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2 StR 419/24

BUNDESGERICHTSHOF StR 419/24 BESCHLUSS vom 9. April 2025 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

ECLI:DE:BGH:2025:090425B2STR419.24.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 9. April 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 7. März 2024 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben a) im Fall II.1. der Urteilsgründe, b) im gesamten Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes“ und Besitzes kinderpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Weiter hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 171b Abs. 3 Satz 2 GVG) beanstandet, den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Den weiteren Verfahrensrügen und der Sachrüge bleibt der Erfolg aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts versagt. Insoweit ist die Revision unbegründet.

1. Der auf einen Verstoß gegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG gestützten Verfahrensrüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

In der Hauptverhandlung wurde die Öffentlichkeit gemäß § 171b Abs. 1 und 2 GVG während der Vernehmung des geschädigten Kindes und gemäß § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG während der Schlussanträge ausgeschlossen. Im Anschluss an die Schlussanträge der Staatsanwaltschaft und der Verteidigerin wurde die Öffentlichkeit wiederhergestellt. Der Angeklagte, der sich bis dahin schweigend verteidigt hatte, erhielt das letzte Wort und äußerte sich.

2. Mit der Rüge, die Öffentlichkeit habe vor der Gewährung des letzten Worts nicht wiederhergestellt werden dürfen, dringt der Angeklagte in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang durch.

a) Die Rüge ist zulässig erhoben. Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Revision – wie vom Generalbundesanwalt gefordert – sich auch zum Inhalt des letzten Worts des Angeklagten verhalten musste, um den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zu genügen. Denn ausweislich der – insoweit unwidersprochen gebliebenen – Urteilsgründe, die der Senat aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen zur Kenntnis zu nehmen hat, hat der Angeklagte weder Angaben zur Person gemacht noch sich zur Sache eingelassen. Daher ist auszuschließen, dass er in seinem letzten Wort zu den ihm zur Last gelegten Tatvorwürfen konkret Stellung genommen hat.

b) Die Rüge ist auch begründet, denn die Wiederherstellung der Öffentlichkeit vor Gewährung des letzten Worts verstieß gegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG. Nach dieser Vorschrift ist die Öffentlichkeit zwingend für die Schlussanträge, zu denen auch das letzte Wort des Angeklagten zählt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2016 ‒ 1 StR 487/16, BGHR GVG § 171b Abs. 3 (n.F.) Schlussanträge 1 Rn. 12, und vom 18. Juni 2020 – 1 StR 86/20, BGHR GVG § 171b Abs. 3 Satz 2 Ausschluss der Öffentlichkeit 2 Rn. 10), auszuschließen, wenn die Verhandlung – wie hier – unter den Voraussetzungen des § 171b Abs. 1 oder 2 GVG ganz oder zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 2019 – 5 StR 530/19, StV 2020, 463 Rn. 4, und vom 24. Mai 2022 – 4 StR 72/22, NStZ 2023, 95 Rn. 5).

c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil im Fall II.1. der Urteilsgründe auf diesem Rechtsfehler beruht. Zwar ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO nicht gegeben, weil diese Vorschrift bei einer unzulässigen Erweiterung der Öffentlichkeit nicht anwendbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 311/15, BGHR GVG § 171b Abs. 1 Dauer 12 Rn. 8). Durchgreifend ist aber im Fall II.1. der Urteilsgründe der relative Revisionsgrund (§ 337 StPO). Denn das Landgericht hat in diesem Fall seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten ausschließlich auf die Aussage des geschädigten Kindes gestützt. Es erscheint daher möglich, dass der sich bis dahin schweigend verteidigende Angeklagte in nichtöffentlicher Sitzung in seinem letzten Wort ihn begünstigende Umstände zur Sache vorgebracht hätte, die Einfluss auf die Beweiswürdigung und damit den Schuldspruch gehabt hätten. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte in öffentlicher Sitzung gehemmt war, sich zu Umständen zu äußern, die auch seinen persönlichen Lebensbereich betrafen.

d) Dagegen besteht mit Blick auf die sehr dichte Beweislage im Fall II.2. der Urteilsgründe kein begründeter Zweifel daran, dass das Landgericht den Angeklagten auch im Fall einer bestreitenden Einlassung im letzten Wort verurteilt hätte. Der Schuldspruch hat daher in diesem Fall Bestand. Allerdings beruht das Urteil im Ausspruch über die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe auf dem oben aufgezeigten Rechtsfehler, da möglich erscheint, dass das letzte Wort des Angeklagten in nichtöffentlicher Sitzung den Strafausspruch zu seinen Gunsten beeinflusst hätte.

3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1. der Urteilsgründe und des Einzelstrafausspruchs im Fall II.2. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Von dem Rechtsfehler sind auch die Feststellungen zu Fall II.1. der Urteilsgründe, zum Strafausspruch im Fall II.2. der Urteilsgründe und zum Gesamtstrafenausspruch betroffen; sie unterliegen in diesem Umfang der Aufhebung (§ 353 Abs. 2 StPO). Demgegenüber hält die Einziehungsentscheidung, die auf dem Schuldspruch im Fall II.2. der Urteilsgründe fußt und auf die der Verfahrensfehler keinen Einfluss hat, rechtlicher Überprüfung stand. Die abweichende Bezeichnung des Modells des eingezogenen Mobiltelefons in den Urteilsgründen beruht ersichtlich auf einem Schreibversehen.

Menges Zimmermann Zeng Meyberg Herold Vorinstanz: Landgericht Bonn, 07.03.2024 - 22 KLs - 775 Js 499/23 - 25/23

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