Paragraphen in 15 W (pat) 35/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 35/08 Verkündet am 19. September 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 197 08 733 …
BPatG 154 05.11
-2hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. September 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Dr. Kortbein und Dr. Wismeth beschlossen:
Der Beschluss der Patentabteilung 1.45 des Deutschen Patentund Markenamts vom 24. Juli 2008 wird aufgehoben und das Patent 197 08 733 in vollem Umfang widerrufen.
Gründe I.
Am 4. März 1997 wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung 197 08 733.7 eingereicht, deren einziger unabhängiger Patentanspruch 1 lautet Im Prüfungsverfahren ermittelte die Prüfungsstelle für Klasse A 62 D des Deutschen Patent- und Markenamtes die folgenden Druckschriften
(D1) (D2) (D3) (D4) (D5) (D6)
EP 0 676 220 A1 DE 689 23 486 T2 US 4 472 286 A US 4 042 522 A US 4 090 967 A EP 300 070 B2 und erteilte am 2. Januar 2007 das Patent mit der Bezeichnung „Flüssigschaumlöschmittel auf Wasserbasis“.
Das Streitpatent umfasst 13 Patentansprüche, von denen der einzige unabhängige Patentanspruch 1 wie folgt lautet:
Die Einschränkung auf die Mengenverhältnisse von Ammoniumsalz zu Fluortensid und Cotensid im kennzeichnenden Teil des Patentanspruch 1 erfolgte unter Rückgriff auf Unteranspruch 6 der ursprünglichen Patentansprüche vom 4. März 1997, welcher lautet:
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 197 08 733 B4 ist der 31. Mai 2007.
Gegen das Patent hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 31. August 2007, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, Einspruch erhoben. Sie hat beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Einsprechende hat hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Der Einspruch wurde damit begründet, dass der Streitgegenstand gegenüber dem genannten Stand der Technik nicht neu sei, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG), unzureichend offenbart sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinausgehe (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Die Einsprechende stützt ihr Vorbringen hierbei auf die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften D1 bis D6 und ein Blatt, welches eine offenkundige Vorbenutzung belegen soll:
(D7) Offenkundige Vorbenutzung durch die Total Walther Löschmittel GmbH: Datenblatt vom 13. März 1996, 1 Seite Auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2008 hat die Patentabteilung 1.45 des Deutschen Patent- und Markenamtes beschlossen, das Patent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 10 nach Hilfsantrag 4 vom 24. Juli 2008 sowie mit Be-
-5schreibung Seiten 1 bis 7 vom 24. Juli 2008 beschränkt aufrechtzuerhalten. Der Beschluss wurde am 22. August 2008 den Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden zugestellt. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet wie folgt:
Dem schließen sich 10 Unteransprüche an, welche wie folgt lauten: 2.
-63.
4. 5. 6. 7. 8.
9.
10.
Im Beschluss wurde festgestellt, dass der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ursprünglich offenbart sei und gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik neu sei sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Druckschriften D1 und D6 nähmen die gewählte Kombination des Frostschutzmittels nicht vorweg.
Der Beschlusses führt weiter aus, dass die Einsprechende vorgetragen habe, das im Streitpatent beschriebene Beispiel 1 weise ein Mischungsverhältnis der Frostschutzkomponenten von 3,33 zu 1 auf, was außerhalb des beanspruchten Bereiches liege, und trotzdem werde auch dieses Mittel als entmischungsstabil beschrieben. Dies zeige, dass auch Mittel mit einem Mischungsverhältnis, das außerhalb des beanspruchten Bereiches sei, zu stabilen Lösungen führten. Ein besonderer Effekt liege daher dem beanspruchten Bereich nicht zugrunde.
Diese Argumentation der Einsprechenden vermag laut Beschluss die Patentabteilung nicht zu überzeugen. Wenngleich es auch Flüssigschaumlöschmittel geben möge, die Zusammensetzungsbereiche aufwiesen, die außerhalb der mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 beanspruchten Bereiche lägen, aber trotzdem die gewünschten Eigenschaften aufwiesen, bliebe es der Patentinhaberin doch überlassen, im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung den Bereich auszuwählen, für den sie Schutz beanspruchen möchte.
Gegen die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22. September 2008, eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt.
