppe Variante 1 und 3, § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 1, § 303 Abs. 1, §§ 303c, 86a Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 30 Abs. 2 in Verbindung mit § 211 Abs. 2 erste Gruppe Variante 1, zweite Gruppe Variante 1 und 3, §§ 52, 53 StGB, §§ 1, 3 JGG.

Aufgrund einer vom Beschuldigten begehrten Haftprüfung hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs durch Beschluss vom 5. Juni 2025 (3 BGs 347/25) den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug belassen. Dagegen wendet sich der Beschuldigte mit seiner Beschwerde, mit der er beantragt, den Haftbefehl aufzuheben, hilfsweise gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen. Er beanstandet im Wesentlichen, der Beschuldigte werde zu Unrecht insbesondere der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer und der ihm vorgeworfenen einzelnen Tötungs- und Brandstiftungsdelikte als dringend verdächtig erachtet. Ferner fehle es an einem Haftgrund. Schließlich sei der weitere Vollzug der Untersuchungshaft unverhältnismäßig.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 304 Abs. 5 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, die dahin auszulegen ist (§ 300 StPO), dass sie sich gegen den Haftfortdauerbeschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. Juni 2025 als die zuletzt ergangene den Bestand des Haftbefehls betreffende Haftentscheidung richtet (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2022 – StB 16/22, juris Rn. 7 mwN; Schmitt/Köhler/Schmitt, StPO, 68. Aufl., § 117 Rn. 8), ist unbegründet. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen Haftbefehl und dessen Vollzug liegen vor.

1. Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

a) Der Beschuldigte, die sieben Mitbeschuldigten und weitere Personen bildeten spätestens im April 2024 die militante rechtsextremistische Gruppierung „L. “ (L. ).

Die auf längere Zeit angelegte L. fand sich zunächst aus Teilnehmern einer Chatgruppe namens „L.

– Generalchat“ bei einem Instant-Messenger- Dienst zusammen, der unter anderem der Beschuldigte angehörte. Die ideologische Ausrichtung der Gruppierung folgte rechtsextremen und ausländerfeindlichen Vorstellungen. Ihre Mitglieder waren sich einig, dass insbesondere Menschen mit Migrationshintergrund und Personen des politisch linken Spektrums schädlich für Deutschland seien. Sie sahen sich als letzte Instanz zur Verteidigung deutscher Traditionen und heimischer Kultur sowie der „Deutschen Nation“.

Einer vermeintlich drohenden Überfremdung aufgrund einer aus ihrer Sicht bestehenden Massenmigration wollten sie entgegenwirken. Ebenso bestand eine ausgeprägte Abneigung gegenüber der LGBTQ+-Bewegung.

Ihre politische Einstellung präsentierten die Mitglieder unter Verwendung rassistischer und antisemitischer Nachrichten offen in sozialen Medien. Dabei glorifizierten sie das „Dritte Reich“ und den Nationalsozialismus. Ziel war es, das „eigene Land“ in der Tradition der SA sowie im politischen Denken der NSDAP „zurückzuerobern“ und im gesamten Bundesgebiet bewaffnete Treffen abzuhalten. Die Mitglieder hatten die Absicht, einen Rassenkrieg auszulösen, bei dem zum Erhalt der „weißen Rasse“ eine Gewaltspirale von Reaktion und Gegenreaktion in Gang gesetzt werden sollte, um im Ergebnis die liberale Demokratie zu beseitigen. Wie dies erreicht werden könnte, war immer wieder Inhalt der Chatdiskussionen. Um den geplanten Umsturz und den Zusammenbruch des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland entsprechend einer völkisch-nationalistischen Gesinnung herbeizuführen, beabsichtigten die Mitglieder aufgrund ihres Hasses auf Migranten und die „politischen Gegner aus der linken Szene“, insbesondere Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime sowie Einrichtungen zu begehen, die dem politisch linken Spektrum zuzuordnen waren, und in der Bevölkerung eine fremdenfeindliche Stimmung zu erzeugen.

Die L. war hierarchisch organisiert. Die Mitbeschuldigten H. und R. nahmen zunächst bei Gründung eine Führungsrolle ein, trafen die wesentlichen Entscheidungen und gaben die rechtsextreme Richtung innerhalb der Vereinigung vor. Dabei war der Mitbeschuldigte H. insbesondere derjenige Entscheidungsträger, der – ausgestattet mit Administratorenrechten – nach bestandenem Aufnahmeverfahren neue Mitglieder in die Chatgruppe hinzufügte.

