Paragraphen in 17 W (pat) 27/16
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 27/16
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. September 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann ECLI:DE:BPatG:2018:270918B17Wpat27.16.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Februar 2016 aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 19. Oktober 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:
„Diagnose- und Wartungseinrichtung für eine Schaltanlage sowie demgemäße Schaltanlage“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 Q des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 25. Februar 2016 zurückgewiesen. Als Begründung führte die Prüfungsstelle aus, dass der jeweilige Gegenstand des damals geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, sowie des damals geltenden Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie reicht einen neuen Haupt- und Hilfsantrag ein und beantragt sinngemäß:
- den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der neu eingereichten Ansprüche zu erteilen beziehungsweise die Sache an die Prüfungsstelle zurückzuverweisen; - hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
Der nunmehr geltende Hauptanspruch des Hauptantrags, hier mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:
1. M1.0 Diagnose- und Wartungseinrichtung für eine Schaltanlage, insbesondere eine Niederspannungsschaltanlage, M1.1 mit einer Datenverarbeitungseinrichtung (6) sowie M1.2 einer ersten, internen Schnittstelleneinrichtung (8), M1.2.1 welche in Kommunikationsverbindung mit allen angeschlossenen und kommunikationsfähigen, in der jeweiligen Schaltanlage (1a,1b,1c) angeordneten Geräten und/oder Einschubmodulen, wie insbesondere MotorControl Module, Motorstarter, Module zur Leistungsverteilung oder Leistungsschalter, steht M1.2.2 und deren vor Ort im jeweiligen Gerät oder Modul selbst abrufbar gesicherte oder hinterlegte Diagnose- und Wartungsinformation und Statusinformationen abfragt und aufbereitet und als verwertbare und/oder menschenlesbare Information abrufbar bereitstellt und/oder ausgibt, M1.3 wobei die Einrichtung selbstkonfigurierend und temporär oder permanent oder auch remote einsetzbar ist, und M1.4 wobei wenigstens eine weitere, externe Schnittstelleneinrichtung (10) zur externen Kommunikation, insbesondere über Interund/oder Ethernet, mit wenigstens einer externen Datenverarbeitungseinrichtung (14,12) vorgesehen ist und M1.5 wenigstens ein Datenspeicher (18) zur Speicherung von Daten für Diagnose und Wartung und Zustandsanalyse oder für zusätzliche Funktionen sowie Programmcodemittel, welche über ein Man-Machine-Interface und im Zusammenwirken mit der Datenverarbeitungseinrichtung (6) zugreifbar und abrufbar sind, vorgesehen ist.
Im nunmehr geltenden Hauptanspruch des Hilfsantrags, ist nach dem Merkmal M1.5 (s. oben) folgendes Merkmal angefügt:
M1.6 und die Diagnose- und Wartungseinrichtung in Einschubtechnik als ein Schaltanlagenmodul der Schaltanlage ausgebildet ist.
Zu den unabhängigen Ansprüchen 2 der beiden Anträge, die in entsprechender Weise auf eine Schaltanlage gerichtet sind, wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 3 PatG.
1. Die vorliegende Anmeldung betrifft eine Diagnose- und Wartungseinrichtung für eine Schaltanlage, insbesondere eine Niederspannungsschaltanlage, sowie eine Schaltanlage, insbesondere Niederspannungsschaltanlage, mit einer solchen Einrichtung (vgl. Offenlegungsschrift Absatz [0001]).
Gemäß der Anmeldung sind bei bekannten Anlagen und Einrichtungen die Diagnose- und Wartungsinformationen üblicherweise im jeweiligen Endgerät integriert. Diese können über Schnittstellen ausgegeben und von Systemen abgefragt, ausgegeben bzw. angezeigt werden. Die Systeme sind dabei vergleichsweise aufwendig zu installieren, einzurichten und zu pflegen. Ebenso ist die Handhabung dieser Systeme sehr komplex. Eine einfache und effiziente Abfrage der Informationen einer Schaltanlage ist bisher nicht oder nur unzureichend möglich (vgl. Offenlegungsschrift Absätze [0002]-[0004]).
