IX ZR 127/24
BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 127/24 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
ja in dem Rechtsstreit ZPO § 256 Abs. 2; InsO § 180 Der Streit um die Einordnung von Ansprüchen als einfache Insolvenzforderungen stellt ein Rechtsverhältnis dar, auf dessen Feststellung im Rahmen einer Tabellenfeststellungsklage Klage erhoben werden kann.
InsO §§ 38, 39 Abs. 1 Satz Nr. 5, § 199; BGB § 823 Abs. 2 L, § 826 A; AktG § 400; WpHG §§ 97, 98 Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzforderungen von Aktionären, die ihnen aufgrund ihrer Beteiligung als Aktionär entstehen, genießen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nicht den Rang einfacher Insolvenzforderungen BGH, Urteil vom 13. November 2025 - IX ZR 127/24 - OLG München LG München I ECLI:DE:BGH:2025:131125UIXZR127.24.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, die Richter Röhl, Dr. Schultz, Weinland und Kunnes für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten werden das Zwischen- und Teilurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. September 2024 aufgehoben, soweit festgestellt wird, dass die Klage die unter lfd. Nr. ……. im Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG zur Tabelle angemeldeten kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzforderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO geltend macht, die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin abgewiesen und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 23. November 2022 zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil - hinsichtlich der Zwischenfeststellungswiderklage des Beklagten zu 1 mit der Maßgabe, dass diese als unzulässig abgewiesen wird - zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der Kosten der Streithelfer der Beklagten.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die AG (fortan: Schuldnerin) war eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Sie stellte am 25. Juni 2020 Insolvenzantrag. Das Amtsgericht München - Insolvenzgericht - eröffnete das Insolvenzverfahren am 25. August 2020 und bestellte den Beklagten zu 1 zum Insolvenzverwalter.
Die Klägerin ist eine deutsche Kapitalanlagegesellschaft. Sie kaufte im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 12. Juni 2020 wiederholt Aktien der Schuldnerin auf dem Sekundärmarkt und verkaufte diese zum großen Teil wieder. Am 18. Juni 2020 hielt die Klägerin noch 73.345 Aktien der Schuldnerin. Sie meint, ihr stünden kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin zu, weil sie bei Kenntnis der wahren Sachlage keine Aktien erworben hätte. Die Schuldnerin habe insbesondere ein tatsächlich nicht vorhandenes Geschäftsmodell vorgetäuscht und über ihre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage getäuscht. Es liege eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung vor. Dies begründe Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs der Aktien.
Die Klägerin meldete deshalb - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - Ansprüche in Höhe von insgesamt 9.836.098,79 € als einfache Insolvenzforderungen nach § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Im Prüfungstermin vom 15. April 2021 bestritten der Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 als gemeinsame Vertreterin von Gläubigern einer von der Schuldnerin ausgegebenen Schuldverschreibung die von der Klägerin angemeldeten Forderungen. Sie meinen insbesondere, dass es sich bei den Ansprüchen der Klägerin nicht um einfache Insolvenzforderungen handele. Aktionäre seien mit ihren Ansprüchen aus dem täuschungsbedingten Erwerb der Aktien nachrangig gegenüber den Insolvenzgläubigern. Ihre Forderungen seien nur zu berücksichtigen, soweit nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ein Überschuss vorhanden sei.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle. Mit seiner Zwischenfeststellungswiderklage möchte der Beklagte zu 1 festgestellt wissen, dass es sich bei den Forderungen der Klägerin um Ansprüche handelt, die allein im Rahmen einer Überschussverteilung nach § 199 Satz 2 InsO berücksichtigt werden können.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet und die Widerklage als unzulässig abgewiesen. Hiergegen haben die Klägerin und der Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat mit Zwischen- und Teilurteil die Berufung des Beklagten zu 1 zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin ausgesprochen, dass die zulässige Klage die zur Tabelle angemeldeten kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzforderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO geltend mache. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte zu 1 seine Widerklage weiter und erstreben beide Beklagte eine Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat im tenorierten Umfang Erfolg.
A.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZI 2024, 969 ff veröffentlicht ist, hat gemeint, der Streit, ob eine angemeldete Forderung eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO) darstelle, sei als prozessuale Vorfrage der Tabellenfeststellungsklage einem Zwischenurteil nach § 280 Abs. 2 ZPO zugänglich. Bilde die Rangfrage den zentralen Streit des Prozesses und komme eine unterschiedliche Beurteilung in Betracht, sei es geboten, der Klägerin eine für das weitere Verfahren bindende Entscheidung (§§ 303, 318 ZPO) zu ermöglichen. Die Klage sei auch im Übrigen zulässig.
Die von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche seien Insolvenzforderungen nach § 38 InsO. Sie stellten keine Beteiligung der Klägerin an der Schuldnerin nach § 199 Satz 2 InsO dar. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur insolvenzrechtlichen Einordnung der Ansprüche existiere zwar nicht. Für die Behandlung als Insolvenzforderungen spreche jedoch der bisherige Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Für die werbende Gesellschaft sei entschieden, dass der Aktionär mit solchen Ansprüchen der Gesellschaft wie ein Dritter gegenüberstehe. Dies gelte auch in der Insolvenz der Gesellschaft, wie sich aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19. Mai 2022 (IX ZR 67/21) ergebe.
Es überzeuge nicht, dass die Klägerin als geschädigte Aktionärin das Residualrisiko trage und gesellschaftsrechtliche Bindungen wiederauflebten. Zwischen dem Schadensersatzanspruch der getäuschten Anleger und einer bestehenden Aktionärsstellung bestehe kein zwingender Zusammenhang. Die Klägerin mache keine mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre, sondern Schadensersatzansprüche aufgrund deliktischen Verhaltens der Organe der Schuldnerin bei Erwerb der Aktien geltend. Die mitgliedschaftlichen Bindungen der Ersatzforderungen der auf dem Weg zur Aktionärsstellung geschädigten Aktionäre seien aufgehoben. Jedenfalls die auf § 823 Abs. 2, §§ 826, 31 BGB gestützten Schadensersatzansprüche seien von der Aktionärsstellung der Klägerin entkoppelt, weil sie bereits mit der schädigenden Handlung begründet worden seien. Der Schaden trete durch den schuldrechtlichen Erwerb der Kapitalanlage ein, bevor die Klägerin die Aktionärsstellung erlange. Er bestehe in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit.
Für die auf §§ 97, 98 WpHG gestützten Schadensersatzansprüche sei keine abweichende Beurteilung der Rangfrage geboten. Die Schadensersatzpflicht wegen Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung einer Insiderinformation diene dem Vermögensschutz der Anleger. Sie wurzele nicht in der mitgliedschaftlichen Stellung des Geschädigten als Aktionär. Aus der Auslegung des § 199 InsO ergebe sich nichts anderes. Es handele sich nicht primär um eine gesetzliche Nachrangregelung, sondern um eine Verlagerung der Überschussverteilung an die Gesellschafter in das Insolvenzverfahren. Dies werde gestützt durch die Möglichkeit, dass Schadensersatzansprüche einen Gesellschafter zum Drittgläubiger machen könnten. Das Insolvenzrecht müsse die im materiellen Recht begründeten Rechte hinnehmen. Als Schadensersatzgläubigerin sei die Klägerin nicht Teil der Gesellschaft.
Eine Einordnung der kapitalmarktrechtlichen Ansprüche in den NachNachrang des § 199 Satz 2 InsO führe zu ungelösten Widersprüchen. Die Durchsetzung der Ansprüche könne zur Insolvenz der Gesellschaft führen, in dieser aber keine Berücksichtigung finden. Diese Inkonsistenz wirke sich auf die Überschuldungsbilanz der Gesellschaft gemäß § 19 InsO aus. Es stelle einen Bruch dar, Forderungen, welche die Insolvenz einer Gesellschaft auslösen könnten, wegen des Nach-Nachrangs des § 199 Satz 2 InsO nicht in die Überschuldungsbilanz aufzunehmen. Ebenso entstünde ein Wertungswiderspruch, wenn Forderungen durchsetzbar wären, jedoch nicht die Insolvenz auslösen könnten. Schließlich sei nicht begründbar, warum die Verteilung nach § 199 Satz 2 InsO auch für Erwerber gelten solle, die ihre Aktien bei Insolvenzeröffnung bereits veräußert hätten.
Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft geböten keine Einordnung in den Nach-Nachrang des § 199 Satz 2 InsO. Der Schadensersatzanspruch des getäuschten Aktionärs stehe wertungsmäßig einem Beteiligungsrecht an einer
(fehlerhaften) Gesellschaft nicht gleich. Der Bundesgerichtshof habe dem im Urteil vom 9. Mai 2005 (II ZR 287/02) keine Bedeutung beigemessen. Dies habe sich durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2006 (II ZR 334/05) und vom 19. Mai 2022 (IX ZR 67/21) verfestigt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union stehe auf dem Standpunkt, dass im Fall des getäuschten Aktienkäufers das Kriterium einer gerechten Risikoverteilung zwischen den Beteiligten keine Rolle spiele. Dies müsse erst recht für den Aktienerwerb auf dem Sekundärmarkt gelten.
Dass die Forderung der Klägerin die Insolvenzforderungen der übrigen Insolvenzgläubiger massiv verwässere, sei nur der wirtschaftliche Reflex der Zusammensetzung der Gläubiger dieses Insolvenzverfahrens. Eine Zurücksetzung der Ansprüche gegenüber solchen der von der Beklagten zu 2 vertretenen Gläubigern lasse sich nicht allein im Wege der Auslegung gewinnen. Ein Nachrang bedürfe begleitender Regelungen zum Einfluss auf die Insolvenzreife und zur Insolvenzanfechtung.
Die Ansprüche der Klägerin unterfielen nicht dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO analog. Es fehle an der Vergleichbarkeit, weil keiner der Normzwecke des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO eingreife. Bei den derivativen Aktienkäufen der Klägerin handele es sich weder um Gesellschafterdarlehen noch um Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen gleichstünden.
Die Widerklage des Beklagten zu 1 sei jedenfalls unbegründet. Die kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche seien im Rang des § 38 InsO zu befriedigen und nicht als Forderungen gemäß § 199 Satz 2 InsO einzuordnen.
B.
Die Revision ist insgesamt zulässig. Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht über die Einordnung der geltend gemachten Forderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO entschieden hat.
I.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision ist statthaft und zulässig, soweit das Berufungsgericht mit Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage und mit Teilurteil über die Zwischenfeststellungwiderklage des Beklagten zu 1 entschieden hat. Das Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage ist gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Bei dem Teilurteil über die Zwischenfeststellungswiderklage handelt es sich um ein anfechtbares Endurteil (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II.
Die Revision ist weiter zulässig, soweit das Berufungsgericht ausgesprochen hat, dass die Klage die unter lfd. Nr. ....... im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zur Tabelle angemeldeten kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzforderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO geltend macht. Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht über diese Vorfrage durch Zwischenurteil gemäß § 303 ZPO entschieden hat. Denn insoweit hat das Berufungsgericht trotz der Bezeichnung als Zwischenurteil der Sache nach ein Zwischenfeststellungsurteil gemäß § 256 Abs. 2 ZPO gefällt.
1. Die Revision findet gemäß § 542 Abs. 1 ZPO nur gegen in der Berufungsinstanz erlassene Endurteile statt. Zwischenurteile stellen kein Endurteil dar, weil sie einen Zwischenstreit betreffen (§ 303 ZPO).
a) Ein Zwischenurteil ist - wenn nicht das Gesetz das Zwischenurteil einem Endurteil gleichstellt wie in den Fällen des § 280 Abs. 2 ZPO und des § 304 Abs. 2 ZPO - nicht gesondert, sondern nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar. Dies gilt auch dann, wenn das Zwischenurteil gar nicht hätte ergehen dürfen, weil es nicht über einen Zwischenstreit im Sinne von § 303 ZPO, sondern über eine materiell-rechtliche Vorfrage entschieden hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 1953 - III ZR 105/51, BGHZ 8, 383, 385; vom 8. Februar 1994 - KZR 2/93, NJW 1994, 1651, 1652; Beschluss vom 18. September 1996 - VIII ZB 28/96, NJW 1996, 3345, 3346). Daran ändert auch die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht nichts. Die Bindungswirkung der Rechtsmittelzulassung nach § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO umfasst nur die in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Dagegen kann die Zulassung des Rechtsmittels nicht dazu führen, dass ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird (BGH, Beschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 50/18, BGHZ 221, 278 Rn. 15 mwN).
b) Anders liegt der Fall, wenn ein als Zwischenurteil bezeichnetes Urteil die Voraussetzungen eines anfechtbaren Sachurteils erfüllt. Ein fälschlicherweise als Zwischenurteil bezeichnetes Urteil ist, sofern es seinem Inhalt nach ein Teil- oder Endurteil über einen materiellen Streitgegenstand trifft, als solches zu behandeln und nach den für das tatsächlich getroffene Sachurteil geltenden Regeln anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1953 - III ZR 105/51, BGHZ 8, 383, 384; Urteil vom 8. Februar 1994 - KZR 2/93, NJW 1994, 1651, 1652; Beschluss vom 18. September 1996 - VIII ZB 28/96, NJW 1996, 3345, 3346; Beschluss vom 5. Dezember 2005 - II ZB 2/05, WM 2006, 932 Rn. 6). Dabei ist nicht die Bezeichnung oder die Ansicht des erlassenden Gerichts maßgebend (MünchKomm-ZPO/Musielak/Hüntemann, 7. Aufl., § 303 Rn. 8).
2. Nach diesen Maßstäben ist die Revision auch insoweit zulässig, als das Berufungsgericht über die Einordnung der Schadensersatzforderungen als Insolvenzforderungen nach § 38 InsO entschieden hat.
a) Allerdings war der Entscheidungsausspruch über die insolvenzrechtliche Einordnung der Schadensersatzforderung durch Zwischenurteil unzulässig. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteilstenor sowohl über die Zulässigkeit der Klage als auch über einen Streit hinsichtlich einer materiell-rechtlichen Vorfrage entschieden.
Als Zwischenurteil ist diese Entscheidung nur anfechtbar, soweit sie die Zulässigkeit der Klage betrifft. Hingegen eröffnet das Gesetz auch dann keine Anfechtbarkeit eines solchen Zwischenurteils, wenn das Gericht im Urteilsausspruch über die Feststellung der Zulässigkeit der Klage hinaus Feststellungen zur Begründetheit trifft. Dass das Berufungsgericht gemeint hat, seine Entscheidung über die Einordnung der Forderung als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO betreffe die Zulässigkeit der Klage gemäß § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO, ist unerheblich. § 280 Abs. 2 ZPO ermächtigt nicht dazu, einen Zwischenstreit über eine materiell-rechtliche Vorfrage durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage zu entscheiden.
b) Jedoch hat das Berufungsgericht mit dem Ausspruch der Sache nach ein Zwischenfeststellungsurteil gemäß § 256 Abs. 2 ZPO getroffen, weil die Einordnung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO ein streitiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien darstellt. Urteile über eine Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO stellen Endurteile dar (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, ZIP 2006, 87 Rn. 7).
aa) Die Behandlung als anfechtbares Zwischenfeststellungsurteil kommt nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht mit seinem Entscheidungsausspruch über ein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO entschieden hat. Dies ist der Fall.
Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen. Dies kann auch einzelne auf einem Rechtsverhältnis beruhende Ansprüche und Rechte erfassen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 16 mwN). Die rechtliche Qualifikation einer angemeldeten Forderung als Insolvenzforderung stellt ein Rechtsverhältnis dar und kann durch eine (allgemeine) Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geklärt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2006 - IX ZR 15/04, BGHZ 168, 112 Rn. 21 mwN; Stein/Roth, ZPO, 24. Aufl., § 256 Rn. 13).
