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3 Ni 27/14 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 27/14 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

23. Februar 2016 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 718 474 (DE 60 2005 027 543)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Schramm sowie den Richter Kätker, die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg, den Richter Dipl.-Chem. Dr. Jäger und die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 718 474 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 24. Februar 2005 beim Europäischen Patentamt in englischer Sprache angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Patents 1 718 474 (Streitpatent), das die Prioritäten der Anmeldungen US 547652 P vom 25. Februar 2004 und US 821453 vom 9. April 2004 in Anspruch nimmt und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 60 2005 027 543 geführt wird.

Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit acht Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „Combined Ablation And Exposure System And Method“ („Kombiniertes Ablations- und Belichtungssystem und Verfahren“). Es umfasst 17 Patentansprüche, dessen nebengeordnete Patentansprüche 1 und 11 in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt lauten:

1. A system (10) for exposing a photopolymer with ultraviolet light, comprising: a rotation system (20) for rotating the photopolymer; an ablating engine (22) adjacent to the rotation system; and a light source assembly (14) adjacent to the rotation system, wherein the ablating engine (22) and the light source assembly (14) are movable across a length of the rotation system (20) perpendicular to a direction of rotation of the rotation system, the ablating engine (22) being arranged to lead the light source assembly (14) so that exposure by the light source assembly follows ablation by the ablating engine; characterized by: the light source assembly (14) including at least one plasma capillary light source (18) for directing light onto the photopolymer is configured with a toroidal geometry around the rotation system (20), having a plurality of light outputs directed toward the rotation system inside the toroidal geometry, so that all points of the photopolymer are continuously exposed.

11. A method of exposing a photopolymer with ultraviolet light, comprising: rotating the photopolymer; and directing light from a light source assembly (14) onto the photopolymer from at least one plasma capillary light source (18); and moving the light source assembly across a length of the photopolymer perpendicular to a direction of rotation of the photopolymer to expose the photopolymer; characterized by: directing the light from the light source assembly onto the photopolymer comprises directly the light from a plurality of light outputs so that all points of the photopolymer are continuously exposed.

Die deutsche Fassung der Patentansprüche 1 und 11 lautet gemäß der Patentschrift (einschließlich eines Übersetzungsfehlers am Ende des Oberbegriffs von Patentanspruch 1):

1. System (10) zum Belichten eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht, das Folgendes umfasst: ein Rotationssystem (20) zum Drehen des Fotopolymers; eine Ablationsvorrichtung (22) neben dem Rotationssystem; und eine Lichtquellenbaugruppe (14) neben dem Rotationssystem, wobei die Ablationsvorrichtung (22) und die Lichtquellenbaugruppe (14) über eine Länge des Rotationssystems (20) lotrecht zu einer Drehrichtung des Rotationssystems beweglich sind, wobei die Ablationsvorrichtung (22) so ausgelegt ist, dass sie sich immer so vor der Lichtquellenbaugruppe (14) befindet, dass auf die Belichtung durch die Lichtquellenbaugruppe eine Ablation durch die Ablationsvorrichtung folgt; dadurch gekennzeichnet, dass die Lichtquellenbaugruppe (14), die wenigstens eine Plasmakapillare-Lichtquelle (18) zum Richten von Licht auf das Fotopolymer hat, mit einer Torusgeometrie um das Rotationssystem (20) konfiguriert ist, wobei mehrere Lichtausgänge auf das Rotationssystem innerhalb der Torusgeometrie gerichtet sind, so dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden.

11. Verfahren zum Belichten eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht, das Folgendes beinhaltet: Drehen des Fotopolymers, und Richten von Licht von einer Lichtquellenbaugruppe (14) auf das Fotopolymer von wenigstens einer PlasmakapillareLichtquelle (18); und Bewegen der Lichtquellenbaugruppe über eine Länge des Fotopolymers lotrecht zu einer Rotationsrichtung des Fotopolymers, um das Fotopolymer zu belichten; dadurch gekennzeichnet, dass: das Richten des Lichts von der Lichtquellenbaugruppe auf das Fotopolymer das Richten des Lichts von mehreren Lichtausgängen beinhaltet, so dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden.

Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 und 11 rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 718 474 verwiesen.

Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen u. a. auf folgende Dokumente:

TM1 TM2 TM3 EP 1 718 474 B1 (Streitpatent) EP 1 154 326 A1 US 6,180,325 B1 TM4 TM4A TM4.1 TM4.2 TM4.3 TM4.4 TM4.5 TM4.6 TM4.7 TM5 TM6 Eidesstattliche Versicherung des Herrn Josef Juffinger vom 4. Juni 2014 Eidesstattliche Versicherung des Herrn Josef Juffinger vom 29. November 2015 Konstruktionszeichnung 24688/4H – Reflektorblech vom 6. September 2000 Konstruktionszeichnung 24929/2 – Scheibenhalter vom 4. Mai 2001 3D-Darstellung des Belichtungssystems der BOXCOR Maschine, undatiert Datenblatt Cosmedico Cosmotech L400 R7s vom 21. Oktober 2005 Fotografie der BOXCOR Maschine mit Belichtungssystem, undatiert Fotografie des Belichtungssystems der BOXCOR Maschine (ausgeschaltet), undatiert Fotografie des Belichtungssystems der BOXCOR Maschine (angeschaltet), undatiert EP 0 007 127 B1 EP 0 237 574 B1 Die Klägerin ist der Ansicht, den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 11 des Streitpatents fehle die Patentfähigkeit. Diese seien durch die Druckschrift TM2 sowie durch die offenkundige Vorbenutzung einer aus den Unterlagen TM4 bis TM4.7 ersichtlichen “BOXCOR“-Maschine neuheitsschädlich vorweggenommen.