Aus Sicht der Beschwerdeführerin ist der Patentanspruch 1 gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässig erweitert. Erst im Rahmen des Prüfungsverfahrens sei in den Patentanspruch 1 aufgenommen worden, dass das Flüssigschaumlöschmittel bezogen auf Gewichtsbasis mindestens 12 mal so viel und höchstens 26 mal so viel Ammoniumsalz enthält wie Fluortensid und Cotensid zusammen. Das Gewichtverhältnis könne ursprünglich beliebige Werte von > 0 bis ∞ annehmen.
Darüber hinaus beruhe der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Lehre der Druckschriften D1 und D6. Laut Beschluss der Patentabteilung sei der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht neu gegenüber der D1. Der Hilfsantrag 4 unterscheide sich lediglich in dem Merkmal
„dass das Frostschutzmittel aus einer Kombination von mehrwertigem Alkohol und Harnstoff besteht, wobei das Gewichtsverhältnis von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff bei 4 zu 1 bis 8 zu 1 liegt“.
Dieses Merkmal sei aber aus der D6 dem Fachmann nahegelegt. Die übrigen Merkmale seien der D1 als nächstkommender Schrift zu entnehmen. Zudem seien die Beispiele 1 und 2 des Streitpatents nicht mehr im erfindungsgemäßen Bereich der Patentansprüche in der von der Patentabteilung aufrecht erhaltenen Fassung. So sei in Beispiel 1 das Verhältnis von Harnstoff zu Glycerin als mehrwertigem Alkohol 1 zu 3,33 und in Beispiel 2 sei die Menge (bezogen auf Gewichtsbasis) an Monoammoniumphosphat lediglich 7,5 mal so hoch wie die Menge an amphoteren Cotensiden und Fluortensiden. Dies belege, dass es auf das Verhältnis von Harnstoff zu mehrwertigem Alkohol nicht ankomme, zumal die Patentinhaberin auch im Weiteren keinen zusätzlichen Effekt des anspruchsgemäßen Verhältnisses belegt habe.
Die Vertreter der Beschwerdeführerin stellt in der mündlichen Verhandlung vom 19. September 2013 den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 1.45 des Deutschen Patentund Markenamts vom 24. Juli 2008 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Vertreter der Beschwerdegegnerin stellt in der mündlichen Verhandlung vom 19. September 2013 den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 4 vom 24. Juli 2008, Beschreibung vom 24. Juli 2008, aufrechtzuerhalten,
hilfsweise das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 4 vom 24. Juli 2008, wobei zu Anspruch 1 folgende Fußnote eingefügt wird: „Das Merkmal, dass das Flüssigschaumlöschmittel, bezogen auf Gewichtsbasis, mindestens 12 mal so viel und höchstens 26 mal so viel Ammoniumsalz enthält wie Flurortensid und Cotensid zusammen, stellt eine unzulässige Erweiterung dar, aus der Rechte nicht hergeleitet werden.“, Beschreibung vom 24. Juli 2008, beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Patentinhaberin führt hierzu aus, dass die Begründung des Beschlusses der Patentabteilung zur ursprünglichen Offenbarung und zur erfinderischen Tätigkeit des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 richtig und nicht zu beanstanden sei.
Das wesentliche Merkmal der Erfindung sei das Mengenverhältnis von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff, welches entsprechend der ursprünglichen Aufgabe der Patentanmeldung durch einen synergistischen Effekt dazu führe, dass das patentgemäße Flüssigschaumlöschmittel frostsicher und gleichzeitig entmischungssicher sei.
Zwar fielen die Beispiele 1 und 2 nicht mehr unter den Patentanspruch in der von der Patentabteilung aufrecht erhaltenen Fassung (Hilfsantrag 4). Jedoch sei das Verhältnis von Harnstoff zu mehrwertigem Alkohol unter Einbeziehung von Butyldiglykol 1 zu 3,47, was nahe an dem patentgemäßen Verhältnis von 1 zu 4 sei. Zudem führe Beispiel 1 lediglich an, dass die Lösung stabil sei. Dagegen werde bei Beispiel 2, welches ein Verhältnis von Harnstoff zu Ethylenglykol von 1 zu 5,09 aufweise, ausgeführt, dass man eine klare Lösung erhalte, welche im Temperaturbereich von +60 °C bis -20 °C stabil sei. Diese ausführlichere Erläuterung der Stabilität in Beispiel 2 belege, dass bei einem Verhältnis von Harnstoff zu mehrwertigem Alkohol entsprechend des von der Patentabteilung aufrecht erhaltenen Patentanspruchs (Hilfsantrag 4) eine stabilere Lösung erhalten werde. Damit zeigen die Beispiele 1 und 2 die Tendenz zur Lösung des erfindungsgemäßen Problems, da sie nahe am erfindungsgemäßen Bereich seien.
