7 Ni 5/16 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 5/16 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
18. Mai 2017 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05
…
betreffend das europäische Patent 1 131 507 (DE 699 21 177)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Dipl.-Ing. Küest und Dipl.-Ing. Dr. Großmann für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die vorliegende Klage richtet sich gegen den deutschen Teil des in englischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents 1 131 507 der Beklagten (Streitpatent). Das Streitpatent trägt die Bezeichnung „Hinge“ (Gelenk) und nimmt die Priorität der schwedischen Voranmeldung 9803911 vom 16. November 1998 in Anspruch. Im Deutschen Patent- und Markenamt wird es unter dem Aktenzeichen 699 21 177 geführt. Es umfasst acht Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Die Ansprüche 2 bis 8 sind als Unteransprüche auf Anspruch 1 rückbezogen.
Der erteilte Patentanspruch 1 hat in der englischen Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:
1. An arrangement for forming a pivot between a number of parts, of which at least one part is to be pivotal in relation to the other, characterized in that a profile member (2) is switchable from an open position to a closed position and is secured on the one part, in that a pivot strip (1) of a flexible material is secured in the other part and extends into the profile member (2) and in that the part of the pivot strip which part extends into the profile member (2) is anchored in the profile member (2) after switching of the same from the open position to the closed position.
Die deutsche Übersetzung des erteilten Anspruchs 1 lautet wie folgt (Korrekturen der Übersetzung gemäß Vorschlag der Beklagten durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
1. Anordnung zur Bildung einer Schwenkverbindung zwischen einer Anzahl von Teilen, von denen mindestens ein Teil im Verhältnis zum anderen schwenkbar sein soll, dadurch gekennzeichnet, dass ein Profilelement (2) aus einer offenen Position in eine geschlossene Position umschwenkbar umschaltbar und an dem einen Teil gesichert ist, dass ein Schwenkstreifen (1) aus einem flexiblen Material in dem anderen Teil gesichert ist und sich in das Profilelement (2) erstreckt und dass dasjenige Teil des Schwenkstreifens, das sich in das Profilelement (2) erstreckt, nach erfolgtem Umschwenken Umschalten des Profilelements aus der offenen Position in die geschlossene Position im Profilelement (2) verankert ist.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 8 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 131 507 B1 bzw. auf die deutsche Übersetzung gemäß der Veröffentlichung DE 699 21 177 T2 (nachfolgend: T2-Schrift) Bezug genommen.
Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) und b) EPÜ) geltend.
Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit stützt die Klägerin auf folgende Publikationen:
D1 US-Patentschrift 5,732,757 A D2 internationale Anmeldung WO 91/12402 A1 D3 britische Patentanmeldung GB 2 189 290 A D4 US-Patentschrift 3,403,720 D5 US-Patentschrift 5,603,370 A D6 US-Patentschrift 5,133,108 A D7 US-Patentschrift 3,234,996 D8 US-Patentschrift 2,804,137 D9 US-Patentschrift 4,765,039 D10 US-Patentschrift 4,817,699 Nach ihrer Meinung ist der Gegenstand des Anspruchs 1 in seiner erteilten Fassung nicht neu gegenüber den Entgegenhaltungen D3 bis D8, zumindest beruhe er gegenüber einer Zusammenschau von D3 mit einer der Entgegenhaltungen D9 oder D10 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Auch die Merkmale der Unteransprüche könnten die Patentfähigkeit nicht begründen. Anspruch 8 sei zudem aufgabenhaft formuliert und daher nicht ausführbar.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 131 507 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland vollumfänglich für nichtig zu erklären.
Die Beklagten beantragen,
die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Fassung der Patentansprüche gemäß den mit Schriftsatz vom 22. Februar 2017 (Bl. 225 d. A.) eingereichten, in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 6 richtet.
Wegen der Fassung der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 22. Februar 2017 verwiesen.