Davon ausgehend liegt der vorliegenden Anmeldung die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte und vereinfachte Abfrage vor Ort verfügbarer Wartungs- und Diagnoseinformationen einer Schaltanlage zu ermöglichen (siehe Offenlegungsschrift, Absatz [0005]).
Die Lösung dieser Aufgabe besteht darin, dass eine Diagnose- und Wartungseinrichtung für eine Schaltanlage eingesetzt wird, welche eine Datenverarbeitungseinrichtung, eine erste (interne) Schnittstelleneinrichtung, eine weitere (externe) Schnittstelleneinrichtung und einen Datenspeicher umfasst und wobei die Einrichtung selbstkonfigurierend und temporär oder permanent oder auch remote einsetzbar ist. Wesentlich ist dabei die erste Schnittstelleneinrichtung, die in Kommunikationsverbindung mit allen kommunikationsfähigen, in der jeweiligen Schaltanlage angeordneten und angeschlossenen Geräten und/oder Einschubmodulen steht. Damit werden die vor Ort, d. h. im jeweiligen Gerät oder Modul selbst, abrufbar gesicherte oder hinterlegte Diagnose- und Wartungsinformation und Statusinformationen abgefragt und in der Diagnose- und Wartungseinrichtung aufbereitet und als verwertbare und/oder menschenlesbare Information abrufbar bereitgestellt und/oder ausgegeben. Die weitere Schnittstelleneinrichtung dient der Kommunikation mit einer externen Datenverarbeitungseinrichtung. Über diese Schnittstelleneinrichtung werden Daten zur externen Datenverarbeitungseinrichtung übertragen und für Diagnose und Wartung und Zustandsanalyse oder für zusätzliche Funktionen aufbereitet und über ein Man-Machine-Interface, wie bspw. eine Benutzeroberfläche, zur Verfügung gestellt bzw. ausgegeben.
Darüber hinaus enthält die in Anspruch 1 nach Hilfsantrag angegebene Lösung noch das Merkmal, dass die Diagnose- und Wartungseinrichtung in Einschubtechnik als ein Schaltanlagenmodul der Schaltanlage ausgebildet ist (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0008], [0012], [0013], [0021], [0022], Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag).
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, eine verbesserte und vereinfachte Abfrage vor Ort verfügbarer Wartungs- und Diagnoseinformationen einer Schaltanlage zu entwickeln, ist ein Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit Berufserfahrung auf dem Gebiet des Schaltanlagenbaus – insbesondere im Bereich der Schaltanlagenüberwachung und Schaltanlagenwartung – anzusehen.
2. Das geltende Patentbegehren ist zulässig.
2.1. Hauptantrag Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 5 und 6, sowie aus den Absätzen [0013], [0021]-[0023], [0027] der Offenlegungsschrift.
Der Anspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 7.
2.2. Hilfsantrag Anspruch 1 basiert auf Anspruch 1 nach Hauptantrag mit einer zusätzlichen Ergänzung aus Absatz [0028] der Offenlegungsschrift.
Anspruch 2 geht zurück auf die Merkmale aus Anspruch 1 nach Hilfsantrag und auf den ursprünglichen Anspruch 7.
2.3. Auch die übrigen grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Gewährbarkeit sieht der Senat als gegeben an.
Die nunmehr beanspruchte technische Lehre ist durch den Anspruchswortlaut klar und deutlich umschrieben und in Verbindung mit der Beschreibung auch ausführbar.
3. Der bisher ermittelte Stand der Technik steht dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und auch dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag nicht patenthindernd entgegen.
Im Prüfungsverfahren sind folgende Druckschriften genannt worden:
D1: DE 10 2006 020 070 A1; D2: Square D. Aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie; Bearbeitungsstand: 21. Mai 2009 um 8:40 Uhr; URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php? title=Square_D&oldid=60272306 [abgerufen am 25. Februar 2016]. D3: Rack. Aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie; Bearbeitungsstand: 07. September 2009 um 20:22 Uhr; URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php? title=Rack&oldid=64253046 [abgerufen am 24. Februar 2016]; Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die D1 an.