Der Beschuldigte gehörte bereits wenige Tage nach Gründung des „L. – Generalchat“ als „Propagandaminister“ ebenfalls zur Führungsebene und war in deren Entscheidungsprozesse eingebunden. Dabei war er für die Öffentlichkeitsarbeit und die Aufnahme von Neumitgliedern zuständig, indem er im Auftrag des Mitbeschuldigten H.

Werbevideos für die L. erstellte, die Mitglieder bei der Begehung von Sachbeschädigungen, dem Tragen von Waffen oder dem Skandieren von rechten Parolen zeigten, persönliche Informationen über Interessenten einholte und die Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen der Bewerber überprüfte. Der Mitbeschuldigte He.

– zu diesem Zeitpunkt zunächst mit 13 Jahren noch strafunmündig – wurde wenige Tage nach der Gründung am 23. April 2024 zum Leiter der „Gestapo“ ernannt. Später – nach Vollendung des 14. Lebensjahres – verfasste er in seiner Funktion und im Auftrag des Beschuldigten etwa ein Schreiben, mit dem dieser einen Brandanschlag ankündigte und in dem dieser um weitere Mitglieder warb. Der Mitbeschuldigte K. wurde Mitte Juli 2024 in die Vereinigung aufgenommen. Der Beschuldigte bestimmte ihn spätestens Mitte August 2024 zum „Gauleiter Sachsen“; eine ähnliche Position hatte der Mitbeschuldigte S. für das Bundesland Thüringen inne. Am 23. Dezember 2024 kam es nach dem Austritt des Mitbeschuldigten H. zu einem Wechsel auf der Führungsebene, über dessen Nachfolger der Beschuldigte mitentschied. Fortan standen die Mitbeschuldigten R. und S. der L. vor, wobei letztgenanntem die Funktion des Stellvertreters zukam.

Die Gruppierung trat nach außen in den sozialen Medien mit hierfür eigens eingerichteten Profilen und zu Werbezwecken erstellten Vorstellungsvideos auf, welche die politischen, insbesondere rechtsextremen und ausländerfeindlichen, Ansichten und Ziele der Mitglieder sowie Kontaktmöglichkeiten darlegten. Hierzu verwendete sie ein eigenes Logo mit Bezug zur Waffen-SS. Ihr Leitspruch lautete: „Wir sind die Welle die den Dreck aus unserem Land spült und ihre Existenz zerstört“. Die Anzahl der Mitglieder sollte nach den Vorstellungen der Führungsebene innerhalb von drei bis vier Jahren auf bis zu 400 ansteigen.

Intern gab sich die L. eine Satzung, von deren Anerkennung der Beitritt abhing und die bei Aufnahme den Interessenten zugänglich gemacht wurde.

Aufnahmevoraussetzung war in der Regel eine politisch motivierte oder fremdenfeindliche Straftat in Form des Anbringens von Graffitis mit rechtsextremen Symbolen, des Einwerfens von Fenstern in Asylbewerberheimen oder der Körperverletzung zum Nachteil von Ausländern. Der Interessent hatte die Tat filmisch zu dokumentieren und dies der Führungsebene zu übermitteln. Ausnahmsweise genügte ein Fürsprecher aus dem Mitgliederkreis. Die Satzung beinhaltete zudem klare Regeln, denen sich die Mitglieder unterwarfen und die darauf ausgerichtet waren, Befehle innerhalb der Hierarchie zu befolgen. So wurde eine Bewaffnung der Mitglieder mit Messern, Schlagringen, Schreckschusspistolen und Böllern angeordnet. Bei strafbaren Aktionen wie Brandlegungen und Sachbeschädigungen sollten Handschuhe und eine Maskierung getragen werden, um eine Identifizierung zu verhindern.

Die Kommunikation und Willensbildung innerhalb der Gruppierung fand in erster Linie, wenngleich es auch persönliche Treffen zwischen den teilnehmenden Chatmitgliedern gab, über den eingerichteten Gruppenchat mit der Bezeichnung „L.

– Generalchat“ statt, in dem sich der Beschuldigte rege beteiligte.