Die D1 berühre dagegen die Problematik der synergistischen Frostschutzwirkung nicht und die D6 verwende bewusst getrennte Kartuschen, da sonst die Entmischung des Flüssigschaumlöschmittels drohe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (PatG § 73). Das Streitpatent erfüllt mit den Patentansprüchen weder nach dem Hilfsantrag 4 vom 24. Juli 2008 noch nach dem geänderten Hilfsantrag 4 vom 19. September 2013 die Voraussetzungen für eine beschränkte Aufrechterhaltung. Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
2. Der zuständige Fachmann ist ein mit der Entwicklung von Feuerlösch- bzw. Feuerverhinderungsmitteln befasster, berufserfahrener Diplom-Chemiker.
3. Der mit Hilfsantrag 4 verteidigte Patentanspruch 1 gliedert sich in folgende Merkmale.
Flüssigschaumlöschmittel 1.1 auf Wasserbasis 1.2 in stabiler, lagerbeständiger und gebrauchsfertiger frostsicherer Form enthaltend in gemeinsamer Lösung 2.1 mindestens ein wasserlösliches Ammoniumsalz, 2.2 mindestens ein amphoteres Fluortensid als Filmbildner, 2.3 mindestens ein amphoteres Cotensid als Schaumbildner 2.4 und mindestens ein Frostschutzmittel,
wobei das Flüssigschaumlöschmittel, 3.1 bezogen auf Gewichtsbasis, mindestens 12-mal so viel und höchstens 26-mal so viel Ammoniumsalz enthält wie Fluortensid und Cotensid zusammen 3.2 und in einem Temperaturbereich von - 20 °C bis + 60 °C ohne Entmischung stabil ist,
und wobei das Frostschutzmittel 4.1 aus einer Kombination von mehrwertigem Alkohol und Harnstoff besteht 4.2 und das Gewichtsverhältnis von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff bei 4 zu 1 bis 8 zu 1 liegt.
4. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.
a) Die Merkmale 4, 4.1 und 4.2 ergeben sich aus Unteranspruch 4 des Streitpatents.
b) Das Merkmal 3.1 leitet sich aus Sicht der Patentinhaberin aus dem ursprünglichen Patentanspruch 6 ab, wonach das Flüssigschaumlöschmittel mindestens zehnmal so viel, insbesondere mindestens zwanzigmal so viel Ammoniumsalz enthält wie Fluortensid und Cotensid zusammen.
Zur Beurteilung der ursprünglichen Offenbarung von Merkmal 3.1 ist zusätzlich ein Rückgriff auf S. 4, Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung erforderlich, welche lautet:
Diese Aussage kann der Fachmann in ihrer Gesamtheit im Sinne eines Bereiches interpretieren, wonach für die gesamte Menge an Tensid mindestens 10-mal so viel und im Normalfall bis 30-mal so viel wie die Gewichtsmenge an Ammoniumsalz offenbart wird. Eine Einschränkung auf „12-mal bis 26- mal“ ist aus Sicht des Senats durch die ursprüngliche Offenbarung eines Bereiches von „10-mal bis 30-mal“ gedeckt und zulässig. Die Fußnote gemäß geändertem Hilfsantrag 4 hat lediglich eine klarstellende Funktion. Entsprechend der Entscheidung Winkelmesseinrichtung des BGH ist eine solche Klarstellung aber nicht grundsätzlich geboten (vgl. BGH v. 21. Oktober 2010 Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40-48 - Winkelmesseinsrichung).
5. Die Aufgabe besteht nach Angaben des Streitpatents darin, ein Flüssigschaumlöschmittel auf wässriger Basis zu schaffen, welches auch bei gleichzeitiger Anwesenheit von Ammoniumsalz, Frostschutzmittel und Fluortensid stabil und lagerbeständig ist. Es soll in gebrauchsfertiger Form vorliegen, frostsicher und über einen weiten Temperaturbereich lagerfähig und einsetzbar sein (Streitpatent: [0003], [0006]).
Eine Entmischung werde patentgemäß verhindert, indem sowohl Fluortensid als auch Cotensid in amphoterer Form eingesetzt werden (Streitpatent: [0006]). Geeignete Frostschutzmittel seien insbesondere Kombinationen aus mehrwertigem Alkohol und Harnstoff (Streitpatent: [0006]), welche vorzugsweise eingesetzt werden (Streitpatent: [0014]).