Nach Meinung der Beklagten offenbart keine der von der Klägerin herangezogenen Druckschriften den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 mit allen seinen Merkmalen. Dieser Gegenstand habe dem Fachmann am Prioritätstag auch nicht nahegelegen; die von der Klägerin zur Begründung mangelnder erfinderischer Tätigkeit angeführte Kombination von Druckschriften beruhe auf rückschauender Betrachtung. Von der Bestandsfähigkeit des Hauptanspruchs würden die Unteransprüche 2 bis 8 mitgetragen. Die Offenbarung für das Merkmal „gegenüberliegende Seite“ in Anspruch 8 ergebe sich etwa aus der Figur 2. Der Fachmann könne ggf. mit Hilfe von Versuchen eine Anordnung gemäß Anspruch 8 schaffen.
Zumindest in einer der mit den Hilfsanträgen beantragten Fassungen ist den Beklagten zufolge das Streitpatent bestandsfähig. Dem widerspricht die Klägerin; ihr zufolge sind diese Anspruchsfassungen unzulässig, zumindest enthielten sie nichts Patentfähiges.
Der Senat hat gemäß § 83 Abs. 1 PatG den Parteien mit Schreiben vom 14. Dezember 2016 einen gerichtlichen Hinweis übersandt.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der fehlenden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) und b) EPÜ) nicht vorliegen.
I.
1. Die vorliegende Erfindung betrifft nach ihrer Beschreibung in der Streitpatentschrift eine Schwenkverbindung zwischen mehreren Teilen, von denen mindestens ein Teil im Verhältnis zu einem anderen Teil schwenkbar sein soll (vgl. T2-Schrift Abs. [0001]). Es habe sich gezeigt, dass im Stand der Technik bekannte Schwenkkonstruktionen verschiedene Nachteile aufwiesen, z. B. hohe Produktionskosten. Auch sei die Einhaltung ausreichender und akzeptabler Toleranzen schwierig und es gebe Probleme bei der Montage und im Hinblick auf das Aussehen und die mechanische Festigkeit solcher Konstruktionen. Aus Kosten- und Montagegründen sei es erwünscht, dass möglichst wenige Teile verwendet würden. Des Weiteren müssten sich solche Konstruktionen leicht sauber halten lassen, insbesondere wenn sie in der Krankenpflege und in der medizinischen Betreuung eingesetzt würden (T2-Schrift Abs. [0002]).
Der Erfindung liege somit die Aufgabe zu Grunde, eine Ausführung und Konstruktion zu realisieren, die eine Verbesserung gegenüber dem in diesem Bereich bestehenden Stand der Technik darstelle (Streitpatentschrift Abs. [0003]).
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch ein Erzeugnis mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 gelöst werden. Die Merkmale dieses Anspruchs können auf Grundlage der deutschen Übersetzung gemäß der T2-Schrift mit den von den Beklagten vorgeschlagenen Änderungen wie folgt gegliedert werden:
M1 Anordnung zur Bildung einer Schwenkverbindung zwischen einer Anzahl von Teilen, von denen mindestens ein Teil im Verhältnis zum anderen schwenkbar sein soll,
M2 wobei ein Profilelement (2) aus einer offenen Position in eine geschlossene Position umschaltbar und M3 an dem einen Teil gesichert ist, M4 und wobei ein Schwenkstreifen (1) aus einem flexiblen Material in dem anderen Teil gesichert ist und M5 sich in das Profilelement (2) erstreckt M6 und wobei dasjenige Teil des Schwenkstreifens, das sich in das Profilelement (2) erstreckt, nach erfolgtem Umschalten des Profilelements aus der offenen Position in die geschlossene Position im Profilelement (2) verankert ist.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein mit der Konstruktion und der Herstellung von Möbelbeschlägen befasster FachhochschulIngenieur der Fachrichtung Maschinenbau.