Daneben waren verschiedene weitere Chatgruppen eingerichtet. So gab es etwa für jedes Bundesland eine regionale oder für herausgehobene Abteilungen wie den Geheimdienst eine eigene Gruppe. Dort wie auch teilweise in den Einzelchats zwischen den Angehörigen der Gruppierung wurden im Wesentlichen die von der rechtsextremistischen Ideologie geprägten Anschläge durch koordiniertes, arbeitsteiliges Zusammenwirken der jeweils Beteiligten geplant, etwa indem Vereinbarungen über das Tatobjekt, Treffpunkt, Uhrzeit, Teilnehmerkreis,

Tatkleidung und Tatmittel getroffen wurden. Innerhalb der Gruppierung wurde dabei auch das konkrete Vorgehen von den an der Aktion teilnehmenden Mitgliedern diskutiert; Entscheidungen wurden gemeinsam getroffen. Insbesondere die Führungspersonen riefen ausdrücklich zu Gewalttaten vor allem gegen Personen fremder Herkunft und gegen den „politischen Gegner“ auf.

b) Aus der L. heraus wurden zur Verwirklichung ihrer Ziele die folgenden drei Anschläge unter Beteiligung des Beschuldigten begangen beziehungsweise vorbereitet:

aa) In der Nacht vom 23. Oktober 2024 gegen 1.15 Uhr suchten der Beschuldigte und ein Mitbeschuldigter ein „Kulturhaus“ in A.

auf, das nach ihren Vorstellungen von einem „linken politischen Gegner“ betrieben wurde. Hierbei handelte es sich um einen einheitlichen, T-förmigen Gebäudekomplex mit einem Teil, in dem sich unter anderem ein zweistöckiger Wohnbereich befand. Entsprechend ihrem gemeinsamen Tatplan schlugen der Beschuldigte und der Mitbeschuldigte zunächst eine Fensterscheibe zu einem anderen Gebäudeteil ein.

Durch die entstandene Öffnung verschütteten sie flüssigen Brandbeschleuniger in das Innere und entzündeten ihn. Das Haus geriet in der Folge in Vollbrand.

Zwei Säle wurden durch das Feuer vollständig zerstört. Die zur Tatzeit im Wohnbereich des einheitlichen Gebäudekomplexes anwesenden vier Personen blieben nur deshalb unverletzt, weil sie sich nicht in den Sälen aufhielten, sondern in anderen Räumen schliefen und angesichts der erheblichen Brand- und Rauchentwicklung noch so rechtzeitig darauf aufmerksam wurden, dass sie den Gebäudekomplex verlassen konnten.

Dem Beschuldigten war die Wirkung des eingesetzten flüssigen Brandbeschleunigers für die Brandlegung bekannt. Er wusste, dass das „Kulturhaus“ von dem politisch linken Spektrum zuzuordnenden Personen oder von Ausländern zum Schlafen genutzt wurde; darauf kam es ihm gerade an. Die naheliegende Möglichkeit, dass Menschen durch den Brand oder die entstehenden Rauchgase getötet werden können, war ihm ebenfalls bewusst und nahm er zumindest billigend in Kauf.

Unmittelbar nach der Tat stellte der Beschuldigte Videoaufzeichnungen von der Tatbegehung in den „L. – Generalchat“ und schloss diese Nachricht unter anderem mit der Parole „Sieg Heil Kameraden“. Zudem veröffentlichte er wenige Tage später zum Brandanschlag ein ihm zuzurechnendes Bekennervideo, in dem er sich selbst als „B.

er Pyromane“ stilisierte.

bb) Am Abend des 4. Januar 2025 verabredeten sich der Mitbeschuldigte S. und ein weiterer Mitbeschuldigter im „L. – Generalchat“ zum nächtlichen Angriff auf ein Asylbewerberheim in Sc.

.

An der in der Chatgruppe vorgenommenen Planung, wer welche Tatmittel – etwa pyrotechnische Gegenstände mit hoher Sprengkraft – mitbringt und welche ausländerfeindlichen sowie rechtsextremen Parolen mit Bezug zur Vereinigung bei der Tatausführung als Graffiti auf die Gebäudefassade gesprayt werden sollten, nahm der Beschuldigte teil. Er riet etwa den Tatausführenden, dunkle Kleidung zu tragen, um ihre Identität bei der Tatbegehung zu verschleiern.