Zumindest aber beruhten die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 11 nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit. Jeweils ausgehend von der TM2 oder der offenkundig vorbenutzten Vorrichtung gemäß TM4A seien sie in Kombination mit einer der Druckschriften TM5 oder TM6 nahegelegt. Auch die Druckschrift TM3 i. V. m. dem Fachwissen oder in Kombination mit der Druckschrift TM2 oder mit einer der Druckschriften TM5 oder TM6 lege die Gegenstände des Streitpatents nahe.

Entsprechendes gelte für die Hilfsanträge, die nur handwerkliche Ausgestaltungen beträfen oder lediglich einen klarstellenden Charakter hätten. Auch soweit in verschiedenen Hilfsanträgen der jeweilige nebengeordnete Verfahrensanspruch mit den Merkmalen des Vorrichtungsanspruchs 1 eingeschränkt sei, fehle die erfinderische Tätigkeit, da die Verwendung einer nicht patentfähigen Vorrichtung ebenfalls nicht patentfähig sei.

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent 1 718 474 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt zuletzt sinngemäß,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge I bis VIII, sämtlich überreicht in der mündlichen Verhandlung, erhält.

Gemäß Hilfsantrag I erhält der nebengeordnete Patentanspruch 11 folgende Fassung:

11. A method of exposing a photopolymer on a flexographic plate with ultraviolet light, comprising: rotating the photopolymer by means of a rotation system (20); ablating the flexographic plate by means of an ablating engine (22) adjacent to the rotation system (20); and directing light from a light source assembly (14) onto the photopolymer from at least one plasma capillary light source (18); wherein the ablating engine (22) and the light source assembly (14) are moved across a length of the rotation system (20) perpendicular to a direction of rotation of the rotation system, the ablating engine (22) being arranged to lead the light source assembly (14) so that exposure by the light source assembly follows ablation by the ablating engine; characterized by: directing the light from the light source assembly onto the photopolymer comprises directing the light from a plurality of light outputs so that all points of the photopolymer are continuously exposed.

Gemäß Hilfsantrag II werden an die erteilten nebengeordneten Patentansprüche 1 und 11 (nunmehr 9) jeweils die Merkmale angefügt:

„… wherein the at least one light source (18) is located adjacent to a reflector (16) coated with a dichroic coating that reflects only actinic radiation, and wherein the light source assembly (14) includes a liquid cooled body (12) supporting the at least one light source (18), wherein the body (12) includes chambers forming a path for a flow of cooling liquid and is adapted to absorb a remaining light emission emitted by the light source assembly (14), which is not reflected by the reflector (16)”.

Die erteilten Patentansprüche 2, 5 und 13 werden gestrichen, die Nummerierung der verbleibenden Patentansprüche wird angepasst.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II. Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 9 gemäß Hilfsantrag III entspricht Patentanspruch 11 gemäß Hilfsantrag I, mit dem Unterschied, dass er zusätzlich die oben zu Hilfsantrag II genannten Merkmale aufweist.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag IV entsprechen den Patentansprüchen 1 und 9 gemäß Hilfsantrag II, mit dem Unterschied, dass jeweils im kennzeichnenden Teil das Merkmal „… wherein the light outputs overlap one another“ eingefügt wird.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag V entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV. Der nebengeordnete Verfahrensanspruch 9 entspricht Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag III, mit dem Unterschied, dass dieser zusätzlich das oben zu Hilfsantrag IV genannte Merkmal („… wherein the light outputs overlap one another“) aufweist.

Mit den weiteren Hilfsanträgen VI bis VIII wird jeweils nur noch eine Vorrichtung beansprucht, wobei die Verfahrensansprüche (erteilte Patentansprüche 11 bis 17) gestrichen werden. Dabei entsprechen die Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag VI den erteilten Patentansprüchen 1 bis 10.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag VII entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II. Die erteilten Vorrichtungsansprüche 2 und 5 werden unter Anpassung der Nummerierung der verbleibenden Patentansprüche gestrichen.

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIII entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV. Ansonsten entsprechen die weiteren Patentansprüche denen des Hilfsantrags VII.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist auf folgende Dokumente:

D1 Kopie der Fassung der Anmeldeunterlagen, die gemäß Regel 71 Abs. 3 EPÜ-AO der Erteilung des Streitpatents zugrunde lagen; received at the EPO on Feb. 09, 2010 D2 US 8,820,234 B2 D3 „Radiation Curing, Science and Technology“ 1992, Hrsg. P.S. Pappas,

Kapitel 1.3.2 “Air Inhibition” (Auszug, eine Seite)

Nach Auffassung der Beklagten ist das Streitpatent neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit. Sie bestreitet, dass die in den Unterlagen TM4 bzw. TM4A bis TM4.7 dargestellte Vorrichtung offenkundig vorbenutzt worden ist. Selbst wenn man deren offenkundige Vorbenutzung unterstelle, seien die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 11 patentfähig. Insbesondere sei die Neuheit gegeben. Keine der Entgegenhaltungen weise die Gesamtheit der Merkmale der selbständigen Patentansprüche auf. In den Dokumenten TM2 bis TM4A sei bei richtiger Auslegung des Streitpatents keine „toroidale Geometrie“ i. S. d. Streitpatents vorbeschrieben, bei der es sich um ein geschlossenes kreisförmiges Gebilde handele. Dementsprechend zeigten die Entgegenhaltungen auch nicht, dass alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich bzw. ununterbrochen („continously“) belichtet würden. Die Druckschriften TM5 und TM6 behandelten gänzlich andere Verfahren ohne Ablation.