6. Die Druckschrift D1 beschreibt ein Feuerlöschmittel, insbesondere für tragbare Feuerlöscher zum Bekämpfen von Bränden der Klasse A (Brände fester Stoffe) und B (Brände von flüssigen oder flüssig werdenden Stoffen), welches ein AFFF-Schaum (Aqueous Film-Forming Foam = wasserfilmbildendes Schaummittel) ist (D1: S. 2, Z. 1-3 i.V.m. S. 3, Z. 34-36 // Merkmale 1 und 1.1).
Die Aufgabe der D1 ist es, vor dem Hintergrund europäischer und französischer Normen zur Feuerbekämpfung die Wirksamkeit eines Feuerlöschmit- tels gegenüber Feuern der Klasse A zu verbessern und gleichzeitig die Löschleistung gegenüber Feuern der Klasse B beizubehalten (D1: S. 3, Z. 22-33).
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Flüssigschaumlöschmittel, welches den Emulgator (Tensid) und den Inhibitor (Löschmittel) entweder zusammen mit Wasser vorgemischt enthält (Merkmal 2) oder in getrennten Kartuschen (D1: S. 3, Z. 40-46). Gemäß Druckschrift D1 beträgt das Verhältnis zwischen Inhibitor zu Emulgator 0,5 bis 6 ist, also ist halb so viel bis 6-mal so viel Inhibitor wie Emulgator vorhanden (D1: S. 3, Z. 34-36).
Als Inhibitoren werden als nicht limitierende Beispiele ausschließlich Sulfate oder Phosphate von Ammoniumsalzen benannt (D1: S. 3, Z. 52 bis S. 4, Z. 1 // Merkmal 2.1).
Tenside mit amphoteren Eigenschaften werden in fluorierter (bevorzugt) als auch als nicht fluorierter Form genannt (D1: S. 4, Z. 13-22 und S. 4, Z. 41-42 // Merkmale 2.2 und 2.3).
Der Emulgator enthält zwischen 5 und 25 Gew.-% fluoriertes Tensid, zwischen 2 und 20 Gew.-% nicht fluoriertes Tensid und 20 bis 50 Gew.-% Lösungsmittel wie z.B. Ethylen- oder Propylenglykole (D1: S. 4, Z. 2-8 und Patentanspruch 7). Geht man von den mittleren Werten der Zahlenbereiche aus (15 % fluoriertes Tensid, 11 % nicht fluoriertes Tensid), so liegen die Verhältnisse von Inhibitor zu fluoriertem und nicht fluoriertem Tensid zusammen im Bereich von 1,92 bis 23,08, also im Bereich des Merkmals 3.1.
Weiter kann der Emulgator ein Frostschutzmittel (Merkmale 2.4 und 4) wie Ethylenglycol oder Propylenglycol enthalten, also einen mehrwertigen Alkohol (D1: S. 4, Z. 9 // Teilmerkmal 4.1). Als pH-Stabilisator werden z.B. Ammoniak, Diethanolamin, Triethanolamin oder Harnstoff verwendet (D1: S. 4,
Z. 12 // Teilmerkmal 4.1). Die gemeinsame Verwendung von mehrwertigem Alkohol und Harnstoff wird damit bereits in der D1 beschrieben.
Zusammenfassend sind die Merkmale 1, 1.1, 2, 2.1, 2.2, 2.3, 2.4, 3, 3.1, 4 und 4.1 aus der D1 bekannt.
7. Ausgehend von der D1 bestand die objektive Aufgabe für einen Fachmann darin, ein dort bereits beschriebenes Flüssigschaumlöschmittel auf Wasserbasis zu realisieren. Entsprechend dieser Aufgabe hätte der Fachmann auch ohne Weiteres aufgrund seiner Fachkenntnisse bedacht, dass jedes gelöste Mittel in Wasser eine Gefrierpunktserniedrigung bewirkt und Harnstoff daher nicht nur zur Stabilisation des pH-Wertes dienen kann, zumal gerade auch Harnstoff dem Fachmann als Frostschutzmittel bekannt ist. Folglich hätte er ohne Weiteres auch die Kombination von mehrwertigem Alkohol und Harnstoff verwirklicht (Merkmal 4.1).