4. Dieser Fachmann entnimmt dem Anspruch 1 eine Schwenkverbindung mit einem Profilelement, das an einem der zu verbindenden Teile gesichert ist (M3) und das aus einer offenen Position in eine geschlossene Position „umschwenkbar“ (switchable) ist (M2). Ein Schwenkstreifen aus flexiblem Material ist einerseits in dem anderen der zu verbindenden Teile gesichert (M4). Der Schwenkstreifen erstreckt sich andererseits in das Profilelement (M5) und wird dort zur Herstellung der Schwenkverbindung verankert, wobei die Verankerung durch „Umschwenken“
(switching) des Profilelements aus der offenen in die geschlossene Position bewirkt wird (M6).
a) Die erfindungsgemäße Konstruktion beruht somit ganz wesentlich auf dem Wechsel des Profilelements von einer offenen in eine geschlossene Position, weil erst in der geschlossenen Position die Schwenkverbindung mit Hilfe des Schwenkstreifens hergestellt wird. Auf welche Weise dieser Wechsel vollzogen wird, lässt der Wortlaut des Anspruchs 1 offen. Bei den Begriffen „switchable“ bzw. „switching“ handelt es sich um Funktionsangaben, die sich zwar nicht unmittelbar auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Profilelements beziehen, die jedoch zum Ausdruck bringen, dass dieses geeignet sein muss, den Wechsel von der offenen in die geschlossene Position zu bewerkstelligen.
Nach dem Ausführungsbeispiel der Figuren 1 und 2 i. V. m. der Patentbeschreibung (Absätze [0007] bis [0009]) besteht das Profilelement aus zwei zueinander in rechtem Winkel stehenden Schäften 6, 7 sowie aus einem weiteren, mit dem Schaft 7 über eine Faltmarkierung 7 verbundenen bogenförmigen Schaft 8. In seine geschlossene Position wird das Profilelement nach diesem Ausführungsbeispiel dadurch gebracht, dass der Schaft 8 gefaltet und mit Hilfe verschiedener Ausbildungen der drei Schäfte in Formschluss mit den Schäften 6, 7 gebracht wird. Denkbar sind aber auch andere anspruchsgemäße Schließvorgänge.
b) Wenn in den Merkmalen M2 und M6 auf Grundlage der Übersetzung gemäß Streitpatentschrift und T2-Schrift von einem umschwenkbaren Profilelement bzw. vom Umschwenken des Profilelements die Rede ist, so ist nichts anderes damit gemeint als der beschriebene Wechselvorgang. Diese Übersetzung bringt den Inhalt der für die Auslegung des Streitpatents maßgeblichen englischsprachigen Begriffe „switchable“/“switching“ insoweit nur eingeschränkt zum Ausdruck, als die den Wechsel auslösende Bewegung nicht zwingend eine Schwenkbewegung, d. h. eine Bewegung um einen Drehpunkt, sein muss. Wichtig ist nur, dass die Bewegung des Profilelements dessen Wechsel vom offenen zum geschlossenen Zustand bewirkt, was durch die von den Beklagten im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren vorgeschlagene Übersetzung mit „umschaltbar“ bzw. „Umschalten“ besser zum Ausdruck kommt.
c) Das Profilelement muss, um “umschwenkbar“ bzw. „umschaltbar“ sein zu können, als eine Einheit vorliegen. Dies bedeutet nicht, dass es notwendiger Weise einstückig zu sein hat; vielmehr kann es auch mehrteilig sein, sofern diese Teile auch im offenen Zustand zusammenhängen, so dass sie ein Element im Sinne eines Bauelements bilden. Eine Anordnung aus zwei Teilen, die erst durch Zusammenstecken ein Profilelement bilden, ist davon nicht umfasst, da man bei ihnen im offenen Zustand nicht von einem Profilelement sprechen kann, das von einer Position in eine andere Position umschwenkbar bzw. umschaltbar ist.
II.
Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit liegt bei dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht vor.
1. Dieser Gegenstand ist gegenüber dem von der Klägerin genannten Stand der Technik als neu anzusehen.
a) Die britische Patentanmeldung 2 189 290 A (D3) betrifft ein Verbindungsmittel für Paneele, das zur Bildung einer Schwenkverbindung zwischen einer Anzahl von Teilen, von denen mindestens ein Teil im Verhältnis zum anderen schwenkbar ist, geeignet ist.