Danach erfüllt die Einordnung bestimmter Ansprüche als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO die Anforderungen an ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO. Ob eine Insolvenzforderung vorliegt, betrifft nicht nur ein Element der materiell-rechtlichen Begründetheit, sondern begründet durch die Art der Forderung eine Rechtsbeziehung, die eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO ermöglicht. Feststellungsfähig ist insbesondere, wie ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis rechtlich einzuordnen ist (Stein/Roth, ZPO, 24. Aufl., § 256 Rn. 33). Daher hat der Bundesgerichtshof etwa die Klage auf Feststellung, dass eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO bestehe, stets als zulässig angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008
- IX ZR 124/08, ZIP 2009, 389 Rn. 6 ff; vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337 Rn. 6 ff; vom 10. Oktober 2013 - IX ZR 30/13, ZIP 2013, 2265 Rn. 6 ff).
bb) Damit handelt es sich beim Urteilsausspruch des Berufungsgerichts zur insolvenzrechtlichen Einordnung der Ansprüche der Klägerin der Sache nach um ein Teilurteil (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO) über eine Zwischenfeststellung. Zwar muss das Gericht über die Einordnung der Ansprüche der Klägerin als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO im Rechtsstreit als Vorfrage ohnehin entscheiden. Trotz dieses Abhängigkeitsverhältnisses kann das Gericht aus Zweckmäßigkeitsgründen über eine Zwischenfeststellungs-(wider-)klage durch Teilurteil vorab entscheiden, ohne die Entscheidungsreife der Hauptfrage abzuwarten (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1960 - III ZR 80/58, NJW 1961, 75).
C.
Soweit das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Tabellenfeststellungsklage bejaht hat, ist die Revision unbegründet.
I.
Gemäß § 180 Abs. 1 InsO ist auf die Feststellung einer Forderung im ordentlichen Verfahren Klage zu erheben, wenn gegen die zur Tabelle angemeldete Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger Widerspruch erhoben worden ist (§ 178 Abs. 1 Satz 1, § 179 Abs. 1 InsO). Eine solche Klage ist nur zulässig, wenn der Gläubiger seine Forderung im Insolvenz- verfahren angemeldet hat, die Forderung geprüft worden und bestritten geblieben ist (BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - IX ZR 47/19, ZIP 2020, 1561 Rn. 10 mwN; vom 19. Dezember 2024 - IX ZR 114/23, ZIP 2025, 152 Rn. 8, 24). Zudem muss die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist (§ 181 InsO). Weitere Anforderungen an eine Feststellungsklage stellen die §§ 179 bis 181 InsO nicht (BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - IX ZR 315/14, BGHZ 213, 362 Rn. 13).
II.
Nach diesen Maßstäben ist die Tabellenfeststellungsklage zulässig.
1. Die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen für eine Tabellenfeststellungsklage sind im Streitfall erfüllt. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung ihrer ordnungsgemäß im Rang des § 38 InsO angemeldeten Forderungen zur Tabelle, nachdem die Beklagten der Forderungsanmeldung im Prüfungstermin widersprochen haben.
2. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dass die Einordnung einer Forderung als Insolvenzforderung eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Forderungsfeststellungsklage sei. Ob es sich bei der verfolgten Forderung um eine Insolvenzforderung handelt, ist allein eine Frage der Begründetheit. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof Klagen auf Feststellung einer Forderung auch dann stets für zulässig gehalten, wenn der Gläubiger damit keine Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO verfolgte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - II ZR 10/19, BGHZ 224, 235 Rn. 11; implizit etwa BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 137/13, ZIP 2014, 1087 Rn. 4, 27).
D. 35 Hinsichtlich des als Zwischenfeststellungsurteil zu behandelnden Ausspruchs über die Einordnung als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO hat die Revision Erfolg. Die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin ist unbegründet.
I.
Die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO sind erfüllt.
1. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz beantragt, im Wege der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass die von der Klägerin unter der lfd. Nr. …… zur Insolvenztabelle der AG angemeldeten Forderungen in Höhe von insgesamt 9.836.098,79 € Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO sind.
2. Die Frage, ob geltend gemachte Ansprüche Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO darstellen, begründet ein Rechtsverhältnis (siehe oben, Rn. 27 f). Dieses Rechtsverhältnis stellt im Streitfall eine Vorfrage im Sinne des § 256 Abs. 2 ZPO dar. Denn die auf Feststellung zur Tabelle gerichtete Klage hat nur Erfolg, wenn es sich bei den Forderungen der Klägerin um Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO handelt. Eine Feststellung der von der Klägerin verfolgten Ansprüche als nachrangige Insolvenzforderungen im Rang des § 39 InsO scheidet aus. Nachrangige Insolvenzforderungen sind nur anzumelden, wenn das Insolvenzgericht besonders zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert (§ 174 Abs. 3 Satz 1 InsO). Daran fehlt es bislang. Ohne eine solche Aufforderung können nachrangige Insolvenzforderungen nicht zur Tabelle festgestellt werden.
3. Der Klägerin steht ein rechtlich geschütztes Interesse an der Zwischenfeststellung zu. Sie ermöglicht es der Klägerin, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über die Tabellenfeststellungsklage auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2023 - VIII ZR 230/21, NZM 2023, 322 Rn. 53 mwN).
a) Die begehrte Feststellung muss sich allerdings grundsätzlich auf einen Gegenstand beziehen, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Es reicht aus, wenn das inzidenter ohnehin zu klärende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien noch über den gegenwärtigen Streitgegenstand hinaus Bedeutung erlangen kann (BGH, Urteil vom 25. Januar 2023 - VIII ZR 230/21, NZM 2023, 322 Rn. 57 mwN). Hingegen ist für eine Zwischenfeststellungsklage kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05, BGHZ 169, 153 Rn. 12; vom 25. Januar 2023, aaO).
Danach ist eine positive Zwischenfeststellungsklage des Klägers zulässig, wenn mit der Hauptklage mehrere selbständige Ansprüche aus dem streitigen Rechtsverhältnis verfolgt werden, auch wenn sie in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus diesem ergeben können (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 99/18, WM 2021, 989 Rn. 18 mwN). Dies beruht darauf, dass in diesen Fällen Teilurteile ergehen können und deshalb die Entscheidungen über das zugrundeliegende Rechtsverhältnis für nachfolgende Teilurteile und das Schlussurteil von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rn. 19; vom 28. Januar 2020, aaO mwN).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die von der Klägerin begehrte Zwischenfeststellung ermöglicht es, Teilurteile über einzelne von der Klägerin geltend gemachte Ansprüche zu erlassen.
c) Dem steht nicht entgegen, dass eine allgemeine Feststellungsklage, bestimmte Ansprüche seien als Insolvenzforderungen geltend zu machen, unzulässig ist, wenn sie gegen die Insolvenzmasse gerichtet ist (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 165/02, WM 2003, 2429, 2432). Dies beruht darauf, dass § 87 InsO, nach dem Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können, abschließend ist. Dieser Einwand trifft auf eine im Rahmen einer Tabellenfeststellungsklage erhobene Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO nicht zu, weil damit das Verfahren nach §§ 174 ff InsO nicht entwertet wird.
II.
Die Zwischenfeststellungsklage ist jedoch unbegründet. Die zur Tabelle angemeldeten Forderungen stellen keine Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO dar.
1. Welchen Rang auf den Erwerb von Aktien zurückgehende kapitalmarktrechtliche Forderungen eines (ehemaligen) Aktionärs (fortan: kapitalmarktrechtliche Schadensersatzforderungen) im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft einnehmen, ist umstritten.
a) In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, die Ansprüche der Aktionäre seien im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Aktiengesellschaft nach § 199 Satz 2 InsO als mitgliedschaftliche Rechte zu behandeln und kämen nur dann zum Zuge, wenn nach der Schlussverteilung ein Überschuss verbliebe (Thole, ZIP 2020, 2533; ders., ZRI 2024, 1032; Madaus, ZRI 2022, 1; ders., ZIP 2023, 1273; Paulus, EWiR 2023, 54; ders., ZIP 2024, 2737; Liebscher/ Rickelt, ZIP 2024, 717; Gehrlein, WM 2021, 763; ders., WM 2021, 805; Baumert, NZG 2023, 111; Habersack, ZIP 2025, 1307; Schönfelder/Zuleger, NZI 2025, 673; Holzer in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2025, § 199 Rn. 2; HmbKommInsO/Lüdtke, 10. Aufl., § 38 Rn. 10). Der Schlussrang der Aktionärsforderungen nach § 199 Satz 2 InsO sei die Konsequenz des mit dem Investment in die Aktie als Eigenkapitalinstrument eingegangenen Risikos (Madaus, ZRI 2022, 1, 13 f). An dieser Investitionsentscheidung müsse sich auch der getäuschte Aktionär festhalten lassen (HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO; Madaus, aaO S. 13). Der Aktionär stünde der Gesellschaft nicht wie ein Dritter gegenüber, weil eine Haftung der Emittentin ohne (zeitweilige) Aktionärsstellung nicht denkbar sei. Der kapitalmarktrechtliche Schutz werde gerade wegen der Stellung als Aktionär gewährt (Thole, ZIP 2020, 2533, 2543). Der getäuschte Anleger könne auch nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft Schadensersatz lediglich als Bestandteil seines in der Insolvenz nicht durchsetzbaren Abfindungsanspruchs geltend machen (Gehrlein, WM 2021, 805, 817).