Den Gegenständen des Streitpatents fehle auch nicht die erfinderische Tätigkeit. Den Entgegenhaltungen ließen sich weder in Verbindung mit dem Fachwissen noch in Kombination untereinander Anregungen entnehmen, mit denen der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit zur streitpatentgemäßen Lösung hätte gelangen können. Insbesondere habe der Fachmann keine Veranlassung gehabt, die Lehre der Druckschrift TM2 mit den ein gänzlich anderes Verfahren betreffenden Lehren der Druckschriften TM5 oder TM6 zu kombinieren. Dies gelte erst recht, wenn der Fachmann statt der TM2 die in TM4A bis TM4.7 dargestellte Vorrichtung – ihre Offenkundigkeit unterstellt – als Ausgangspunkt heranziehe, zumal diese Maschine keine Ablationsvorrichtung sondern ein Aufsprühsystem besitze.

Auch die über rein handwerkliche Ausgestaltungen hinausgehenden Gegenstände der Hilfsanträge seien neu und beruhten auf erfinderischer Tätigkeit.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Parteivertretern den Fachbuchauszug S1 H. Kipphan (Hrsg.), Handbuch der Printmedien, Springer Verlag (2000), Seiten 180, 181 und 410 bis 414 übergeben und insbesondere auf den Abschnitt 1.7.2.2 und die Abbildung 1.7-11 auf den Seiten 180 und 181 hingewiesen.

Entscheidungsgründe I.

1. Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet.

1.1 Das Streitpatent betrifft die Ablation und Belichtung von flexografischen Druckplatten, insbesondere ein System und ein Verfahren zur Belichtung von flexografischen Platten auf einem rotierenden Zylinder (vgl. TM1, S. 2, Abs. [0001]).

Zum Hintergrund der Erfindung wird im Streitpatent eingangs ausgeführt, dass digitale flexografische Druckplatten in zwei Schritten bemustert werden. Im ersten Schritt wird die Druckplatte in einem Muster ablatiert (abgetragen), das die Maske auf der Platte definiert, die das grafische Bild darstellt, welches die Druckplatte übertragen soll. Dieser Schritt wird üblicherweise dadurch vollzogen, dass die auf einem rotierenden Zylinder aufgezogene Druckplatte mit einer linear beweglichen Bemusterungseinheit zur Erzeugung des gewünschten Bildes ablatiert wird. Im zweiten Schritt wird die maskierte Druckplatte mit Licht hoher Intensität bestrahlt, um sie für den Druck fertigzustellen. Für diesen Schritt wird die maskierte Druckplatte üblicherweise auf einem Flachbettbelichter platziert, auf dem die Platte mit einer hohen Lichtintensität bestrahlt wird. In einigen Systemen werden stationäre Lichtbaugruppen verwendet, um die noch auf dem Trägerzylinder befindlichen Druckplatten, wie in TM5 und TM6 gezeigt, zu belichten.

Im konventionellen Zwei-Schritt-Prozess muss die Druckplatte zwischen der Ablation und der Belichtung mit größter Sorgfalt gehandhabt werden, damit die auf die Druckplatte aufgebrachte Kohlenstoff-Schicht nicht verkratzt oder auf andere Weise beschädigt wird, so dass das auf die Druckplatte aufgebrachte Muster unbrauchbar wird.

Ein Ansatz zur Lösung dieses Problems ist nach dem Stand der Technik die Bereitstellung einer Belichtungsvorrichtung, die in das Ablationssystem integriert ist. Ein solches System ist jedoch aus mehreren Gründen nicht erfolgreich gewesen, da die Geometrie der Lichtquelle nicht genügend Leistung für eine effektive Belichtung der Platte bereitstellt und der Effekt der Belichtungslatenz besteht, wenn ein Punkt der Platte aus dem Belichtungsfeld der Lichtquelle rotiert (vgl. TM1, S. 2, Abs. [0002-0004]).

1.2 Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zu Grunde, ein Belichtungssystem und ein Verfahren für die Herstellung von flexografischen Druckplatten bereitzustellen, die eine schnelle und effektive Aushärtung des Fotopolymers erlauben (vgl. TM1 S. 2 Abs. [0004] und [0005]).