Nachdem sich die beiden Mitbeschuldigten dementsprechend schwarz bekleidet und maskiert hatten, begaben sie sich gemäß dem Tatplan mit einer Feuerwerksbatterie am 5. Januar 2025 gegen 1.50 Uhr zu der von einer Vielzahl von Asylsuchenden bewohnten Unterkunft. Zunächst besprühten sie das Asylbewerberheim mit nationalsozialistischen Symbolen. Sodann zündete einer von ihnen die von ihm nur wenige Meter von dem Gebäude entfernt aufgestellte und in dessen Richtung ausgerichtete Feuerwerksbatterie unbekannter Herkunft. Die Mitbeschuldigten wollten diese im Inneren der Unterkunft zur Explosion bringen, um das Haus in Brand zu setzen und es unbewohnbar zu machen. Sie kannten das erhebliche Gefahrenpotential der eingesetzten pyrotechnischen Gegenstände. Ihnen war bewusst, dass durch die Inbrandsetzung der Asylbewerberunterkunft sich dort aufhaltende Menschen verletzt oder getötet werden können; mit diesen Folgen fanden sie sich ab. Als die Pyrotechnik bereits gezündet war, warf einer der Mitbeschuldigten mit einem Stein ein Fenster im Untergeschoss des Gebäudes ein, das zum Zimmer eines Bewohners gehörte. In der Vorstellung, nach dem Zünden der Feuerwerksbatterie, aus der bereits mehrere verschiedenartige Silvesterraketen in Richtung der Unterkunft abgeschossen worden waren, alles Erforderliche für ihr Vorhaben getan zu haben, verließen die Mitbeschuldigten infolge der starken Abbrenn- und Rauchentwicklung aus Angst vor Entdeckung den Bereich um die Unterkunft. Ein Brand des Asylbewerberheims blieb indes aus.

Der Beschuldigte, der die geplante Gewaltanwendung gegen die Menschen fremder Herkunft entsprechend dem zuvor gefassten Tatplan der Mitbeschuldigten offen befürwortete und dem bewusst war, ihre Tatausführung zu unterstützen, billigte die Möglichkeit, dass die sich in der Unterkunft aufhaltenden Personen zu Tode kommen.

cc) Der Beschuldigte und der Mitbeschuldigte K. teilten noch am gleichen Tag in dem Gruppenchat mit, dass sie ebenfalls bereit seien, einen Brandanschlag auf das seinerzeit mit 59 Bewohnern belegte Asylbewerberheim in Se. zu verüben, und bereits in die Planungen eingetreten seien.

Im Hinblick auf den Erwerb der für die Tat benötigten Sprengsätze kamen sie daran anschließend in Absprache mit dem Mitbeschuldigten S. überein, gemeinsam nach Tschechien zu fahren und dort für die Tatausführung Kugelbomben zu erwerben. Diese Sprengkörper sollten nach ihrem Tatplan am 22. Februar 2025 zur Nachtzeit zeitverzögert und nacheinander in eines der unteren Fenster der Unterkunft geworfen werden. Durch die so herbeigeführte Explosion im Erdgeschoss beabsichtigten sie, das Asylbewerberheim vor allem wegen der dort befindlichen Möbel und Vorhänge rasch in Brand zu setzen, um hierdurch den Tod der in den oberen Stockwerken schlafenden Bewohner herbeizuführen.

Zur Durchführung der gemeinsamen Beschaffungsfahrt und der Begehung des beabsichtigten Anschlags kam es nicht mehr, weil der Beschuldigte am 18. Januar 2025 festgenommen wurde.

Der Mitbeschuldigte K. fuhr gleichwohl nach Tschechien, wo er entsprechend der getroffenen Absprache mit dem Beschuldigten und dem Mitbeschuldigten S. bei einem bislang unbekannten Händler zwei Großfeuerwerkskugelbomben im Kaliber 100 Millimeter der Kategorie F4 erwarb. Er verbrachte sie nach Deutschland zu seinem Wohnort. Anschließend verwahrte er sie unter seinem Bett. Bevor er den Anschlagsplan umsetzen konnte, wurde er ebenfalls festgenommen.

2. Der Beschuldigte hat sich zu den Tatvorwürfen bislang nicht eingelassen. Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) beruht im Wesentlichen, namentlich zur Struktur und Ausrichtung der Vereinigung sowie Vornahme der Beteiligungshandlungen des Beschuldigten und einzelner Mitglieder, auf Erkenntnissen aus den übernommenen Ermittlungsverfahren gegen die Mitbeschuldigten H.

und andere, auf der Auswertung der bei den Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten Mobiltelefone, insbesondere den Inhalten des umfangreichen Chatverkehrs im „L. – Generalchat“ und Einzelchats der Mitglieder, auf sichergestellten Videoaufzeichnungen und Lichtbildern der einzelnen Tatbegehungen sowie auf Vernehmungen einzelner bei den Anschlägen betroffener Bewohner. Nach den bislang gewonnenen Erkenntnissen beteiligte sich der Beschuldigte auf eine den dringenden Tatverdacht begründende Art und Weise rege an dem Austausch solcher Chatnachrichten.

Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Aufgaben und Aktivitäten des Beschuldigten in der L.

ergibt sich insbesondere aus Inhalten des „L.

– Generalchats“ und Einzelchats des Beschuldigten mit anderen Mitgliedern,

dessen Auftritten in – von verschiedenen Landeskriminalämtern ausgewerteten

– Videosequenzen der Vereinigung, der Recherche einer Journalistin zur Radikalisierung junger Menschen in dieser Gruppierung sowie Spontanäußerungen eines Beschuldigten während einer Durchsuchungsmaßnahme.

Der Einwand des Beschwerdeführers, es komme in Betracht, dass die Chatnachrichten aufgrund des Einsatzes künstlicher Intelligenz nicht authentisch seien, vermag diesen Verdacht nicht zu entkräften. Das folgt bereits daraus, dass der nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO notwendige Verdachtsgrad nicht den Vollbeweis erfordert und für derartige Manipulationen bislang kein Anhalt besteht.

Angesichts der objektiven Gefährlichkeit der (geplanten) Anschläge und der unkontrollierten Folgen des Einsatzes von Brandsätzen und Sprengkörpern,

die stets zur Nachtzeit gegenüber im Inneren der Einrichtungen sich aufhaltenden und gewöhnlich schlafenden Menschen eingesetzt werden sollten, nahm der Beschuldigte naheliegend und hochwahrscheinlich auch deren Tötung jedenfalls billigend in Kauf (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2025 – 3 StR 149/24, juris Rn. 17 mwN). Das Beschwerdevorbringen, es sei tatsächlich kein Bewohner,

etwa beim Brandanschlag auf das „Kulturhaus“ in A.

, zu Schaden gekommen, steht der Annahme des dringenden Tatverdachts nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zu den bisherigen Erkenntnissen, die den dringenden Tatverdacht begründen, wird auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 2025 sowie die ihm zugrundeliegende Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Mai 2025 verwiesen.

3. In rechtlicher Hinsicht ist der geschilderte Sachverhalt dahin zu würdigen, dass der Beschuldigte als Jugendlicher mit Verantwortungsreife (§§ 1, 3 Satz 1 JGG) zumindest dringend verdächtig ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer in Tateinheit mit

– versuchtem Mord, versuchter Brandstiftung mit Todesfolge, schwerer Brandstiftung, Sachbeschädigung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (oben 1. b] aa]),

– Beihilfe zum versuchten Mord, zur versuchten Brandstiftung mit Todesfolge und zur Sachbeschädigung (oben 1. b] bb]) sowie

– Verabredung zum Mord und zur Brandstiftung mit Todesfolge (oben 1. b] cc]).

Es ist eine hochwahrscheinliche Strafbarkeit jedenfalls nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, § 129 Abs. 2, § 211 Abs. 2, § 306a Abs. 1 Nr. 1, §§ 306c, 303 Abs. 1, § 303c, § 86a Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 30 Abs. 2 Variante 3, § 52 Abs. 1 StGB anzunehmen. Näherer Erörterung bedarf lediglich das Folgende:

34 a) Bei der L.

handelt es sich – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – nach dem derzeitigen Ermittlungsergebnis hochwahrscheinlich um eine terroristische Vereinigung, deren Zwecke und Tätigkeit auf die Begehung von Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB) sowie von Brand- und Sprengstoffanschlägen (§§ 306 ff. StGB) gerichtet waren und an der sich der Beschuldigte als Rädelsführer beteiligte (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 StGB).

aa) Der Zusammenschluss bestand im Sinne von § 129a StGB in Verbindung mit § 129 Abs. 2 StGB aus mehr als zwei Personen und war auf längere Dauer angelegt. Die Personen verfolgten in einem organisatorisch fest abgesteckten Rahmen gemeinsame Zwecke und unterwarfen sich dabei aus übergeordneten ideologischen Zielen dem Gruppenwillen (s. BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 – 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 19 ff. mwN). Dass ein solcher vom Beschuldigten anerkannt wurde, liegt zum einen nahe aufgrund der von ihm akzeptierten Satzung, die einen hierarchischen Aufbau der Organisation mit Befehlsund Disziplinargewalt vorsah, zum anderen aufgrund des längerfristigen abgestimmten Zusammenwirkens zur Erreichung des über die beabsichtigten Straftaten hinausgehenden – in rechtsextremem und antisemitischem Gedankengut wurzelnden – ideologischen Ziels, einen Umsturz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung herbeizuführen, politisch Andersdenkende einzuschüchtern und Asylbewerber so zu verängstigen, dass sie Deutschland verlassen.