b) Die Gegenansicht verneint einen insolvenzrechtlichen Nachrang der Schadensersatzansprüche der Aktionäre und meint, es handle sich um Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO. Die Aktionäre seien wie Drittgläubiger zu behandeln (Brinkmann/Richter, AG 2021, 489; Bitter/Jochum, ZIP 2021, 653; dies., ZIP 2023, 277; Becker, NZI 2021, 302; ders., NZI 2022, 319; ders., NZI 2023, 116; Mock, BKR 2023, 127; ders., NZI 2024, 969; Richter, BKR 2024, 1033; Gottwald/Haas/Mock, Insolvenzrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 91 Rn. 129; Graf-Schlikker/Bremen/Neußner, InsO, 6. Aufl., § 39 Rn. 87; Holzer in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2023, § 38 Rn. 20; Gundlach/Frenzel/Schmidt, ZInsO 2006, 1316, 1319; MünchKomm-AktG/Bayer, 6. Aufl., § 57 Rn. 45 f; Bürgers/Lieder/Lieder, AktG, 6.
Aufl., § 57 Rn. 40; Hellgardt in Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl., § 98 WpHG Rn. 53a; K. Schmidt/Lutter/Fleischer, AktG, 5. Aufl., § 57 Rn. 67a; Koch, AktG, 19. Aufl., § 57 Rn. 12; Großkomm-AktG/Arnold/Notz, 5. Aufl., § 57 Rn. 53). Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche setzten keine Beteiligung am Eigenkapital voraus (Brinkmann/Richter, aaO S. 496; Bekker, NZI 2021, 302, 303). Die Kapitalmarktinformationshaftung genieße Vorrang vor dem mit den Kapitalerhaltungsgrundsätzen bezweckten Gläubigerschutz (Bitter/Jochum, ZIP 2021, 653, 668). Ein insolvenzrechtlicher Nachrang der Schadensersatzansprüche würde sich negativ auf die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts auswirken, er hätte regelmäßig einen vollständigen Ausfall der Ansprüche zur Folge. Die mit der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen bezweckte verhaltenssteuernde Wirkung ginge verloren. Die Kapitalmarktinformationshaftung liefe leer (Bitter/Jochum, aaO S. 665 f; GroßkommAktG/Arnold/Notz, aaO).
c) Eine weitere Auffassung befürwortet eine Behandlung getäuschter Aktionäre als nachrangige Insolvenzgläubiger gemäß § 39 InsO (KölnKommAktG/Drygala, 3. Aufl., § 57 Rn. 33; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 16. Aufl., § 11 Rn. 205A; Hirte in Festschrift Kirchhof, 2003, S. 223, 242; Langenbucher, ZIP 2005, 239, 244 f; ablehnend Wachter/Servatius, AktG, 4. Aufl., Anhang zu § 57 Rn. 9; Zimmer, WM 2004, 9, 11 f; für einen Nachrang de lege ferenda Baums, ZHR 167, 139, 167, 170; Möllers, BB 2005, 1637, 1642; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 408; vgl. auch Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1811). Es gehöre zur Ausstattung des Eigenkapitaltitels "Aktie", dass der Überschuss dem Aktionär zustehe, er aber auch - vor den Fremdkapitalgebern - das endgültige Ausfallrisiko trage (Baums, aaO).
2. Der Senat entscheidet die Frage dahin, dass kapitalmarktrechtliche Schadensersatzforderungen (ehemaliger) Aktionäre in der Insolvenz der Gesellschaft im Rang hinter den einfachen Insolvenzforderungen des § 38 InsO zurücktreten. Ob diese Forderungen gemäß § 199 Satz 2 InsO erst nach einer Schlussverteilung aus dem verbleibenden Überschuss zu bedienen oder ob sie in entsprechender Anwendung im Rang des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO als nachrangige Insolvenzgläubiger zu befriedigen sind, kann im Streitfall offen bleiben.
a) Die Insolvenzordnung enthält - soweit es um die Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners geht - eine Verteilungsordnung und zugleich eine Rangordnung (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 83 f). Die Insolvenzordnung regelt damit, wie das nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichende Vermögen des Schuldners zu verteilen ist (BT-Drucks. 12/2443, S. 108; Thole, ZIP 2020, 2533, 2538). Hierzu unterscheidet die Insolvenzordnung Aussonderungsberechtigte, Massegläubiger, Absonderungsberechtigte, einfache und nachrangige Insolvenzgläubiger, Neugläubiger und am Schuldner beteiligte Personen.
Diese insolvenzrechtlichen Maßstäbe bestimmen darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein Anspruch aus dem Vermögen des Schuldners in einem Insolvenzverfahren zu befriedigen ist. Die unterschiedliche Behandlung der Ansprüche begründet eine insolvenzrechtliche Rangordnung. Der Rang ergibt sich nicht allein daraus, ob materiell-rechtlich ein Anspruch (§ 194 Abs. 1 BGB) besteht oder ob ein Forderungsrecht vorhanden ist. Die Insolvenzordnung geht von der materiell-rechtlichen Position des Forderungsinhabers aus, unterwirft jedoch die einzelnen Forderungen einer insolvenzrechtlich geschaffenen Rangfolge. Eine der grundlegenden Entscheidungen der Insolvenzordnung betrifft die Unterscheidung zwischen Forderungen von Gläubigern, die sich als Eigenkapitalgeber an dem Schuldner beteiligt haben, und solchen Gläubigern, deren Forderungen unabhängig von einem Entschluss sind, sich an dem Schuldner als Gesellschafter und Eigenkapitalgeber zu beteiligen.
b) Die bisherigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verhalten sich nicht zur Frage, welcher Rang kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzforderungen von Aktionären in der Insolvenz der Aktiengesellschaft zukommt. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs betrafen entweder Schadensersatzansprüche von Aktionären gegen werbende Gesellschaften außerhalb der Insolvenz (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-174/12, Hirmann, ZIP 2014, 121; BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358) oder Schadensersatzansprüche von Genussrechtsgläubigern als Fremdkapitalgeber, die nicht an dem Schuldner beteiligt waren (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 - II ZR 334/05, nicht veröffentlicht; vom 19. Mai 2022 - IX ZR 67/21, ZIP 2022, 1932).
c) Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzforderungen von Aktionären, die ihnen aufgrund ihrer Beteiligung als Aktionär an der Schuldnerin entstehen, genießen nicht den Rang einfacher Insolvenzforderungen nach § 38 InsO. Dies ergibt sich aus § 199 Satz 2 InsO und den gesetzgeberischen Wertungen.
aa) Es besteht keine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Rang solcher Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft. Dies gilt sowohl für kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche auf deliktischer Grundlage, wie etwa die im Streitfall von der Klägerin behaupteten Ansprüche aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 400 AktG und § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB, als auch für Schadensersatzansprüche aus spezialgesetzlichen Regelungen (anders etwa § 236 HGB für den Anspruch des stillen Gesellschafters auf seine Einlage). Auch die Gesetzesmaterialien der - häufig geänderten - spezialgesetzlichen Regelungen erörtern die Rangfrage nicht.
bb) Weder das Bestehen eines Anspruchs noch die Stellung des Gläubigers als Aktionär entscheiden für sich genommen darüber, wie die Forderung in die insolvenzrechtliche Verteilungsordnung einzuordnen ist.
(1) Eine Einordnung als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO folgt nicht allein daraus, dass den Aktionären kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin zustehen. Auch ist für die Rangfrage nicht entscheidend, dass deliktische Schadensersatzansprüche - etwa aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 400 AktG oder § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB sowie aus § 826 BGB - ebenso wie Schadensersatzansprüche nach §§ 97, 98 WpHG unterschiedslos für Eigen- und Fremdkapitalgeber gelten (vgl. Hellgardt in Assmann/ Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 8. Aufl., § 98 WpHG Rn. 53a). Nicht der Anspruch entscheidet über die insolvenzrechtliche Einordnung, sondern die Insolvenzordnung bestimmt über den Rang der jeweiligen Ansprüche nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Verteilungsordnung.