Soweit geltend gemacht wurde, dass die Aufgabe des Streitpatents auch darin zu sehen sei, eine homogenere Aushärtung vorzuschlagen, kann dieser Aufgabenbestimmung nicht beigetreten werden. Der D2 zufolge wurden die wissenschaftlichen Zusammenhänge, die belegen, dass eine gleichmäßigere Belichtung des Fotopolymers zu einem Gleichgewicht der Starter- und Abbruchsreakion führt,

welches wiederum für eine homogenere Aushärtung des Fotopolymers verantwortlich ist (vgl. D2, Sp. 10, Z. 58 bis 65, Sp. 11 Z. 5 bis Sp. 12, Z. 3), nämlich erst später aufgefunden. Dies rechtfertigt jedoch nicht, die Aufgabe nachträglich auch auf die Bereitstellung einer homogeneren Aushärtung zu richten. Denn die Bestimmung des technischen Problems dient dazu, den Ausgangspunkt der fachmännischen Bemühungen ohne Kenntnis der Erfindung festzusetzen, um bei der anschließenden und davon zu trennenden Prüfung auf Patentfähigkeit zu bewerten, ob die dafür vorgeschlagene Lösung durch den Stand der Technik nahegelegt war oder nicht. Elemente, die bei der Erarbeitung der patentgemäßen Lösung bzw. nachträglich festgestellt werden, sind deshalb bei der Bestimmung des technischen Problems nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 2015, 356, 1. Ls., 357, [9] – Repaglinid).

1.3 Gelöst wird diese Aufgabe gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 durch ein

1. System zum Belichten eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht, das Folgendes umfasst:

2. ein Rotationssystem zum Drehen des Fotopolymers; 3. eine Ablationsvorrichtung neben dem Rotationssystem; und 4. eine Lichtquellenbaugruppe neben dem Rotationssystem,

4.1 die wenigstens eine Plasmakapillare-Lichtquelle zum Richten von Licht auf das Fotopolymer hat und

4.2 mit einer Torusgeometrie um das Rotationssystem konfiguriert ist, wobei

4.3 mehrere Lichtausgänge auf das Rotationssystem innerhalb der Torusgeometrie gerichtet sind, so dass

4.4 alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden, wobei

5. die Ablationsvorrichtung und die Lichtquellenbaugruppe über eine Länge des Rotationssystems lotrecht zu einer Drehrichtung des Rotationssystems beweglich sind und wobei

6. die Ablationsvorrichtung so ausgelegt ist, dass sie sich immer so vor der Lichtquellenbaugruppe befindet, dass die Belichtung durch die Lichtquellenbaugruppe auf eine Ablation durch die Ablationsvorrichtung folgt.

Der offensichtliche Übersetzungsfehler in der deutschen Fassung von Patentanspruch 1 gemäß der Patentschrift ist hierbei auf der Grundlage der nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebenden englischen Fassung berichtigt worden.

Weiterhin wird die Aufgabe gemäß dem erteilten Patentanspruch 11 gelöst durch ein

11.1 11.2 11.3

11.4 Verfahren zum Belichten eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht, das Folgendes beinhaltet: Drehen des Fotopolymers, Richten von Licht von einer Lichtquellenbaugruppe auf das Fotopolymer von wenigstens einer Plasmakapillare-Lichtquelle; wobei 11.3.1 das Richten des Lichts von der Lichtquellenbaugruppe auf das Fotopolymer das Richten des Lichts von mehreren Lichtausgängen beinhaltet, so dass 11.3.2 alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden und Bewegen der Lichtquellenbaugruppe über eine Länge des Fotopolymers lotrecht zu einer Rotationsrichtung des Fotopolymers, um das Fotopolymer zu belichten.

1.4 Der zuständige Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur mit mehrjähriger Erfahrung in der Drucktechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Herstellung von Flexodruckformen.

II.

Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag erweist sich als nicht bestandsfähig.

1. Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsbeitrag der Erfindung liefern, zu bestimmen sind (vgl. BGH GRUR 2012, 1124, 1. Ls. und 1126, [27] – Polymerschaum).

1.1 Diesem Grundsatz folgend ist vorliegend zu bestimmen, welche Bedeutung der „Torusgeometrie“ („toroidal geometry“) in Merkmal 4.2 von Patentanspruch 1 zukommt. Nach der Lehre des Streitpatents soll mit dem in Patentanspruch 1 beschriebenen System zur Belichtung eines Fotopolymers mit ultravioletten Licht eine Lichtquellenbaugruppe mit einer Torusgeometrie („toroidal geometry“) eingesetzt werden. In der Beschreibung und den Figuren des Streitpatents finden sich für die Lichtquellenbaugruppe zwei Ausführungsformen, nämlich die einer Vollkreis- und einer Teilkreis-Belichtungseinheit (vgl. TM1, S. 2, Abs. [0008], S. 3 [0009] und [0014], Fig. 1A, 2, 3, 6), so dass unter dem Begriff „Torusgeometrie“ zunächst beide angegebenen Bauformen zu verstehen sind. Im Zusammenhang mit dem weiteren Merkmal 4.4 von Patentanspruch 1, nach dem alle Punkte des Fotopolymers kontinuierlich belichtet werden, wird jedoch die Torusgeometrie auf eine Vollkreisgeometrie beschränkt, da andernfalls die Belichtung aller Punkte des Fotopolymers auf einem Mantelsegment des Rotationszylinders nicht kontinuierlich, sondern gepulst erfolgen würde (vgl. TM1, S. 3, Z. 29 bis 41).