Die in den Figuren 1 bis 3 dargestellten Teile erwecken in ihrer bildlichen Anordnung zunächst den Eindruck, als könnten die beiden Profilteile mit den Bezugszeichen 1 und 3 in einer zur Profillängsachse senkrechten Richtung zusammengeschoben werden und dabei den Randbereich des in Figur 3 dargestellten Schwenkstreifens zwischen sich einklemmen. Als offensichtlich hinderlich für ein Zusammenschieben erkennt der Durchschnittsfachmann, dass die mit dem Bezugszeichen 25 versehene Nase stumpf an den nach außen abstehenden Steg des hakenförmigen Befestigungsteils 11 am Profilteil 1 anstößt. Um das nasenförmige Teil 15 an dem Steg des Teils 11 vorbeiführen zu können und es in die in Figur 4 dargestellte Stellung zu bringen, muss offenbar entweder das hakenförmige Teil nach innen oder das nasenförmige Teil nach außen verformt werden. Beide Verformungen werden aber durch die Stege 17 behindert, so dass, für den Durchschnittsfachmann ohne weiteres erkennbar, ein einfaches Zusammenschieben der Profilteile senkrecht zur Profilachse nicht vorgesehen ist. Aus der Beschreibung erschließt sich ihm hingegen, dass der Zusammenbau der Schwenkverbindung dadurch erfolgt, dass zunächst das Profilteil 1 am Paneel befestigt wird, dann das Profilteil 3 in Längsrichtung in das Profil 1 eingeschoben und schließlich flexible Verbindungsglieder mit ihren am Ende verdickten Querwänden in die Rücksprünge 23 eingeschoben werden (Seite 4, Zeilen 8 bis 30).
Das Zusammenfügen der beiden Profilteile 1 und 3 kann aufgrund des Montagevorgangs nicht als „umschalten“ angesehen werden, und die flexiblen Verbindungsglieder werden nicht durch das Zusammenfügen der Profilteile 1 und 3 verankert, sondern nachträglich in eine durch die zusammengefügten Profilteile gebildete Ausnehmung eingeführt. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents ist deshalb gegenüber der ersten in D3 gezeigten Ausführungsform als neu anzusehen.
Auch die zweite Ausführungsform zur Bildung einer Schwenkverbindung, wie sie aus den Figuren 5 bis 8 und den zugehörigen Beschreibungsteilen von D3 hervorgeht, kann die Neuheit der verteidigten Anordnung nicht in Frage stellen. Die in den Figuren 5 und 6 dargestellten Profilteile werden durch eine translatorische Bewegung senkrecht zur Längsachse der Profilteile miteinander verrastet (Beschreibung Seite 4, Zeilen 71 bis 90). Als Schwenkstreifen wird der flexible Verbinder 37 mit seinen T-förmigen Fortsätzen (transverse walls 27, enlarged end portions 29) in Nuten (chanal 43) eingeführt, die ausschließlich in dem zweiten Profilteil 35 ausgebildet sind. Die als Schwenkstreifen wirkenden Verbinder sind daher unabhängig von einem Verrasten der beiden Profilteile, das als Umschalten gelten soll, im Profilteil 35 verankert (Seite 4, Zeilen 91 bis 114).
b) Die US-Patentschrift 5 603 370 A (D5) zeigt ebenfalls ein Verbindungsmittel für Paneele, das zur Bildung einer Schwenkverbindung zwischen einer Anzahl von gegeneinander schwenkbaren Teilen geeignet ist. In den Figuren 8 bis 11 sind rechteckige Kanäle (rectangular chanal 46) in Ausschnitten (cut-out 118) dargestellt, in die Teile (member 120) eingesteckt werden, deren Stege (leg portions 122) mittels Schrauben (screw 134) gespreizt werden, um so Streifen (strap 110) zu klemmen, die den Schwenkstreifen des Streitgegenstands entsprechen (vgl. Beschreibung Spalte 7, Zeilen 12 bis 35).