Gegenstand der D1 ist eine Einrichtung zur Ferndiagnose von Feldgeräten (Anspruch 1, Absätze [0008], [0009]). Diese Diagnoseeinrichtung (Fig. 1 „4“) ist aufgeteilt in eine Verarbeitungseinheit (Fig. 1 „43“) und eine Aufnahmeeinheit bzw. Erfassungseinrichtung (Fig. 1 „41“). Die Verarbeitungseinheit ist mit der Aufnahmeeinrichtung über eine Kommunikationsverbindung verbunden (Fig. 1 „42“, Absatz [0019]). Damit ergeben sich aus der D1 die Merkmale M1.0 (ohne Berücksichtigung des fakultativen Merkmals einer Niederspannungsschaltanlage) und M1.1.
Das jeweilige zu überwachende Feldgerät ist dabei direkt mit der Erfassungseinrichtung verbunden (Fig. 1, Absatz [0017]), d. h. die zu überwachenden Feldgeräte sind direkt an die Aufnahmeeinheit angeschlossen. Eine weitere Ausführungsform zeigt, dass die Aufnahmeeinheit in den zum Feldgerät führenden Busstrang eingefügt ist (Absatz [0024]). Dies bedeutet, dass weitere Geräte der Schaltanlage, welche nicht direkt an die Erfassungseinrichtung angeschlossen sind, in keiner Kommunikationsverbindung mit der Erfassungseinrichtung stehen. Somit sind die Merkmale M1.2.1 und M1.2.1 i. V. m. M1.2 nicht aus der D1 zu entnehmen.
Aufgrund des anderen Aufbaus des in der D1 gezeigten Systems sind auch die weiteren Merkmale (M1.3 bis M1.5), welche auf der in den Merkmalen M1.1 bis M1.2.2 beschriebenen Topologie beruht, nicht aus der D1 zu entnehmen.
Aus den Druckschriften D2 und D3 ist der Einsatz der sogenannten Einschubtechnik für Geräte in Niederspannungs-Schaltanlagen zu entnehmen. Auch aus diesen beiden Druckschriften sind die Merkmale M1.2.1 und M1.2.1 i. V. m. M1.2 nicht zu entnehmen.
Aus keiner der genannten Druckschriften ist somit das wesentliche Merkmal, d. h. eine interne Schnittstelleneinrichtung, welche die Kommunikation der Diagnoseund Wartungseinrichtung mit allen angeschlossenen und kommunikationsfähigen, in der Schaltanlage angeordneten Geräten und/oder Einschubmodulen ermöglicht, zu entnehmen.
Es ist auch nicht erkennbar, wie der Fachmann ausgehend vom genannten Stand der Technik zur beanspruchten Erfindung gelangen hätte können.
4. Die Anmeldung war an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Eine unmittelbare Patenterteilung hält der Senat nicht für sachgerecht. Denn das wesentliche Merkmal M1.2.1, das aus der Beschreibung stammt und erstmalig den Kerngedanken der beanspruchten Erfindung deutlich zum Ausdruck bringt, war bisher nicht Gegenstand des Prüfungsverfahrens und somit auch nicht Gegenstand einer Recherche. Eine diesbezügliche Recherche steht noch aus. Die Anmeldung war daher – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3; Schulte, PatG, 10. Auflage, § 79 Rdn. 26).Der lediglich hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung bedurfte es daher nicht.
5. Für eine sachgerechte Ermittlung des Standes der Technik ergeht an das Deutsche Patent- und Markenamt die Anregung, die Klassifizierung der Anmeldung zu überprüfen. Eine Klassifikation z. B. im Bereich von H02H (Schutzschaltungsanordnungen) oder H02J (Schaltungsanordnungen oder Systeme für die Abgabe oder Verteilung elektrischer Leistung) könnte die Lehre der Anmeldung möglicherweise besser kennzeichnen als die vergebene Klassifizierung (G06Q 50/00 – Systeme oder Verfahren besonders angepasst an bestimmte Geschäftsbereiche, z. B. Versorgungsunternehmen oder Tourismus).
6. Da noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der bisher nicht berücksichtigte Stand der Technik auch das Merkmal M1.2.1 vorwegnimmt oder nahelegt, hat sich der Senat mit den nebengeordneten Ansprüchen und einer u. U. erforderlichen Beschreibungsanpassung nicht befasst.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fi
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