1.2 Einer Auslegung bedarf auch das Merkmal 4.1 des Patentanspruchs 1, nach dem die Lichtquellenbaugruppen wenigstens eine Plasmakapillare-Lichtquelle (plasma capillary light source) zum Richten von Licht auf das Fotopolymer hat. Zu diesem Merkmal entnimmt der Fachmann der Streitpatentschrift, dass es sich hierbei um eine 1000 Watt Quecksilber-dampflampe (Mercury plasma capillary lamp) handelt. Anstelle von Quecksilber kann auch ein anderes UV-Strahlung produzierendes Element, wie Xenon oder Blei eingesetzt werden, wobei auch weitere Elemente denkbbar sind, die ggf. auch zusätzlich verwendet werden (vgl. TM1, S. 3, Abs. [0012]). Hierbei kann es sich beispielweise um Metall-HalogenLampen handeln, die im Bereich der Drucktechnik als Alternative für Quecksilberdampflampen verwendet werden (vgl. auch TM3, Sp. 6, Z. 9 bis 14, TM6, S. 5, Z. 9 bis 11). Grundsätzlich versteht der Fachmann, ohne den Sinngehalt und die Reichweite von Patentanspruch 1 auf diese Ausführungsformen zu beschränken, unter einer Plasmakapillaren-Lichtquelle, eine Gasentladungslampe, deren abgestahltes UV-Licht durch Anregung eines Plasmas erzeugt wird (vgl. BGH GRUR 2008, 779, 2. Ls. – Mehrgangnabe).

2. Das streitpatentgemäße System zur Belichtung eines Fotopolymers mit ultraviolettem Licht nach Patentanspruch 1 mag zwar neu sein, jedoch beruht seine Bereitstellung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist zunächst zu klären, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (BGH GRUR 2003, 693, 695, vorle. Abs. - Hochdruckreiniger) und ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Dabei besteht bei der Wahl des Ausgangspunktes kein Vorrang eines „nächstkommenden Standes der Technik“ (BGH GRUR 2009, 382, 387 [51] - Olanzapin). Vielmehr bedarf es bei der Auswahl des Ausgangspunktes der Rechtfertigung, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmannes liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt. Um die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen, bedarf es dafür daher über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinaus ausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH GRUR 2009, 746 Ls. - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung sowie BGH GRUR 2009, 1039 Ls. 2 Fischbissanzeiger).

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat der Fachmann, der vor der Aufgabe steht, ein Belichtungssystem für die Herstellung von flexografischen Druckplatten bereitzutellen, welches eine schnelle und effektive Aushärtung des Fotopolymers erlaubt, seinen Fokus auf die aus der Druckschrift TM2 bekannte Vorrichtung zur Herstellung von Druckplatten gerichtet (vgl. TM2, Patentanspruch 20, S. 2, Abs. [0002]). Die in TM2 angegebene Vorrichtung vermeidet in Fortführung des bereits im Stand der Technik vorgebenen Entwicklungstrends das Handling zwischen dem Ablations- und dem Belichtungsschritt (vgl. TM1, S. 2, Abs. [0004]), indem die für diese Schritte benötigten Bearbeitungsstationen auf einem Bearbeitungsschlitten montiert sind. Bei der Vorrichtung gemäß TM2 ist die aus Fotopolymer bestehende Druckplatte auf der äußeren Umfangsfläche eines drehbar gelagerten Trägerzylinders befestigt. In Längsrichtung des Zylinders ist eine bewegbare Bearbeitungsschlittenanordnung vorgesehen, die aus einer ersten Bearbeitungsstation zur Ablation und einer zweiten, der ersten Station nachgeordneten, Bearbeitungsstation zur Belichtung der Druckplatte besteht, wobei die Bearbeitungsschlittenanordnung senkrecht zur Drehrichtung des Trägerzylinders bewegbar ist (vgl. TM2, Patentanspruch 20, S. 3, Abs. [0021], S. 4, Abs. [0026], S. 6, Abs. [0045], Sp. 9, Z. 33 bis 37, S. 6/7, Abs. [0051], Fig. 4). Die zweite Bearbeitungsstation umfasst mehrere in Umfangsrichtung des Trägerzylinders im Abstand voneinander angeordnete UV-Lampen, wie Metall-Halogen-Lampen, die eine ausreichende Bestrahlungsstärke im UV-Bereich von 300 bis 400 nm liefern. Die Lampen befinden sich an der konkaven Seite eines bogenförmigen Trägers. Bei der Drehung der Druckplatte entlang des Trägers wird somit jeder Punkt der Druckplatte durch die bogenförmige Anordnung der UV-Lampen über längere Zeit gepulst belichtet (vgl. TM2, S. 4, Abs. [0028], S. 6, Abs. [0048], Fig. 4). Es war in Fachkreisen zum maßgeblichen Zeitpunkt zudem bekannt, dass für eine effiziente Aushärtung des Fotopolymers der Druckplatte eine ausreichende Belichtungszeit für die einzelnen Punkte der Platte erforderlich ist (vgl. TM2, S. 4, Abs. [0028]). Somit wird dem Fachmann mit dem Dokument TM2 bereits die Lehre vermittelt, zur Bereitstellung eines schnelleren Systems zur kombinierten Ablation und Belichtung von Druckplatten mit UV-Licht, einen Bearbeitungsschlitten mit einer Ablations- und einer Lichtquellenbaugruppe vorzusehen (vgl. TM2, S. 3, Abs. [0014]), wobei letztere bogenförmig ausgestaltet ist, um eine effiziente Aushärtung der Druckplatte zu gewährleisten (vgl. TM2, S. 6, Abs. [0048], Fig. 4).