Der Annahme einer Vereinigung steht nicht entgegen, dass sich die Willensbildung mutmaßlich weitgehend in Chatgruppen vollzog und die Strukturen insbesondere dort zum Tragen kamen. Denn die für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erforderliche Kommunikation setzt nicht generell Zusammenkünfte in Präsenz voraus. Es ist rechtlich nicht entscheidend, ob der Austausch in persönlichen Begegnungen oder über andere Dialogformen stattfindet. Auch ein Verbandsleben (dazu BGH, Beschluss vom 21. April 2022 – AK 14/22, BGHR StGB § 129a Abs. 1 Mitgliedschaft 6 Rn. 29) kann sich – wie hier – in virtuellen (Chat-)Räumen abspielen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2023 – 3 StR 424/22, BGHR StGB § 129 Vereinigung 10 Rn. 16 mwN).

bb) Die von den Mitgliedern der L. begangenen und beabsichtigten Taten erweisen sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen als Straftaten im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB. Die Zwecke und die Tätigkeit der Vereinigung waren darauf gerichtet, Tötungsdelikte zu begehen. Ihre Ziele sollten im Wesentlichen durch Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime sowie Einrichtungen des politisch linken Spektrums erreicht werden. Dabei handelt es sich nicht nur um Straftaten nach §§ 211, 212 StGB (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB), sondern auch solche nach §§ 306 ff. StGB (§ 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB). Ein derartiges Vorgehen gegen Asylbewerber und politisch Andersdenkende, das dazu bestimmt und geeignet ist, eine tiefgreifende Beeinträchtigung der inneren Sicherheit und des Vertrauens der Bevölkerung in deren Gewährleistung hervorzurufen, erfüllt zudem die weiteren Voraussetzungen des § 129a Abs. 2 StGB.

cc) An dieser Vereinigung beteiligte sich der Beschuldigte hochwahrscheinlich als Mitglied. Er gehörte als Teilnehmer des „L. – Generalchats“, der nur den nach bestimmten Aufnahmekriterien zugelassenen Personen vorbehalten war, zum inneren Kreis der Vereinigung. Zudem war er subjektiv in die terroristischen Ziele der Organisation und Willensbildung eingebunden und entfaltete, wie überdies die mutmaßlichen Tatbeteiligungen erkennen lassen, dauerhaft eine gewichtige Tätigkeit zur Förderung der Ziele der Vereinigung.

dd) Der Beschuldigte war darüber hinaus mit großer Wahrscheinlichkeit Rädelsführer der Gruppierung.

Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung im Sinne des Qualifikationsmerkmals des § 129a Abs. 4 StGB sind die Personen, die in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnehmen, dass sie sich in besonders maßgebender Weise für ihn betätigen. Entscheidend ist dabei nicht der Umfang der geleisteten Beiträge, sondern das Gewicht, das sie für die Vereinigung haben. Besonders maßgebend ist eine Tätigkeit dann, wenn sie von Einfluss auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen ist, wenn also der Täter entweder selbst zu den Führungskräften gehört oder aber durch sein Tun gleichsam an der Führung mitwirkt. Eine rein formale Stellung innerhalb eines Führungsgremiums reicht für sich genommen nicht aus. Der vom Täter ausgeübte Einfluss muss der Sache nach beträchtlich sein und sich auf die Vereinigung als solche richten, mithin etwa die Bestimmung der Organisationszwecke, -tätigkeiten oder -ziele, die ideologische Ausrichtung der Vereinigung, deren Organisationsstruktur oder sonstige Belange mit für die Vereinigung wesentlicher Bedeutung betreffen (vgl. BGH, Urteile vom 12. September 2023 – 3 StR 306/22, juris Rn. 69; vom 19. März 2025 – 3 StR 173/24, juris Rn. 45, jeweils mwN).