Das Zusammenstecken von zwei Teilen und das anschließende Verbinden durch eine Schraube kann nicht als „Umschalten“ eines Profilelements aus einer offenen in eine geschlossene Position angesehen werden. Merkmal M2 ist also nicht erfüllt. D5 kann somit die Neuheit des Streitgegenstands ebenfalls nicht in Frage stellen.
c) Die übrigen entgegengehaltenen Druckschriften zeigen offensichtlich keine Anordnungen mit allen im Anspruch 1 des Streitpatents genannten Merkmalen.
So zeigen die US-Patentschrift 5,732,757 A (D1), die internationale Anmeldung WO 91/12402 (D2) und die US-Patentschriften 3,403,720 (D4), 5,133,108 A (D6), 3, 234,996 (D7) und 2,804,137 (D8) keine Profilelemente, die gemäß Merkmal M2 von einer offenen in eine geschlossene Position umschaltbar sind. Die Profilelemente können daher auch nicht entsprechend Merkmal M6 nach erfolgtem Umschalten einen Teil des Schwenkstreifens verankern.
Die in D1 dargestellte Schwenkverbindung umfasst ein starres Profilteil (siehe Figur 3, edge portion 52), an dem Schwenkstreifen (straps 22, 24, 26) durch Einhängen verankert werden, die Schwenkstreifen erstrecken sich aber nicht i. S. d. Merkmals M5 in das Profilelement.
D2 zeigt eine Verankerung des Schwenkstreifens am Profilelement durch vorspringende Nasen (vgl. Figur 2, hook projection 5a).
Bei der Falttür nach D4 wird ein flexibler Streifen mit Wülsten (siehe Figur 3, bead 36) in ein C-Profil eingesetzt und ist somit darin verankert. Dieses C-Profil ist aber nicht von einer offenen Position in eine geschlossene Position umschaltbar.
D6 zeigt als Schwenkverbinder ein Rohr (vgl. Figur 1, central tubular portion 13) aus flexiblem Material mit zwei Flanschen (flanges 14, 15). Die Flansche sind in hinterschnittene Nuten eingebracht. D6 beschreibt also Schwenkverbindungen, deren Konstruktion keine Schwenkstreifen umfasst; es fehlen somit die Merkmale M4 und M6.
Bei der Anordnung nach D7 wird der Schwenkstreifen longitudinal eingefädelt (Beschreibung Spalte 3, Zeilen 66 bis 71).
Bei der Gelenkkonstruktion gemäß D8 ist der Schwenkstreifen (siehe Figur 2 strip 12 of rubber) in Ausschnitte (cutaway portions 11) der zu verbindenden Teile (boards) eingesetzt. Der Schwenkstreifen ist also nicht gemäß Merkmal M6 in einem Profilelement verankert.
Die US-Patentschriften 4,765,039 (D9) und 4,817,699 (D10) betreffen schließlich Profilelemente für Fußmatten bzw. eine Wandbespannung, bei denen dünne, flächige Elemente durch eine Schwenkbewegung, die als „Umschaltung“ angesehen werden könnte, im Profilelement verankert werden. Die dargestellten Profilelemente sind aber nicht zur Bildung einer Schwenkverbindung vorgesehen und die flächigen Elemente sind keine Schwenkstreifen. Also zeigen auch diese beiden Druckschriften keine Anordnung mit den Merkmalen M1, M4 und M5, weshalb sie dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents ebenfalls nicht neuheitsschädlich entgegenstehen.
2. Dieser Gegenstand war dem Fachmann durch den Stand der Technik am Prioritätstag auch nicht nahegelegt. Es fehlte grundsätzlich an einer Anregung, ein Profilelement für eine schwenkbare Verbindung so zu gestalten, dass es an einem schwenkbaren Teil gesichert (d. h. angebracht oder damit verbunden) ist (Merk- mal M3), und dass es von einer offenen in eine geschlossene Position umschaltbar ist (Merkmal M2), wodurch ein Teil eines Schwenkstreifens das sich in das Profilelement erstreckt, im Profilelement verankert ist (Merkmal M6).