Zum Auffinden einer Lösung für das dem Streitpatent zu Grunde liegende Problem musste der Fachmann somit lediglich der mit in der Druckschrift TM2 genannten Vorrichtung gegebenen Anregung folgen und zur Vermeidung des Nachteils, einer unzureichenden Aushärtung der Druckplatte nach dem UV-Belichtungsschritt, eine Lichtquellenbaugruppe in Erwägung ziehen, die ihm eine schnellere und effizientere Belichtung ermöglicht. Dazu wird er sich im Stand der Technik umsehen und Lösungsvorschläge nicht nur auf seinem Gebiet sondern auch auf sachlich unmittelbar benachbarten Gebieten in Erwägung ziehen, wenn sich dort das zu lösende Problem in ähnlicher Weise stellt (vgl. BGH GRUR, 2010, 41, 1. Ls., 43, [29] – Diodenbeleuchtung). Ein derartiges sachlich unmittelbar benachbartes Gebiet stellt die Herstellung von nahtlosen Druckhülsen für den Flexodruck dar (S1, S. 411, spaltenübergreifender Satz; S. 413/414, Abs. „Sleeve-Technologie“), mit der sich die TM6 beschäftigt.

Die in TM6 angegebene Vorrichtung zur Herstellung zylindrischer Druckplatten für den Flexodruck verfügt über einen stationären Rundumbelichter auf der Außenseite des Trägerzylinders für die UV-Belichtung der bemusterten Druckplatte, welcher sich über die gesamte Mantelfläche des Zylinders erstreckt (vgl. TM6, S. 4, Z. 40 bis S. 5, Z. 2, Fig. 11 und 12). Als Lichtquellen werden dabei wie im Streitpatent Hochdruck-Quecksilberlampen, Xenon- oder Metall-Halogen-Lampen, eingesetzt (vgl. TM6, S. 5, Z. 9 bis 11). Damit erreicht die TM6 eine Verbesserung der Produktivität und eine bemerkenswerte Steigerung der Einheitlichkeit der Produktdicke (vgl. TM6, S. 5, Z. 36 bis 37). Da somit TM6 ein der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung ähnliches Problem löst, bestand für den Fachmann die Veranlassung, die in TM6 beschriebene Belichtung der bemusterten Druckplatten über die gesamte Mantelfläche zu berücksichtigen und diese Belichtungskonfiguration auf die vorgegebene Bearbeitungsbelichtungs-struktur gemäß TM2 zu übertragen, zumal er sich im Hinblick auf eine praktische Umsetzbarkeit vorrangig mit Ansätzen befasst, die mit keiner Änderung oder allenfalls mit einer möglichst geringfügigen Ergänzung der bekannten Belichter verbunden sind.

Bei der Berücksichtigung des in TM6 vorgesehen Rundumbelichters kommen objektiv im Wesentlichen zwei Möglichkeiten in Betracht:

Zum einen konnte er den Bearbeitungsschlitten nach TM2 mit weiteren Lampen in Längsrichtung des Zylinders auszurüsten. Dies hätte jedoch zur Folge, dass auch die Ablationstation kongruent verbreitert werden müsste, damit die Ablation- und Belichtungsflächen kongruent bleiben. Alternativ konnte die Bogengeometrie der Belichtungseinheit zu einem Vollkreis erweitert werden. Der Fachmann hatte jedenfalls Anlass, beide Lösungsansätze mit ihren Vor- und Nachteilen in Betracht zu ziehen. Bereits dadurch war der Gegenstand des Streitpatents nahegelegt (vgl. BGH GRUR, 2015, 356, 2. Ls. – Repaglinid; BGH GRUR 2012, 261, 2. Ls., 264 [46] – E-Mail via SMS).

b) Der Einwand, der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, die bogenförmige Lichtquellenbaugruppe der TM2 zu einem Vollkreis zu modifizieren, da diese Abwandlung mit einem erheblichen konstruktiven Aufwand in Bezug auf die zu gewährleistende Befestigung bzw. Abnahme der Druckplatten vom Trägerzylinder verbunden sei, kann nicht überzeugen. Denn während der Befestigung bzw. der Abnahme der Platten befindet sich der Bearbeitungsschlitten bei der Vorrichtung nach TM2 in einer „Parkposition“ neben dem Trägerzylinder, so dass die Belichtungseinheit für die Befestigung bzw. Abnahme der Druckplatten nicht entfernt werden muss (vgl. TM2, S. 6/7, Abs. [0051] i. V. m. Fig. 3 und 5). Auch bei einer Vollkreisgeometrie der Lichtquellenbaugruppe ist eine solche Parkposition neben dem Trägerzylinder ohne erheblichen konstruktiven Aufwand realisierbar, so dass der Torus für die Befestigung bzw. Abnahme der Druckplatten nicht geöffnet werden muss.

c) Auch das Argument, die Berücksichtung der Belichtungsgeometrie gemäß TM6 hätte allenfalls dazu geführt, dass die Vorrichtung nach TM2 mit einem stationären Rundumbelichter ausgerüstet würde, der die Mantelfläche des Zylinders vollflächig bestrahle, vermag nicht durchzugreifen. Eine solche Geometrie würde eine erhebliche konstruktive Umrüstung der Anlage und Einbuße an Schnelligkeit bedeuten, da die Bemusterung und Belichtung der Druckplatte nicht mehr in einem Arbeitsschritt, möglich wäre (vgl. TM2, S. 3, Abs. [0014]). Zudem wäre im Falle einer Bestückung des Trägerzylinders mit nur einzelnen Platten eine derartige Konstruktion nachteilig, da immer der ganze Zylinder bestrahlt werden müsste.