Diese Voraussetzungen sind nach dem der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt bei dem Beschuldigten namentlich aufgrund seiner leitenden Tätigkeit als „Propagandaminister“ erfüllt. Als solcher war er zentrale Führungsperson. Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen betrieb er die Propagandaarbeit der Gruppierung, gab die ideologische Richtung vor, entschied nach dem Ausscheiden des Mitbeschuldigten H. aus dessen Führungsrolle gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten R. über die Besetzung des Nachfolgers und beteiligte sich maßgeblich an den vereinigungsbezogenen schweren Straftaten. Demzufolge hatte der Beschuldigte mit großer Wahrscheinlichkeit einen prägenden Einfluss auf die Vereinigung selbst mit wesentlichen tatsächlichen Entscheidungskompetenzen.

b) Daneben verwirklichte der Beschuldigte hochwahrscheinlich zumindest folgende Straftatbestände: im oben unter 1. b) aa) geschilderten Fall diejenigen des versuchten Mordes, der versuchten Brandstiftung mit Todesfolge, der schweren Brandstiftung, der Sachbeschädigung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, im Fall 1. b) bb) diejenigen der Beihilfe zum versuchten Mord, der Beihilfe zur versuchten Brandstiftung mit Todes- folge und der Sachbeschädigung sowie im Fall 1. b) cc) diejenigen der Verabredung zum Mord und der Verabredung zur Brandstiftung mit Todesfolge (zum Gesichtspunkt der – intendierten – politisch motivierten Tötung s. BGH, Urteil vom 25. August 2022 – 3 StR 359/21, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Mord 2 Rn. 82 mwN; zur versuchten Brandstiftung mit Todesfolge s. BGH, Urteil vom 12. August 2021 – 3 StR 415/20, NJW 2022, 254 Rn. 8 bis 16; zu den Konkurrenzen zwischen – jeweils vollendeter – schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung s. MüKoStGB/Radtke, 4. Aufl., § 306a Rn. 64 mwN).

c) Die mitgliedschaftliche Beteiligung des Beschuldigten an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer verklammert die anderen Straftaten zu Tateinheit. Keiner der weiteren Gesetzesverstöße hat ein mehr als unwesentlich höheres Gewicht als das Vereinigungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24, NJW 2025, 456 Rn. 11 ff.). Das ergibt sich aus einem für den jugendlichen Angeklagten im Rahmen einer Parallelwertung vorgenommenen Vergleich der Strafandrohungen (vgl. BGH, Urteile vom 9. Januar 2025 – 3 StR 111/24, juris Rn. 59; vom 19. März 2025 – 3 StR 173/24, juris Rn. 70). Weder der versuchte Mord – im Fall einer naheliegenden, wenngleich nicht zwingenden Strafrahmenverschiebung (§ 211 Abs. 1, § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB) – oder die Verabredung zum Mord (§ 211 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB) noch die Beihilfe zum versuchten Mord (§ 211 Abs. 1, § 23 Abs. 2, § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB) weisen einen höheren Strafrahmen auf als Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren (§ 129a Abs. 4 StGB). Gleiches gilt für die Brandstiftungs- und weiteren angeführten Delikte.

d) Im Übrigen wird auf den vollzogenen Haftbefehl und die darauf gerichtete Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

4. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts zur Verfolgung der Taten und des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für Haftbefehlsentscheidungen (§ 169 Abs. 1 StPO) ergibt sich hinsichtlich des Vorwurfs der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer aus § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142a Abs. 1 GVG. Unbeschadet des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GVG erstreckt sich diese Zuständigkeit auf die weiteren Straftaten, die gegenüber dem Vereinigungsdelikt sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich unselbständig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2006 – StB 14/06, BGHR GVG § 120 Zuständigkeit 1 Rn. 11; KK-StPO/Feilcke, 9. Aufl., § 120 GVG Rn. 10).

5. Es besteht – auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (s. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – AK 57/18, juris Rn. 30 ff.) – jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität. Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, mehrere der in § 112 Abs. 3 StPO genannten Delikte verwirklicht zu haben (zum den Versuch und die Teilnahme umfassenden Anwendungsbereich vgl. KK-StPO/Graf, 9. Aufl., § 112 Rn. 41 mwN). Deshalb genügt es, dass eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr nicht auszuschließen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 2020 – 2 BvR 103/20, juris Rn. 74; BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2024 – StB 61/24, NStZ-RR 2025, 16 Rn. 13 ff. mwN). Dies ist bereits dann der Fall, wenn zumindest die entfernte Gefahr besteht, dass sich der Beschuldigte dem weiteren Erkenntnis- oder Vollstreckungsverfahren entzieht (s. Schmitt/Köhler/Schmitt, StPO, 68. Aufl., § 112 Rn. 18; ferner BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – AK 57/18, juris Rn. 32).