Ausgehend von der Entgegenhaltung D3, deren Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 5 bis 7 als nächstliegender Stand der Technik gelten kann, war es als nachteilig angesehen worden, dass das Profilelement zweiteilig ausgebildet ist. Eine Anregung zur Lösung dieses Problems soll der Klägerin zufolge die in D10 dargestellte Wandschiene geben. Sie bildet ein Profilelement, das aus zwei schwenkbar miteinander verbundenen Teilen besteht, von denen der eine Teil mit dem Untergrund verbunden ist. Eine Übertragung dieser Lehre auf das zweiteilige Profilelement nach D3 würde dazu führen, die Profilteile 33 und 35 durch ein Filmscharnier miteinander zu verbinden.
Die Wandschiene gemäß D10 könnte weiterhin die Anregung geben, bei dem wie oben beschrieben abgeänderten Profilelement den Schwenkstreifen bei der Umschaltung in die geschlossene Position zu verankern, nämlich zwischen der am Profilteil 33 nach außen vorstehenden Nase 39 und der die Nase hintergreifenden Kante 15 am Profilteil 35. Diese durch D10 nahegelegte Lösung führt zu einer Verankerung des Schwenkstreifens an der Außenseite des Profilelements.
Ein Durchschnittsfachmann müsste also ausgehend von D3 mit den Profilteilen 33, 35 und 37 und in Kombination der Lehre aus D10 die beiden Schritte „Verbinden der Profilteile 33 und 35 durch ein Filmscharnier“ und „Verankern des Schwenkstreifens 37 beim Umschalten von der offenen in die geschlossene Position“ ausführen. Damit wäre er aber noch nicht beim Gegenstand des Streitpatents angelangt. Dem so entstandenen Gegenstand würde immer noch das Merkmal fehlen, dass der Schwenkstreifen im Profilelement, also in dem durch das Umschalten von der offenen in die geschlossene Position entstehenden Hohlraum, verankert ist. Zu einer alternativen Klemmung, beispielsweise im Profilelement, gibt diese Entgegenhaltung keinerlei Anregung.
Die Anordnung zur Bildung einer Schwenkverbindung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen ist also einem Durchschnittsfachmann auch bei einer zusammenschauenden Betrachtung von D3 und D10 nicht nahegelegt.
D9 betrifft einen Halter für eine Fußmatte, mit dem die Seiten einer Fußmatte eingefasst und die Ränder geklemmt werden. Dieser Stand der Technik liegt offensichtlich weiter ab als derjenige nach D10. Diese Druckschrift kann daher keine weiteren Anregungen zur Schaffung der beanspruchten Anordnung geben.
Die Entgegenhaltungen D9 und D10 können deshalb, selbst in Verbindung mit D3, keine Anregung zur Schaffung einer Anordnung mit den im Anspruch 1 des Streitpatents genannten Merkmalen geben, und noch weniger mit den anderen, weiter abliegenden Druckschriften.
III.
Somit hat Patentanspruch 1 Bestand. Die Unteransprüche 2 bis 8 betreffen zweckmäßige, nicht triviale Ausgestaltungen der Anordnung nach Anspruch 1. Sie sind schon wegen ihres Rückbezugs auf Anspruch 1 patentfähig, unabhängig davon, ob die in ihnen enthaltenen zusätzlichen Merkmale ihrerseits neu sind bzw. ob sie auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.
IV.
Der von der Klägerin gegenüber dem Gegenstand des Patentanspruchs 8 geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit ist ebenfalls nicht gegeben.
In Verbindung mit dem die Figuren 2 und 3 erläuternden Beschreibungsabsatz [0009] der Streitpatentschrift gibt der Anspruch in nachvollziehbarer Weise an, wie der Fachmann zu dieser vorteilhaften Ausführungsform der Verriegelung gelangen kann.
V.
Das Streitpatent hält somit den Angriffen der Klägerin insgesamt Stand, weshalb die Klage abzuweisen war. Auf die Hilfsanträge der Beklagten braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
VII.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Püschel Hildebrandt Küest Dr. Großmann Richter Küest kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben Pr