Der Patentanspruch 1 ist daher nicht bestandsfähig.

3. Die weiteren Patentansprüche des Hauptantrags bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag als geschlossenen Anspruchssatz versteht und das Streitpatent in der Reihenfolge Hauptantrag und Hilfsanträge I bis VIII verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsvermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).

III.

Die zulässigen, jeweils hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen I bis VII erweisen sich aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit gleichfalls als nicht bestandsfähig.

1. Die Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen I und VI sind identisch mit Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag. Somit ergibt sich keine andere Rechtsund Sachlage, als sie bereits bei Patentanspruch 1 des Hauptantrags vorliegt, so dass die im Zusammenhang mit dem Hauptantrag dargelegten Gründe hier daher gleichermaßen gelten.

2. Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen II, III und VII unterscheiden sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass zusätzlich die Merkmale „wherein the at least one light source (18) is located adjacent to a re- flector (16) coated with dichroic coating that reflects only actinic radiation“ und „wherein the licht source assembly (14) includes a liquid cooled body (12) supporting the at least one light source (18), wherein the body (12) includes chambers forming a path for a flow of cooling liquid and is adapted to absorb a remaining light emission emitted by the light source assembly (14), which is not refleted by the reflector (16)“ aufgenommen worden sind.

Die nunmehr beanspruchte dichroitische Beschichtung des Reflektors, stellt eine rein handwerklich Maßnahme dar, wie sie üblicherweise bei UV-Lampen vorgesehen wird, um deren selektive Lichtausbeute an UV-Strahlung (aktinische Strahlung) zu erhöhen (vgl. S. 1, S. 181, Abb. 1.7-11). Denn durch den an der Rückseite der Lampe mit einer dichroitischen Schicht beschichteten Reflektor tritt Licht mit einer höheren Wellenlänge, insbesondere IR-Strahlung, hindurch, während Licht im UV-Wellenlängenbereich reflektiert wird.

Das weitere Merkmal, dass die Lichtquellenbaugruppe einen flüssigkeitsgekühlten Körper hat, der die wenigstens eine Lichtquelle trägt, wobei der Körper Kammern aufweist, die einen Strömungsweg für die Kühlflüssigkeit bilden und welcher dazu dient, die Reststrahlung, die nicht reflektiert wird, zu absorbieren, steht technisch in unmittelbaren Zusammenhang mit der ersten Maßnahme. Denn die dichroitische Beschichtung der Reflektoren führt dazu, dass die nichtreflektierte IR-Strahlung, die auch als Wärmestrahlung bezeichnet wird, durch die Reflektoren hindurch tritt und zu einer starken Erwärmung der gesamten Lichtquellenbaugruppe führt. Aufgrund des geringen Abstandes der Lichtquellenbaugruppe von dem Trägerzylinder auf dem das Fotopolymer aufgezogen ist (vgl. TM1, Sp. 5, Z. 5 bis 11, Fig. 2), würde die Druckplatte unmittelbar einer unerwünschten Erwärmung ausgesetzt werden, die zu einer thermischen Aushärtung oder Beschädigung des Fotopolymers führen würde (vgl. gutachterlich: TM3, Sp. 6, Z. 15 bis 16). Zur Vermeidung dieser nachteiligen Erwärmung wird der Fachmann ohne erfinderische Überlegungen die Kühlung an dem Ort vorsehen, an dem die Wärmestrahlung hauptsächlich anfällt, nämlich hinter den Reflektoren der UV-Lampen im Bereich des Körpers der Lichtquellenbaugruppe. Grundsätzlich kann eine solche Kühlung mit Luft oder Flüssigkeit erfolgen. Der Fachmann wird jedoch vorrangig die Flüssigkeitskühlung im Auge haben, da diese aufgrund der höheren Wärmekapazität von Flüssigkeiten und der damit verbundenen größeren Kühlfähigkeit gegenüber Gasen effektiver sind. Daher kann auch das Ergreifen dieser sich gegenseitig bedingenden Maßnahmen nichts zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit beitragen, so dass sich keine andere Rechts- und Sachlage als beim Hauptantrag ergibt.

3. Gemäß den Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge IV und V ist das System gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags II weiter dadurch beschränkt, dass sich die Lichtausgänge der Lichtquellenbaugruppe überlappen („wherein the light outputs overlap one another“). Bei dieser Maßnahme handelt es sich - entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht um eine unzulässige Klarstellung, sondern um eine Beschränkung des beanspruchten Systems. Denn es besteht neben einer Überlappung der Lichtausgänge auch die Möglichkeit, diese durch Anbringung von Blenden oder durch Kollimation des Lichtes nicht überlappend auszugestalten.