Demgemäß sehen die allgemeinen Bestimmungen der Insolvenzordnung eine unterschiedliche Behandlung der Gläubiger bei der Verteilung des Vermögens vor. § 38 InsO bestimmt, dass die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, Insolvenzgläubiger sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensansprüche im Insolvenzverfahren mit dem gleichen Rang zu bedienen sind. Vielmehr ordnet das Gesetz an, dass bestimmte Forderungen im Rang nach den übrigen Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt werden (§ 39 Abs. 1, § 327 Abs. 1 InsO). Dabei werden selbst Forderungen eines einfachen Insolvenzgläubigers teilweise dem Nachrang zugewiesen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 InsO). Zu den nachrangigen Insolvenzforderungen zählen insbe- sondere Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO). Weiter bestimmt die Insolvenzordnung, dass den am Schuldner beteiligten Personen nur sofern bei der Schlussverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe befriedigt werden der Teil des Überschusses zusteht, der ihnen bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde (§ 199 Satz 2 InsO).
(2) Umgekehrt folgt allein daraus, dass der Gläubiger zugleich Aktionär der Schuldnerin ist, nicht, dass die Forderung deshalb gemäß § 39 InsO nachrangig oder erst im Rahmen des § 199 Satz 2 InsO zu befriedigen ist. Die Stellung des Gläubigers als Gesellschafter ist für sich genommen kein hinreichender Grund, Ansprüche in der Insolvenz der Gesellschaft in einen bestimmten Rang zu verweisen (vgl. Brinkmann/Richter, AG 2021, 489, 490).
cc) Jedoch schützt die Verteilungsordnung der Insolvenzordnung den Fremdkapitalgeber vor Ansprüchen der Eigenkapitalgeber aufgrund ihrer Beteiligung an der Gesellschaft. Daher treten kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche der Aktionäre, die ihnen aufgrund des Erwerbs von Aktien gegen die Gesellschaft zustehen, hinter den Ansprüchen einfacher Insolvenzgläubiger zurück. Denn sie sind derart mit der Stellung als Aktionär verknüpft, dass sie nur gemäß § 199 Satz 2 InsO oder allenfalls - in entsprechender Anwendung - im Rang des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO zu befriedigen sind. Dies ergibt sich aus dem mit dem Inhalt des Geschäfts erstrebten Zweck, der tatsächlich erfolgten Beteiligung als Aktionär und dem rechtlich und wirtschaftlich auf eine Rückabwicklung dieser Beteiligung gerichteten Schadensersatzanspruch.
(1) Aktionäre, die von bewusst unwahren, kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlasst wurden, können von der Gesellschaft Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359). Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2005, aaO S. 1359 f). Dies gilt sowohl für deliktische wie aus §§ 97, 98 WpHG folgende Schadensersatzansprüche.
(2) In der Insolvenz der Schuldnerin stehen diese Ansprüche jedoch nicht im Rang des § 38 InsO. Dem steht entgegen, dass der Zweck des Rechtsgeschäfts der Erwerb einer Beteiligung an der Schuldnerin war, die Ansprüche auf der Beteiligung als Aktionär an der Schuldnerin beruhen und wirtschaftlich dem Aktionär den Wert verschaffen, den er der Aktie beim Erwerb zumaß, und somit die Beteiligung rückabwickeln. Damit unterscheiden sich diese Schadensersatzansprüche sowohl in der Rechtsstellung des Gläubigers als auch in der Art ihrer Begründung und der Zielrichtung der Entschädigung grundlegend von denen einfacher Insolvenzgläubiger. Der Gesetzgeber ordnet Forderungen der Gesellschafter, wie § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO und § 199 Satz 2 InsO zeigen, im Rang hinter den einfachen Insolvenzgläubigern des § 38 InsO ein, wenn die Forderungen hinreichend mit der Beteiligung an der Schuldnerin verknüpft sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206 Rn. 25).
(a) Der Rang des § 38 InsO beruht darauf, dass diese Gläubiger ihre Ansprüche nicht aus ihrer Beteiligung an der Schuldnerin herleiten. Der Verteilungs- und Rangordnung der Insolvenzordnung liegt die klare Unterscheidung zwischen Gläubigern zugrunde, deren Forderungen unabhängig von einem Entschluss sind, sich an der Schuldnerin als Gesellschafter zu beteiligen, und solchen Forderungen, die aus dem Beteiligungsentschluss und der anschließenden Beteiligung entspringen. Die Insolvenzordnung bezweckt die gemeinschaftliche Verwirklichung der Vermögenshaftung (BT-Drucks. 12/2443, S. 83). Ziel der Haftungsverwirklichung ist die Abwicklung oder der planmäßige Umbau der gesamten Finanzstruktur des Schuldners unter Wahrung der haftungsrechtlichen Rangfolge der Finanzbeiträge der gesicherten Gläubiger, der einfachen Insolvenzgläubiger, der nachrangigen Insolvenzgläubiger und der Eigenkapitalgeber (BTDrucks. 12/2443, aaO). Anders als bei Konkurs- und Vergleichsverfahren sind nach der Insolvenzordnung auch Inhaber nachrangiger Forderungen und Eigenkapitalgeber Beteiligte des Insolvenzverfahrens und mit ihren Forderungen in eine insolvenzrechtliche Rangordnung gestellt (BT-Drucks. 12/2443, S. 84). Damit verwirklicht die Insolvenzordnung das vorinsolvenzlich übernommene Risiko (Madaus, ZRI 2022, 1, 15).
(b) Der kapitalmarktrechtliche Schadensersatzanspruch eines Aktionärs besteht gerade wegen seiner Beteiligung als Aktionär (vgl. Fleischer in Assmann/ Schütze/Buck-Heeb, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 6. Aufl., § 6 Rn. 51; Möllers, BB 2005, 1637, 1640; Habersack, ZIP 2025, 1307, 1310 f). Das Erwerbsgeschäft des Aktionärs - gleichgültig ob auf dem Sekundärmarkt oder dem Primärmarkt - betrifft die Aktie. Wie § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO und § 199 Satz 2 InsO zeigen, ist der Bezug zur Mitgliedschaft ein wesentlicher Gesichtspunkt, der für den Nachrang der Forderung spricht (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206 Rn. 25).
64 Bei der Haftung gegenüber dem getäuschten Aktionär geht es um den Ausgleich von Schäden, die notwendig mit der Aktionärsstellung des Anspruchsstellers zusammenhängen (BeckOGK/Cahn/v. Spannenberg, § 57 AktG Rn. 53; GroßKomm-AktG/Arnold/Notz, 5. Aufl., § 57 Rn. 49; Thole, ZIP 2020, 2533, 2539; Madaus, ZRI 2022, 1, 9). Im Ausgangspunkt besteht daher der für die Einlagenrückgewähr typische mitgliedschaftliche Bezug (BeckOGK/Cahn/v. Spannenberg, aaO; vgl. auch Baumert, NZG 2023, 111, 115). Dass die Stellung als Aktionär erst erlangt wird, nachdem das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen worden ist, stellt - anders als das Berufungsgericht meint - keinen erheblichen Gesichtspunkt dar. Von Bedeutung ist nicht, wann ein im Sinne des § 38 InsO begründeter Vermögensanspruch vorliegt, sondern die mit dem Geschäft angestrebte und für die Schadensbemessung erhebliche Erlangung der Stellung eines Aktionärs.
Dass kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche auch solchen Aktionären zustehen, welche ihre Mitgliedschaft zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder veräußert haben, steht dem nicht entgegen. Insbesondere § 199 Satz 2 InsO erfasst auch solche Gesellschafter, die vor der Insolvenz ausgeschieden sind (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - II ZR 10/19, BGHZ 224, 235 Rn. 30). Auch im Streitfall ändert die Veräußerung von Aktien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts daran, dass die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend macht, die wegen des Aktienerwerbs entstanden sind.
(c) Der Schadensersatzanspruch erfüllt nicht die Voraussetzungen einer von der Stellung als Aktionär losgelösten Drittgläubigerforderung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - II ZR 10/19, BGHZ 224, 235 Rn. 27). Vielmehr knüpft der Schadensersatzanspruch gerade an den nach dem schuldrechtlichen Geschäft zugrundegelegten Wert der Aktie an. Wirtschaftlich verschafft die Naturalrestitution dem Aktionär den Wert der Aktie, den er ihr nach Maßgabe des Erwerbspreises zumaß. Der Schadensausgleich betrifft die falsche Preisbildung für die Beteiligung als Eigenkapitalgeber (vgl. Thole, ZIP 2020, 2533, 2544; Madaus, ZRI 2022, 1, 15).