47 In diesem Sinne lässt sich unter Würdigung sämtlicher fluchtbegünstigender und -hemmender Faktoren eine Fluchtgefahr auch mit Blick darauf nicht verneinen, dass der Beschuldigte in seine Familie integriert ist und das Gymnasium besucht. Die sozialen Bindungen des Beschuldigten sind in Anbetracht der Straferwartung und der Einbindung in die rechtsextremistische Szene nicht von solchem Gewicht, dass sie den bestehenden Fluchtanreizen genügend entgegenwirken. Diesen wird ebenso wenig dadurch wirksam begegnet, dass der Beschuldigte unter dem Eindruck der Untersuchungshaft seit Kurzem an einem „Aussteigerprogramm“ teilnimmt.

Zwar war vor der Übernahme des Ermittlungsverfahrens durch den Generalbundesanwalt ein gegen den Beschuldigten ergangener Haftbefehl des Amtsgericht Senftenberg vom 19. Januar 2025 zunächst mit dessen Beschluss vom 5. Februar 2025 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt und sodann durch Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 13. März 2025 aufgehoben worden, wobei der Beschuldigte gleichwohl nicht untergetaucht ist. Dies steht jedoch in Anbetracht der seit der Verfahrensübernahme konkretisierten und erweiterten Tatvorwürfe dem weiteren Vollzug der Untersuchungshaft nicht entgegen. Das gilt umso mehr, als in die gebotene Würdigung der einzelfallbezogenen Umstände einzustellen ist, dass die vormalige Aufhebung des Haftbefehls auf dem fehlenden dringenden Verdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (als Rädelsführer) beruht hatte. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist dies kein gewichtiges Indiz gegen eine – nicht auszuschließende – Fluchtgefahr. Ganz im Gegenteil hatte der Beschuldigte den Umstand, dass aufgrund des damaligen Ermittlungsstands ein solcher dringender Verdacht verneint worden war, dahin deuten können, dass die Ermittlungen keine ihn insoweit (hinreichend) belastbaren Ergebnisse erbracht hatten.

49

6. Der Zweck der Untersuchungshaft kann vor diesem Hintergrund nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als ihren Vollzug analog § 116 StPO, die bei dem Haftgrund der Schwerkriminalität ebenfalls zu erwägen sind (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2022 – StB 28/22, NStZ-RR 2022, 351, 353 mwN), durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen gemäß § 72 Abs. 1 JGG erreicht werden.

Der Erlass eines Unterbringungsbefehls nach § 71 Abs. 2 JGG oder, wie vom Beschwerdeführer vorgeschlagen, eine mit Auflagen nach § 116 StPO analog, § 2 Abs. 2 JGG verbundene Haftverschonung kommt nicht in Betracht. Diese Maßnahmen erfordern die Gewissheit, dass der Betroffene für sie zugänglich ist (s. BGH, Beschluss vom 6. September 2023 – StB 55/23, juris Rn. 18 mwN). Davon ist in Anbetracht der maßgeblichen Umstände, insbesondere der beim Beschuldigten zu Tage getretenen rechtsextremistischen, die bundesdeutsche Gesellschaftsordnung ablehnenden Gesinnung und sein hochwahrscheinliches auf einen Umsturz gerichtetes Handeln, nicht auszugehen. Heime der Jugendhilfe sind zudem nicht in gleicher Weise fluchtsicher wie Jugendhaftanstalten.

7. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nach wie vor nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Das Beschwerdevorbringen zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz führt nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Das gilt für die schutzwürdigen Interessen des Beschuldigten einschließlich des Grundrechts aus Art. 6 GG ebenso wie für sein jugendliches Alter und den von ihm angestrebten Schulabschluss. Diesbezüglich wird ergänzend auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

52 Soweit das Beschwerdevorbringen auf die besonderen Bedingungen der Untersuchungshaft und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die jugendgerechte Entwicklung des Beschuldigten abstellt, ist das Haftstatut betroffen, über das von anderer Seite zu befinden ist. Die damit einhergehenden Belastungen sind angesichts der Schwere der Tatvorwürfe jedenfalls nicht von einem solchen Gewicht, dass sie insgesamt den Vollzug der Untersuchungshaft als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnten.

Berg Hohoff Munk

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