Das Ergreifen dieser Maßnahme beruht jedoch nicht auf erfinderischen Überlegungen, da dies keine zusätzlichen baulichen Maßnahmen beinhaltet. Denn die Lichtkegel mehrerer benachbarter Lampen überlappen sich bei einer toroidalen Geometrie grundsätzlich, wenn keine Vorkehrungen speziell dafür getroffen werden, die Überlappung der Strahlungskegel zu unterbinden. Dies ist auch bei der bogenförmigen Lampenanordnung, wie sie aus TM2 bekannt ist, gegeben (vgl. TM2, Fig. 5). Daher liegt hier ebenfalls keine entscheidungserhebliche andere Sach- und Rechtslage vor, als bereits im Zusammenhang mit Hilfsantrag II erörtert.

4. Die weiteren Patentansprüche der Hilfsanträge I bis VII bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte diese Hilfsanträge als jeweils geschlossene Anspruchssätze versteht.

IV.

Auch die nach Hilfsantrag VIII zulässig beschränkt verteidigte Fassung hat keinen Bestand, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

1. Nachdem Patentanspruch 1 identisch ist zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IV, gelten die im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag IV dargelegten Gründe hier gleichermaßen.

2. Patentanspruch 2 ist darauf gerichtet, dass die wenigstens eine Lichtquelle sich neben einem Reflektor befindet, der eine Geometrie hat, die so gewählt ist, dass ein Beleuchtungswinkel von auf das Fotopolymer gerichtetem Licht geregelt wird.

Diese Maßnahme zur Regelung des Einstrahlwinkels ist jedoch bereits aus TM2 bekannt, die ebenfalls eine Regelung der Einstrahltiefe in das Fotopolymer über über die Stellung der Reflektoren vorsieht (vgl. TM2, S. 6, Abs. [0050]). Folglich liefert dieses Merkmal keinen Beitrag zu einer erfinderischen Leistung und es ergibt sich damit keine andere Sach- und Rechtslage als sie bei Patentanspruch 1 vorliegt.

3. Ebenso kann die Maßnahme nach Patentanspruch 3, dass der Reflektor mehrere diskrete gerade Wände hat, keine erfinderische Tätigkeit begründen. Denn in der Druckschrift TM2 ist eine solche konstruktive Anordnung der die Lampe umgebenenden Reflektorbleche bereits vorgesehen (vgl. TM2, S. 6, Abs. [0050], Fig. 4 und 5, Bezugszeichen 25).

4. Die zusätzliche Ausgestaltung des Systems mit einer Steuerung zur dynamischen Regelung der Intensität der Lichtquelle nach Patentanspruch 4 stellt für den Fachmann eine übliche handwerkliche Maßnahme aus seinem StandardRepertoire ohne erfinderischen Gehalt dar, die er ergreift, um in Abhängigkeit von der Druckplattendicke und der Fotopolymerart die Lichtleistung anzupassen (vgl. BGH GRUR 2014, 461, 4. Ls, 463, [38] – Kollagenase I).

5. Gemäß Patentanspruch 5 stellt das Rotationssystem eine rotationsfähige Trommel dar, auf die das Fotopolymer in Form einer Druckplatte montiert ist. Eine solche Maßnahme ist aber schon aus TM2 bekannt. So werden gemäß TM2 lichtempfindliche Druckplatten aus Fotopolymer auf den rotationsfähigen Trägerzylinder befestigt (vgl. TM2, S. 4, Abs. [0032], S. 5/6, Abs. [0043]), weshalb diese Maßnahme keinen Betrag zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit leisten kann.

6. Auch die Ausgestaltung des Fotopolymers als Druckzylinderhülse (sleeve) nach Patentanspruch 6 bedurfte keines erfinderischen Zutuns, denn es ist fachüblich Druckplatten für den Flexodruck entweder planar oder zylindrisch auszugestalten (vgl. TM2, Sp. 8, Z. 47 bis 53; TM6, S. 4, Z. 40 bis 42; S. 1, S. 411, spaltenübergr. Satz).

7. Im Hinblick auf die Patentansprüche 7 und 8, die jeweils auf Patentanspruch 1 rückbezogen sind, hat die Beklagte weder geltend gemacht, noch vermag der Senat zu erkennen, dass diese zusätzlichen Merkmale zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen könnten. Die Feststellung des Abstands der Belichtungseinheit mit weniger als 50 mm vom rotierenden Fotopolymer gemäß Patentanspruch 7, wie auch die Lampenspezifikation nach Patentanspruch 8, mit einer Belichtungsfläche von wenigstens 100 Quadratzentimetern und mindestens 700 Watt, die eine Leistungsdichte von maximal 3 Watt pro Quadratzentimeter besitzt, sind dem routinemäßigen Handeln des Fachmanns zu zuordnen, die er im Rahmen von Optimierungsversuchen ergreifen wird, um eine maximale UVStrahlungsintensität zu erzielen, die das Fotopolymer noch toleriert, ohne dass sich Materialveränderungen einstellen.

V.

Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die von der Klägerin hinsichtlich der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung gemäß TM4 bis TM4.7 einzugehen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

VII.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

Schramm Kätker Dr. Münzberg Dr. Jäger Dr. Wagner prö

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