Allein die rechtliche Verselbständigung von Ansprüchen, die aus dem Gesellschaftsverhältnis stammen, vermag ihre generelle Einordnung als Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO nicht zu begründen (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - II ZR 10/19, BGHZ 224, 235 Rn. 29). Das gilt insbesondere für etwaige haftungs- oder kapitalerhaltungsrechtliche Bindungen, die ihrer gleichrangigen Befriedigung der Abfindungsforderung mit den Forderungen der übrigen Gläubiger der Gesellschaft entgegenstehen. Andernfalls würde der Zweck dieser materiell-rechtlichen Bindungen unterlaufen (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020, aaO).
Dies gilt in entsprechender Weise für den kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzanspruch des Aktionärs. Die Schadensersatzhaftung der Gesellschaft führt dazu, dass wirtschaftlich Altaktionäre die Neuaktionäre entschädigen (Klöhn, ZIP 2015, 53, 57; Brinkmann/Richter, AG 2021, 489, 494; Madaus, ZRI 2022, 1, 14; Habersack, ZIP 2025, 1307, 1312). Im Insolvenzfall betrifft die Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche nicht mehr die Haftung der Gesellschaft, sondern einen Verteilungskonflikt zwischen Fremdgläubigern und den an der Gesellschaft beteiligten Gläubigern; aus der gesellschaftsinternen Konkurrenz wird eine Gläubigerkonkurrenz (Thole, ZIP 2020, 2533, 2538; Madaus, aaO S. 14 f; Habersack, aaO). In diesem Verteilungskonflikt weist die Gläubigerstellung der Aktionäre die notwendige Nähe zur Beteiligung an der Gesellschaft auf; die insolvenzrechtliche Rangfolge ordnet solche auf den Erwerb der Aktie bezogene Forderungen grundsätzlich § 199 Satz 2 InsO zu und setzt sie hinter diejenigen der einfachen Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO zurück. Dass der Bundesgerichtshof einer Freistellung der Gesellschaft von einer Haftung eine Absage erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1360), entscheidet nicht den Verteilungskonflikt zwischen Fremdgläubigern und geschädigten Aktionären in der Insolvenz über das Vermögen der Gesellschaft.
Für einen Gleichrang mit einfachen Insolvenzgläubigern genügt es nicht, dass die Aktionäre als (getäuschte) Käufer auftreten, weil dies den Erwerbszweck ausblendet. Die Gesellschafter stehen, weil sie sich an der Gesellschaft beteiligt haben, den unternehmerischen Risiken allemal näher als irgendeiner der Gesellschaftsgläubiger (Schäfer, ZHR 170 (2006), 373, 394). Diese Nähe zu den unternehmerischen Risiken liegt auch § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO zugrunde (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 28 mwN). Es widerspricht der Verteilungsordnung der Insolvenzordnung, denjenigen, die sich an der Schuldnerin als Aktionär beteiligt haben, einen Schaden aufgrund des Erwerbs von Aktien im gleichen Rang wie Forderungen einfacher Insolvenzgläubiger zu ersetzen.
Der Aktionär liquidiert mit dem kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzanspruch die - täuschungsbedingt - falsche Erwartung an den Wert seiner Beteiligung an der Schuldnerin. Der erwartete Wert setzt sich letztlich aus dem mit der Aktie verknüpften Anteil am Eigenkapital der Gesellschaft sowie der (zukünftigen) Rendite zusammen. Auch der Schadensersatzanspruch bemisst sich an dem Risiko, welches dem Wert der Aktie und der in ihr verkörperten Rechte folgt. Der Aktionär erhält im Wege des Schadensersatzes den nach dem Erwerbspreis bemessenen Wert der Aktie; damit wird er im Insolvenzfall letztlich so berücksichtigt, als ob seine Beteiligung einen solchen Wert aufwiese. Materiell-rechtlich geht es darum, die tatsächlich erfolgte Beteiligung als Aktionär wirtschaftlich ex nunc rückabzuwickeln. Dass Schadensersatzansprüche bestehen, beseitigt die er- folgte Beteiligung als Aktionär im Verteilungskonflikt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht (vgl. HmbKomm-InsO/Lüdtke, 10. Aufl., § 38 Rn 10). Denn die Beteiligung als Aktionär und die erlangte mitgliedschaftliche Stellung bleiben wirksam. Demgemäß hat der Aktionär auch die mit dieser Stellung verbundenen Risiken zu tragen.
(d) In dem Ausgleich des letztlich die falsche Erwartung an den Wert der Aktie betreffenden Verlustes liegt der Unterschied zu vertraglichen Rangrücktrittsvereinbarungen. Vertragliche Rangrücktrittsvereinbarungen zielen nicht auf eine Beteiligung an der Schuldnerin. Welchen Rang der Schadensersatzanspruch hat, den der Anleger auf eine fehlerhafte Information durch den Emittenten im Vorfeld der Kapitalanlage stützt, ist nicht unabhängig von der Art der angestrebten Kapitalanlage (aA Bitter/Jochum, ZIP 2021, 653, 654 f). Darin unterscheiden sich rechtsgeschäftliche Vereinbarungen über den Rang und die Beteiligung als Gesellschafter an der Schuldnerin.
dd) Die Einordnung kapitalmarktrechtlicher Schadensersatzansprüche der Aktionäre einer Gesellschaft als nach den Vorgaben der Insolvenzordnung gegenüber Insolvenzforderungen nach § 38 InsO - sei es gemäß § 199 Satz 2 InsO oder im Rang des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO - nachrangigen Forderungen bedarf keiner ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Es ist vielmehr Aufgabe der Rechtsprechung, die unterschiedlichen Regelungen aufeinander abzustimmen.
(1) Auf der Grundlage der gesetzlichen Wertungen hat die Rechtsprechung vor allem solche Forderungen, die ihren Ursprung in der Beteiligung des Gläubigers als Gesellschafter an der Schuldnerin haben, als nachrangig eingeordnet. Eine entsprechende Forderung konnte nur entstehen, weil der Gläubiger Gesellschafter war. Weiter ist den Forderungen gemeinsam, dass ihr wirtschaftlicher Wert aus dem Erfolg oder Misserfolg der eigenen Gesellschaft folgt. Sie sind wirtschaftlich und rechtlich Ausfluss der Beteiligung des Gesellschafters an der eigenen Geschäftstätigkeit.
(a) So beschränkt etwa § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG das Insolvenzanfechtungsrecht nicht und unterliegt die rechtsgrundlose Bezahlung von Dividenden an einen Aktionär verschiedenen Rückforderungsansprüchen (BGH, Urteil vom 30. März 2023 - IX ZR 121/22, ZIP 2023, 1031 Rn. 37 ff). Ebenso hat der Bundesgerichtshof wiederholt angenommen, dass schuldrechtliche Ansprüche aus insolvenzrechtlichen Gründen in einen Rang nach den nachrangigen Forderungen des § 39 Abs. 1 InsO verwiesen werden können.
Danach wird selbständigen Nachzahlungsansprüchen von Vorzugsaktionären eine Befriedigungsmöglichkeit lediglich im Rang nach den nachrangigen Forderungen des § 39 Abs. 1 InsO zuerkannt (BGH, Urteil vom 15. April 2010 - IX ZR 188/09, BGHZ 185, 206 Rn. 29). Sie sind im Falle eines Insolvenzplans dem Regelungsregime des § 225 Abs. 1 InsO zugewiesen, wonach die Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger als erloschen gelten (BGH, Urteil vom 15. April 2010, aaO Rn. 14, 29); dies ist eine zulässige Rechtsfortbildung (BGH, Urteil vom 15. April 2010, aaO Rn. 34). Ebenso tritt eine Rückabwicklungsanordnung nach § 37 KWG jedenfalls in der Insolvenz der Gesellschaft hinter eine fortbestehende gesellschaftsvertragliche Einbindung der Einlage zurück. In der Insolvenz kommt der - vom Kreditwesengesetz nicht berührte und dagegen nicht verstoßende - gesellschaftsrechtliche Charakter der Einlage als haftendes Kapital zum Tragen, der vorrangig vor der Rückzahlungsanordnung zu berücksichtigen ist und diese insoweit überlagert (BGH, Urteil vom 4. August 2020 - II ZR 174/19, BGHZ 226, 329 Rn. 53, 65).