Hätte der Fachmann hierzu noch einer Anregung bedurft, wäre diese ohne Weiteres aus der D6 gekommen. Entsprechend der D6 handelt es sich bei Glykolen (mehrwertige Alkohole) und Harnstoff um bekannte Frostschutzmittel in einem Feuerlöschschaummittel (D6: S. 5, Z. 24), welche entsprechend dem Beispiel der D6 in einem Gewichtsverhältnis von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff von 3 zu 1 bzw. 2,5 zu 1 eingesetzt werden. Dabei ist es für die D1 in Bezug auf den Frostschutz unerheblich, wenn in der D6 getrennte Kartuschen verwendet werden würden.
Zwar ist damit nicht das patentgemäße Gewichtsverhältnis von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff von 4 zu 1 bis 8 zu 1 nach Merkmal 4.2 beschrieben. Jedoch kommt es in der Wirkung nicht auf dieses Verhältnis an. Das Beispiel 1 des Streitpatents beschreibt nämlich ein Gewichtsverhältnis von 3,47 (Glycerin und Butylglycol) zu 1 bei 13-mal so viel Ammoniumsalz wie Fluortensid und Cotensid zusammen. Das Beispiel 2 beschreibt ein Gewichtsverhältnis von 5,1 (Ethylenglycol) bzw. 5,5 (Ethylenglykol, Butylglycol, Propylenglycol) zu 1 bei 7,5-mal so viel Ammoniumsalz wie Fluortensid und Cotensid zusammen. Damit liegt Beispiel 1 außerhalb des Bereichs von Merkmal 4.2 und Beispiel 2 außerhalb des Bereichs von Merkmal 3.1.
Im Ergebnis handelt es sich daher bei der Angabe des Gewichtsverhältnisses von 4 zu 1 bis 8 zu 1 nach Merkmal 4.2 um eine beliebige Auswahl, welche der Fachmann daher in gleicher Weise getroffen hätte:
- Denn zum einen kommt es auf genau dieses Verhältnis nicht an, da auch das Beispiel 1 des Streitpatents eine stabile, lagerbeständige und gebrauchsfertige frostsichere Form des Flüssigschaumlöschmittels liefert.
- Im Weiteren sind die Beispiele 1 und 2 in Bezug auf die Wirkung des Frostschutzmittels nicht vergleichbar, da sie unterschiedliche Verhältnisse nach Merkmal 3.1 verwenden. Daher belegen aus Sicht des Senats die sprachlich unterschiedlichen Formulierungen zur Stabilität der Flüssigschaumlöschmittel von Beispiel 1 und 2 auch nicht die behauptete unterschiedliche Entmischungsstabilität, so dass mangels weiteren Nachweises durch die Patentinhaberin von einer Stabilität entsprechend Merkmal 3.2 bei den Flüssigschaumlöschmitteln beider Beispiele auszugehen ist.
Auch die von der Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 14. September 2006 vorgelegten Löschleistungen verschiedener erfindungsgemäßer Beispiele vermögen die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 nicht zu stützen, da diese Lösungen keinen Harnstoff enthalten.
Da ein erfinderischer Effekt des Gewichtsverhältnisses von mehrwertigem Alkohol zu Harnstoff im Bereich von 4 zu 1 bis 8 zu 1 entsprechend Merkmal 4.2 nicht belegt wurde – beispielsweise mittels Vergleichsversuchen gegenüber Lösungen, die entsprechend der Lehre der D1 hergestellt werden –, kann die Auswahl des Gewichtsverhältnisses die erfinderische Tätigkeit nicht begründen und liegt daher im Belieben des Fachmanns, da auch Zusammensetzungen von Flüssigschaumlöschmitteln außerhalb dieses Bereichs (vgl. Beispiel 1 des Streitpatents) vergleichbar gut sind und damit auch die Eigenschaften entsprechend der Merkmale 1.2 und 3.2 aufweisen.
8. Im Ergebnis haben daher die Gegenstände der Merkmale 4.1 bzw. 4.2, ausgehend von der D1 dem Fachmann allein schon aufgrund seines fachüblichen Handelns in der Ausführung der Lehre der D1 nahe gelegen. Damit sind zwangsläufig die Wirkungen der Merkmale 1.2 und 3.2 verwirklicht, so dass sich der behauptete synergistische Effekt – so er denn vorliegt – von sich aus einstellen würde. Die Patentansprüche 1 nach Hilfsantrag 4 bzw. nach geändertem Hilfsantrag 4 sind folglich nicht gewährbar. Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben und das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen.
III.
Auf die echten Unteransprüche der jeweiligen Anträge brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden; sie teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1, auf den sie rückbezogen sind (vgl. BGH v. 27. Juni 2007 –
X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 – X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
Feuerlein Egerer Kortbein Wismeth Hu
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