Schließlich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Abfindungsforderung eines vor der Insolvenz ausgeschiedenen Gesellschafters einer GmbH & Co. KG nicht als Insolvenzforderung zur Tabelle festzustellen, sondern erst bei der Schlussverteilung nach § 199 InsO zu berücksichtigen, wenn ihre Auszahlung gegen §§ 30, 31 GmbHG analog verstoßen würde (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - II ZR 10/19, BGHZ 224, 235 Rn. 10). Danach steht eine kapitalerhaltungsrechtliche Bindung nach §§ 30, 31 GmbHG der Feststellung der Abfindungsforderung als einfache Insolvenzforderung entgegen (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020, aaO Rn. 17, 25 ff, 36 ff).
(b) Dies zeigt sich in ähnlicher Weise bei der Festlegung, ob Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder Forderungen aus Rechtshandlungen vorliegen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Auch bei § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO handelt es sich um insolvenzrechtliche Bestimmungen über den Rang schuldrechtlicher Forderungen. Hier liegt der tragende Grund der Nachrangigkeit im Insolvenzfall darin, dass der Gesellschafter mit seiner Finanzierungsentscheidung die Kapitalausstattung der eigenen Gesellschaft verbessert hat (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 24). Ein solcher Gesellschafter finanziert damit eine Geschäftstätigkeit, die ihm mittelbar über seine Stellung als Gesellschafter zugute kommt. Hätte der Gesellschafter selbst diese Geschäfte betrieben, wären die eigenen Mittel in der Insolvenz des Gesellschafters verloren. § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO ordnet an, dass gleiches in der Insolvenz "seiner" Gesellschaft gilt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 25).
Für diesen Nachrang genügt der von Anfang an vorliegende Wille beider Vertragsparteien, der Gesellschaft zusätzliche finanzielle Mittel von vornherein nur auf Zeit zu überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 30). Auf den Rechtsgrund kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 29). Welche Forderungen diesem Nachrang unterworfen sind, entscheidet sich nach den Wertungen des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO. Daher können etwa auch - trotz der Regelung in § 236 HGB - Ansprüche eines stillen Gesellschafters auf Rückgewähr seiner Einlage erfasst sein, wenn in einer Gesamtbetrachtung seine Stellung nach dem Beteiligungsvertrag der eines Kommanditisten im Innenverhältnis weitgehend angenähert ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 Rn. 17).
(2) Diese Erwägungen treffen ebenfalls auf den kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzanspruch des Aktionärs zu. Auch dieser entsteht nur aufgrund der Beteiligung als Aktionär. Wirtschaftlich kompensiert er die - täuschungsbedingt - fehlgeschlagene Investition in eine eigene Geschäftstätigkeit, nämlich die der Gesellschaft, an der sich der Aktionär beteiligt. Dies rechtfertigt es, einen solchen Schadensersatzanspruch in der Insolvenz der Gesellschaft aufgrund von § 199 Satz 2 InsO oder in entsprechender Anwendung von § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO im Rang erst nach den Forderungen einfacher Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO zu befriedigen.
ee) Die mit den kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüchen angestrebte Steuerungswirkung erfordert keinen Gleichrang mit einfachen Insolvenzgläubigern. Die Steuerungswirkung zielt auf das Verhalten der Schuldnerin und ihrer leitenden Organe. Sie tritt - ex ante - ein, indem Schadensersatzansprüche drohen und gegen die Schuldnerin durchgesetzt werden können. Fällt die Schuldnerin hingegen in Insolvenz, ist die Befriedigung dieser Forderungen für die Steuerungswirkung unerheblich (vgl. Madaus, ZRI 2022, 1, 9 f; Habersack, ZIP 2025, 1307, 1312). Das insolvenzrechtliche Ausfallrisiko gefährdet die Steuerungswirkung nicht. Sie erklärt sich aus der angestrebten Haftungsvermeidung, nicht aus dem Ausmaß der Befriedigung im Insolvenzfall. Die Kompensationswirkung (so Bitter/Jochum, ZIP 2023, 277, 285) ist eine Frage der Kompensation auf wessen Kosten, nicht des Ob einer Haftung. Der Gesetzgeber verweist Beteiligungen am Risikokapital in der Gesellschaftsinsolvenz in den Nach-Nachrang des § 199 Satz 2 InsO, offenbar ohne dass dadurch aus seiner Sicht das Vertrauen in den Kapitalmarkt nachhaltig gestört wird (BGH, Urteil vom 30. März 2023 - IX ZR 121/22, ZIP 2023, 1031 Rn. 42).
Der mit den kapitalmarktrechtlichen Vorschriften verfolgte Anlegerschutz läuft bei einer Einordnung der Schadensersatzansprüche von Aktionären als in der Insolvenz nachrangig zu erfüllende Forderungen auch nicht leer (aA Großkomm-AktG/Arnold/Notz, 5. Aufl., § 57 Rn. 53). Weder beschränken sich die Vorschriften auf den Schutz des Aktionärs noch steht von vornherein fest, dass die Gesellschaft in Insolvenz fällt und die geschädigten Aktionäre wegen der Nachrangigkeit mit ihren Forderungen vollständig ausfallen. Zudem zeigen die häufig geringen Quoten auch einfacher Insolvenzgläubiger, dass die Befriedigungsfunktion nicht im Vordergrund der kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzhaftung steht (vgl. Madaus, ZRI 2022, 1, 9 f).
3. Die Einordnung von kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüchen in einen Rang nach den einfachen Insolvenzforderungen fügt sich auch im Übrigen in die insolvenzrechtlichen Regelungen ein.
a) Anders als die Revisionserwiderung meint, hindert eine Behandlung der kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzforderungen als nachrangige Insolvenzforderungen oder als Ansprüche, die erst gemäß § 199 Satz 2 InsO zu bedienen sind, nicht die Anfechtbarkeit nach §§ 130, 131 InsO von Zahlungen der Schuldnerin. Das Merkmal des Insolvenzgläubigers dient der Abgrenzung, insbesondere gegenüber Massegläubigern und Aussonderungsberechtigten (vgl. Schoppmeyer in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2013, § 130 Rn. 44). Es ist für die Anfechtbarkeit nach §§ 130, 131 InsO nicht erforderlich, dass die befriedigte Forderung einen bestimmten Rang als Insolvenzforderung aufweist. Eine Deckungsanfechtung ist danach nur dann ausgeschlossen, wenn der Forderungsgläubiger eine andere Stellung - nämlich die eines bevorzugten Gläubigers - innehatte als die eines (möglichen) Insolvenzgläubigers (Schoppmeyer, aaO, 2014, § 131 Rn. 25). So ist auch die Befriedigung einer Abfindungsforderung eines ausgeschiedenen Gesellschafters nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar, auch wenn sie in der Insolvenz der Gesellschaft nur im Rahmen eines Überschusses nach § 199 Satz 2 InsO zu befriedigen wäre.
b) Ebensowenig hindert dies die Berücksichtigung der Ansprüche in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft. Maßgebend ist nicht die Rang- und Verteilungsordnung in der Insolvenz, sondern ob die Schuldnerin eine Erfüllung der entsprechenden Ansprüche außerhalb der Insolvenz verweigern kann. Dies ist - unabhängig davon, ob der insolvenzrechtliche Rang der kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche der Aktionäre sich aus § 39 InsO oder aus § 199 Satz 2 InsO ergibt - nicht der Fall.
Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche sind schon deshalb zu passivieren, weil die Gesellschaft diese Forderungen zu erfüllen hat. Nachrangige Verbindlichkeiten sind nach allgemeiner Meinung jedenfalls dann in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu berücksichtigen, wenn sich die Nachrangabrede auf den Fall der Insolvenz beschränkt (Madaus, ZRI 2022, 1, 17; Uhlenbruck/Mock, InsO, 16. Aufl., § 19 Rn. 161; Schmidt/Schmidt/Herchen, InsO, 20. Aufl., § 19 Rn. 35). Erst im eröffneten Insolvenzverfahren wirkende Rangänderungen ändern an der grundsätzlichen Passivierungspflicht nichts (Schmidt/ Schmidt/Herchen, aaO). Entscheidend ist die fehlende Durchsetzungssperre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Da die Gesellschaft kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche ihrer Aktionäre außerhalb der Insolvenz zu erfüllen hat, sind solche Ansprüche geeignet, die Überschuldung zu begründen.
4. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht geboten. Die Parteien machen nicht geltend, dass eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union bestehe. Die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. EU L 173 S. 1; fortan Marktmissbrauchsverordnung) erfordert in der Insolvenz der Gesellschaft, die zu ihrer Liquidation führt, keine Gleichbehandlung von kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüchen der Aktionäre mit einfachen Insolvenzgläubigern. Dies ist angesichts des Wortlauts auch der anderen Sprachfassungen, insbesondere der Art. 17, 23, 30 Abs. 1 Marktmissbrauchsverordnung, und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie, ABl. EG L 390 S. 38) und zu Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie 2003, ABl. EU L 96 S. 16), derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81, C.I.L.F.I.T., DVBl 1983, 267, 268; vom 9. September 2015 - C-160/14, EuZW 2016, 111 Rn. 38 f; vom 6. Oktober 2021 - C-561/19, Consorzio Italian Management ua/Rete Ferroviaria Italiana SpA, NJW 2021, 3303 Rn. 47). Nach dieser Rechtsprechung ist die Wahl zivilrechtlicher Abhilfemaßnahmen bei einer Haftung des Aktienemittenten Sache der Mitgliedstaaten (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-174/12, Hirmann, ZIP 2014, 121 Rn. 42). Auch der Umfang des Schadensersatzes ist in Ermangelung einschlägiger Unionsvorschriften Aufgabe des innerstaatlichen Rechts des einzelnen Mitgliedstaats, wobei der Äquivalenz- und der Effektivitätsgrundsatz zu beachten sind (EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013, aaO Rn. 40). Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. Mai 2022 (C-410/20, Banco Santander, WM 2022, 1366 Rn. 45 ff) folgt nichts anderes.
E.
Unbegründet ist die Revision hinsichtlich der Feststellungswiderklage des Beklagten zu 1.
I.
Die Widerklage ist unzulässig. Sie erfüllt für keine der vom Beklagten zu 1 begehrten Feststellungen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO.
1. Soweit der Beklagte zu 1 festgestellt wissen will, dass es sich bei den von der Klägerin angemeldeten Schadensersatzforderungen um keine Insolvenzforderungen im Rang des § 39 InsO, sondern um aus der Mitgliedschaft der Klägerin an der Schuldnerin wurzelnde Ansprüche handelt, die allein im Rahmen der Überschussverteilung (§ 199 Satz 2 InsO) berücksichtigt werden können, fehlt es an der Vorgreiflichkeit. Diese ist zu verneinen, wenn die Klage zur Hauptsache unabhängig davon abgewiesen wird, ob das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis besteht (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, NJW 2008, 69 Rn. 17; vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09, WM 2010, 331 Rn. 19; Stein/Roth, ZPO, 24. Aufl., § 256 Rn. 117). Da der Rechtsstreit allein die Feststellung der Forderungen der Klägerin als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO zur Tabelle betrifft, stellt nur diese Einordnung das Rechtsverhältnis dar, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt. Hingegen ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, ob es sich bei den Forderungen der Klägerin um nachrangige Insolvenzforderungen im Rang des § 39 InsO oder Ansprüche handelt, die allein im Rahmen der Überschussverteilung (§ 199 Satz 2 InsO) berücksichtigt werden können.
2. Soweit der Beklagte zu 1 mit der Zwischenfeststellungswiderklage zudem festgestellt wissen will, dass die von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten Schadensersatzansprüche keine Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO darstellen, fehlt es an einem rechtlichen Interesse an dieser Zwischenfeststellung. Wenn im Fall der Begründetheit der Zwischenfeststellungsklage zugleich die Hauptsacheklage ohne Weiteres in vollem Umfang entscheidungsreif ist, hat ein Ausspruch über den Zwischenfeststellungsantrag keine weitergehende rechtliche Bedeutung (BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 99/18, WM 2021, 989 Rn. 19 mwN). So liegt der Streitfall hinsichtlich der Einordnung der Forderungen als Insolvenzforderungen im Rang des § 38 InsO: wird diese verneint, ist die Hauptsacheklage insgesamt abweisungsreif.
II.
Die Feststellungswiderklage des Beklagten zu 1 ist nicht als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Beklagte zu 1 zeigt nicht auf, dass ein Feststellungsinteresse besteht. Angesichts der vorhandenen Masse ist nicht zu erwarten, dass die Insolvenzgläubiger im Rang des § 38 InsO befriedigt werden. Damit ist die Frage, ob die Ansprüche der Klägerin nachrangige Insolvenzforderungen im Rang des § 39 InsO darstellen oder erst gemäß § 199 Satz 2 InsO aus einem Überschuss zu befriedigen sind, für das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin ohne Bedeutung.
Zudem ist zweifelhaft, ob dem Insolvenzverwalter die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für die Feststellung offensteht, ob bestimmte Ansprüche Insolvenzforderungen darstellen oder nicht. Denn insoweit besteht grundsätzlich der Vorrang des insolvenzrechtlichen Forderungsfeststellungsverfahrens (§ 87 InsO).
F.
Die Revision gegen das die Zulässigkeit der Klage feststellende Zwischenurteil ist zurückzuweisen, die Revision gegen die Abweisung der Zwischenfeststellungswiderklage ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Zwischenfeststellungwiderklage als unzulässig abgewiesen wird. Im Übrigen ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage - da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO) - insgesamt abzuweisen.
I.
Der Senat kann über die Klage insgesamt entscheiden, auch wenn in der Rechtsmittelinstanz nur ein Teil des Rechtsstreits angefallen ist. § 563 Abs. 3 ZPO bringt den allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz, von einer Zurückverweisung abzusehen, wenn der Rechtsstreit bereits zur Endentscheidung reif ist,
im Revisionsrecht zur Geltung. Das Revisionsgericht kann auf die sachliche Berechtigung der Klage eingehen, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, NJW 1992, 436, 438 mwN zu § 565 ZPO aF; vom 29. September 2017 - V ZR 19/16, WM 2018, 1714 Rn. 43, insoweit in BGHZ 216, 83 nicht abgedruckt). Dies hat der Bundesgerichtshof wiederholt für vom Berufungsgericht als unzulässig angesehene Klagen angenommen (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991, aaO mwN; vom 29. September 2017, aaO). Ergibt die aufgrund der zulässigen Revision anzustellende Prüfung, dass die materiell-rechtliche Untersuchung der Beziehungen der Parteien zu einem endgültigen und abschließenden Ergebnis führt, könnte auch das Berufungsgericht nach Zurückverweisung der Sache bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis gelangen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 324/94, WM 1996, 822, 823). In einem solchen Fall hat nunmehr das Revisionsgericht die Entscheidung zu treffen, die an sich schon in der Berufungsinstanz hätte ergehen müssen; es kann daher eine unschlüssige Klage als unbegründet abweisen (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2017, aaO).
II.
So liegt der Streitfall. Auch wenn das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung gemäß § 146 ZPO auf das Angriffsvorbringen der Klägerin, wonach die mit der Klage verfolgten Schadensersatzansprüche als Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) durch Anmeldung zur Tabelle geltend gemacht werden können, und auf das kontradiktorische Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu diesem Punkt beschränkt hat, besteht eine ausreichende und im Revisionsverfahren uneingeschränkt verwertbare tatsächliche Entscheidungsgrundlage, die dem Revisionsgericht ermöglicht, insgesamt eine Entscheidung über die Sache zu treffen.
Die Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten Forderungen stellen keine Insolvenzforderungen nach § 38 InsO dar (siehe oben Rn. 53, 59 ff). Ob diese Forderungen nach § 199 Satz 2 InsO erst nach einer Schlussverteilung aus dem verbleibenden Überschuss zu bedienen sind, oder ob sie in entsprechender Anwendung im Rang des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO als nachrangige Insolvenzgläubiger zu befriedigen sind, kann offenbleiben. Diese Abgrenzung ist nicht entscheidungserheblich.
Schoppmeyer Weinland Röhl Kunnes Schultz Vorinstanzen: LG München I, Entscheidung vom 23.11.2022 - 29 O 7754/21 OLG München, Entscheidung vom 17.09.2024 - 5 U 7318/22 e - IX ZR 127/24 Verkündet am: 13. November 2025 Kluckow, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle